Dem Befreiten
1856.
I.
Ich hatte keine Thaten, nur Gebete,
Ich war nur groß im Dulden und Ertragen,
Ich wußt’ es nur: ich durfte nicht verzagen,
Gott war mit uns, zu dem ich brünstig flehte.
Der Freiheit Himmelsstunde ließ er schlagen,
Daß wir einander Herz am Herzen lagen
Und Jubelseufzer waren unsre Rede.
O süße Wonne! seliges Genießen
Welch Triumphieren, daß wir nie uns ließen!
Wie könnten wir den Freudenthränen wehren,
Die Aug’ in Aug’ beseligt niederfließen
Und so die Macht, die uns beschützt, verehren?
Wenn dieser Trennung herbe Qual bezwungen!
So hofften wir, da wir im Leid gerungen,
Uns nur begrüßt, getrennt von Eisenstäben.
Sonette leben! o die Reime weben,
Um in der Liebe süßen Huldigungen,
Wie Reim um Reim, uns Kuß um Kuß zu geben.
Vor Kerkerthüren hab’ ich sonst gestanden,
Auf Deinen Anblick harrend voller Bangen,
Heut aber bin ich selbst in Deinen Banden,
Mit starken Armen hältst Du mich umfangen,
Und nach der Freiheit trag’ ich kein Verlangen!
III.
Am Geburtstag 4. März.
Die erste Lerche hört’ ich draußen singen
Und immer war’s, als ob sie selbst noch frage:
Werd’ ich schon jetzt den schönen Frühling bringen.
Sie nähme meinem Herzen jede Klage,
Als Jubelhymnus nur zurück zu klingen!
Doch anders heut – als ich ihr Lied vernommen
Erklang es gleich als jauchzender Päan:
Nun ist der Lenz schon wirklich angekommen.
Daß diese Lenzverkündigung kein Wahn,
Daß er schon kam und daß ich mitten drinnen.