D’Hondt

[Divisorverfahren]

Das Divisorverfahren mit Abrundung

Bezeichnungen

nach:

Beschreibungen

1. Als Höchstzahlverfahren
Die Stimmen der Parteien werden durch 1, 2, 3, … n dividiert und die Sitze in der Reihenfolge der größten sich ergebenen Höchstzahlen zugeteilt.

2. Als Divisorverfahren – Teile und Runde
Die Stimmen der Parteien werden durch einen geeigneten Divisor (Stimmen pro Sitz) dividiert und es wird abgerundet.

3. Nach Hagenbach-Bischoff (als Quasi-Quotenverfahren)

Beispielrechnung: Zahlenbeispiel

Fehlerminimierung

D’Hondt maximiert die Zahl der Stimmen pro Abgeordneten (Wähler, die ein Abgeordneter der bestgestellten Partei vertritt).

Eigenschaften

Doppelte Anwendung des Verfahrens

Wenn das Divisorverfahren mit Abrundung in mehreren Wahlkreisen unabhängig voneinander (in gewissem Sinne in Baden-Württemberg) oder mehrmals hintereinander angewandt wird (Wähler → Parlament → Ausschuss), verstärkt sich der mehrheitserhaltende Trend bzw. die Benachteiligung kleinerer Parteien.

In Bayern wurde die parallele Anwendung des Divisorverfahrens mit Abrundung vom Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt (VerfGHE BY 45, 54). Das Gericht begründete sein Urteil damit, daß das Verfahren d’Hondt die großen Parteien begünstigt. Da die Mandate an die Parteien in den sieben Wahlkreisen getrennt verteilt werden, wird diese Begünstigung der großen Parteien versiebenfacht, so daß eine landesweit proporzmäßige Sitzverteilung nicht mehr gewährleistet ist. Tatsächlich hatte beispielsweise 1990 die FDP bei einem Stimmenanteil von 5,2 % nur 3,4 % der Mandate erhalten.

Geschichte/Anwendung

Das Divisorverfahren mit Abrundung war nach 1945 das am häufigsten verwendete Sitzzuteilungsverfahren im deutschen Wahlrecht (bei der Bundestagswahl, den Landtagswahlen und Kommunalwahlen, aber auch nichtstaatlichen Wahlen wie Sozial- und Betriebsratswahlen). Wegen der proporzverzerrenden Wirkung wurde und wird es nach und nach durch neutralere Verfahren ersetzt.

Bei Bundestagswahlen wurde das ab der ersten Bundestagswahl angewandte Verfahren nach d’Hondt im § 6 des Bundeswahlgesetzes (mit der ab 16. März 1985 gültigen Fassung vom 8. März 1985) durch das Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen mit Mehrheitsklausel (Hare/Niemeyer) ersetzt. Bei der Bundestagswahl am 25. Januar 1987 wurde Hare/Niemeyer erstmals angewendet (ab der Bundestagswahl 2009 durch Sainte-Laguë ersetzt).

Im Wahlrecht der Landtagswahlen wird das Divisorverfahren mit Abrundung mittlerweile nur noch in Sachsen, Niedersachsen und im Saarland verwendet.


von Martin Fehndrich und Matthias Cantow (12.09.1999, letzte Aktualisierung: 15.04.2012)