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An Helene

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Edgar Allan Poe
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: An Helene
Untertitel:
aus: Ausgewählte Gedichte
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Verlag des Bibliographischen Bureaus
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer: Hedwig Lachmann (1865-1918)
Originaltitel: To Helen
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf commons
S. 21–23
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
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Bearbeitungsstand
fertig
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[21] An Helene.

Ich sah dich einmal, einmal nur – vor Jahren.
Es war in einer Julinacht; vom klaren,
Gestirnten Himmel, wo in sichrer Schwebe
Der volle Mond eilends die Bahn durchlief,

5
Fiel weich und schmeichlerisch ein Lichtgewebe

Auf einen Garten, der verzaubert schlief, –
Fiel weich und schmeichlerisch ein silbern lichter,
Duftiger Schleier und verhüllte tief
Die himmelan gehobenen Gesichter

10
Von vielen hundert Rosen, die in Farben

Jungfräulich reiner, ernster Schönheit blühten,
Die in dem Liebeslichte schämig glühten,
Zum Dank sich selber gaben – und so starben.

Ein weißes Kleid umschloß dich faltig weich –

15
Du standest sinnend, – und den Rosen gleich

[22] Erhobst du das Gesicht, doch ach, in Trauer!
War es nicht Schicksal, das mich an die Mauer
Des Gartens führte zu derselben Zeit?
Nicht Schicksal (dessen andrer Name Leid),

20
Das mir gebot, die Düfte einzusaugen

Der eingewiegten Rosen? Alles schlief,
Die ganze, schnöde Welt – nichts regte sich.
Nur du und ich, o Gott, nur du und ich,
Ich sah nur dich, ich sah nur deine Augen,

25
Ich sah nur diese Sterne dunkel tief –

Und da auf einmal war mir’s, als versänke
Der Garten, meinem Blick entschwanden
Die Schlangenwege und die Rasenbänke –
Im liebeheißen Arm der Düfte fanden

30
Die Lüfte ihren Tod – der Mond verblich,

Nichts athmete, nur wir, nur du und ich,
Nichts strahlte, nur das Licht in deinen Augen,
Nichts, als die Seele deiner dunklen Augen,
Ich sah nur sie, nur sie allein, sie bannten

35
Den flücht’gen Fuß mir stundenlang und brannten

Sich wie zwei Flammen tief in meine Brust –
O, welche Märchen standen da geschrieben,
Ein Weh, wie tief, ein Stolz, wie selbstbewußt,
Welch, abgrundtiefe Fähigkeit zu lieben!

40
[23] Doch endlich legte sich Diana drüben

Im Westen in ein Wolkenbett, und du –
Ein Geist – entglittst. Nur deine Augen blieben.
Sie schwanden nicht, sie strahlen immer zu,
Sie leuchteten mir heim auf meinem schroffen,

45
Sternlosen Pfad in jener Wundernacht,

Sie wichen nicht von mir (wie all mein Hoffen),
Sie wachen über mich mit Herrschermacht,
Sie sind mir Priester – ich ihr Unterthan,
Ihr Amt ist zu erleuchten – meine Pflicht,

50
Erlöst zu werden durch ihr reines Licht,

Geweiht in ihrem heil’gen Flammenlicht.
Sie füllen mir die Brust mit Schönheit an
Und sind die goldnen Sterne hoch im Aether,
Vor denen ich, ein demuthsvoller Beter,

55
In meiner Nächte schlummerlosem Düster

Andächtig kniee, während in der Höhe
Des Mittagsglanzes selbst ich sie noch sehe,
Zwei Venussterne – holde Sterngeschwister.