Ramsdellit
Ramsdellit | |
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Ramsdellit-Stufe aus der Mistake Mine, Box Canyon District, Yavapai County, Arizona (Größe: 3,5 cm × 2,4 cm × 0,8 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Rmd[1] |
Andere Namen | |
Chemische Formel | (γ-)MnO2[2][3] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Oxide und Hydroxide |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
IV/D.03d IV/D.10-010 4.DB.15a 04.04.07.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[4] |
Raumgruppe | Pbnm (Nr. 62, Stellung 3)[2] |
Gitterparameter | a = 4,45 Å; b = 9,32 Å; c = 2,85 Å[2] |
Formeleinheiten | Z = 4[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | ≈ 3[5] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 4,65 bis 4,83; berechnet: 4,84[5] |
Spaltbarkeit | gut nach drei Pinakoiden und einem Prisma |
Bruch; Tenazität | spröde[5] |
Farbe | stahlgrau bis eisenschwarz; im Auflicht gelblichweiß[5] |
Strichfarbe | schwarz mit einem Stich ins Braune[5] |
Transparenz | undurchsichtig (opak)[5] |
Glanz | starker Metallglanz[5] |
Ramsdellit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung γ-MnO2[2] und damit chemisch gesehen Mangan(IV)-oxid in der orthorhombischen Modifikation.
Ramsdellit entwickelt meist blättrige, zentimetergroße Kristalle, findet sich aber auch in Form von faserigen oder massigen Mineral-Aggregaten oder Pseudomorphosen nach Groutit. Das in jeder Form undurchsichtige (opake) Mineral ist von stahlgrauer bis eisenschwarzer Farbe und zeigt auf den Oberflächen einen starken Metallglanz. Im Auflichtmikroskop erscheint er dagegen gelblichweiß. Seine Strichfarbe ist jedoch immer schwarz mit einem Stich ins Braune.
Mit einer Mohshärte von 3 gehört Ramsdellit ebenso wie Referenzmineral Calcit zu den mittelharten Mineralen, die sich mit einer Kupfermünze ritzen lassen.
Zusammen mit anderen Manganoxiden zählt Ramsdellit zur Gruppe der Braunsteine.
Etymologie und Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erstmals entdeckt wurde das Mineral im Kreis Lake Valley im Sierra County des US-Bundesstaates New Mexico und beschrieben 1932 durch Lewis Stephen Ramsdell (1895–1975),[5] der es allerdings nur unvollständig beschrieb und ohne einen Namen dafür zu wählen.
Michael Fleischer und Wallace E. Richmond beschrieben das Mineral 1943 noch einmal vollständig und benannten es nach seinem Erstbeschreiber als Ramsdellit.
Typmaterial des Minerals wird in der University of Michigan (USA) aufbewahrt.[5]
Klassifikation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ramsdellit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung „MO2- und verwandte Verbindungen“, wo er zusammen mit Nsutit die „Ramsdellit-Nsutit-Gruppe“ mit der System-Nr. V/D.03d bildete.
Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/D.10-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Oxide mit [dem Stoffmengen]Verhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 (MO2 & Verwandte)“, wo Ramsdellit zusammen mit Akhtenskit, Nsutit und Vernadit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[6]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Ramsdellit ebenfalls in die Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen Kationen; Ketten kantenverknüpfter Oktaeder“ zu finden ist, wo es als Namensgeber die „Ramsdellitgruppe“ mit der System-Nr. 4.DB.15a und dem weiteren Mitglied Paramontroseit bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ramsdellit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Oxide“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 04.04.07 innerhalb der Unterabteilung „Einfache Oxide mit einer Kationenladung von 4+ (AO2)“ zu finden.
Chemismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der (theoretisch) idealen, stoffreinen Zusammensetzung von Ramsdellit (MnO2) besteht das Mineral aus Mangan (Mn) und Sauerstoff (O) im Stoffmengenverhältnis von 1 : 2. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichts-%) von 63,19 Gew.-% Mn und 36,81 Gew.-% O.[8]
Bei der Analyse natürlicher Mineralproben aus der Typlokalität Lake Valley konnten dagegen auch Fremdbeimengungen von Silicium, Aluminium, Eisen, Magnesium, Natrium und Kalium nachgewiesen werden.[5]
Kristallstruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ramsdellit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pbnm (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 3) mit den Gitterparametern a = 4,45 Å; b = 9,32 Å und c = 2,85 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Beschreibung der Kristallstruktur siehe Braunstein (Mineralgruppe)#R-MnO2 (Ramsdellit).
Modifikationen und Varietäten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Verbindung MnO2 ist trimorph und kristallisiert neben dem orthorhombisch kristallisierenden Ramsdellit noch als tetragonal kristallisierender Pyrolusit und als hexagonal kristallisierender Akhtenskit.
Bildung und Fundorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ramsdellit bildet sich als Sekundärmineral in Mangan-Lagerstätten, entweder durch Inversion aus Pyrolusit oder durch oxidative Dehydrierung aus Groutit (MnO(OH)). Als Begleitminerale treten unter anderem Coronadit, Hollandit, Kryptomelan und Pyrolusit auf.
Als seltene Mineralbildung konnte Ramsdellit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher (Stand 2021) rund 90 Fundstätten dokumentiert sind.[9] Neben seiner Typlokalität Lake Valley trat das Mineral im US-Bundesstaat New Mexico noch bei Cuchillo Negro im Sierra County und im Manganbergbaugebiet Luis Lopez im Socorro County auf. Daneben wurde es in den Vereinigten Staaten noch an vielen Orten in Arizona, in den kalifornischen Chocolate Mountains, im Saguache County von Colorado sowie bei Philipsburg (Granite County) und Butte in Montana gefunden.
In Deutschland fand man Ramsdellit bisher nur in der Grube Silberbrünnle im Haigerachtal nahe Gengenbach, der Grube Clara bei Oberwolfach und im Steinbruch Hartmann nahe Mauer bei Heidelberg in Baden-Württemberg; im Steinbruch am Glasberg bei Nieder-Beerbach und in der Grube Georg bei Bockenrod (Reichelsheim) in Hessen; im Steinbruch Winterberg bei Bad Grund (Harz) und in der Grube Emilie bei Peine in Niedersachsen sowie bei Oehrenstock, Ilfeld, in der Dinklerzeche bei Kamsdorf und im Steinbruch Henneberg bei Weitisberga in Thüringen.
Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist der Pipji-Gletscher bei Pipjitälli und bei Sparrenflue im Täschtal im Kanton Wallis. In Österreich ist bisher kein Fundort für Ramsdellit bekannt.[10]
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Aserbaidschan, Bulgarien, Burkina Faso, Chile, Frankreich, Ghana, Griechenland, Indien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Südafrika, Tschechien, Ungarn und im Vereinigten Königreich (Wales).[10]
Vorsichtsmaßnahmen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ähnlich wie Pyrolusit und Psilomelan gilt auch Ramsdellit als gesundheitsschädlich. Bei Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) verursacht er Magen-Darm-Beschwerden und Übelkeit.
Das Mineral selbst brennt zwar nicht, zersetzt sich jedoch beim Erhitzen auf über 535 °C und erhöht die Feuergefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen. Zudem kann es einen bestehenden Brand erheblich fördern.[11]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lewis Stephen Ramsdell: An X-ray study of psilomelane and wad. In: American Mineralogist. Band 17, 1932, S. 143–149 (englisch, rruff.info [PDF; 2,0 MB; abgerufen am 24. Februar 2021]).
- Michael Fleischer, Wallace E. Richmond: The manganese oxide minerals: a preliminary report. In: Economic Geology. Band 38, 1943, S. 269–286 (englisch, rruff.info [PDF; 931 kB; abgerufen am 24. Februar 2021]).
- Michael Fleischer, Wallace E. Richmond, Howard T. Evans, Jr.: Studies of the manganese oxides. V. Ramsdellite, MnO2, an orthorhombic dimorph of pyrolusite. In: American Mineralogist. Band 47, 1962, S. 47–58 (englisch, rruff.info [PDF; 788 kB; abgerufen am 24. Februar 2021]).
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 537 (Erstausgabe: 1891).
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 449.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ramsdellit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- Ramsdellite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy (englisch).
- Ramsdellite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF) (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Ramsdellite. In: rruff.geo.arizona.edu. (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 208 (englisch).
- ↑ Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ David Barthelmy: Ramsdellite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 26. Februar 2021 (englisch).
- ↑ a b c d e f g h i j Ramsdellite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 72 kB; abgerufen am 24. Februar 2021]).
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Ramsdellit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 26. Februar 2021.
- ↑ Localities for Ramsdellite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. Februar 2021 (englisch).
- ↑ a b Fundortliste für Ramsdellit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 24. Februar 2021.
- ↑ Eintrag zu CAS-Nr. 1313-13-9 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. April 2008. (JavaScript erforderlich)