Der CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer hat zwar die Wahl gewonnen, doch hat ihm das bisher nichts genützt. Eine Hinwendung zur AfD schliesst er weiter aus, zumal diese problematisches Personal hat.
Erst am Dienstag hatte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in seinem Büro mit dem AfD-Oppositionsführer Jörg Urban getroffen. Über die besprochenen Themen wurde nichts bekannt. Am Mittwoch dann liess das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) die Koalitionsverhandlungen mit Kretschmers CDU platzen.
Man habe sich bei der «Friedensformel», der Migrationspolitik und dem Thema Finanzen nicht einigen können, teilte das BSW mit. Der sächsische SPD-Vorsitzende Henning Homann nannte das Verlassen der Gespräche durch das BSW «ein abgekartetes Spiel». Auch Kretschmer gab dem BSW die Schuld, konkret dessen Namensgeberin und Leitfigur Sahra Wagenknecht. «Dass Frau Wagenknecht ihren sächsischen Leuten so die Beine stellt, ist keine gute Entwicklung», sagte Kretschmer und sprach von einer grossen Enttäuschung.
Nun ist unklar, wie es weitergeht. Die CDU hat zwar die Wahl gewonnen, kann aber ohne Partner nicht regieren. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss Kretschmer abermals aus.
Dabei waren die Verhandlungen für die sogenannte Brombeer-Koalition mit BSW und SPD ohnehin eine Notlösung. Die Landtagswahl am 1. September hatte die CDU in Sachsen mit 31,9 Prozent der Stimmen zwar als stärkste Kraft knapp vor der AfD (30,6 Prozent) gewonnen. Da die Union jedoch ein Bündnis mit der AfD und auch mit den Linken kategorisch ausschliesst, kam für eine Regierung nur ein Bündnis von CDU, BSW und SPD infrage, trotz absehbaren weltanschaulichen Differenzen.
Die Sondierungen hatten sich von Beginn an schwierig gestaltet. Am 25. Oktober wurden sie auf Betreiben der SPD unterbrochen, nachdem ein Grossteil der BSW-Abgeordneten im Landtag für den AfD-Antrag auf einen Corona-Untersuchungsausschuss gestimmt hatte. Eine Fortsetzung der bisherigen Koalition von CDU, Grünen und SPD ist nicht möglich.
Nun ist Kretschmer also Wahlsieger im Freistaat, hat aber keine Mehrheit zusammen. Mit der fast gleich starken AfD hätte er eine äusserst komfortable Mehrheit, doch würde er dann wortbrüchig – eine Zusammenarbeit mit der Rechtspartei hatte er stets kategorisch ausgeschlossen, auch schon vor der Wahl.
Ein Wortbruch könnte auch der CDU auf Bundesebene schaden. Die CDU hat einen Unvereinbarkeitsbeschluss zur AfD und zur Linkspartei. Kretschmer postete erst am Wochenende ein Bild von sich und dem CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz im Stadion mit den Worten: «Eine gute Freundschaft verträgt auch einmal Meinungsverschiedenheiten – gerade beim Fussball.» Das Bild zeigt Merz und Kretschmer beim Leipzig-Spiel in Dortmund. Beide tragen Fan-Schals.
Eine gute Freundschaft verträgt auch mal Meinungsunterschiede - gerade beim Fußball.
— Michael Kretschmer (@MPKretschmer) November 2, 2024
Mit @_FriedrichMerz beim #Leipzig-Spiel in #Dortmund. #BVBRBL @BVB @RBLeipzig pic.twitter.com/nihFURGSei
Meinungsverschiedenheiten also. Es muss ja nun irgendwie regiert werden, und AfD und Linke sind als einzige übrig. Was nun? Die Linke scheidet schon weltanschaulich aus, auch wenn der frühere CDU-Generalsekretär Mario Czaja dafür plädierte, sich der Linken anzunähern. Die AfD wiederum hat problematisches Personal.
Am Dienstag hatte die Bundesanwaltschaft acht Rechtsextremisten festgenommen, von denen drei in der sächsischen AfD Mitglied sind. Das rückt die Partei noch weiter ins Zwielicht und macht sie noch ungeeigneter für eine Koalition, zumal der sächsische Landesverband vom Verfassungsschutz des Landes als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Die AfD hat mitgeteilt, die drei Festgenommenen aus der Partei ausschliessen zu wollen.
Bleibt es beim Nein zur AfD, so kann Kretschmer allenfalls eine Minderheitsregierung bilden, was er jedoch ablehnt. Da müsse man täglich verhandeln, das koste zu viel Energie, so sein Argument. Gelingt eine Regierungsbildung nicht binnen vier Monaten nach der Wahl, so gibt es Neuwahlen. Bis Ende Januar ist also Zeit.