Die Junge Alternative (JA) agiert unabhängig von der AfD. Deshalb will die AfD einen Verein gründen, der organisatorisch an sie gebunden ist. Im Osten will man aus strategischen Gründen das Gegenteil.
Als vor knapp einem Monat in Sachsen Mitglieder einer rechten Terrorgruppe festgenommen wurden und sich zeigte, dass drei von ihnen Mitglied der AfD waren, reagierte die Partei sofort und schloss die drei Männer aus der AfD aus. Anders die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA). Auch JA-Mitglieder waren unter den festgenommenen «sächsischen Separatisten», doch eine ähnlich konsequente Reaktion erfolgte nicht. Die JA wird seit April 2023 als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, die Bundespartei hingegen nicht.
Auch sonst ist die JA nicht so, wie die AfD ihre Jugendorganisation gerne hätte, nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich. «So wie bisher kann es mit denen nicht weitergehen», heisst es aus dem Bundesvorstand. Eine Jugendorganisation wolle man schon haben, aber keine, deren Mitglieder Wirrköpfe seien und auf Fackelaufmärsche stünden. «Wer sich bei den Jungnationalen wohler fühlen würde, den bitten wir nachdrücklich, dorthin zu gehen.» Die Jungen Nationalisten sind die Jugendorganisation der rechtsextremen NPD-Nachfolgepartei Die Heimat.
Die AfD will daher nach dem Vorbild der Jungsozialisten eine neue Jugendorganisation gründen, die organisatorisch enger an die AfD gebunden ist, auch um sie besser unter Kontrolle zu haben. Wie sie heissen soll, weiss man noch nicht.
Jedes AfD-Mitglied zwischen 16 und 35 Jahren wäre automatisch Mitglied der neuen Organisation. Eine Mitarbeit in der Jugendorganisation stünde nur noch Parteimitgliedern offen. Das ist allerdings noch nicht beschlossen.
Bisher ist die «Junge Alternative» ein unabhängiger Verein. Er hat mit der AfD organisatorisch wenig zu tun, wird aber zugleich von ihr finanziert. Bis auf die Vorstände müssen Mitglieder nicht gleichzeitig in der AfD sein. Somit kann die AfD den Verein auch nicht kontrollieren und zum Beispiel Parteiausschlüsse erwirken.
Es gibt aber noch einen anderen Aspekt. Ein Verein kann leichter verboten werden als eine Partei. Seit der Einstufung als «gesichert rechtsextrem» ist man in der Bundespartei einig, dass sich im Verhältnis zur JA etwas ändern muss. Seit dem «Compact»-Verbot traut man der Innenministerin Nancy Faeser ein jederzeitiges JA-Verbot zu – zumal nun plötzlich Wahlkampf ist. Nun stellt sich die Frage nach der Strategie: Die JA umarmen oder abstossen?
Die ostdeutschen Landesverbände streben eher eine vollständige Einbindung der JA an als deren Ausgliederung. Thüringens Landeschef Björn Höcke zum Beispiel hatte sich im Februar 2024 bei einem «Winterakademie» genannten Treffen in Schnellroda gegen eine Trennung von der JA und im Gegenteil für deren «Totalintegration» ausgesprochen und dies strategisch begründet.
Die Abstossung der JA als unabhängiger Verein wäre nach Höckes Meinung der «Beginn einer Salamitaktik», bei der erst die JA verboten würde und an deren Ende der Versuch stünde, die Mutterpartei zu verbieten. In der Öffentlichkeit würde es dann stets heissen «die ehemalige, jetzt verbotene Jugendorganisation der AfD», dieser Konnex bliebe dauerhaft an der AfD haften, und das schade ihr, sagte Höcke damals. In Schnellroda betrieb der Verleger Götz Kubitschek bis Mai 2024 unter dem Namen «Institut für Staatspolitik» eine Denkfabrik der neuen Rechten, die sich inzwischen aufgelöst hat.
Der Vorsitzende der Jungen Alternative, Hannes Gnauck, versteht diese Befürchtung zwar, fände es aber noch schlimmer, wenn die JA jetzt verboten würde, denn das würde aus seiner Sicht der Mutterpartei noch mehr schaden. «Wenn ich mir mal anschaue, wie das mit Compact gelaufen ist, muss man mit einem Verbot rechnen», so Gnauck. Er sagte der NZZ, er sei daher dafür, eine neue Jugendorganisation der AfD zu gründen, in die dann die bisherigen JA-Mitglieder übertreten könnten. Gnauck ist zugleich Bundestagsabgeordneter der AfD und sitzt für diese im Verteidigungsausschuss. Er ist Zeitsoldat und wurde im Jahr 2020 vom Militärgeheimdienst als «erkannter Extremist» eingestuft. Seine Immunität wurde aufgehoben.
Zeitlich wird es nun knapp, da Fristen zu beachten sind und die vorgezogenen Neuwahlen die Zeitpläne durcheinander gebracht haben. So gesehen ist bisher nur beschlossen, dass über eine Satzungsänderung diskutiert werden wird.
Dem Parteitag in Riesa am 11. und 12. Januar soll «eine Änderung von Paragraph 17a Bundessatzung» empfohlen werden, die «eine Neustrukturierung und Weiterentwicklung der Jugendorganisation unserer Partei zum Ziel hat». Der entsprechende Antrag soll mit den Landeschefs der AfD und Vertretern der JA abgestimmt und gemeinsam eingereicht werden. Der Bundeskonvent der Jungen Alternative will an diesem Mittwoch über den Plan beraten.