Effekte Genderspezifischer Formulierungen in Experimentellen Anleitungen
Effekte Genderspezifischer Formulierungen in Experimentellen Anleitungen
Effekte Genderspezifischer Formulierungen in Experimentellen Anleitungen
Masterarbeit
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe ver-
fasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich
entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder
ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und
auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen
Version.
Datum Unterschrift
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ....................................................................................................................... 1
I
4 Ergebnisse des Experiments .......................................................................................... 34
4.4 Wettbewerbsneigung....................................................................................................... 45
4.4.1 Wettbewerbsneigung ........................................................................................................................... 45
4.4.2 Leistungsergebnisse in Wettbewerbssituation .................................................................................... 48
4.4.3 Leistungsergebnisse und Wettbewerbsneigung .................................................................................. 51
6 Fazit ............................................................................................................................. 62
7 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 66
8 Anhang ............................................................................................................................ i
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Experimentablauf ........................................................................................................... 27
Abbildung 2: Experiment: Aufgabenstellung ...................................................................................... 28
Abbildung 3: Experimentaufgabe Lösung ........................................................................................... 29
Abbildung 4: Textverständlichkeit – Korrelation Lesewiederholungen und Lesedauer in Sek. .......... 38
Abbildung 5: Verständlich- und Lesbarkeit und korrekt gelöster Sätze absolut ................................. 42
Abbildung 6: Verständlich- und Lesbarkeit und %-Rate korrekt gelöster Sätze ................................. 42
Abbildung 7: Wettbewerbsneigung – Anzahl korrekte Sätze: Block Individ. u. Block Wettbewerb ... 49
Abbildung 8: Wettbewerbsneigung – Rate korrekte Sätze: Block Individ. u. Block Wettbewerb ...... 49
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Argumente für und gegen das generische Maskulinum..................................................... 14
Tabelle 2: Treatments – genderspezifische Formulierungen .............................................................. 26
Tabelle 3: Stichprobe des Experiments ............................................................................................... 34
Tabelle 4: Leistungsergebnisse – Gruppenunterschiede .................................................................... 36
Tabelle 5: Leistungsergebnisse – Regression ...................................................................................... 37
Tabelle 6: Lesewiederholungen und Lesedauer – Gruppenunterschiede .......................................... 39
Tabelle 7: Lesewiederholungen und -dauer – Regression .................................................................. 40
Tabelle 8: Verständlich- und Lesbarkeit – Gruppenunterschiede....................................................... 41
Tabelle 9: Verständlichkeit und absolute Leistungsergebnisse – Regression ..................................... 42
Tabelle 10: Verständlichkeit und relative Leistungsergebnisse – Regression..................................... 43
Tabelle 11: Bewusste Wahrnehmung der Genderformulierung – Deskriptive Daten ........................ 44
Tabelle 12: Wahl Bezahlungsoption – Gruppenunterschiede............................................................. 46
Tabelle 13: Selbsteinschätzung zu Wettbewerb – Gruppenunterschiede .......................................... 47
Tabelle 14: Selbsteinschätzung zu Wettbewerb – Regression............................................................ 48
Tabelle 15: Wettbewerbsleistungen – Gruppenunterschiede ............................................................ 49
Tabelle 16: Wettbewerbsleistungen – Regressionsanalyse ................................................................ 50
Tabelle 17: Wettbewerbsleistungen und Selbsteinschätzung ............................................................ 51
Tabelle 18: Zusammenfassung der Experimentergebnisse – Hypothesenübersicht .......................... 54
III
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
bzw. ....................................................................... beziehungsweise
bspw. ...................................................................... beispielsweise
GBP ........................................................................ Great Britain Pound (Britische Pfund)
GB ........................................................................... Gruppenbezahlung
IB ............................................................................. Individualbezahlung
Koeff. ...................................................................... Koeffizient
SCM......................................................................... Stereotype Content Model
StVO ....................................................................... Straßenverkehrs-Ordnung
T .............................................................................. Treatment
TU ........................................................................... Technische Universität
z.B. .......................................................................... zum Beispiel
ø .............................................................................. Durchschnitt/Mittelwert
% ............................................................................. Prozent
IV
1 Einleitung
1 Einleitung
In Büchern, wissenschaftlichen Arbeiten, digitalen Medien oder anderen Printmedien sind häufig so-
genannte Genderklauseln aufzufinden. Sie sollen darauf hinweisen, dass aufgrund der Verständlich-
keit und Lesbarkeit des Textes auf geschlechtsspezifische Formulierungen verzichtet wird. So seien
Männer und Frauen in gleicher Weise angesprochen, auch wenn ausschließlich die männliche Form
verwendet wird.1 Auch im Bildungsbereich wird für die Verwendung solcher Genderverweise argu-
mentiert, da der Genderwahnsinn beispielsweise in Schulbüchern vielen Schülerinnen und Schülern,
welche ohnehin Schwierigkeiten im sinnerfassenden Lesen aufweisen, das Lernen weiter erschwert.2
Mediale Wellen schlug auch der im Jahr 2014 eingereichte Entwurf zur Neugestaltung der
ÖNORM A 1080 „Richtlinien für die Textgestaltung“: Der neue Abschnitt über den geschlechtersen-
siblen Umgang mit Sprache führte zu derartig öffentlichen Debatten, dass die gesamte
ÖNORM 1080 A mit 1. Mai 2018 ersatzlos zurückgezogen wurde.3
Geschlechtergerechte Sprache hat sich jedoch trotzdem weitgehend durchgesetzt. Zahlreiche öffent-
liche Institutionen in Österreich bekennen sich somit selbständig dazu, ausschließlich von geschlech-
tergerechter Sprache Gebrauch zu machen. Die Argumentation für geschlechtergerechte Sprache
liegt bei der Macht der Sprache, die Vorstellungskraft und Bilder in den Köpfen der Menschen beein-
flusst und prägt.4 Doch nicht nur öffentliche Organisationen, sondern auch private verfassen laut ei-
ner Studie der TOP 500 österreichischen Unternehmen im Jahr 2014 ihre Texte zu 60 % immer ge-
schlechtersensibel, in knapp 30 % der Fälle gelegentlich.5
Der Ausgangspunkt der Thematik gendersensibler Sprache liegt in der feministischen Linguistik, wel-
che sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts etablierte. Vor allem feministische Linguistinnen,
wie unter anderem Trömel-Plötz (1983) oder Pusch (1984), brachten das Thema an die Öffentlich-
keit.6 Dabei sehen viele Unterstützende der feministischen Linguistik das generische Maskulinum als
ein weiteres Mittel, männliche Herrschaft zu sichern und Frauen zu diskriminieren.7 An dieser Stelle
1
Vgl. BGKK (2015) [online].
2
Vgl. Bayrhammer, Bernadette (2015) [online].
3
Vgl. Die Standard (2014) [online] & Austrian Standards (2018) [online].
4
Vgl. Arbeitskreis für Gleichberechtigungsfragen (2017) [online] & Wirtschaftsuniversität Wien (2017) [online] & Universi-
tät Innsbruck (2019) [online].
5
Vgl. Wortwelt (2014) [online].
6
Vgl. Trömel-Plötz (1983) & Pusch (1984) & Cieszkowski (2015), 28.
7 Vgl. Samel (1995), 18.
1
1 Einleitung
bedarf es einer Definition bzw. Abgrenzung der Begriffe Gender und Geschlecht. Der Begriff Gender
steht für die „Geschlechtsidentität des Menschen als soziale Kategorie (z.B. im Hinblick auf seine
Selbstwahrnehmung, sein Selbstwertgefühl oder sein Rollenverhalten)“8. Das Wort Gender ist seit
2017 im Duden als englisches Lehnwort in der deutschen Sprache anerkannt. Im Gegensatz dazu wird
unter Geschlecht, welches im englischen Sprachraum immer als sex bezeichnet wird, das biologische
männliche oder weibliche Geschlecht verstanden. Da jedoch zunächst beide englischen Begriffe Gen-
der und sex in die deutsche Sprache als Geschlecht übersetzt wurden, ist diese Unterscheidung in
Deutsch nicht in dieser Form verankert. In Englisch liegt die Unterscheidung bei sex zwischen female
und male, bei Gender zwischen feminine und masculine.9 Ausschlaggebend dafür, dass die Betrach-
tung der Unterschiede zwischen Frau und Mann bzw. Weiblichkeit und Männlichkeit eine Rolle in der
Forschung einnahm, waren Bewegungen für die Gleichberechtigung von Frauen und Homosexuellen
ab den 1960er Jahren. Sie bewirkten neuartige Sichtweisen auf das Menschsein und die vorherr-
schenden kulturellen Zwänge, welche zuvor nicht auf diese Art und Weise hinterfragt wurden.10
Eine allgemein gültige Lösung für geschlechtergerechte Sprache zu finden, scheint ein unerreichbares
Ziel zu sein. Ein Grund dafür ist die Subjektivität der Thematik, denn persönliche Assoziationen, die
von Kultur, Bildung, Religion oder anderen Lebensbereichen beeinflusst werden, spielen bei der In-
terpretation eine tragende Rolle. Nichtsdestotrotz belegt die Wissenschaft, dass Sprache einen Ein-
fluss auf das Denken der Menschen hat und somit auch als Steuerungselement dienen kann.11
1.1 Zielsetzung
In Anbetracht der gegenwärtigen Thematik gendersensibler Sprache soll in der vorliegenden Arbeit
im Zuge eines Experiments erforscht werden, ob genderspezifische Formulierungen in experimentel-
len Anleitungen Effekte auf Experimentergebnisse haben. Die Unterschiede sollen auf objektiver
Ebene nach den Leistungsergebnissen einer bestimmten Aufgabenstellung, sowie nach subjektiven
Wahrnehmungen hinsichtlich der Verständlichkeit und der Lesbarkeit untersucht werden. Da es sich
um ein Experiment mit finanziellen Anreizen handelt, sollen auch Unterschiede in der Wettbewerbs-
neigung betrachtet werden. Als Zusatzziel gilt es, anhand der Ergebnisse, Herausforderungen für die
Lehre in der Wirtschaftspädagogik abzuleiten. Aufgrund des thematischen Bezugs zu Gender sollen
in jedem Fall Unterschiede zwischen Frauen und Männern mitbetrachtet werden.
2
1 Einleitung
1.2 Forschungsfragen
Die folgenden vier Forschungsfragen sollen im Rahmen dieser Arbeit beantwortet werden:
1.3 Aufbau
Die vorliegende Arbeit untergliedert sich in sechs Kapitel. Der erste theoretische Teil führt mit der
Einleitung und dem Kapitel 2 auf die Bedeutung der Thematik sowie den derzeitigen Forschungsstand
hin. Dabei liegt der Fokus auf der Geschlechterforschung – basierend auf sprachliche Aspekte – sowie
auf Forschungsbereiche der genderspezifischen Sprache. Im Bereich der Geschlechterforschung wird
im Speziellen auf Stereotype und Rollenbilder, den Bildungs- und Berufsbereich sowie die Wettbe-
werbsneigung eingegangen. Im Unterkapitel genderspezifische Formulierungsformen werden die
derzeit im deutschen Sprachgebrauch verwendete Gendervarianten für Texte aufgezeigt. Zuletzt
werden Ergebnisse zur Verständlichkeit und Lesbarkeit von Texten mit genderspezifischen Formulie-
rungen diskutiert, wobei hier die pädagogisch-didaktischen Textsorten sowie Anleitungen hervorge-
hoben werden.
Danach folgt der empirische Teil der Arbeit. Im dritten Kapitel werden das Experiment und die Me-
thode mit Fokus auf die Treatments, den Ablauf und die Hypothesen näher beschrieben. Darauf folgt
das vierte Kapitel mit der Darstellung aller statistisch ausgewerteten Ergebnisse und einer abschlie-
ßenden Diskussion. Das sechste Kapitel soll die aus der Literatur und den Experimentergebnissen ab-
geleiteten Herausforderungen für drei Bereiche in der wirtschaftspädagogischen Lehre darlegen: Auf-
bereitung von Lehr-/ und Lernmaterialien, Berufsbilder und Genderkompetenz. Im letzten Kapitel
werden alle Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst, sowie Limitationen und eine Forschungsaus-
sicht aufgezeigt.
3
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Stereotypenzuordnungen erfolgen zu einem großen Teil über Sprache und Kommunikation. Die kom-
munizierenden Personen entscheiden über die Wort- und Satzwahl, die die Unterschiede zwischen
den Gruppen beschreiben soll. Diese linguistischen Entscheidungen können stereotypische Zuord-
nungen aufrechterhalten.14 Der Begriff Stereotyp definiert sich als soziale Kategorie, welche auf „der
Einteilung von Individuen in Gruppen auf der Grundlage der Wahrnehmung von Unterschieden und
Gemeinsamkeiten“15 basiert. Mit dem Vollzug einer Stereotypisierung erfolgt somit die Zuweisung
von Personen unter anderem anhand von Eigenschaften, Verhaltensmustern und Kompetenzen in
eine Kategorie ohne Berücksichtigung der vorherrschenden interindividuellen Gegebenheiten der be-
troffenen Personen. Geschlechterstereotype bezeichnen daher getroffene Annahmen über Merk-
male, welche auf weibliche und auf männliche Personen zutreffen sollten.16 Die Theorie der sozialen
Rollen konzentrierte sich zunächst nur auf Geschlechterstereotype, in den letzten Jahren erweiterte
sich die Forschungslandschaft jedoch auch hinsichtlich anderer Kategorisierungen wie beispielsweise
Alter, Herkunft, Hautfarbe oder sexueller Orientierung.17
Bereits vor der Geburt eines Menschen zählt das Geschlecht zum ersten grundlegenden Unterschei-
dungsmerkmal in der Gesellschaft. Dieses Merkmal hängt unweigerlich mit Zuschreibungen und Rol-
lenbildern zusammen, die zum Großteil unbewusst entstehen. In weiterer Folge gilt das Geschlecht
4
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
als ein wesentlicher Bestandteil bei der Interaktion zwischen Menschen, da in Bruchteilen von Sekun-
den eine Zuordnung zum Geschlecht Frau oder Mann erfolgt. Aus diesen Zuschreibungen entstehen
Erwartungen an Geschlechterrollen, welche sich aus gesellschaftlichen und sozialen Strukturen, wie
z.B. Ehe oder Familie, heraus entwickelt haben. Aus historischer Sicht stellt die biblische Geschichte
von Adam und die ihm untergeordnete Eva – somit die christliche Kirche – einen großen Einflussfaktor
auf Rollenbilder und Verhaltensvorstellungen von Mann und Frau in den westlichen Kulturkreisen
dar. Hier darf aber natürlich nicht davon abgesehen werden, dass solche Rollenbilder nur aufgrund
der gegebenen physischen Unterscheidungsmerkmale entstehen haben können.18 Die Forschungs-
landschaft zu Geschlechterstereotypen ist umfangreich – ein Auszug davon wird nachfolgend darge-
legt.
5
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
im SCM nicht widerlegt werden. Frauen werden auch in dieser Studie tendenziell als das warmherzi-
gere Geschlecht wahrgenommen. Als ein Grund dafür wird der fortan bestehende überproportionale
Anteil an von Frauen ausgeübten sozialen Berufen wie Kindergärtnerin, Gesundheits- und Kranken-
pflegerin oder Hausfrau vermutet. Auch die höhere Tendenz zu competence bei Männern wird be-
stätigt, jedoch konnte hier ein Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen der Studierenden und
der Manager erkannt werden: Studierende stellen höhere Assoziationen mit Frauen und der Dimen-
sion competence her als Manager. Dies lässt die Annahme zu, dass Manager in ihrer noch weitgehend
männerdominierenden Berufsgruppe weniger soziale Berührungspunkte als Studierende mit kompe-
tenten weiblichen Kolleginnen aufweisen.21
Während die Untersuchungen von Ebert/Steffens/Kroth (2014) ausschließlich Daten aus Deutschland
darstellen, erforschten Miller/Eagly/Linn (2015) auf internationaler Ebene Unterschiede in gender-
spezifischen Beschäftigungsgraden sowie Stereotype von Frauen und Männern in der Wissenschaft –
motiviert von der Tatsache, dass Wissenschaft zumeist noch mit dem männlichen Geschlecht assozi-
iert wird. Dazu wurden empirische Daten aus 66 Ländern von rund 350.000 Teilnehmerinnen (60 %)
und Teilnehmern (40 %) online erhoben. Die Aufgabe für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer be-
stand darin, in einem expliziten und einem impliziten Block, Einschätzungen bzw. Zuordnungen zu
den vier Dimensionen male, female, science und liberal art zu geben. Der explizite Block bestand aus
Einschätzungsfragen zu den persönlichen Assoziationen der vier Dimensionen. Im zweiten impliziten
Block wurden die Teilnehmenden aufgefordert, willkürliche Wörter nacheinander in so kurzer Zeit
wie möglich den vier Dimensionen zuzuordnen. Die generellen Ergebnisse aller 66 Nationen deuten
anhand der expliziten und impliziten Messwerte auf eine starke Assoziation mit Männern in der Wis-
senschaft hin. Die Forschenden weisen darauf hin, dass diese starken Effekte sogar in Argentinien
oder Bulgarien vorliegen, wo hier nachweislich die Hälfte der wissenschaftlichen Beschäftigten
Frauen darstellen. Miller/Eagly/Linn (2015) plädieren aufgrund dieser Ergebnisse darauf, Maßnah-
men in der Lehre – im wissenschaftlichen Bereich vor allem auf universitärer Ebene – zu setzen, um
Stereotype abzuschwächen und Frauen zu ermutigen, sich in weiblich unterrepräsentierteren Berei-
chen zu etablieren.22 Bezugnehmend darauf wird im nächsten Kapitel näher auf Bildung und Beruf
eingegangen.
Obwohl traditionelle Rollenbilder von Frauen und Männern noch bestehen, haben sie sich mit den
zahlreichen Veränderungen im 20. Jahrhundert nach und nach verringert. Diese Veränderung in der
6
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Gesellschaft schafft Platz für Frauen, die ihre Möglichkeiten in männerdominierten und Männer in
frauendominierten Feldern wahrnehmen wollen.23
Des Weiteren spielt auch die Berufsorientierung und die Vermittlung von Berufsrollenbildern in der
frühen Erziehungswissenschaft und Didaktik eine bedeutende Rolle. In einer Untersuchung mit ame-
rikanischen Kindern im Alter zwischen 6 und 11 Jahren stellte sich heraus, dass Kinder bereits in die-
sem Alter eine sprachliche Gendersensibilität für Berufsbezeichnungen aufweisen. Dazu wurden zwei
Studien durchgeführt. In der ersten Studie wurden den Kindern Berufsbezeichnungen vorgelegt, bei
denen diese zu beurteilen hatten, ob diese Bezeichnung für Frauen, Männer oder beide Geschlechter
gilt. Dazu wurden hier (im englischsprachigen Raum) neutrale Jobbezeichnungen wie z.B. doctor, so-
wie aber auch genderbezogene Bezeichnungen wie z.B. fireman oder waitress erfragt. Obwohl aus
den Ergebnissen interpretiert werden kann, dass Kinder den Berufsbezeichnungen gendersensibel
gegenüberstehen, wird hier besonders darauf verwiesen, dass manche Kinder genderneutrale Job-
bezeichnungen trotzdem den typischen Geschlechterrollen zuordneten. In der zweiten Untersuchung
wurden Bilder von Frauen und Männern, welche jeweils dieselbe berufliche Tätigkeit ausüben, als
Stimuli für die Berufsbezeichnungen verwendet. Den Kindern wurden Bilder gezeigt, auf denen
7
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Frauen und Männer bestimmte berufliche Tätigkeiten ausübten – ebenfalls bewusst nach gender-
neutralen und genderspezifischen Berufsbezeichnungen ausgewählt. Die Kinder wurden aufgefor-
dert, aufzuzeigen, wenn sie einen genannten Beruf auf den vor ihnen vorgelegten Bildern sehen. Auch
hier zeigen die Ergebnisse, dass genderneutrale Berufsbezeichnungen implizieren, dass Kinder diesen
Berufen Frauen und Männer zuordnen. Die Fehlerrate war jedoch auch hier bei Berufen, die in ame-
rikanischen Kulturkreisen geschlechtlichen Stereotype zuzuordnen sind, größer. Daraus leitet sich die
Frage ab, welche Rolle die sprachliche Ebene hier spielt und welche Auswirkungen diese auf sprach-
liche und didaktische Vorgehensweisen hat.26
Eine weitere Studie im deutschen und dänisch sprachigen Raum mit 809 sechs- bis zwölf-jährigen
Kindern führte zu ähnlichen Ergebnissen. Unabhängig von ihrem eigenen Geschlecht führte die expli-
zite Berufsbezeichnung von beiden Geschlechtern wie z.B. Ingenieurinnen und Ingenieure dazu, dass
die Kinder weniger stereotypische Antworten von sich gaben als im generischen Maskulinum. Eine
interessante Erkenntnis zeigte sich bei den Mädchen, die ein höheres Interesse an männerdominier-
ten Berufen aufwiesen, wenn beide Formen angegeben waren. Bei Buben ergab sich kein Interes-
sensunterschied zwischen Beidnennung und generischem Maskulinum.27
Im Rahmen einer Feldstudie beobachtete Thorne (1992) Kinder von 5 bis 12 Jahren in zwei Schulen
in den Vereinigten Staaten über mehrere Monate hinweg. Thorne (1992) schloss daraus, dass Mäd-
chen und Buben in unterschiedlichen Bereichen wie Klassen- und Sportunterricht, Aufenthaltsräu-
men, Pausenhof, Spielplatz oder im Flur auf unterschiedliche Weise miteinander bzw. ohne einander
agieren. Auffällig dabei ist, dass die Kinder selbständig geschlechtergetrennte Gruppen bilden und
dass Buben in dem Ausmaß, in welchem es bei Kindern möglich ist, in vielen Bereichen wie z.B. am
Spielplatz mehr Macht über Mädchen ausüben. Je älter die Kinder werden, desto mehr ähneln ihre
Interaktionen denen der Erwachsenen.28 Connell (2013b) leitet aus den Ergebnissen ab, dass „ameri-
kanische Kinder beim Erlernen des Geschlechts tatsächlich handeln und nur passiv in eine Geschlech-
terrolle sozialisiert“ werden. Selbstverständlich nehmen Kinder Erwachsene als Vorbild, jedoch tun
sie das aus eigenem Willen, da sie die Geschlechterunterschiede und -grenzen neugierig machen.
„Geschlecht ist wichtig für ihre Welt, aber es ist wichtig als eine menschliche Angelegenheit, mit der
sie sich auseinandersetzen, nicht als festgelegtes Bezugssystem, das sie zu Marionetten herabstuft.“29
8
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur führten Knoll/Szalai (2009) die
Studie „ÖKOLOG-Schulen – aus dem Blickpunkt Gender betrachtet“30 durch. Dabei wurden Lehrma-
terialien und schulische Aktionen zum Thema Gender im Rahmen eines Gender Screenings sowie ei-
ner Umfrage untersucht. Es wurde sichtbar, dass die Geschlechter in den Unterrichtsmaterialien nicht
gleichberechtigt in allen Bereichen erwähnt, dargestellt oder hervorgehoben wurden. Des Weiteren
zeigt sich in den untersuchten Lernmaterialien, dass geschlechtergerechte Sprache zwar verwendet
wird, jedoch nicht konsequent.31
Auch in der Erwachsenenbildung scheinen Genderstereotype für Frauen und Männer noch anzuhal-
ten. Widmann (2016) sammelte anhand einer selbst entwickelten Gender-Trainingsmethode die Er-
gebnisse von 48 Lerngruppen mit insgesamt 829 Personen in einem Zeitraum von zehn Jahren. Die
Daten weisen darauf hin, dass Menschengruppen beispielsweise bei Personalentscheidungen rasch
ausscheiden, wenn sie aufgrund ihres Geschlechts als nicht dafür geeignet angesehen werden. Des
Weiteren zeigt sich aber auch, dass Personen unabhängig vom Geschlecht vielseitige Kompetenzen
aufweisen, die beispielsweise für eine Führungsposition sehr wohl geeignet wären.32
Gender in die Lehre stellt ein weiteres bildungspolitisches Projekt dar, das in den Jahren 2005 bis
2007 an der Technischen Universität (TU) Wien durchgeführt wurde. Das Ziel war es, Maßnahmen
zusammenzustellen, die einen höheren Anteil an weiblichen TU-Studierenden und deren verbesser-
tes Ansehen in der Gesellschaft bewirken. Der Frauenanteil lag zu dieser Zeit bei den am Projekt teil-
nehmenden Studiengängen Technische Physik bei 13,5 % und Elektrotechnik bei 6,2 %. Im Zuge einer
quantitativen und einer qualitativen Untersuchung, wurden sechs Handlungsempfehlungen der
Genderwirksamkeit abgeleitet – mit dem Zusatz, dass es nicht die einzig wahre Maßnahme gibt. Ne-
ben Sichtbarmachung und Veröffentlichung der tatsächlichen Verteilungen der Geschlechter im Stu-
dien- und Berufsalltag, sowie der Verankerung der Erkenntnisse aus der Gender- und Frauenfor-
schung in den Technischen Curricula, stellen auch gesellschaftliche Aspekte der Mitwirkenden einen
bedeutenden Zugang dar. Die handelnden Personen in der Lehre sollen demnach besonders auf ge-
schlechtersensible Sprache achten und Frauen in der Technik nennen um stereotypischen Zuschrei-
bungen zu schwächen.33 Diese Erkenntnisse gehen auch mit allgemeinen Handlungsempfehlungen
für die Erwachsenenbildung einher. So soll der Gender-Aspekt in zweierlei Hinsicht in der Didaktik
30 Knoll/Szalai (2009), 4.
31 Vgl. Knoll/Szalai (2009), 5–9.
32 Vgl. Widmann (2016), 9 [online].
33 Vgl. Ratzer/Knoll/Szalai (2007), 39–40.
9
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
umgesetzt werden: Durch „die Fort- und Weiterbildung mit geschlechtergerechter und diversitätsbe-
wusster Didaktik als Querschnittsperspektive und die Qualifizierung der Dozentinnen und Dozenten
zur (Weiter-)Entwicklung von Gender-Kompetenz.“34
Immer häufiger nehmen Frauen höhere Positionen in Organisationen ein. So ist jetzt beiden Ge-
schlechtern möglich, Organisationsstrukturen aus neuen Sichtweisen zu betrachten. Frauen in höhe-
ren Positionen beurteilen den Genderaspekt in ihren Organisationen somit auch von sozusagen oben
herab. Mit den Erwartungen an den Führungsstil von weiblichen Führungskräften entstehen jedoch
oft Konflikte.35 Koenig et al. (2011) untersuchten in einer Meta-Analyse, inwieweit Stereotype von
Führungspersonen maskulin behaftet sind. Dafür wurden insgesamt 200 vorangegangene Studien
herangezogen, welche drei unterschiedlichen Modellen zur Einschätzung von Eigenschaften von Füh-
rungspersonen zugeordnet wurden – jeweils eher feminine oder eher maskuline annotierte Eigen-
schaften. Die Ergebnisse aller drei Paradigmen zeigten mit einem starken Effekt, dass die Stereotype
von Führungspersonen maskulin behaftet sind, da Führungspersonen ähnliche Eigenschaften zuge-
ordnet werden wie dem Stereotyp Mann. Obwohl der Effekt der Maskulinität sehr stark ist, zeigen
Koenig et al. (2011) auf, dass sich in jüngeren Publikationen eine Tendenz zu zusätzlich weiblich an-
notierten Eigenschaften für Führungspersonen beobachten lässt. Trotzdem birgt das Ansehen einer
maskulinen Führungsperson Nachteile für Frauen. Einerseits dadurch, dass Frauen mit hervorragen-
den Voraussetzungen als Führungskraft im Vorhinein aufgrund ihres Geschlechts mit einem vorherr-
schenden Stereotyp in Verbindung gesetzt werden. Andererseits dadurch, dass jene weiblichen Füh-
rungskräfte, die die maskulinen Führungskräfteeigenschaften mitbringen, nicht dem Bild entspre-
chen, das von einer weiblichen Führungsperson erwartet wird.36 Daraus lässt sich eine verunsicherte
Diskussion von Frauen in Führungspositionen ableiten, wobei hier auch weitere Faktoren wie Bran-
che, Größe oder kultureller Hintergrund von Organisationen mit Einflussgrößen auf die Gestaltung
von Geschlechterdifferenzen darstellen.37
10
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Rau (2014) leitete in seiner Studie mit 55 Studierenden an der Universität Düsseldorf folgende Er-
kenntnisse ab: Die Probandinnen investieren weniger und verhalten sich risikoscheuer als die Pro-
banden. Des Weiteren ergab die Untersuchung, dass Frauen anfälliger auf den Dispositionseffekt
sind.41 Der Dispositionseffekt bezeichnet das Verhalten von Investorinnen und Investoren, jene In-
vestitionsanteile abzulehnen, deren Wert gestiegen ist und die zu halten, deren Wert gesunken ist.
Er wird auch Verlustaversion genannt, da Verluste annähernd doppelt so stark empfunden werden
wie Gewinne.42 Daraus leitet Rau (2014) ab, dass Frauen deutlich geringeres Kapital sowie mehr Ver-
luste als negativ ansehen und dies im Zusammenhang mit Risikoaversion steht.
Nach der Selektivitätshypothese von Meyers-Levy (1989) 43, verarbeiten Männer und Frauen Infor-
mationen unter bestimmten Umständen verschieden. Frauen wenden durchdachtere Informations-
verarbeitungsstrategien an, unabhängig davon, ob es sich um einfache oder komplexe Entscheidun-
gen handelt. Männer hingegen tendieren zur Anwendung einer heuristischen Informationsstrategie,
bei der sie ihren Aufwand bei einfachen Entscheidungen so gering wie möglich halten. Nur im Falle
komplexerer Situationen ändern Männer ihre Strategie zu einer zeitlich ausgedehnteren Informati-
onsverarbeitung. Männer treffen daher ihre Entscheidungen zeiteffizient, wenn es sich um einfache
Aufgaben handelt, da sie diese mit geringerem Aufwand treffen wollen. Handelt es sich jedoch um
komplexere Entscheidungen, zeichnen sich eher Frauen durch ihre Zeiteffizienz aus, da sie darin ge-
11
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
übt sind, komplexe Strategien anzuwenden. Die Selektivitätshypothese besagt nicht, dass ein Ge-
schlecht bessere Entscheidungen als das andere trifft, sondern nur, dass Frauen unter bestimmten
Bedingungen eine andere Informationsverarbeitungsstrategie anwenden als Männer.44
Günther et al. (2010) überprüfen die Wettbewerbsneigung von Frauen und Männern anhand von
unterschiedlichen Aufgabenstellungen, die durch Geschlechterstereotype als eher männlich, weiblich
oder neutral zugeordnet werden. In der männlich dominierten Aufgabe steigern Männer ihre Leis-
tungen, wenn sie einem höheren Druck ausgesetzt sind, Frauen hingegen nicht. Der Wettbewerbs-
druck in der weiblich geprägten Aufgabe löst eine höhere Leistungsverbesserung aus als bei Män-
nern. Bei den neutralen Aufgaben steigt die Leistung bei Frauen und Männern im gleichen Ausmaß.
Abgeleitet heißt das, dass Frauen den Wettbewerb scheuen, wenn sie glauben, dass sie in einem
männlichen Aufgabengebiet verlieren könnten. Für Männer gilt dasselbe Phänomen im weiblichen
Feld, jedoch abgeschwächt. Auch Grosse/Riener (2010) testen die Wettbewerbsfreudigkeit anhand
eines Experiments mit mathematischen (männerdominiert) und linguistischen (frauendominiert)
Aufgaben – mit ähnlichen Erkentnissen. Die Probanden und Probandinnen sollten Tasks unter ver-
schiedenen Anreizen ausführen. Der erste Anreiz war eine fixe Vergütung je korrekter Lösung. Der
zweite Anreiz stellte eine weit höhere Vergütung dar, jedoch unter der Vorrausetzung, ein Turnier zu
gewinnen. Auch hier traten Frauen nur in männerdominierten Aufgaben signifikant geringer in den
Wettbewerb. Es wird darauf hingewiesen, dass die Kommunikation von Unternehmen und politi-
schen Institutionen eine Auswirkung darauf haben kann, wie sich Frauen explizit angesprochen füh-
len. Auch subtile Aspekte von Stereotypen sind hier nicht außer Acht zu lassen.45
Voraussetzung für Genderforschung stellt jedoch auch die Kenntnis über die vorherrschenden Ge-
schlechterrollen und geschlechterdominierten Domänen in der Gesellschaft dar. Niederle/Vesterlund
(2011) erforschten Bereiche, in denen sich Männer und Frauen hinsichtlich ihres Wettbewerbsver-
haltens unterscheiden. Die Untersuchung ergab, dass sich Männer eher dem Wettbewerb stellen als
Frauen. Dies wird unter anderem darin begründet, dass Männer risikofreudiger und selbstsicherer in
ihrem Können zu sein scheinen. Dies wird auch als Begründung für die noch vorherrschenden Ge-
schlechterunterschiede im Arbeitsmarkt herangezogen, da Selbstsicherheit und Ehrgeiz zu Anstellun-
gen und Beförderungen positiv beitragen können.46
12
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Die Ergebnisse von Balafoutas/Sutter (2010) bestätigen sogar, dass sich besondere Anreize für Frauen
im Arbeitsmarkt positiv auswirken. Motiviert von der Fragestellung, wie die Bereitschaft von Frauen,
in den Wettbewerb zu treten, gefördert werden kann, untersuchten Balafoutas/Sutter (2010) dahin-
gehende Interventionen in einem Experiment. So bewirkten Begünstigungen oder eine im Vorhinein
kommunizierte minimale Quote an weibliche Gewinnerinnen einen starken Anstieg in der Wettbe-
werbsbereitschaft von Frauen. Als Gründe für diese Ergebnisse werden die erhöhten Chancen, ein
Turnier auch tatsächlich gewinnen zu können, genannt. Wenn solche Anreize getätigt werden, wer-
den die Leistungsergebnisse im Vergleich zu Turnieren ohne Anreize für Frauen nicht beeinträchtigt.
13
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Weitere klassische Argumente für das Beibehalten des generischen Maskulinums werden von Blau-
bergs (1980) zusammengeführt und im selben Zuge wieder widerlegt. Obwohl die Argumente gegen
die Veränderungen aus dem Jahre 1980 stammen, halten sie noch heute an.52 Ein Überblick ist in
Tabelle 1 dargestellt:
Sarrasin/Gabriel/Gygax (2012) besagen mit einer Studie, dass eine grundlegend eher sexistische Hal-
tung im Zusammenhang mit der persönlichen Ablehnung zu geschlechtergerechter Sprache steht. Die
Zahl jener Personen überwiegt jedoch nicht mehr.54
52 Vgl. Blaubergs (1980), 136–145 & Wirtschaftsuniversität Wien (2017), 4–6 [online].
53 Tabelle in Anlehnung an Blaubergs (1980), 136–145.
54 Vgl. Sarrasin/Gabriel/Gygax (2012), 122.
55 Vgl. Stahlberg/Sczesny (2001), 132 & Beblo/Markowsky (2016), 60–61.
14
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Ein radikales Pendant zum generischen Maskulinum stellt das generische Femininum dar, welches
von Pusch im Jahr 1990 vorgeschlagen wird.56 Im Grunde funktioniert es gleich wie das generische
Maskulinum, nur dass alle Personenbezeichnungen weiblich formuliert werden:
So soll mit dem Gebrauch des generischen Femininums bewusst das generische Maskulinum abge-
lehnt und eine unkompliziertere Alternative zur Beidnennung ermöglicht werden, wo Frauen trotz-
dem ihren Platz in der Sprache haben. Jedoch kann diese Formulierungsvariante wiederum Verwir-
rung oder sogar Unruhe stiften.58
Okamura (2004) beschreibt anhand zweier Fälle in der Schweiz und in Deutschland, wie der Vorschlag
einer Umsetzung des generischen Femininums Folge geleistet wurde, dieser aber umittelbar wieder
von der Bildfläche verschwand. In beiden Fällen handelt es sich um die Anpassung der Gemeindever-
fassung mittels geschlechtergerechter Formulierungen in den 90er Jahren. Nach abermaligen und
aussichtslosen Diskussionen rund um das Thema der Umstellung auf geschlechtergerechte Sprache
wird die ausschließliche Verwendung des generischen Femininums aufgrund eines spontanen Kom-
mentars, nur mehr weibliche Formulierungen verwenden zu können, beschlossen. Die abstimmen-
den Personen wollten damit nur in jedem Falle vermeiden, die Gemeindeordnung durch die Nennung
beider Geschlechter unleserlich und kompliziert zu machen. Demnach handelte es sich hier nur um
eine Kompromisslösung und nicht um einen hervorgegangenen feministischen Grundgedanken.
Nichtsdestotrotz präsentierten die Medien diese Beschlüsse landesweit als Pionierarbeit für Frauen
im ganzen Land. Wie zu erwarten, folgten aber auch öffentliche Stimmen dagegen, die für Aufruhr
sorgten. Wenige Monate darauf erfolgten in beiden Orten die neuen Beschlüsse, die Gemeindeord-
nung mit Paarformen bzw. geschlechtsneutral zu formulieren.59
15
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Begriffe in Texten bzw. in gesprochener Sprache gemeint, die weder das weibliche noch das männli-
che Geschlecht implizieren. So können persönliche durch unpersönliche Pronomen oder geschlechts-
spezifische Personenbezeichnungen (wie z.B. Studentin) durch nicht geschlechtsspezifische (wie z.B.
Studierende) ersetzt werden.61 Eine mögliche genderneutrale Lösung stellt die Umformulierung des
Beispielsatzes dar:
„Alle Personen, die einen Antrag stellen und ihre Adresse hinterlassen, erhalten [ein] Antwortschreiben.“62
Heringer (2013) veranschaulicht die Problematik zwischen dem herkömmlich generischen Maskuli-
num und den aktuellen Bestrebungen einer geschlechtergerechten Sprache anhand eines Beispiels
der deutschen Straßenverkehrsordnung (StVO). Obwohl hier sehr häufig das generische Maskulinum
verwendet wurde, wäre niemandem in den Sinn gekommen, dass sich hier nur Männer angesprochen
fühlen sollten. Hätte eine Frau behauptet, sie sei davon ausgenommen, wäre sie vor Gericht wohl
nicht damit durchgekommen. Während die vorhergehende Fassung des § 37 StVO Radfahrer an-
spricht, welche die Lichtzeichen für Fußgänger zu beachten haben, wurde diese wie folgt adaptiert:
„Wer ein Rad fährt, hat die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten. […] An Lichtzei-
chenanalgen müssen Rad Fahrende […] weiterhin die Lichtzeichen für zu Fuß Gehende beachten,
soweit eine Radfahrerfurt an eine Fußgängerfurt grenzt.“ 63
Obwohl die maskuline Bezeichnung von Radfahrer auf wer Rad fährt bzw. Fußgänger auf zu Fuß Ge-
hende gelöst wurde, macht der Gesetzgeber dennoch weiterhin vom generischen Maskulinum in der
Wortzusammensetzung Radfahrer- bzw. Fußgängerfurt Gebrauch. Dies könnte zu Verwirrungen füh-
ren. Was hier weiterhin als problematisch angesehen werden kann, ist, dass die Formulierung Rad-
fahrer weiterhin in anderen Gesetzestexten angewandt wird, was Heringer (2013) als ein „dickes
Missverstehens-Ei“ bezeichnet. „Oder sollten in diesem Paragraphen nur noch Männer gemeint
sein?“64 Heringer (2018) argumentiert für eine normative Festlegung, die keine Verwirrung stiftet.65
16
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Hierzu gibt es zahlreiche Formen, die in Genderleitfäden vorgeschlagen werden.68 Zunächst besteht
die Möglichkeit der Beidnennung, bei dem die weibliche und männliche Form separat dargestellt
wird. Der Beispielsatz würde wie folgt aussehen:
Jede Antragstellerin und jeder Antragsteller, die oder der ihre oder seine Adresse hinterlässt, erhält ein Ant-
wortschreiben.69
Als eine weitere Alternative gilt das Binnen-I, welches als eine verkürzte Form für die Nennung beider
Geschlechter gilt. Das Binnen-I findet meist nur im Plural eine geeignete Anwendung:
17
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
die Erkenntnisse vorhergehender Studien zurück, dass Frauen sensibler auf Wahrnehmungsverzer-
rungen oder Sprachformen reagieren.72 Die Sprachsensibilität von Frauen wird später von Koe-
ser/Kuhn/Sczesny (2015) bestätigt. Frauen, die einen gendergerechten Text lasen, gaben diesen auch
unaufgefordert mit gendergerechteren Formulierungen wieder, Männer nicht.73
Als weitere Verkürzung der Paarformulierung findet der Schrägstich zur Trennung der weiblichen und
männlichen Personenbezeichnungen seine Anwendung. So würde der angewandte Beispielsatz wie
folgt lauten:
Dieser Satz erscheint jedoch tatsächlich als nicht gut lesbar, worauf hier als bessere Variante die ge-
schlechterneutrale empfohlen wird. Bei der Anwendung eines Schrägstrichs oder des Binnen-I wird
oft auf die Weglassprobe verwiesen. Damit soll die grammatikalische Richtigkeit in jedem Falle über-
prüft werden.
Über die Paarformen hinaus gibt es auch die Möglichkeit des Gender-Gaps. Das Gender-Gap entstand
aus dem Gedanken heraus, dass ausschließlich auf das System von Frau und Mann eingegangen wird.
Jedoch bleiben hier jene Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen (wollen), weiterhin
außen vor. Das Gender-Gap soll Raum für genau diese Personen schaffen. So könnte der Beispielsatz
so aussehen:
Vergleichbar mit dem Gender-Gap können statt dem Unterstrich auch Sternchen oder Wellen ver-
wendet werden. Die Wellen stehen als ein Symbol für die fließenden Übergänge von Geschlechtern.76
Aus kognitionspsychologsicher Sicht kann die Nennung beider Geschlechter unweigerlich die Lesbar-
keit und Ästhetik eines Satzes bzw. eines Textes beeinträchtigen. Daher ist es nicht in jedem Fall rat-
sam, nur das generische Maskulinum in einem gut formulierten Satz auszutauschen, sondern sich
Ideen und Ratschläge von Genderleitfäden einzuholen. Sehr oft bietet die Genderneutralisierung eine
geeignetere Alternative.77
18
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Die Lesbarkeit eines Textes wird meist anhand der beiden Indikatoren Wortschwierigkeit und Satz-
schwierigkeit gemessen. So erscheinen Texte mit Paarformen durch ihre häufiger längeren und teil-
weise komplexeren Satzkompositionen schwieriger verarbeitbar. Des Weiteren wird auch argumen-
tiert, dass die kognitive Verarbeitung mit der Vertrautheit mit einem Begriff zusammenhängt. Damit
geht somit auch der Zeitpunkt einher, an dem dieser erlernt und im aktiven Wortschatz aufgenom-
men wurde. Hier gilt: Je früher erlernt, desto leichter die kognitive Verarbeitung. Binnen-I oder
Schrägstrich werden jedoch in seltenen Fällen bereits im Kindesalter gelehrt.80
19
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
broks/Stockhausen (2014) weisen jedoch nur auf den ersten Blick darauf hin. Hier wurde der Lese-
vorgang eines juristischen Langtextes zusätzlich mittels Eye-Tracking beobachtet und analysiert. So
lässt sich zu Beginn des Leseprozesses eine kürzere Lesezeit für generisch maskuline Formulierungen
beobachten. Wird jedoch die gesamte Lesedauer des Textes betrachtet, gehen hier keine signifikan-
ten Unterschiede zwischen genderspezifisch formulierten Texten hervor. So widerlegen Steiger-Lo-
erbroks/Stockhausen (2014), dass geschlechtsneutrale Formulierungen tatsächlich die kognitive Ver-
arbeitung eines Textes langfristig beeinträchtigen. Des Weiteren führten die Texte mit gendergerech-
ter Sprache zu keinen Einschränkungen in der Textverständlichkeit und die Wirkung eines stärkeren
mentalen Einbezugs von Frauen wurde wiederum bestätigt.82 Auch Blake/Klimmt (2010) kommen in
ihrer Studie mit Nachrichtentexten hinsichtlich des stärkeren gedanklichen Einbezugs von Frauen und
der unveränderten Lesbarkeit zum selben Schluss.83
Arya/Maul (2012) belegen, dass Schülerinnen und Schüler zwischen 12 und 14 Jahren wissenschaft-
lichen Anleitungs- bzw. Lehrtexten leichter folgen können, wenn diese auf einer erzählerischen Art
20
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
und Weise verfasst sind und nicht wie üblich auf einer erklärenden. Ein erzählerischer wissenschaft-
licher Text schließt die Beweggründe, Vorgangsweisen oder auch Herausforderungen der Begründe-
rinnen und Begründer der Lehrinhalte mit ein, sodass ein emotionaler Bezug entsteht. Beispielsweise
entsteht mit der Geschichte, dass Galileo bei der Beobachtung des nächtlichen Himmels und dse
Mondes auf die Idee kam, dass die Erde eine Kugel ist.85 So können auch Stereotypen von Frauen
geschwächt werden, wenn ein bewusster Zugang zu weiblichen Wissenschaftlerinnen entsteht. Diese
Annahme wird auch von der Studie von Asgari/Dasgupta/Stout (2012) bestätigt: Gender-Stereotype
können geschwächt werden, wenn Frauen auch die Hintergründe ihrer Vorgängerinnen erfahren –
umlegbar auf Schülerinnen und Wissenschaftlerinnen.86
Im Hinblick auf die Sexus-Genus-Debatte prüften Rothmund/Scheele (2004) anhand zweier Texte, die
unabhängig von der Genderformulierung einen unterschiedlich starken Männerbezug hervorrufen
könnten, inwieweit Genderformulierungen bzw. Genderverweise einen Einfluss darauf weiter haben
können. Die Erwartungen, dass die Nennung beider Geschlechter in beiden Texten einen höheren
gedanklichen Einbezug von Frauen impliziert, wurde nicht erfüllt. Beide Langtexte zum Thema Reisen
wurden mit unterschiedlichen Genderschreibweisen geprüft. Der erste eher männlich-assoziierende
Text zum Thema Reisen ergab in allen Schreibweisen eine starke Männerreferenz bei Frauen und
Männern. Mit dem zweiten Reisetext, der ein neutraleres Bild vermitteln könnte, bewirkte nur das
generische Maskulinum einen stärkeren männlichen Bezug als die alternativen Schreibweisen. Auch
Ableitungen von Christmann/Groeben (1999) belegen, dass der Kontext eines Textes nicht außer Acht
gelassen werden darf und somit nicht nur die Personenbezeichnungen, sondern auch andere männ-
lich geprägte Wörter Assoziationen auslösen.87 Hier sei wieder auf den Einfluss von Stereotype und
Rollenbildern (Kapitel 2.1) verwiesen, der diese Interpretation weiter stützt.
Häufig wird behauptet, dass die Umstellung auf genderneutrale Sprache zu schwierig und kompliziert
sei.88 Kuhn/Gabriel (2014) griffen diese Thematik auf und untersuchten in einer Studie, in welchem
Zusammenhang sprachliche Kompetenzen und der Wille, genderneutrale Sprache anzuwenden mit
der tatsächlichen Anwendung genderneutraler Sprache auf Deutsch stehen. Die Befunde bestätigen
das Argument, dass es wohl wirklich nicht immer einfach ist, die entsprechend korrekte Genderfor-
21
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
mulierung zu finden, auch wenn Personen dazu gewillt sind. Wurden die Personen explizit dazu an-
geleitet, genderneutrale Sprache zu wählen, nutzten sie mehr genderneutrale Formen als bei spon-
taner Aufforderung. Dies weist auf ein nicht voll ausgeschöpftes Potential hin. Demzufolge scheint
eine alleinige Befürwortung von genderfairer Sprache nicht zu reichen. Personen bzw. Lernende müs-
sen bewusster auf die Formulierungen hingewiesen werden, damit sie die impliziten Bedeutungen
überhaupt erkennen und in weiterer Folge anwenden können.89
Nach Zorn et al. (2004) stellt die Ansprache beider Geschlechter einen bedeutenden Aspekt für die
Anleitungen von digitalen Lernmedien dar. Hier wurden Aspekte untersucht, warum Personen eLear-
ning-Module in der Regel abbrechen. Die gendergerechte Ansprache stellte u.a. einen Grund dafür
dar. Dazu zählt die Formulierung der Aufgabenstellung, sowie auch andere Gender-Aspekte wie den
Aufbruch zwischen stereotypisierten Genderrollen, die durch Anleitungen und Aufgabenstellungen
vermittelt werden können. Um gendergerechtes Mainstreaming zu gewährleisten, wurden Kriterien
und Grundregeln für digitale Lernsysteme entwickelt. Neben interaktiven und lebensnahen Lernan-
geboten oder einem genderbewussten didaktischen Lernkonzept stellt die gendersensible Sprache,
insbesondere die Ansprache zu Beginn, ein wichtiges Kriterium dar. Personen fühlen sich betreuter,
wenn die Begrüßung und die weiteren Anleitungen beide Geschlechter im selben Maße anspre-
chen.90
2.5.2 Anleitungstexte
Anleitungen definieren sich als „Anweisungen, wie Dinge oder Handlungen auszuführen und zu ge-
brauchen sind.“91 Die Verständlichkeit von Anleitungen ist abhängig von vielen Komponenten. Aus
Sicht des Textverstehens untersuchten Glenberg/Robertson (1999) die aus der Indexical Hypothesis
Theory vorgeschlagenen Schritte zum Verstehen von Sätzen in einem Kontext: Wörter und Sätze wer-
den zunächst als Objekte wie z.B. Bilder oder Symbole indiziert und gegliedert. Daraus folgt im nächs-
ten Schritt eine Handlung oder Zuschreibung, die von diesen Objekten abgeleitet wird. Im dritten
Schritt sollten diese Handlungsableitungen in einen schlüssigen Aktionsplan zusammengeführt wer-
den.92 So wurde hier der Einflussfaktor Hintergrundwissen auf das Verständnis von Anleitungen un-
tersucht. Es wird bestätigt, dass nicht nur abstraktes und kognitiv erlerntes Wissen, sondern auch
22
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Wissen, das aus Erfahrungen und Praxis stammt, zu einer kürzeren Lesezeit, besserem Verständnis
und zu qualifizierteren Ausführungen führen.93
In weiterer Folge soll hier nun der Fokus eher auf die Textverständlichkeit im Sinne der Aufbereitung
der Anleitung gerichtet werden. In zwei Studien wurde untersucht, inwiefern geschlechtergerechte
Personenbezeichnungsvarianten in einem juristischen Originaltext mit Instruktionsfunktion Auswir-
kungen auf die Verständlichkeit haben. Dafür wurden 88 bzw. 148 Probandinnen und Probanden eine
Wahlanleitung vorgelegt, welche sich aufgrund von überaus häufigen Genderformulierungen mit
Schrägstrichen als sehr schwer leserlich erweisen sollte. Ein Auszug daraus lautet wie folgt: „[…]
Der/Die Wähler/in soll unter Beachtung der Gesamtstimmenanzahl in der Art abstimmen, dass er/sie
auf dem Stimmzettel die vorgedruckten Namen derjenigen Bewerber/innen, denen er/sie seine/ihre
Stimme geben will, […].“94
Für die Testpersonen galt die Aufgabe, vorgegebene alternative Formulierungen für diesen Text zu
wählen, die für sie persönlich als geeigneter erschienen. In beiden Studien wurden geschlechtsneut-
rale Genderformulierungen bzw. eine persönliche Anrede dem generischen Maskulinum vorgezogen.
Auf geringen Zuspruch stoßen das Indefinitpronomen man sowie die Nennung beider Geschlechter.
Dennoch lässt sich ableiten, dass die Akzeptanz gegenüber geschlechterneutraler Sprache somit ge-
geben ist. Rechtstexte können ohne Weiteres geschlechtergerecht und verständlich auch ohne das
generische Maskulinum verfasst werden.95
Auch Braun et al. (2007) prüften im Zuge eines Experiments mit 86 Teilnehmenden, ob sich die Gen-
derformulierung tatsächlich auf die Erinnerungsleistung sowie auf die Verständlichkeit und Lesbar-
keit von (deutschsprachigen) Texten auswirkt. Als Textsorte wurde hierfür eine anleitende Packungs-
beilage für Medikamente mit drei unterschiedlichen Genderformulierungen gewählt: Generisches
Maskulinum, Beidnennung und Binnen-I. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Verarbeitung der gen-
dergerecht formulierten Texte unwesentlich von jenen unterscheidet, welche ausschließlich männli-
che Formulierungen beinhalteten. Des Weiteren unterschieden sich die Ergebnisse zwischen Frauen
und Männern nicht maßgeblich, jedoch gaben mehr Männer an, die maskuline Formulierung als an-
sprechender zu empfinden.96
23
2 Geschlechterforschung und genderspezifische Sprache
Nach Guala (2009) zählt in einem ökonomischen Experiment die Anleitung zu einem wichtigen As-
pekt. Wichtig dabei ist, dass die Anleitung alle Informationen bereithält, um die Aufgabe im Experi-
ment lösen zu können. Anleitungen sollen klar und prägnant formuliert werden – außer, wenn mit
der Anleitung selbst auf ein anderes Verhalten oder Verwirrung abgezielt wird.97 Dies soll als Anknüp-
fung für den nachfolgenden empirischen Teil dieser Arbeit dienen.
24
3 Methodenbeschreibung des Experiments
„What do you need in order to run an economic experiment? Two things are indispensable: some
money and an economic laboratory.”98 Die Erfüllung der beiden Bedingungen wurden für das vorlie-
gende ökonomische Experiment durch zwei Online-Plattformen ermöglicht: mittels der Umfrage-
plattform LimeSurvey für die Durchführung des Experiments sowie mit der Forschungsplattform
Prolific (prolific.ac) für die Akquise und die Zahlungsabwicklung der Probandinnen und der Proban-
den.
Die Open Source Software LimeSurvey bietet ein umfangreiches Angebot zur personalisierten Erstel-
lung und Durchführung von Umfragen, Tests oder wissenschaftlichen Erhebungen.99 Die Britische
Plattform Prolific bietet die Möglichkeit für Forschende, eine große Anzahl an Probandinnen und Pro-
banden der gewünschten Zielgruppe in kurzer Zeit für Online-Untersuchungen auf Basis hinterlegter
demografischer Daten, zu erreichen.100 Des Weiteren wird hier darauf hingewiesen, dass die Bezah-
lung über Prolific ausschließlich über Britische Pfund (GBP) erfolgt. Aufgrund der hier dargestellten
und weiteren Vorteile computerbasierter Erhebungen101 wurde die Form einer online-basierten Er-
hebung gewählt. Um eine Dimension der Ergebnisse zu erhalten und die volle Funktionalität des Tests
zu prüfen102, wurde ein Pilottest mit 20 Personen vor der Ausschreibung über Prolific erfolgreich
durchgeführt.
Die entstandenen Kosten für die Durchführung des Experiments wurden im Rahmen eines Fördersti-
pendiums der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz
zur Gänze gedeckt.
25
3 Methodenbeschreibung des Experiments
3.1 Treatments
Eine weitere Grundvoraussetzung eines experimentellen Designs stellt die Berücksichtigung von Tre-
atments (T) im Experiment dar. Mithilfe von Treatments werden Situationen, die sich hinsichtlich ei-
ner bewusst gewählten Sache unterscheiden, miteinander verglichen.103 Beim vorliegenden Experi-
ment wurde der Einfluss von den in Kapitel 2.4 erläuterten sechs unterschiedlichen genderspezifi-
schen Formulierungen in experimentellen Anleitungen untersucht – daher ergaben sich auch sechs
Ausführungen des Tests bzw. Treatments, wobei sich diese nur hinsichtlich der Anleitungsformulie-
rungen unterschieden.
Zunächst wurde die Anleitung zum Experiment geschlechterneutral (T1) formuliert, sodass weder das
männliche noch das weibliche Geschlecht assoziiert werden sollte. So wurden beispielsweise Proban-
dinnen und Probanden als Teilnehmende bezeichnet. Des Weiteren wurden jeweils ausschließlich die
weibliche Form (T2) oder die männliche Form (T3) gewählt. In den weiteren drei Treatments wurden
die weibliche und die männliche Form gemeinsam angeführt. Diese waren entweder verbunden mit
einem und (T4), wie z.B. Teilnehmerin und Teilnehmer, getrennt durch einen Schrägstrich wie Teil-
nehmer/in (T5) oder in Form eines Binnen-I mit bspw. TeilnehmerInnen (T6). Ein Auszug der selbst
verfassten Anleitung für T4: Weiblich und männlich wird im Folgenden dargestellt:
Liebe Teilnehmerin, lieber Teilnehmer!
Mit Ihrer Teilnahme unterstützen Sie die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Forschung. Die
Teilnahme wird bezahlt, wobei die Höhe der Bezahlung von den eigenen Entscheidungen und den
Entscheidungen der anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Untersuchung abhängen kann.
Es ist daher wichtig, dass Sie diese Erklärung genau durchlesen. Die Bezahlung erfolgt nach Ab-
schluss der Untersuchung wie gewohnt über prolific.ac und ist für andere Teilnehmerinnen und
Teilnehmer nicht einsehbar.
Bei ökonomischen Experimenten gilt die Regel, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer niemals von
den Experimentleiterinnen und -leitern belogen werden. Alle Aussagen in den Anleitungen entspre-
chen daher der Wahrheit. Das Experiment sowie die Speicherung und Auswertung der Daten er-
folgt anonym. Ihre Entscheidungen werden nicht mit Ihrer Person in Verbindung gebracht.
Die vollständigen Anleitungstexte aller sechs Treatments befinden sich im Anhang 8.1 Anleitungen.
26
3 Methodenbeschreibung des Experiments
Abbildung 1: Experimentablauf104
27
3 Methodenbeschreibung des Experiments
Das Online-Experiment gliedert sich in zwei Hauptteile, die inhaltlich miteinander in Verbindung ste-
hen. Der erste Teil des Experiments beinhaltet die zu erfüllende Aufgabe angelehnt an
Grosse/Riener (2010), mit durcheinander gebrachten Wörtern einen korrekten Satz zu bilden. Im
zweiten Teil wird mittels eines Fragebogens nach der persönlichen Wahrnehmung des Anleitungstex-
tes für das Experiment und der persönlichen Wettbewerbsneigung gefragt. Mithilfe der Anleitungen
zu Beginn und inzwischen, welche zufällig nach einer der sechs geschlechterspezifischen Formulie-
rungen formuliert ist, werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Ablauf, die Aufgabenstel-
lungen sowie die Bezahlungsoptionen nähergebracht.
3.2.1 Anleitungen
Hat sich somit eine auf Prolific registrierte Person dazu entschieden, an diesem Experiment teilzu-
nehmen, wird diese zu Beginn mit einem Willkommensbildschirm begrüßt. Dabei erhält sie einen
kurzen Überblick über das nachfolgende Experiment sowie erste Informationen zu Dauer und Bezah-
lung. Dieser Text und alle weiteren Anleitungen werden bewusst so formuliert, sodass eine Ergebnis-
verfälschung ausgeschlossen werden kann. Daher wird hier weder auf die zu erforschenden Unter-
schiede der Genderformulierungen noch auf jene zwischen Frauen und Männern hingewiesen.
28
3 Methodenbeschreibung des Experiments
Zunächst lernen die Testpersonen in einem Übungsblock mit fünf Aufgaben und einem Feedback, ob
die Aufgabe korrekt gelöst wurde, die Aufgabe kennen. Danach folgt eine weitere Anleitung zu den
Bezahlungsoptionen und den beiden Aufgabenblöcken.
Zusätzlich zur zeitlich basierten Grundbezahlung von £ 5,- pro 60 Minuten können alle Teilnehmerin-
nen und Teilnehmer in diesem Experiment Bonuszahlungen erhalten. Die Höhe der Bonuszahlung
hängt von der erbrachten Leistung sowie von einer zu Beginn getroffenen Entscheidung ab. Nach
dem Übungsteil zur Aufgabe erfolgt die Erläuterung der weiteren Vorgehensweise mit zwei Aufga-
benblöcken zu je drei Minuten und 30 Sekunden sowie der zwei Bonusbezahlungsoptionen Indivi-
dual- oder Gruppenbezahlung. Die Bonuszahlung richtet sich nach der Anzahl an richtig gelösten Sät-
zen in einem der beiden Blöcke. Dabei unterscheidet sich die Art der Entlohnung in den beiden Blö-
cken wie folgt:
29
3 Methodenbeschreibung des Experiments
Block Individualbezahlung:
Die Teilnehmerin oder der Teilnehmer erhält £ 0,20 für jeden richtig gelösten Satz.
Block Gruppenbezahlung:
Vier TeilnehmerInnen werden zufällig in einer Gruppe zusammengefasst und deren Ergebnisse mit-
einander verglichen. Die Teilnehmerin oder der Teilnehmer mit dem besten Ergebnis ist jene Teilneh-
merin oder jener Teilnehmer, die oder der die meisten Sätze richtig gelöst hat (bei Gleichstand wird
zufällig eine Person gewählt). Die beste Teilnehmerin bzw. der beste Teilnehmer erhält £ 0,65, die
restlichen drei erhalten £ 0,05 für jeden richtig gelösten Satz.
Am Ende des Experiments wird über einen Generator zufällig ausgewählt, ob die Probandinnen und
Probanden für ihre Leistungen nach Individual- oder nach Gruppenbezahlung entlohnt werden. Bei
der Präferenzerhebung müssen sie jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt angeben, welche der beiden
Bezahlungsoptionen sie bevorzugen. Diese Frage ist auch als Pflichtfrage in der Umfrage hinterlegt.
Die Probandinnen und Probanden werden auch darüber informiert, dass die Bezahlung mit 75 %
Wahrscheinlichkeit nach der von ihnen ausgewählten Variante und mit 25 % Wahrscheinlichkeit nach
der anderen erfolgt. Somit soll sichergestellt werden, dass alle Probandinnen und Probanden in allen
Aufgabenbereichen die bestmöglichen Leistungen erbringen, auch wenn sie sich bereits für eine Be-
zahlungsoption entschieden haben.
In zwei aufeinander folgenden Blöcken haben die Probandinnen und Probanden jeweils drei Minuten
und 30 Sekunden Zeit, so viele Aufgaben wie es ihnen möglich ist, zu lösen. Nach Ablauf der Zeit des
zweiten Blockes gelangen die Probandinnen und Probanden zur abschließenden Befragung.
3.2.4 Befragung
Die Befragung untersucht begleitend zwei inhaltliche Aspekte: Persönliche Wahrnehmung des Anlei-
tungstextes und Wettbewerbsneigung. Der gesamte Fragebogen ist in Anhang 8.2 ersichtlich.
Zunächst werden die Testpersonen gebeten, sich an den Anleitungstext zu Beginn zurück zu erinnern.
Sie werden danach gefragt, wie oft sie sich diesen durchlasen, bevor sie mit dem Übungsteil began-
nen und wie sie die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Anleitung auf einer siebenstufigen Skala ein-
schätzen. Des Weiteren werden die Probandinnen und Probanden danach gefragt, ob sie noch wis-
sen, welche Genderformulierung in diesem Anleitungstext angewandt wurde, bis diese Frage im
nächsten Schritt aufgeschlüsselt wird.
30
3 Methodenbeschreibung des Experiments
Die Untersuchung der Wettbewerbsneigung orientiert sich an einem Teil der Studie von Crocker et
al. (2003). Die Probandinnen und Probanden sollen einschätzen, wie die folgenden Aussagen in Bezug
auf das eigene Wettbewerbsverhalten auf einer Skala von eins (= Stimme gar nicht zu) bis sieben
(= Stimme voll zu) auf sie zutreffen.108
Aussage 1: Ich bin motivierter, wenn ich mit anderen im Wettbewerb stehe.
Aussage 2: Ich trete eher in den Wettbewerb, wenn ich weiß, dass ich besser bin als andere.
Aussage 3: Wenn das Risiko besteht, mehr zu verlieren als zu gewinnen, gehe ich das Risiko eher nicht
ein.
Aussage 4: Ein sicheres Grundeinkommen ist mir wichtiger als die Chance auf Bonuszahlungen.
Aussage 1 und Aussage 2 besagen mit höherer Zustimmung eine eher stärker ausgeprägte Neigung
zu Wettbewerb. Mit der höheren Zustimmung von Aussage 3 und Aussage 4 weisen mit höherer Zu-
stimmung eher auf ein risikoaverses Verhalten hin.
3.3 Hypothesen
Auf Basis der Forschungsfragen wurden die Nullhypothesen zu Leistungsergebnissen, Textverständ-
lichkeit und Wettbewerbsneigung aufgestellt und im Zuge der Ergebnisauswertungen überprüft.
3.3.1 Leistungsergebnisse
Hypothese 10: Die Leistungsergebnisse unterscheiden sich nicht zwischen genderspezifischen Anleitungsfor-
mulierungen.
Hypothese 1a0: Die Leistungsergebnisse unterscheiden sich nicht zwischen Frauen und Männern.
Mit der Prüfung der Hypothese 10 sollen die Leistungsergebnisse je nach Anleitungsformulierungen
geprüft werden. Mit Leistungsergebnissen sind hier die korrekt gelösten Aufgaben der beiden Aufga-
benblöcke gemeint.
3.3.2 Textverständlichkeit
Hypothese 20: Die Häufigkeit an Lesewiederholungen sowie die Lesedauer einer experimentellen Anleitung
unterscheidet sich nicht zwischen den genderspezifischen Formulierungen.
Hypothese 2a0: Die Häufigkeit an Lesewiederholungen sowie die Lesedauer einer experimentellen Anleitung
unterscheidet sich nicht zwischen Frauen und Männern.
Die zweite Nullhypothese wird anhand der Frage im Fragebogen geprüft, wie oft die Teilnehmenden
subjektiv angaben, die Anleitung zu Beginn durchgelesen zu haben sowie anhand der objektiven Zeit-
aufzeichnungen von LimeSurvey.
31
3 Methodenbeschreibung des Experiments
Hypothese 30: Der Grad der Verständlichkeit und Lesbarkeit von experimentellen Anleitungen unterscheidet
sich nicht zwischen den genderspezifischen Formulierungen.
Hypothese 3a0: Der Grad der Verständlichkeit und Lesbarkeit von experimentellen Anleitungen unterscheidet
sich nicht zwischen Frauen und Männern.
Um zu prüfen, inwieweit die unterschiedlich formulierten Anleitungen nach Verständlichkeit und Les-
barkeit bewertet werden, leitet sich die dritte Nullhypothese ab. Dazu wurden die Probandinnen und
Probanden aufgefordert, den Anleitungstext angelehnt an Braun et al. (2007) auf einer Skala von eins
bis sieben zu bewerten. Hier war es auch möglich, keine Bewertung anzugeben.
Hypothese 40: Es liegt kein Zusammenhang zwischen den Leistungsergebnissen und dem Grad der Verständ-
lichkeit und Lesbarkeit der genderspezifischen Anleitungsformulierungen vor.
Hypothese 4a0: Es liegt kein Zusammenhang zwischen den Leistungsergebnissen und dem Grad der Verständ-
lichkeit und Lesbarkeit von Frauen und Männern vor.
Zu überprüfen gilt es hierbei mit Hypothese 40 auch, ob die Leistungsergebnisse mit der subjektiven
Bewertung der Verständlichkeit und Lesbarkeit in Zusammenhang stehen.
Hypothese 50: Es liegen keine Unterschiede der bewussten Wahrnehmung zwischen genderspezifischen An-
leitungsformulierungen vor.
Hypothese 5a0: Es liegen keine Unterschiede der bewussten Wahrnehmung zwischen Frauen und Männern
vor.
Mit Hypothese 50 soll als weiteres Kriterium für die Textverständlichkeit geprüft werden, ob die Test-
personen die genderspezifischen Formulierungen bewusst wahrnehmen, also sich an die Formulie-
rungen erinnern können. Daher werden die Teilnehmenden gefragt, ob sie sich daran erinnern kön-
nen, welche genderspezifische Formulierung angewandt wurde und wenn ja, welche im Speziellen.
3.3.3 Wettbewerbsneigung
Hypothese 60: Es liegen keine Unterschiede in der Wettbewerbsneigung zwischen genderspezifischen Anlei-
tungsformulierungen vor.
Hypothese 6a0: Es liegen keine Unterschiede in der Wettbewerbsneigung zwischen Frauen und Männern vor.
Hypothese 60 betrachtet hierbei die gewählten Optionen nach individueller oder gruppenbasierter
Bezahlung und die persönlichen Einschätzungen hinsichtlich des eigenen Wettbewerbsverhaltens.
Hypothese 70: Es liegen keine Unterschiede in der Ergebnisleistungen in einer Wettbewerbssituation zwi-
schen genderspezifischen Anleitungsformulierungen vor.
Hypothese 7a0: Es liegen keine Unterschiede in der Ergebnisleistungen in einer Wettbewerbssituation zwi-
schen Frauen und Männern vor.
Bei der Prüfung von Hypothese 70 werden die absoluten und relativen Ergebnisleistungen im Wett-
bewerbsblock dem Individualblock gegenüber gestellt.
32
3 Methodenbeschreibung des Experiments
Für die lineare Regression ist das R² als Gütemaß der Modellerklärung von Bedeutung. Das R² kann
nur einen Wert zwischen 0 und 1 annehmen. Je näher das R² an 1 liegt, desto geeigneter sind die
unabhängigen Variablen zur Erklärung der abhängigen Variable.111 Das korrigierte R² berücksichtigt
noch weitere Faktoren, die die Erklärung des Modells einschränken könnten und ist damit meist nied-
riger und somit vorsichtiger als das R².112 Der Standardfehler des Schätzers ist ein weiteres Gütemaß
um die Genauigkeit des Regressionsmodells zu bestimmen, jedoch als absoluter Messwert. Dieser
Wert stellt die Wurzel der Varianz der Residuen dar. Je kleiner der Standardschätzfehler, desto ge-
nauer die Regressionsvorhersage.113 In den Tabellen im Ergebnisteil werden Koeffizienten der Regres-
sion und in Klammer der Standardfehler dargestellt.
33
4 Ergebnisse des Experiments
4.1 Stichprobe
Insgesamt konnten 1.740 Personen, davon 789 Frauen und 951 Männer, zum Zeitpunkt 10. Jän-
ner 2019 auf Prolific identifiziert werden, die das Kriterium Fluent Language German erfüllten. Von
den 806 Teilnehmenden konnten die Ergebnisse von insgesamt 650 Personen als gültige Daten her-
angezogen werden (siehe Anhang: 8.3 Ausschlusskriterien). Das erste Treatment (T1) besteht aus 100
gültigen Fällen, das zweite Treatment aus 117, Treatment 3 aus 111, Treatment 4 aus 110, Treat-
ment 5 aus 115 und Treatment 6 aus 97 Fällen.
114 Dies deutet darauf, dass sich die Teilnehmenden voneinander unterscheiden könnten (siehe Kapitel 6).
115 Eigene Darstellung.
34
4 Ergebnisse des Experiments
Alter in Jahren
Ausschließlich Personen, die über 18 Jahre alt sind, dürfen sich auf der Plattform Prolific registrieren.
Andere Altersgrenzen wurden im Vorhinein nicht definiert. Von den 650 Personen gaben 19 Personen
ihr Alter nicht an. Das durchschnittliche Alter liegt bei 30,17 Jahren. Wie in Tabelle 3 ersichtlich, un-
terscheiden sich die Mittelwerte minimal zwischen den Treatments. T3 mit 32,20 Jahren wird auf-
grund eines 72-jährigen Teilnehmers angehoben. Die Standardabweichung beläuft sich auf rund zehn
Jahre.
Deutsch
Wie bereits bei der Methodenbeschreibung in Kapitel 2.5.2 beschrieben, erfolgte die Auswahl der
Teilnehmenden über die Bedingung Fluent Languages German. Zum Zeitpunkt des Exports der demo-
grafischen Daten von Prolific (15. Februar 2019) war bei 25 Personen die Sprache Deutsch nicht mehr
als fließende Sprache angegeben. 341 der 625 Personen gaben Deutsch als Muttersprache an, die
restlichen 284 gaben an, Deutsch fließend zu sprechen.
Nationalität
340 Personen gaben eine Nationalität an, in der Deutsch als Amtssprache gilt (Deutschland, Öster-
reich, Schweiz und Luxemburg). 304 Personen verfügen über eine nicht amtsdeutschsprachige Nati-
onalität, wobei rund ein Fünftel davon zu außereuropäischen Ländern zählt. Sechs Personen gaben
keine Nationalität an.
4.2 Leistungsergebnisse
Zur Prüfung der Leistungsergebnisse wurden zum einen die durchschnittliche absolute Anzahl an
korrekt bzw. falsch gelösten Sätzen und zum anderen die durchschnittlich relative Rate der korrekt
gelösten Sätze zu den abgegebenen Antworten beider Aufgabenblöcke betrachtet.
35
4 Ergebnisse des Experiments
Die Testpersonen in T6 erzielten mit durchschnittlich 39,73 die höchste absolute Anzahl an richtig
gelösten Sätzen in beiden Blöcken, jedoch auch die höchste Anzahl nicht korrekter Antworten mit
4,68. Am schlechtesten schnitten die Personen in T1, bei der die Anleitung geschlechterneutral for-
muliert wurde, mit 37,27 richtigen Sätzen und 4,4 falschen Sätzen ab. Hinsichtlich der prozentuellen
Rate an korrekt gelösten Sätzen zeigt sich, dass die Fälle des männlich formulierten Treatments T3
die beste Rate mit 86,54 % erzielen, T6 hingegen die geringste mit 82,92 %. Frauen schnitten absolut
gesehen um durchschnittlich zwei Sätze schlechter ab als Männer. Relativ an den abgegebenen Ant-
worten betrachtet, erreichten Frauen jedoch mit 86,53 % eine um knapp 5,3 % höhere Rate an rich-
tigen Sätzen als Männer.
Die Prüfung auf Normalverteilung mittels des Kolgomorov-Smirnov-Tests besagt mit einem Signifi-
kanzniveau p < 0,001, dass weder die absolute Anzahl noch die relative Rate normalverteilt sind (siehe
Anhang 8.4). Daher wird für die Unterscheidung der Gruppenunterschiede der nichtparametrische
Test für unabhängige Stichproben nach Kruskal-Wallis für die Treatments und nach Mann-Whitney-
U für das Geschlecht herangezogen. Wie in Tabelle 4 ersichtlich, kann zwischen den Treatments in
absoluter und in relativer Hinsicht kein signifikanter Unterschied mit einem Signifikanzniveau
p > 0,748 erkannt werden. Hinsichtlich der Geschlechter ist ein signifikanter Unterschied zwischen
Frauen und Männern bei den absolut falsch gelösten (p = 0,001), wo Männer besser abschnitten und
den relativ richtig gelösten Antworten (p = 0,013), wo Frauen bessere Ergebnisse erzielten, zu erken-
nen.
36
4 Ergebnisse des Experiments
In weiterer Instanz wurde der Einfluss von Treatment und Geschlecht auf die Ergebnisse mittels einer
linearen Regressionsanalyse untersucht. Die Effekte der Treatments wurden im Unterschied zur üb-
licheren Genderformulierung T3 und das Geschlecht der Frauen im Unterschied zu Männern betrach-
tet.
ø Anzahl: ø Anzahl: ø Rate:
korrekt falsch korrekt
Konstante 40,193*** 4,605*** 83,766***
(2,243) (0,755) (2,671)
T1: Neutral -2,006 0,909 -2,624
(2,983) (1,004) (3,552)
T2: Weiblich 0,220 0,356 -3,253
(2,866) (0,964) (3,413)
T4: Weiblich und männlich -0,714 1,017 -2,915
(2,914) (0,980) (3,470)
T5: Schrägstrich -1,454 0,848 -2,760
(2,879) (0,969) (3,429)
T6: Binnen-I 0,465 1,201 -3,426
(3,007) (1,012) (3,581)
Frauen -1,872 -2,274*** 5,216**
(1,699) (0,572) (2,024)
R² 0,003 0,028 0,013
Korr. R-Quadrat -0,006 0,19 0,003
Standardfehler des Schätzers 21,62906 7,27832 25,75824
*** p ≤ 0,01; ** p ≤ 0,05; *p ≤ 0,1
Kein Treatment bewirkt eine signifikante, differenzierte Leistung der Aufgabe. Hinsichtlich des Ge-
schlechts kann jedoch signifikant behauptet werden, dass das Geschlecht Frau bewirkt, dass weniger
falsche Antworten gegeben werden (Koeff.: -2,274; p < 0,001) sowie, dass der Anteil an richtigen Lö-
sungen höher ist als jener der Männer (Koeff.: 5,216; p = 0,01). Das R² ≤ 0,013 suggestiert eine sehr
geringe Aussagekraft dieses Modells.
Somit kann die Nullhypothese 1 nicht verworfen werden, da kein Unterschied zwischen den ge-
schlechterspezifischen Anleitungsformulierungen vorliegt, jedoch aber die Nullhypothese 1a hin-
sichtlich der Geschlechter.
4.3 Textverständlichkeit
Nachfolgend werden die Ergebnisse der Komponenten für die Textverständlichkeit der Anleitungen
zur Prüfung der vier Nullhypothesen 2(a), 3(a), 4(a) und 5(a) dargestellt.
37
4 Ergebnisse des Experiments
Spearman: 0,115
Korrelation Lesewiederholungen und Lesedauer Sig.: p < 0,001
Wie in Abbildung 4 ersichtlich korrelieren der objektiv beobachtete mittlere Zeitaufwand der Anlei-
tungen von null bis zweimal mit den subjektiven Wiederholungsangaben, ab dreimal sinkt jedoch der
mittlere Wert wieder. Dies lässt vermuten, dass eine Person, die z.B. angab, dreimal oder öfter eine
Anleitung gelesen zu haben, diese bei den ersten Malen nur überflogen und somit weniger Zeit be-
nötigt hat. Der Spearman Korrelationskoeffizient besagt einen zwar schwachen, aber höchst signifi-
kanten (p < 0,001) positiven Zusammenhang von 0,115. Zwei Personen wählten Sonstiges, wobei nur
eine Person den Vermerk „1 mal und stellenweise überflogen“119 angab.
38
4 Ergebnisse des Experiments
ø Lese- ø Lesedauer
wiederholungen in Sek.
Auch unter den Treatments und den Geschlechtern unterscheiden sich die subjektiven Angaben so-
wie die Lesedauer minimal. Jedoch ist jeweils bei T2, dem generischen Femininum, die mittlere An-
zahl der Lesewiederholungen mit 1,13 Mal sowie die durchschnittliche Lesedauer in Sekunden mit
127,06 Sekunden am niedrigsten. Bei T3 mit 151,74 Sekunden am höchsten. Frauen (144,25 Sek.)
lasen die Anleitungen durchschnittlich fünf Sekunden länger als Männer (139,62 Sek.), gaben jedoch
trotzdem eine niedrigere durchschnittliche Anzahl an Lesewiederholungen (1,26) an als Männer
(1,32). Auch hier werden nicht-parametrische Tests für unabhängige Stichproben angewandt. Nach
Treatments (Kruskal-Wallis-Test) betrachtet gilt, dass sich weder die Anzahl an Lesewiederholungen
(p = 0,083) noch die Lesedauer (p = 0,261) signifikant unterscheiden. Selbiges gilt für das Geschlecht
mit dem Mann-Whitney-U Test: Lesewiederholung mit p = 0,231 und Lesedauer p = 0,252 sind nicht
signifikant verschieden. Die exakte Häufigkeitsverteilung für Treatment und Geschlecht sind in An-
hang 8.5.1 und 8.5.2 dargestellt.
Alle Werte der Regressionsanalyse in Tabelle 7 sind ebenfalls nicht signifikant. Auch hier ist der grö-
ßere Abstand zu T2 zu beobachten. In der ordinalen Regressionsanalyse weist T2 den einzig negativen
Koeffizienten = - 0,416 (p = 0,157) auf, was eine niedrigere Angabe der Anzahl an Lesewiederholungen
im Vergleich zu T3 vorhersagen lässt. Dieser Wert geht auch mit der durchschnittlich niedrigsten An-
gabe von Lesewiederholungen (=1,13) sowie der Lesedauer einher. Das spiegelt auch der nicht signi-
fikante (p = 0,068) Koeffizient = -24,595 wider.
39
4 Ergebnisse des Experiments
Die entgegengesetzten Werte von Frauen und Männern sind auch in der Regression präsent, jedoch
nicht signifikant. Das Signifikanzniveau von 0,05 wird nie unterschritten, daher müssen die Nullhypo-
these 2 und Nullhypothese 2a eindeutig beibehalten werden.
40
4 Ergebnisse des Experiments
Die Anleitung von T3, welche ausschließlich Formulierungen im generischen Maskulinum aufweist,
wurde mit einem Durchschnitt der Verständlich- und Lesbarkeit von 5,93 am besten bewertet. Da-
nach folgen T5 mit 5,85, T2 mit 5,79, T6 mit 5,75 und an letzter Stelle T1 mit 5,51. Frauen gaben für
die Verständlich- und Lesbarkeit eine bessere Bewertung von 5,83 an als Männer mit 5,71. Die ge-
schlechterspezifischen Formulierungen weisen mit einem Niveau von p = 0,424 keinen signifikanten
Unterschied bei der Bewertung auf, das Geschlecht mit p = 0,006 jedoch einen stark signifikanten.
Die ordinale Regressionsanalyse besagt auch, dass die Anleitungen aller Treatments schlechter be-
wertet werden (-0,159 > Koeff. > -0,495) als T3, wobei nur T1 einen signifikanten Wert bietet
(p = 0,045). Das Geschlecht Frau wirkt hoch signifikant auf eine Bewertung als Männer (Koeff. 0,380,
p = 0,007).
41
4 Ergebnisse des Experiments
Abbildung 5: Verständlich- und Lesbarkeit und korrekt ge- Abbildung 6: Verständlich- und Lesbarkeit und %-Rate
löster Sätze absolut123 korrekt gelöster Sätze124
In Abbildung 5 und in Abbildung 6 sind die in der gesamten Stichprobe schwach positive Korrelation
zwischen der Bewertung der Verständlich- und Lesbarkeit der Anleitung und den absolut (Spearman:
0,179; Signifikanz: p < 0,001) bzw. relativ (Spearman: 0,193; Signifikanz: p < 0,001) richtig gelösten
Sätzen dargestellt. Die Korrelationsprüfung besagt jedoch noch keinen kausalen Zusammenhang. In
den folgenden beiden Tabellen (Tabelle 9 und Tabelle 10) sind die Ergebnisse der Regressionsmodelle
dargestellt, wie die Bewertung von Verständlich- und Lesbarkeit auf die absoluten und relativen Leis-
tungsergebnisse wirkt.
42
4 Ergebnisse des Experiments
In der gesamten Stichprobe bewirkt eine bessere Bewertung der Verständlich- und Lesbarkeit höchst
signifikant bessere Leistungsergebnisse absolut (Koeff. 1,726, p < 0,01) und relativ (Koeff. 2,376,
p < 0,01). Innerhalb der Treatments zeigt sich auch in allen Fällen eine positive Wirkung, wobei hier
die Daten nur absolut bei T3 (Koeff. 2,689, p < 0,05) und T6 (Koeff. 2,719, p < 0,05) und relativ bei T1
(Koeff. 3,913, p < 0,05) signifikant sind. Auch bei Frauen (abs.: Koeff. 1,786, p < 0,01; rel.: Koeff. 1,911,
p < 0,05) und Männern (abs.: Koeff. 1,714, p < 0,01; rel.: Koeff. 2,813, p < 0,05) sind dieselben Wir-
kungen signifikant zu beobachten.
Somit wird die Hypothese 40 teilweise beibehalten, da nur innerhalb von T3, T6 und T1 signifikante
Einflüsse von Verständlichkeit und Lesbarkeit auf die Leistungsergebnisse vorliegen. Die Nullhypo-
these 4a wird verworfen, da innerhalb der Geschlechter eine Wirkung der Bewertung beobachtet
werden kann.
43
4 Ergebnisse des Experiments
Auf die Frage, welche genderspezifische Formulierung für personenbezogene Wörter in der Anleitung
gewählt wurde, gaben insgesamt über 60 % an, sich daran nicht mehr erinnern zu können. Wenn die
Personen angaben, sich zu erinnern, wurde T1 – unabhängig davon, ob diese Antwort richtig ist oder
nicht – in jedem Treatment am häufigsten gewählt. Die Prüfung der Unabhängigkeit zwischen der
bewussten Wahrnehmung und dem Treatment bzw. dem Geschlecht mittels eines Chi-Quadrat-Tests
ergibt sehr starke nicht signifikante Werte von p = 0,445 für die Treatments und p = 0,724 für Ge-
schlecht.
Die Annahme liegt nahe, dass aufgrund der Tatsache, dass T1 generell am häufigsten gewählt wurde,
die Quote der richtig beantworteten Genderformulierung hier mit 23 % am höchsten ist. Mit T4 liegt
die Trefferquote am geringsten mit nur 4 % an richtig beantworteten Fragen. Somit ist es den we-
nigsten Probandinnen und Probanden bewusst aufgefallen, dass weibliche und männliche personen-
bezogene Formulierungen separat angeführt wurden. Es ist ersichtlich, dass Frauen und Männer mit
rund 63 % annähernd gleich angaben, sich nicht mehr daran zu erinnern, jedoch Frauen durchschnitt-
lich 6 % mehr Genderformulierungen richtig beantworteten als Männer.
44
4 Ergebnisse des Experiments
Die Unterschiede innerhalb der sechs Treatments zeigen anhand des Chi-Quadrat-Tests mit einem
p-Wert von 0,002 einen signifikanten Zellwert auf, in welchem Treatment die vorliegende Frage rich-
tig bzw. nicht richtig beantwortet wurde. Dieses Ergebnis kann jedoch nicht für eine weitere Inter-
pretation herangezogen werden, da bei 41,7 % der Zellen eine Häufigkeit kleiner fünf erwartet wird
und dies die Bedingung von maximal 20 % überschreitet.128 Im Gegensatz dazu wird diese Bedingung
bei der Betrachtung der Geschlechterunterschiede erfüllt, da hier keine Zellen eine erwartete Häu-
figkeit kleiner fünf aufweisen. Eine signifikante (p = 0,003) Assoziation zwischen der korrekt beant-
worteten Frage zur Genderformulierung und dem Geschlecht kann somit geschlussfolgert werden.
Die Nullhypothese 5 muss somit beibehalten werden, die Nullhypothese 5a kann teilweise verworfen
werden: Es gibt keinen signifikanten Unterschied, ob Frauen oder Männer angeben, sich nicht an die
Genderformulierung zu erinnern. Wenn Frauen jedoch glauben, sich an die Genderformulierung zu
erinnern, wählen sie eher die korrekte Genderformulierung als Männer.
4.4 Wettbewerbsneigung
Im folgenden Kapitel werden die Unterschiede in der persönlichen Wettbewerbsneigung (Hypo-
these 6), den Ergebnisleistungen (Hypothese 7) sowie dem Zusammenhang zwischen Wettbewerbs-
neigung und Leistungsergebnissen (Hypothese 8) dargestellt.
4.4.1 Wettbewerbsneigung
In Form von Bonuszahlungen wurden die Probandinnen und Probanden zwischen der Übungsphase
und den bezahlten Aufgabenblöcken aufgefordert, ihre Präferenz bezüglich Individualbezahlung (IB)
oder Gruppenbezahlung (GB) anzugeben. Insgesamt wählten 507 Personen, davon 261 Frauen und
246 Männer, die Option der Individualbezahlung sowie 143 Personen, davon 59 Frauen und 84 Män-
ner, die Gruppenbezahlung. Die erwartete Assoziation, dass Männer eher zum Wettbewerb neigen
als Frauen, lässt sich mit einem Chi-Quadrat p-Wert von 0,031 signifikant bestätigen. Die Unter-
schiede zwischen den genderspezifischen Anleitungsformulierungen sind nicht signifikant (Chi-Quad-
rat, p = 0,699).
45
4 Ergebnisse des Experiments
IB 47 39 86 0,276
T2: Weiblich 0,225
GB 13 18 31 (0,325)
IB 44 40 84 0,168
T3: Männlich 0,774
GB 15 12 27 (0,333)
IB 49 42 91 -0,054
T5: Schrägstrich 0,012**
GB 6 18 24 (0,338)
IB 38 38 76
T6: Binnen-I 0,847
GB 10 11 21
-0,428**
Frauen
(0,193)
2-Log-Like-
63,545
*** p ≤ 0,01; ** p ≤ 0,05; *p ≤ 0,1 lihood
Tabelle 12: Wahl Bezahlungsoption – Gruppenunterschiede129
Anhand der Regressionsanalyse (Tabelle 12) haben die Treatments im Vergleich zu T6 unterschiedli-
che Effekte auf die Wahl der Bezahlungsoption. So würden Personen in T1 (Koeff.: -0,234, p = 0,516),
T4 (Koeff.: -0,122, p = 0,724) und T5 (Koeff.: -0,054, p = 0,873) eher die Indiviudalbezahlung bevorzu-
gen als Personen in T6. T2 (Koeff.: 0,276, p = 0,396) und T3 (Koeff.: 0,168, p = 0,613) haben die ge-
gensätzliche Wirkung. Jedoch weisen diese Werte ganz klar keine Signifikanz auf. Das Geschlecht Frau
hingegen bewirkt signifikant (Koeff. -0,428, p = 0,026), dass die Wahl der Bezahlungsoption eher auf
Individualbezahlung fällt. Werden die Verhältnisse zwischen Frauen und Männern jedoch wie in Ta-
belle 12 ersichtlich, innerhalb aller Treatments betrachtet, treffen diese nicht immer wie in der ge-
samten Stichprobe zu. Mehr Männer im Treatment T4 wählten die Individualbezahlung, in T1 und T2
entschieden sich mehr Frauen für die Gruppenbezahlung. Die Unterschiede von Frauen und Männern
innerhalb der Treatments sind in T1 mit p = 0,047 schwach signifikant, in T5 mit p = 0,012 eher stark
signifikant.
Die Probandinnen und Probanden schätzten sich anhand von vier Aussagen hinsichtlich ihrer Wett-
bewerbsneigung auf einer Skala von eins bis sieben selbst ein. Insgesamt tendieren die Testpersonen
46
4 Ergebnisse des Experiments
mit einem Mittelwert von 4,85 eher zu Wettbewerb hinsichtlich dessen, dass sie motivierter sind,
wenn sie im Wettbewerb stehen (Aussage 1) und mit einem Wert von 4,99 eher in Wettbewerb tre-
ten, wenn sie wissen, besser zu sein als die anderen (Aussage 2). Jedoch besagt ein ähnlich hoher
Mittelwert von 4,86 auch, dass die Testpersonen eher risikoscheu zu sein scheinen (Aussage 3). Am
aussagekräftigsten könnte wohl die Präferenz von Grundeinkommen gegenüber Bonuszahlungen mit
einem Mittelwert von 5,10 sein (Aussage 4). Da der hohe Mittelwert von Aussage 4 mit der höheren
Anzahl an Personen, die die Individualbezahlung präferierten, in Zusammenhang stehen könnte,
wurde eine Korrelationsanalyse (siehe Anhang 8.6.1) durchgeführt. Eine höhere Motivation in einer
Wettbewerbssituation (Aussage 1) steht signifikant (p = 0,03) in einem schwachen Zusammenhang
mit der Wahl von Gruppenbezahlung (Spearman: 0,08). Aussage 2 korreliert mit der Wahl der Indivi-
dualbezahlung (Spearman: -0,047), jedoch nicht signifikant (p = 0,236). Je risikoscheuer die Selbstein-
schätzung (Aussage 3), desto eher fällt die die Wahl auf Individualbezahlung (Spearman: -0,137;
p = 0,000). Die Präferenz eines höheren Grundeinkommens (Aussage 4) korreliert auch hier mit der
Präferenz der Individualbezahlung signifikant am stärksten (Spearman: -0,194, p = 0,000).
Zwischen den Treatments unterscheiden sich die Mittelwerte, welche in Tabelle 13 ersichtlich sind,
unwesentlich von der gesamten Stichprobe. Zu erwähnen wären hierbei die Antworten aller Testper-
sonen in T3, bei welchen die Aussagen 1 und 2 weniger zutreffen als die Aussagen 3 und 4, was sich
auf eine risikoaverse Selbsteinschätzung zurückführen lässt. Die Unterschiede sind jedoch nicht sig-
nifikant (p > 0,244). Das Geschlecht hingegen zeigt deutlichere Tendenzen: Männer geben eher an,
dass Aussage 1 und 2 auf sie zutrifft, Frauen eher Aussage 3 und 4. Diese Gruppenunterschiede sind
47
4 Ergebnisse des Experiments
mit Ausnahme von Aussage 2, mit p < 0,001 höchst signifikant. Somit werden die Studien wieder
dahingehend bestätigt, dass Männer eher zu Wettbewerb neigen als Frauen.
Auch anhand der Regressionsanalyse bewirkt keine genderspezifische Formulierung in der Anleitung
einen signifikanten Effekt auf die Selbsteinschätzung. Knapp nicht signifikant (Koeff. 0,478, p = 0,052)
wirkt jedoch T3 auf die Aussage 2, bessere Leistungen in Wettbewerbssituationen zu erbringen.
Das Geschlecht bestätigt sich auch in der Regressionsanalyse als ein eindeutig signifikanter Indikator
für die Selbsteinschätzung zum Wettbewerb. Männer schätzen sich eher ein, motivierter in Wettbe-
werbssituationen zu sein als Frauen (Koeff. 0,606; p < 0,001). Frauen hingegen scheinen signifikant
risikoaverser (Koeff. -0,568; p < 0,001) zu sein als Männer und bevorzugen daher auch ein Grundein-
kommen (Koeff. -0,6; p < 0,001). Nur auf Aussage 2 hat das Geschlecht keinen signifikanten
(Koeff. 0,033; p > 0,81) Einfluss.
Da keine Unterschiede oder Effekte der Treatments auf die Wettbewerbsneigung in Form von Präfe-
renz der Bezahlungsoption und der Selbsteinschätzung Einfluss haben, wird die Nullhypothese 6 bei-
behalten. Im Gegensatz dazu kann die Nullhypothese 6a verworfen werden, da Männer signifikant
eher zu Wettbewerb neigen als Frauen.
48
4 Ergebnisse des Experiments
die Reihenfolge, nach welcher Bezahlungsoption als erstes und als zweites bezahlt wird, variierte zu-
fällig innerhalb der Treatments.
Spearman: 0,919; Sig. p < 0,001 Spearman: 0,743; Sig. p < 0,001
Aus der in Abbildung 7 und Abbildung 8 veranschaulichten Gegenüberstellung der absoluten Anzahl
an richtig gelösten Sätzen sowie der relativen Rate an richtigen Sätzen in beiden Blöcken wird ersicht-
lich, dass sich die Leistungen der Testpersonen kaum zwischen den Blöcken unterscheiden. Eine Per-
son, die im individuellen Block gute Leistungen erzielt hat, hat dies auch im Wettbewerbsblock mit
einer höchst signifikanten starken Korrelation von 0,919 (p < 0,001). Hinsichtlich der prozentuellen
Rate an richtig gelösten Sätzen lässt sich eine breitere Streuung mit einer schwächeren, aber dennoch
einer starken positiven Korrelation von 0,743 (p < 0,001) erkennen.
ø Anzahl: Block ø Anzahl: Block ø Rate: ø Rate:
Individuell Wettbewerb Block Block
Individuell Wettbewerb
T1: Neutral 18,83 18,44 83,58% 83,57%
T2: Weiblich 19,79 19,66 82,58% 83,24%
T3: Männlich 19,42 19,78 85,68% 87,35%
49
4 Ergebnisse des Experiments
In drei (T3, T5, T6) von sechs Treatments sind die durchschnittlichen absoluten Zahlen an richtig ge-
lösten Sätzen in der Wettbewerbssituation höher als im individuellen Block. In zwei Treatments (T2
und T3) sind die durchschnittlich relativen Raten höher. Absolut gesehen schneiden Männer im Ge-
gensatz zu Frauen im Wettbewerbsblock besser ab als im Individualblock. Relativ betrachtet sind
Frauen besser im Wettbewerbsblock als Männer. Die nicht-parametrischen Tests der Gruppenunter-
schiede zeigen einerseits für die Treatments keine signifikanten Unterschiede (p > 0,667), für das
Geschlecht jedoch schon. Die besseren Leistungen der prozentuell korrekten Raten von Frauen im
individuellen (p = 0,025) sowie im wettbewerbsbasierten (p < 0,009) Block sind signifikant verschie-
den.
Die Treatments wirken weder bei der absoluten Anzahl an richtig gelösten Sätzen noch bei der rela-
tiven signifikant auf die individuell- oder die wettbewerbsbasierten Ergebnisse im Vergleich zum Tre-
atment 3. Das Geschlecht Frau wirkt wie in der Gesamtbetrachtung mit Hypothese 1 im Individual-
und im Wettbewerbsblock signifikant positiv auf die Rate, wobei die Wirkung im Wettbewerbsblock
sogar höher zu sein scheint (IB: Koeff. 5,219, p = 0,015; GB: Koeff. 5,327, p = 0,01).
50
4 Ergebnisse des Experiments
Die Nullhypothese 7 muss somit beibehalten werden, da keine signifikanten Unterschiede zwischen
den genderspezifischen Treatments in einer Wettbewerbssituation erkannt werden können. Die Null-
hypothese 7a hinsichtlich der Geschlechterunterschiede wird teilweise verworfen, da das Geschlecht
einen signifikanten Einfluss auf die relativen Leistungsergebnisse hat.
Zusätzlich wurde geprüft, ob sich die Leistungsergebnisse zwischen Wettbewerbsblock und Individu-
alblock unterscheiden, wenn die Wahl der Bezahlungsoption zwischen individueller oder gruppenba-
sierter Bezahlung getroffen wurde. Die Personen, die Individualbezahlung wählten, waren im Durch-
schnitt in beiden Blöcken besser als jene, die die gruppenbasierte Bezahlung wählten. Diese Unter-
schiede sind jedoch weder im Individualblock (p = 0,588) noch im Wettbewerbsblock (p = 0,496) sig-
nifikant.
51
4 Ergebnisse des Experiments
In Aussage 1 steigen die Leistungen im Wettbewerb absolut von 19,16 auf 19,95 signifikant
(p = 0,028), sinken jedoch relativ von 86,03 % auf 83,66 % mit einer höheren Selbsteinschätzung, mo-
tivierter in Wettbewerbssituationen zu sein – das aber nicht signifikant (p = 0,161). Diese wider-
sprüchlichen Ergebnisse von absolut und relativ sind auch bei Männern zu beobachten, jedoch sind
die Unterschiede innerhalb der Geschlechtergruppe nicht signifikant (p > 0,226). Werden diesbezüg-
lich nur Frauen betrachtet, fällt auf, dass die Leistungen der Frauen absolut sowie auch relativ mit
einer höheren Zustimmung steigen. Die Unterschiede sind jedoch ebenfalls nicht signifikant (p >
0,084).
Die Leistungen in Aussage 2 hingegen steigen absolut von 17,93 auf 20,27 sowie relativ von 82,28 %
auf 85,15 % mit einer höheren Selbsteinschätzung, besser in Wettbewerbssituationen zu sein. Die
Gruppenunterschiede nach Kruskal-Wallis stellen auch signifikante Werte (p = 0,007 bzw. p = 0,022)
dar. Mittels der Regressionsanalyse zeichnet sich auch der steigende Effekt von Aussage 2 im Ver-
gleich zu Aussage 1 ab, jedoch signifikant nur in absoluter (Koeff.: 1,157, p = 0,03) und nicht in relati-
ver (Koeff.: 1,083, p = 0,4) Hinsicht. Dies weist jedoch trotzdem auf einen Zusammenhang hin. Die
Ergebnisse der Männer bilden hier vergleichbare Tendenzen, signifikant absolut (p = 0,015) und rela-
tiv (p = 0,010) nach Kruskal-Wallis sowie absolut (Koeff.: 0,809, p = 0,237) und relativ (Koeff.: 2,882,
p = 0,138) in der Regression nicht signifikant. Die Leistungen absolut und relativ steigen auch mit
höherer Zustimmung bei Frauen, bei denen jedoch keine der statistischen Werte signifikant sind. Je-
doch wird mit der Regression ein negativer Effekt (Koeff.: -0,359) in der Auswertung der prozentuel-
len Rate vorgeschlagen – dieser ist aber keinesfalls signifikant (p = 0,831).
Mit der dritten Aussage steigen höchst signifikant (p < 0,001) ebenso die Leistungen absolut von 17,56
auf 20,48 und relativ von 78,51 % auf 86,72 % mit der Zustimmung, risikoscheuer zu sein. Auch die
Regressionsanalyse besagt die Wirkung einer höheren Risikoscheu auf bessere Leistungsergebnisse
in der Wettbewerbssituation (abs: Koeff. 2,002, p = 0,001; rel.: Koeff. 4,393, p = 0,002). Innerhalb der
Geschlechtergruppen Frauen und Männer steigen die Leistungen auch signifikant mit der höheren
Zustimmung bei der Gefahr mehr zu verlieren, als zu gewinnen, das Risiko nicht einzugehen
(0,05 > p < 0,010). Die Regression bei Frauen (abs: Koeff. 1,949, p = 0,017; rel.: Koeff. 3,714, p = 0,063)
und bei Männern (abs: Koeff. 2,254, p = 0,006; rel.: Koeff. 4,317, p = 0,028) besagt dasselbe, jedoch
nicht eindeutig signifikant bei den relativen Ergebnissen der Frauen.
Aussage 4 besagt mit höherer Zustimmung, dass ein Grundeinkommen gegenüber Bonuszahlungen
bevorzugt wird. Hier sinken die Leistungen mit einer höheren Zustimmung absolut von 22,21 auf
52
4 Ergebnisse des Experiments
19,58 und relativ minimal von 85,50 % auf 85,48 % signifikant (p < 0,001). In der Regression bewirkt
eine höhere Selbsteinschätzung in Aussage 4 schlechtere absolute Leistungen signifikant
(Koeff. -1,521, p = 0,015), jedoch nicht signifikant (Koeff. -0,484, p = 0,749) in relativer Betrachtungs-
weise. Zwar besagen die relativen Leistungen bei Männern (Koeff. -2,952, p = 0,137) keine signifikante
Assoziation der geringer werdenden Leistungen mit einem höheren Zustimmungsgrad mit Aussage
4, jedoch aber die absoluten (Koeff. -2,221, p = 0,013). Bei Frauen sinken auch die Leistungen absolut
(Koeff.: -0,369, p = 0,678), jedoch steigen sie relativ (Koeff. 2,200, p = 0,314), wobei diese Effekte
nicht signifikant sind.
Mit der Hypothese 8 wird erhoben, ob zwischen den Selbsteinschätzungen zur persönlichen Wettbe-
werbsneigung und den Leistungsergebnissen in einer Wettbewerbssituation ein Zusammenhang
liegt. In zwölf von 16 untersuchten Variablen (4 Aussagen x 2 Leistungsergebnisse x 2 Statistische
Tests) ist eine Assoziation zwischen Selbsteinschätzung und Leistungen in der Wettbewerbssituation
zu erkennen. Bei Frauen lassen sich nur drei signifikante Effekte beobachten, bei Männern acht. Somit
lassen sich die Nullhypothese 8 und Nullhypothese 8a nur teilweise verwerfen.
53
4 Ergebnisse des Experiments
Leistungsergebnisse
Hypothese 10:
Die Leistungsergebnisse unterscheiden sich nicht zwischen genderspezifischen
Anleitungsformulierungen. Beibehalten
Hypothese 1a0:
Die Leistungsergebnisse unterscheiden sich nicht zwischen Frauen und Män- ✓
nern. Verworfen
Textverständlichkeit
Die Häufigkeit an Lesewiederholungen sowie die Lesedauer einer experimen-
Hypothese 20: tellen Anleitung unterscheidet sich nicht zwischen den genderspezifischen
Beibehalten
Formulierungen.
Hypothese 2a0:
Die Häufigkeit an Lesewiederholungen sowie die Lesedauer einer experimen-
tellen Anleitung unterscheidet sich nicht zwischen Frauen und Männern. Beibehalten
Hypothese 3a0:
Der Grad der Verständlichkeit und Lesbarkeit von experimentellen Anleitun- ✓
gen unterscheidet sich nicht zwischen Frauen und Männern. Verworfen
Hypothese 4a0:
Es liegt kein Zusammenhang zwischen den Leistungsergebnissen und dem ✓
Grad der Verständlichkeit und Lesbarkeit bei Frauen und Männern vor. Verworfen
Hypothese 50:
Es liegen keine Unterschiede der bewussten Wahrnehmung zwischen gender-
spezifischen Anleitungsformulierungen vor. Beibehalten
Hypothese 5a0:
Es liegen keine Unterschiede der bewussten Wahrnehmung zwischen Frauen /✓
und Männern vor. Teilweise
Wettbewerbsneigung
Hypothese 60:
Es liegen keine Unterschiede in der Wettbewerbsneigung zwischen gender-
spezifischen Anleitungsformulierungen vor. Beibehalten
Hypothese 6a0:
Es liegen keine Unterschiede in der Wettbewerbsneigung zwischen Frauen ✓
und Männern vor. Verworfen
Hypothese 70:
Es liegen keine Unterschiede in der Ergebnisleistungen in einer Wettbewerbs-
situation zwischen genderspezifischen Anleitungsformulierungen vor. Beibehalten
Hypothese 7a0:
Es liegen keine Unterschiede in der Ergebnisleistungen in einer Wettbewerbs- /✓
situation zwischen Frauen und Männern vor. Teilweise
54
4 Ergebnisse des Experiments
Die Befunde weisen darauf hin, dass geschlechterspezifische Formulierungen in Anleitungen keinen
Einfluss auf Leistungsergebnisse in Experimenten (Hypothese 1) haben. Die Leistungsergebnisse wur-
den in zweierlei Hinsicht geprüft: Absolut nach der Anzahl der korrekt gelösten Aufgaben sowie rela-
tiv nach der Rate der korrekten Lösungen aller eingereichten Lösungen. Jedoch herrschen Unter-
schiede bei Männern und Frauen vor. Männer lösten mehr absolute Aufgaben, Frauen erreichten
eine relativ höhere Rate. Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass Männer eher das Risiko ein-
gehen, falsche Antworten abzugeben, um schneller zu sein und Frauen eher bedachter antworten.
Des Weiteren kann kein Muster der subjektiven Bewertungen von Verständlichkeit und Lesbarkeit
der Anleitung auf die sechs Gruppen mit unterschiedlich formulierten Anleitungstexten erkannt wer-
den (Hypothese 3). Frauen hingegen gaben bessere Bewertungen ab (Hypothese 3a). In der gesamten
Stichprobe wirkt eine bessere Bewertung der Verständlich- und Lesbarkeit in absoluter und relativer
Hinsicht positiv auf die Leistungsergebnisse. Dies könnte auch daran liegen, dass Personen, die die
Texte unabhängig von der Genderformulierung besser verstehen, auch linguistisch besser bewandert
sind und somit bessere Ergebnisse erzielten. Innerhalb der Treatments ist dieser Effekt nur absolut
beim generischen Maskulinum und Binnen-I sowie relativ in der genderneutralen Formulierung vor-
herzusagen (Hypothese 4), was weitere Interpretationen offen lässt. Auch in den Geschlechtergrup-
pen separat betrachtet, wirkt die bessere Verständlichkeit auf bessere Ergebnisse (Hypothese 4a).
Ein weiterer Indikator war die Erinnerung daran, welche Genderformulierung in den Experimentan-
leitungen der jeweiligen Probandinnen und Probanden überhaupt verwendet wurde (Hypothese 5).
Die Rate von 60 % der Probandinnen und Probanden, die angaben, sich nicht mehr daran zu erinnern
55
4 Ergebnisse des Experiments
sowie die Trefferquote von 9,8 % der übrigen 40 %, die eine der vorgeschlagenen Genderformulie-
rungen wählten, weist eindeutig darauf hin, dass die Genderformulierung nicht bewusst wahrgenom-
men wurde. Die Probandinnen und Probanden dürften somit nur auf die Aufgabe und die Erklärung
des Ablaufs an sich fokussiert sein, sodass die verwendete Genderformulierung in der dazugehörigen
Anleitung in den Hintergrund rückt. Des Weiteren könnte der konzentrationsfordernde Aufgaben-
zeitraum von mindestens sieben Minuten, der zwischen der letzten genderformulierten Anleitung
und der Frage, sich an die Genderformulierung zu erinnern, liegt, die Formulierung vergessen lassen.
Die Unterscheidung zwischen Frauen und Männern (Hypothese 5a) liegt nicht bei der Angabe der
bewussten Erinnerung, jedoch aber bei der Angabe der Genderformulierung: Wenn Frauen glauben,
sich an die Genderformulierung zu erinnern, wählen sie eher die korrekte Genderformulierung als
Männer. Diese Erkenntnis lässt auch die Interpretation wie bei Hypothese 1 zu, dass Frauen eher eine
Antwort abgeben, wenn sie sich sicherer sind, dass sie korrekt ist. Es soll hier erwähnt werden, dass
die genderneutrale Formulierung den höchsten Anteil an korrekten Erinnerungen aufweist. Das ist
aber mit großer Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass diese Antwortmöglichkeit bei allen
Treatments am häufigsten gewählt wurde. Obwohl für jede Antwortmöglichkeit ein Beispiel angege-
ben wurde, könnte es trotzdem daran liegen, dass Paarformen auch als genderneutral interpretiert
werden.
Im Zuge des ökonomischen Experiments wurden auch Ergebnisse zur Wettbewerbsneigung betrach-
tet. In welcher genderspezifischen Form die Anleitung formuliert wird, hat keinen Einfluss darauf,
welche Bezahlungsoption präferiert wird (Hypothese 6). Vorhergehende Studien werden durch das
signifikante Ergebnis bestätigt, dass Männer eher zu wettbewerbsbasierten Entscheidungen neigen
als Frauen, da mehr Männer die Gruppenbezahlung präferierten.138 Grundsätzlich liegen auch keine
Unterschiede, weder in der gesamten Stichprobe noch in den Treatments zwischen den Leistungen
nach individueller und wettbewerbsbasierter Bezahlung (Hypothese 7) vor. Da Frauen bereits in der
gesamten Stichprobe relativ signifikant bessere Leistungen erzielten, ist dies auch hier in beiden Auf-
gabenblöcken der Fall, wobei die Rate in der Wettbewerbssituation noch höher ist (Hypothese 7a).
Des Weiteren wurde der Zusammenhang überprüft, ob Personen, die eher zu Wettbewerb neigen,
auch bessere Ergebnisleistungen in einer Wettbewerbssituation erzielen (Hypothese 8). Dazu wurden
subjektive Einschätzungen zum persönlichen Wettbewerbsverhalten herangezogen, die auch im Zu-
56
4 Ergebnisse des Experiments
sammenhang mit der Präferenz der Bezahlungsoption stehen: Risikoaversere Personen (höhere Zu-
stimmung bei Aussage 3 und 4), wählten eher die Individualbezahlung. Eine allgemein gültige Antwort
auf die Wirkung der Leistungsergebnisse kann nicht erschlossen werden. Obwohl hier nicht alle
Werte in absoluter und relativer Hinsicht stark signifikant sind, erreichten Personen, die sich selbst
einschätzten, eher in den Wettbewerb zu treten, bessere Leistungen im Wettbewerbsblock. Auch
Personen, die ein Grundeinkommen eher ablehnen, erzielen bessere Ergebnisse. Jedoch bewirkt die
Aussage, eher risikoscheu zu sein, auch bessere Ergebnisse. Das widerspricht sich wieder mit der An-
nahme, dass Personen, die zu Wettbewerb neigen, bessere Leistungen in einer Wettbewerbssitua-
tion erbringen. Werden die Geschlechter getrennt betrachtet, liegen die Leistungstendenzen bei
Männern und Frauen bei allen vier Aussagen mit Ausnahme von zwei Aussagen in relativer Hinsicht
gleich (Hypothese 8a).
57
5 Herausforderungen für die Lehre im Feld Wirtschaftspädagogik
58
5 Herausforderungen für die Lehre im Feld Wirtschaftspädagogik
Erlebbar machen
Das Bewusstsein auf Diversität und Geschlechtergerechtigkeit in einem didaktischen Umfeld zu len-
ken, wirft viele methodologische Fragen auf. Zum einen sollen gesellschaftliche, kulturelle und ethi-
sche Einflüsse stets mitberücksichtigt werden, zum anderen sollte die Inhaltsvermittlung nicht zu kurz
kommen.141 Eine Problematik, die häufig auftritt, wenn bewusst Diskurse in Bezug auf gesellschaftli-
che Ungleichheiten initiiert werden, ist die persönliche Betroffenheit, die viele unberechenbare Emo-
tionen in einer Person auslösen kann. So stellt Widmann (2016) eine didaktische Vorgehensweise in
der Erwachsenenbildung vor, in der Gender-Training zwar auf den Emotionen aufbaut, jedoch auf
sachlicherer Ebene abschließt. Das didaktische Prinzip, das den Weg zum reflektierten Bewusstsein
darstellt, erfolgt in drei Schritten. Um sich an das Thema heranzutasten, werden im ersten und zwei-
ten Schritt negative und positive Assoziationen mit dem Thema Gender erarbeitet. Im dritten und
intensivsten Schritt sollen die Lernenden durch eine Übung zur Personalauswahl in vier Phasen er-
kennen, wie Diskriminierung entstehen kann. Die Ergebnisse der Aufzeichnungen wurden in Kapitel
2.2 dargestellt. Widmann (2016) ist überzeugt:
„Wenn in Seminaren zur politischen Bildung erlebbar wird, wie Ausschließungsprozesse im be-
ruflichen Alltag funktionieren, wer vom Ausschluss anderer profitiert, wer die Ausschlusskrite-
rien festlegt, dass viele Kriterien dafür geeignet sind und dass es unabhängig vom konkreten
Kriterium auf einer strukturellen Ebene immer um vergleichbare Prozesse geht, dann gelingt
es meiner Erfahrung nach, den persönlichen Widerwillen beziehungsweise das Desinteresse
an Themen zu überwinden und zu einem bewussten, konstruktiven Diskurs über Hierarchisie-
rungs- und Diskriminierungsprozesse zu gelangen.“
Erlebbarer kann die Inhaltsvermittlung auch durch die Lehrmethode von Arya/Maul (2012) werden,
die in Kapitel 2.5.1 näher beschrieben wird, werden. Schülerinnen und Schüler können dem Unter-
richt leichter folgen können, wenn die Beweggründe und Hintergründe der Begründerinnen und Be-
gründer des gelehrten Inhaltes im Unterreicht eingebaut werden. Diese erzählerische Art der Inhalts-
vermittlung stellt so einen emotionalen Bezug her und fördert die Motivation.142 Beide Geschlechter
können auf diese Weise im Unterricht gleichermaßen hervorgehoben werden.
59
5 Herausforderungen für die Lehre im Feld Wirtschaftspädagogik
5.2 Berufsrollenbilder
Berufliche Bildung stellt ein zentrales Thema für Wirtschaftspädagoginnen und Wirtschaftspädago-
gen dar.144 Obwohl typische Rollenbilder von Frauen und Männer immer mehr zu verschwimmen
erscheinen, haben sie dennoch Bestand. Daher ist es bedeutend, dass Lehrende darauf hinweisen,
dass Frauen und Männer Berufe in allen Branchen ergreifen können. Dies kann durch geschlechter-
gerechte Sprache und die Art der Vermittlung von Berufsrollenbildern unterstützt werden. Abgeleitet
von Studien in Kapitel 2.2, herrschen noch starke männliche Assoziationen mit Berufen in Führungs-
positionen, in der Wissenschaft oder in der Technik vor. Frauen werden eher mit sozialen Berufen in
Verbindung gesetzt. Werden jedoch Berufsbezeichnungen beider Geschlechter genannt, wie z.B.
Elektrikerin und Elektriker oder Sekretärin und Sekretär ruft dies andere Bilder im Kopf hervor – vor
allem Schülerinnen fühlen sich bestärkt, einen männerdominierten Beruf in Erwägung zu ziehen,
wenn die weibliche Bezeichnung bewusst genannt wird.145
Ein weiterer bedeutender Aspekt in der wirtschaftspädagogischen Lehre stellt auch Politische Bildung
dar. Der Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip Politische Bildung sieht vor, dass es Schülerinnen
und Schülern ermöglicht werden soll, „gesellschaftliche Strukturen in ihrer Art und Bedingtheit zu
erkennen und zu hinterfragen“146. Diese Aufforderung gilt im Besonderen ebenso für Lehrende in
Politischer Bildung, um Rollenbilder in unserer Gesellschaft im Unterricht in den Diskurs zu bringen.147
60
5 Herausforderungen für die Lehre im Feld Wirtschaftspädagogik
5.3 Genderkompetenz
Ein weitere Gesichtspunkt, auf den in der Literatur der Erziehungswissenschaften vielfach hingewie-
sen wird, ist die Genderkompetenz, die Lehrende für entsprechenden gendergerechten Unterricht
aufweisen sollten. Denn die Lehrenden selbst sind die Schlüsselpersonen für genderechten Unter-
richt.148 Innovatives und genderkompetentes Handeln von Lehrenden zeichnet sich dadurch aus, Be-
obachtungen im Alltag anzustellen und reflektieren zu können, über Kenntnisse in der Forschung zu
verfügen sowie Konzepte zu kennen.149 Genderkompetenz in Schule und Unterricht kann auch in
fachliche, methodische, soziale und personale Fähigkeiten gegliedert werden, die eine gesamtheitli-
che Handlungskompetenz für die Genderkompetenz bilden. Fachlichen Fähigkeiten beinhalten u.a.
Daten und Wirkungsmächte von Gender in Organisationen, rechtliche Grundlagen und wissenschaft-
liche Befunde zu kennen. Ein reflektiertes Methodenrepertoire, das gendergerechte Sprache und Ma-
terialien in entsprechendem Ausmaß berücksichtigt, deckt unter anderem die methodischen Fähig-
keiten ab. Soziale Fähigkeiten von Genderkompetenz stellen gruppendynamische, diversitätsbe-
wusste Pädagogik dar sowie die personalen Fähigkeiten Dialogbereitschaft und persönlich reflektier-
tes Bewusstsein.150 Demnach zeichnet eine genderkompetente Lehrperson mehr aus als genderge-
rechte Sprache erkennen und anwenden zu können. „Es gilt also vor allem, gender-relevante Situati-
onen überhaupt wahrzunehmen und zu ‚entschlüsseln‘. Erst danach können wir entscheiden, wie wir
damit umgehen können und wollen.“151 Genderkompetenz stellt somit eine Überebene für gender-
gerechten Unterricht dar.
61
6 Fazit
6 Fazit
Ziel der vorliegenden Masterarbeit war es, zu untersuchen, ob genderspezifische Formulierungen in
experimentellen Anleitungen einen Einfluss auf experimentelle Ergebnisse, die Verständlichkeit bzw.
Lesbarkeit sowie die Wettbewerbsneigung haben. Auch Unterschiede zwischen Frauen und Männern
wurden dahingehend untersucht. Die Ergebnisse aus Literatur und Experiment wurden aus einer wirt-
schaftspädagogischen Sicht betrachtet, um Herausforderungen für die Lehre in der Wirtschaftspäda-
gogik abzuleiten.
Im ersten Teil der Arbeit wurden die Theorie und der derzeitige Forschungsstand rund um die The-
matik geschlechtergerechte Sprache behandelt. Geschlechterstereotype sowie Bildung und Beruf
spielen für die Entwicklungen geschlechtergerechter Sprache eine tragende Rolle. Insbesondere bei
Berufsbezeichnungen herrschen noch starre geschlechterbezogene Rollenbilder vor. Forschungen
belegen, dass Kinder und Erwachsene sprachliche Gendersensibilität aufweisen und der Einbezug bei-
der Geschlechter durch die Beidnennung – insbesondere bei Berufsbezeichnungen – verstärkt wer-
den kann. Im Bildungsbereich wurden viele Gender-Projekte initiiert, um die geschlechtsbezogenen
Rollenbilder aufzulösen. Auch im Bereich der Wettbewerbsneigung ist die Geschlechterforschung
sehr präsent, wo in den meisten Fällen die stärker ausgeprägte Neigung zu Wettbewerb von Männern
abgeleitet wird. In weiterer Folge werden sieben unterschiedliche geschlechterspezifische Formulie-
rungen näher dargestellt, die in die Kategorien generisch, genderneutral und Paarform untergliedert
werden können. Mithilfe dieser Formulierungsvarianten wurden bereits Verständlichkeitsforschun-
gen meist im Vergleich zum vielfach umstrittenen generischen Maskulinum durchgeführt. Die For-
schungsergebnisse zeigen keine Beeinträchtigung der Verständlichkeit. Zur Lesbarkeit werden teil-
weise die kognitionspsychologischen Argumente, wonach die Lesbarkeit vor allem durch Texte mit
Paarformen eingeschränkt wird, bestätigt.
Im zweiten Teil der Arbeit wird das durchgeführte Online-Experiment sowie die Ergebnisse dargelegt.
Anleitungen eines Experiments wurden in sechs unterschiedlichen Genderformulierungen verfasst
und die Ergebnisse miteinander verglichen. Die zu erfüllende Aufgabe im Experiment stand bewusst
nicht mit geschlechtergerechter Sprache in Verbindung und die Probandinnen und Probanden wur-
den auch in keiner Weise darauf hingewiesen. Die Ergebnisanalyse gliedert sich in drei thematische
Schwerpunkte: Leistungsergebnisse der Experimentaufgabe, Verständlich- und Lesbarkeit sowie
Wettbewerbsneigung.
62
6 Fazit
Die Ergebnisse des durchgeführten Online-Experiments mit 650 Teilnehmenden gehen mit Forschun-
gen zur Verständlichkeit von Texten in geschlechtergerechter Sprache153 einher: mit keiner der sechs
geschlechterspezifischen Formulierungen konnte ein signifikanter Unterschied bewirkt werden. Dass
das Geschlecht jedoch einen Einfluss auf die Ergebnisse hat, wird in den meisten Fällen bestätigt. So
zeigt sich bei den Leistungsergebnissen, dass Männer in einer begrenzten Zeit mehr Lösungen absolut
abgeben, jedoch der prozentuelle Anteil an richtigen Lösungen bei Frauen höher liegt. Dieses Ergeb-
nis und dass mehr Frauen richtig lagen, wenn sie eine Antwort im abschließenden Fragebogen abga-
ben, welche Genderformulierung in der Anleitung verwendet wurde, deuten auf ein bedachteres
bzw. risikoaverseres Verhalten von Frauen hin. Frauen ist es offenbar wichtiger, korrekte Lösungen
abzugeben als so viele wie möglich und mit einem höheren Risiko, falsch zu liegen. Diese Annahme
wird auch im weiteren Sinne von der signifikant höheren Zustimmung der Probandinnen in der Be-
fragung zur Wettbewerbsneigung bestätigt, da sie eher ein Risiko nicht eingehen, wenn es mehr zu
verlieren als zu gewinnen gibt.
Die Verständlichkeit der genderspezifischen Anleitungstexte wurde anhand von vier Indikatoren ge-
prüft: anhand der angegeben Anzahl der Lesewiederholungen in der Befragung, der mitaufgezeich-
neten Lesedauer für die Anleitungen, der subjektiven Bewertung der Verständlichkeit und Lesbarkeit,
auch im Zusammenhang mit den Leistungsergebnissen, sowie anhand der bewussten Wahrnehmung
der Genderformulierung im Anleitungstext. Signifikante Effekte der Genderformulierungen konnten
nur teilweise innerhalb der Treatments bezüglich der Wirkung der Bewertung von Verständlichkeit
und Lesbarkeit auf die Leistungsergebnisse gefunden werden. In der gesamten Stichprobe und inner-
halb der Geschlechtergruppen hingegen ist der Effekt immer signifikant. Ein weiteres Ergebnis, das
zwar nicht signifikant, aber auffällig ist, stellt die niedrigere Lesedauer in der Gruppe, deren Anleitung
im generischen Femininum verfasst war, dar. Vorhergehende Forschungen diesbezüglich führten e-
her gegenteilige Beobachtungen zur Lesedauer an.154 Der vierte Indikator der bewussten Wahrneh-
mung lässt auch eine geringe Beeinträchtigung des Verstehens und Lesens vermuten, da sich 60 % im
abschließenden Fragebogen nach den intensiven Aufgabenblöcken angaben, sich nicht mehr an die
Genderformulierung zu Beginn erinnern zu können. Von den restlichen 40 % gaben auch nur rund ein
Viertel die korrekte Antwort an.
153 Vgl. Stahlberg/Sczesny (2001) & Steiger/Irmen (2007) & Braun et al. (2007) & Steiger/Irmen (2011) & Pöschko/Prieler
(2018), 10.
154 Vgl. Irmen/Kaczmarek, zitiert nach Stahlberg/Sczesny (2001), 133–134 & vgl Steiger-Loerbroks/Stockhausen (2014),
72–74
63
6 Fazit
Der dritte Auswertungsbereich des empirischen Experiments befasst sich mit den Beobachtungen der
Wettbewerbsneigung. Die Probandinnen und Probanden mussten sich vor dem Start der Experiment-
aufgabe für eine Bezahlungsoption entscheiden. Die individuelle Bezahlungsoption richtete sich nach
einer fixen Bezahlung per korrekter Antwort. Die gruppenbasierte Option ermöglichte eine deutlich
höhere Bezahlung pro Satz als Gruppenbeste oder -bester, ansonsten eine deutlich geringere Bezah-
lung als die individuelle Option. Die Probandinnen und Probanden schätzen sich auch in der anschlie-
ßenden Befragung zum persönlichen Wettbewerbsverhalten ein. Die Treatments bewirken dahinge-
hend keinen Effekt. Abermals wird jedoch bestätigt, dass Männer eher zu Wettbewerb neigen als
Frauen. Abgeleitet kann das durch signifikant höhere Präferenz der Frauen für Individualbezahlung
sowie durch die Ergebnisse der Befragung werden. Des Weiteren wurden die Leistungsergebnisse
nach Individual- und Wettbewerbsblock getrennt betrachtet und in den Gruppen analysiert. Hier er-
weist sich jedoch kein Unterschied zu den zusammengefassten Ergebnissen. Das könnte auf die eher
geringe Komplexität der Aufgabenstellung im Experiment zurückgeführt werden: Wenn einmal ver-
standen wurde, wie die Aufgabe zu lösen ist, kann ein Wettbewerbsdruck die Leistungsfähigkeit der
ausführenden Person nur mehr wenig beeinflussen. Jedoch wirkt eine höhere Neigung zu Wettbe-
werb trotzdem eher zu besseren Leistungen in einer Wettbewerbssituation.
Aus den Erkenntnissen der theoretischen und empirischen Arbeit wurden Herausforderungen für
Lehrpersonen in der Wirtschaftspädagogik abgeleitet. So sollten gendergerecht formulierte Lehr-/
und Lernmaterialien die kognitiven Leistungen der Lernenden nicht beeinträchtigen, sofern weiterhin
entsprechende Lesbarkeit gegeben ist. Genderneutrale Formulierungen stellen hier eine geeignete
Alternative dar. Auch sollen Berufsbilder in der Wirtschaft bewusst für beide Geschlechter kommu-
niziert werden, damit ein gedanklicher Einbezug beider Geschlechter gegeben ist. Als geeignet er-
scheint ein erlebbarer Unterricht, der mit realitätsgetreuen Übungen auf Probleme oder auf erzähle-
rische Weise auf die Begründerinnen und Begründer, die hinter den gelehrten Inhalten stehen, auf-
merksam macht. Um gendergerechten Unterricht mit allen Facetten umsetzen zu können, wird eine
entsprechende Genderkompetenz der Lehrpersonen vorausgesetzt.
Weiters sollen hier Limitationen dieser Arbeit aufgezeigt werden. Wie Steiger/Irmen (2011) in ihrer
Studie mit amtlichen Texten mit Instruktionsfunktion hinweisen, ist ebenso bei dieser Arbeit als Ein-
schränkung aufzuzeigen, dass die persönliche Anredeform der Anleitungen eine überaus geeignete
weitere Formulierungsvariante dargestellt hätte. Diese Formulierungsart gilt zudem für Anleitungen
als eine stark präferierte.155 Glenberg/Robertson (1999) heben hervor, dass eine Anleitung leichter
64
6 Fazit
verstanden wird, wenn die lernende Person die Aufgabe bereits selbst ausführen kann. Dies wird
darauf zurückgeführt, dass hier weiteres abstraktes Wissen entsteht, welches allein durch Lesen nicht
hervorgerufen werden kann.156 Dies war in diesem Experiment aufgrund der Übungsphase möglich.
Da die Anleitung wenig mit der Aufgabe selbst zu tun hatte und sie geübt werden konnte, könnte dies
auch eine Wirkung der Anleitung auf die Ergebnisse eingeschränkt haben.
Eine Online-Untersuchung weist viele Vorteile auf, sowie beispielsweise den einfachen und kosten-
günstigen Zugang zu einer hohen Anzahl an Probandinnen und Probanden.157 Zu den Nachteilen zählt
jedoch, dass mit Personen, die an Online-Umfragen teilnehmen, eine geringere Bevölkerungsreprä-
sentativität gegeben ist, da vor allem ältere Zielgruppen online erschwert erreicht werden.158 Diese
Tendenz spiegelt die Stichprobe im Experiment mit einem Altersschnitt von 30 Jahren mit einer eher
geringen Standardabweichung von rund zehn Jahren wieder. Des Weiteren könnte in der Stichprobe
auch ein systematischer Unterschied zwischen den Testpersonen des ersten und des zweiten Durch-
laufs bestehen, da die gewünschte Rücklaufquote beim zweiten Durchlauf erst nach der dreifachen
Zeit erreicht werden konnte. Dies wurde im Zuge der Analyse nicht berücksichtigt.
Da die vorliegende Stichprobe einen internationalen Personenkreis darstellt, bei dem Deutsch als
Muttersprache oder als fließende Fremdsprache gilt, stellt die Unterscheidung dieser Gruppen auch
ein weiteres interessantes Forschungsdesiderat für die Verständlichkeit von gendergerecht formu-
lierten Texten dar – auch in Anbetracht der Theorien in der Kognitionspsychologie, wonach früher
erlernte Wörter eine Kognitionsentlastung bewirken. Die Wirkung von genderspezifischen Formulie-
rungen in Anleitungstexten könnten noch in weiteren Experimenten mit komplexeren Aufgabenstel-
lungen als im vorliegenden Experiment bzw. im Schul- und Bildungsbereich untersucht werden. Au-
ßerdem wäre interessant, ob sich das Erinnerungsvermögen an die angewandten Genderformulie-
rung ändert, wenn die Zeit zwischen Anleitung und Frage kürzer oder länger ist.
In der Einleitung dieser Arbeit wurde auf die Verständlichkeitsdebatte gendergerechter Sprache an-
hand der gern genutzten Genderklauseln hingewiesen. Vorangegangene Studien sowie auch die Er-
gebnisse des vorliegenden Experiments weisen darauf hin, dass die Verständlichkeitsargumentation
wohl ein Trugschluss oder ein willkommener Vorwand zu sein scheinen, um sich nicht weiterführend
mit gendergerechter Sprache beschäftigen zu müssen.
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70
7 Literaturverzeichnis
71
8 Anhang
8 Anhang
8.6 Wettbewerbsneigung........................................................................................................ ix
8.6.1 Korrelation Selbsteinschätzung und Bezahlungspräferenz ................................................................... ix
8.6.2 Selbsteinschätzung und Leistungsergebnisse nach Geschlecht ............................................................ ix
1
8 Anhang
8.1 Anleitungen
Begrüßung
T1: Neutral T2: Weiblich
Sollten Sie Ihre Teilnahme beenden müssen, so können Sie Sollten Sie Ihre Teilnahme beenden müssen, so können Sie
dies jederzeit und ohne Angabe von Gründen tun. Wenden dies jederzeit und ohne Angabe von Gründen tun. Wenden
Sie sich in diesem Fall bitte an den Untersuchungsleiter, As- Sie sich in diesem Fall bitte an den Untersuchungsleiter, As-
soz. Prof. Dr. Stefan Palan ([email protected]), um die soz. Prof. Dr. Stefan Palan ([email protected]), um die
Grundbezahlung für Ihre Teilnahme (£ 5 pro 60 Minuten) aus- Grundbezahllung für Ihre Teilnahme (£ 5 pro 60 Minuten)
bezahlt zu bekommen. Sie erhalten in diesem Fall keine Bo- ausbezahlt zu bekommen. Sie erhalten in diesem Fall keine
nuszahlung. Bonuszahlung.
Sollten Sie nach dem Experiment Fragen haben, wenden Sie Sollten Sie nach dem Experiment Fragen haben, wenden Sie
sich bitte ebenfalls an den oben genannten Untersuchungs- sich bitte ebenfalls an den oben genannten Untersuchungs-
leiter. Sollten Sie Fragen zur ethischen Dimension dieses Ex- leiter. Sollten Sie Fragen zur ethischen Dimension dieses Ex-
periments haben, können Sie sich auch an die Ethikkommis- periments haben, können Sie sich auch an die Ethikkommis-
sion der Uni Graz (Universitätsplatz 3, 8010 Graz, Österreich) sion der Uni Graz (Universitätsplatz 3, 8010 Graz, Österreich)
wenden. wenden.
Ihr Team des Max-Jung-Labor für Experimentelle Wirt- Ihr Team des Max-Jung-Labor für Experimentelle Wirt-
schaftsforschung der Universität Graz schaftsforschung der Universität Graz
3
8 Anhang
Sie kennen nun Ihre Aufgabe. Nun folgen zwei Aufgabenblö- Sie kennen nun Ihre Aufgabe. Nun folgen zwei Aufgabenblö-
cke zu je 3,5 Minuten. Lösen Sie in dieser Zeit so viele Sätze cke zu je 3,5 Minuten. Lösen Sie in dieser Zeit so viele Sätze
wie Sie können. Ihre Bonuszahlung richtet sich nach der An- wie Sie können. Ihre Bonuszahlung richtet sich nach der An-
zahl an richtig gelösten Sätzen in einem der beiden Blöcke. zahl an richtig gelösten Sätzen in einem der beiden Blöcke.
Dabei unterscheidet sich die Art der Entlohnung in den bei- Dabei unterscheidet sich die Art der Entlohnung in den bei-
den Blöcken wie folgt: den Blöcken wie folgt:
Block 1: Individualbezahlung Block 1: Individualbezahlung
Die teilnehmende Person erhält £ 0,10 für jeden richtig gelös- Die Teilnehmerin erhält £ 0,10 für jeden richtig gelösten Satz.
ten Satz.
Block 2: Gruppenbezahlung
Block 2: Gruppenbezahlung Vier zufällig ausgewählte Teilnehmerinnen werden zu einer
Vier zufällig ausgewählte Teilnehmende werden zu einer Gruppe zusammengefasst und ihre Ergebnisse miteinander
Gruppe zusammengefasst und ihre Ergebnisse miteinander verglichen. Die Teilnehmerin mit dem besten Ergebnis ist
verglichen. Jene Person mit dem besten Ergebnis ist jene, die jene, die die meisten Sätze richtig gelöst hat (bei Gleichstand
die meisten Sätze richtig gelöst hat (bei Gleichstand wird eine wird eine Teilnehmerin zufällig gewählt). Die beste Teilneh-
dieser Personen zufällig gewählt). Die beste Person erhält merin erhält £ 0,31 und die restlichen drei erhalten £ 0,03 für
£ 0,31 und die restlichen drei £ 0,03 für jeden richtig gelösten jeden richtig gelösten Satz.
Satz.
Am Ende des Experiments wählt der Computer zufällig aus,
Am Ende des Experiments wählt der Computer zufällig aus, ob Sie für Ihre Leistungen nach Individualbezahlung (erster
ob Sie für Ihre Leistungen nach Individualbezahlung (erster Block) oder nach Gruppenbezahlung (zweiter Block) ent-
Block) oder nach Gruppenbezahlung (zweiter Block) ent- lohnt werden. Sie können jedoch jetzt angeben, welche der
lohnt werden. Sie können jedoch jetzt angeben, welche der beiden Bezahlungsoptionen Sie bevorzugen. Die Bezahlung
beiden Bezahlungsoptionen Sie bevorzugen. Die Bezahlung erfolgt dann mit 75 % Wahrscheinlichkeit nach der von Ihnen
erfolgt dann mit 75 % Wahrscheinlichkeit nach der von Ihnen ausgewählten Variante und mit 25 % Wahrscheinlichkeit nach
ausgewählten Variante und mit 25 % Wahrscheinlichkeit nach der anderen Variante.
der anderen Variante.
Entscheiden Sie sich bitte jetzt für eine der nachfolgend dar-
Entscheiden Sie sich bitte jetzt für eine der nachfolgend dar- gelegten Varianten, wie Sie pro korrektem Satz bezahlt wer-
gelegten Varianten, wie Sie pro korrektem Satz bezahlt wer- den möchten.
den möchten.
4
8 Anhang
dann mit 75 % Wahrscheinlichkeit nach der von Ihnen ausge- dann mit 75 % Wahrscheinlichkeit nach der von Ihnen ausge-
wählten Variante und mit 25 % Wahrscheinlichkeit nach der wählten Variante und mit 25 % Wahrscheinlichkeit nach der
anderen Variante. anderen Variante.
Entscheiden Sie sich bitte jetzt für eine der nachfolgend dar- Entscheiden Sie sich bitte jetzt für eine der nachfolgend dar-
gelegten Varianten, wie Sie pro korrektem Satz bezahlt wer- gelegten Varianten, wie Sie pro korrektem Satz bezahlt wer-
den möchten. den möchten.
Sie kennen nun Ihre Aufgabe. Nun folgen zwei Aufgabenblö- Sie kennen nun Ihre Aufgabe. Nun folgen zwei Aufgabenblö-
cke zu je 3,5 Minuten. Lösen Sie in dieser Zeit so viele Sätze cke zu je 3,5 Minuten. Lösen Sie in dieser Zeit so viele Sätze
wie Sie können. Ihre Bonuszahlung richtet sich nach der An- wie Sie können. Ihre Bonuszahlung richtet sich nach der An-
zahl an richtig gelösten Sätzen in einem der beiden Blöcke. zahl an richtig gelösten Sätzen in einem der beiden Blöcke.
Dabei unterscheidet sich die Art der Entlohnung in den bei- Dabei unterscheidet sich die Art der Entlohnung in den bei-
den Blöcken wie folgt: den Blöcken wie folgt:
Block 1: Individualbezahlung Block 1: Individualbezahlung
Die/Der Teilnehmer/in erhält £ 0,10 für jeden richtig gelösten Die/Der TeilnehmerIn erhält £ 0,10 für jeden richtig gelösten
Satz.
Satz.
Block 2: Gruppenbezahlung
Block 2: Gruppenbezahlung
Vier zufällig ausgewählte Teilnehmer/innen werden zu einer
Vier zufällig ausgewählte TeilnehmerInnen werden zu einer
Gruppe zusammengefasst und ihre Ergebnisse miteinander
Gruppe zusammengefasst und ihre Ergebnisse miteinander
verglichen. Die/Der Teilnehmer/in mit dem besten Ergebnis
verglichen. Die/Der TeilnehmerIn mit dem besten Ergebnis ist
ist jene/r, die/der die meisten Sätze richtig gelöst hat (bei
jeneR TeilnehmerIn, die/der die meisten Sätze richtig gelöst
Gleichstand wird ein/e Teilnehmer/in zufällig gewählt). Die
hat (bei Gleichstand wird einE TeilnehmerIn zufällig gewählt).
beste Teilnehmerin oder der beste Teilnehmer erhält £ 0,31
Die/Der beste TeilnehmerIn erhält £ 0,31 und die restlichen
und die restlichen drei erhalten £ 0,03 für jeden richtig gelös-
drei TeilnehmerInnen erhalten £ 0,03 für jeden richtig gelös-
ten Satz.
ten Satz.
Am Ende des Experiments wählt der Computer zufällig aus,
Am Ende des Experiments wählt der Computer zufällig aus,
ob Sie für Ihre Leistungen nach Individualbezahlung (erster
ob Sie für Ihre Leistungen nach Individualbezahlung (erster
Block) oder nach Gruppenbezahlung (zweiter Block) ent-
Block) oder nach Gruppenbezahlung (zweiter Block) ent-
lohnt werden. Sie können jedoch jetzt angeben, welche der
lohnt werden. Sie können jedoch jetzt angeben, welche der
beiden Bezahlungsoptionen Sie bevorzugen. Die Bezahlung
beiden Bezahlungsoptionen Sie bevorzugen. Die Bezahlung
erfolgt dann mit 75 % Wahrscheinlichkeit nach der von Ihnen
erfolgt dann mit 75 % Wahrscheinlichkeit nach der von Ihnen
ausgewählten Variante und mit 25 % Wahrscheinlichkeit nach
ausgewählten Variante und mit 25 % Wahrscheinlichkeit nach
der anderen Variante.
der anderen Variante.
Entscheiden Sie sich bitte jetzt für eine der nachfolgend dar-
Entscheiden Sie sich bitte jetzt für eine der nachfolgend dar-
gelegten Varianten, wie Sie pro korrektem Satz bezahlt wer-
gelegten Varianten, wie Sie pro korrektem Satz bezahlt wer-
den möchten.
den möchten.
5
8 Anhang
8.2 Fragebogen159
Frage 1 Frage 4
Frage 2
Frage 5
Frage 3
T1
T2
T3
T4
T5
T6
6
8 Anhang
7
8 Anhang
8
8 Anhang
8.6 Wettbewerbsneigung164
8.6.1 Korrelation Selbsteinschätzung und Bezahlungspräferenz
Spearman-Rho
COQ1 Motivier-
ter_Tendenz
Motivierter_Tendenz Korrelationskoeffizient ,085* 1,000
Sig. (2-seitig) ,030 .
N 650 650
Besser_Tendenz Korrelationskoeffizient -,047 1,000
Sig. (2-seitig) ,236 .
N 650 650
Risikoscheu_Tendenz Korrelationskoeffizient -,137** 1,000
Sig. (2-seitig) ,000 .
N 650 650
Grundeinkom- Korrelationskoeffizient -,194** 1,000
men_Tendenz Sig. (2-seitig) ,000 .
N 650 650
*. Die Korrelation ist auf dem 0,05 Niveau signifikant (zweiseitig).
**. Die Korrelation ist auf dem 0,01 Niveau signifikant (zweiseitig).
Tabelle im Anhang 5: Korrelation Selbsteinschätzung und Bezahlungspräferenz
9
8 Anhang
10