WILLI GEIGERS EXLIBRIS-WERK.
Zehn Jahre Exlibriskunst hat Willi Geiger
heute hinter sich, Willi Geiger, der „litera-
turfroheste", der erzählungssüchtigste unter
unseren Zeichnern, der eben deshalb auch für
das Exlibris viel natürliche Eignung mitbrachte.
An der Ausbildung des modernen Buchzeichens
als eines satirischen oder lyrischen Epigramms,
als eines blilzenden Witzworles, als einer gut-
gefeilten knappen Phrase von stark ausgepräg-
tem Stimmungsgehalt, hat Willi Geiger in erster
Linie mitgearbeitet. Denn mitteilungsbedürftig,
diskussionslustig war sein Wesen von jeher,
lebhaftes Interesse an allem Menschlichen war
ihm in die Wiege gelegt, und aus beiden Ele-
menten wuchs seine Exlibriskunst: Die Um-
setzung des Eindruckes, den er von einem Men-
schen empfing, in irgend eine sofort faßliche
graphische Idee, das war von je die Hauptope-
ration bei der Entstehung seiner Exlibris.
In einem starken Bande hat Willi Geiger
jetzt seine Exlibris vereinigt, 200 an der Zahl,
Zinkätzungen und Radierungen. Man blättert
das Buch durch, das mit dem raschen Tempo,
in dem es uns durch die letzten 10 Jahre des
Künstlers führt, zu einer knappen Darstellung
seiner Entwicklung wird. Man sieht ihn von
der harten, nervös - starren Ausdrucksweise
seiner Anfänge, denen noch Holzschnittreminis-
zenzen anhaften, fortschreiten zu immer größerer
Leichtigkeit, zu duftiger Auflockerung der For-
men, zu anmutiger Freiheit und Durchgeistigung
der zeichnerischen Auffassung. Dieser Ent-
wicklung läuft in menschlicher Hinsicht eine
ähnliche parallel: Im Anfang Härte und eine
gewisse Gewaltsamkeit, gelle Ironien, Schärfen
und Lieblosigkeiten, später liebenswürdige,
rein klingende Lyrismen von bemerkens-
wertem Wohllaut, aus einer gelösten, weiche-
ren Gemütsstimmung entspringend. Man glaubt
sehen zu können, wie die Starre und Wider-
spenstigkeit in seiner Seele zerschmelzen, um
einer liebebereiteren, gleichsam versöhnliche-
ren Auffassung von Welt und Menschen Platz
zu machen. Ja, man muß die letzte Periode
seiner Exlibriskunst wohl etwas auf Kosten
seiner ersten hervorheben; man kennzeichnet
viele seiner früheren Exlibris wohl richtig da-
mit, wenn man sie kecke Witzworte nennt, ge-
boren aus der Gunst der Stunde und mit dieser
wieder ihren Daseinsgrund, ihre Berechtigung
verlierend. Ob es angemessen ist, sie zu ver-
ewigen ? Erfreulich, ihnen in jedem Buche einer
Bibliothek zu begegnen? Mir wenigstens scheint
es zweckentsprechender, mit innerer Ruhe, mit
Verständnis, womöglich mit Liebe an eine sol-
che knappe Charakterisierung fremden Wesens
heranzugehen. Dazu ist denn Willi Geiger
auch schließlich gelangt............w. m.
T4
Zehn Jahre Exlibriskunst hat Willi Geiger
heute hinter sich, Willi Geiger, der „litera-
turfroheste", der erzählungssüchtigste unter
unseren Zeichnern, der eben deshalb auch für
das Exlibris viel natürliche Eignung mitbrachte.
An der Ausbildung des modernen Buchzeichens
als eines satirischen oder lyrischen Epigramms,
als eines blilzenden Witzworles, als einer gut-
gefeilten knappen Phrase von stark ausgepräg-
tem Stimmungsgehalt, hat Willi Geiger in erster
Linie mitgearbeitet. Denn mitteilungsbedürftig,
diskussionslustig war sein Wesen von jeher,
lebhaftes Interesse an allem Menschlichen war
ihm in die Wiege gelegt, und aus beiden Ele-
menten wuchs seine Exlibriskunst: Die Um-
setzung des Eindruckes, den er von einem Men-
schen empfing, in irgend eine sofort faßliche
graphische Idee, das war von je die Hauptope-
ration bei der Entstehung seiner Exlibris.
In einem starken Bande hat Willi Geiger
jetzt seine Exlibris vereinigt, 200 an der Zahl,
Zinkätzungen und Radierungen. Man blättert
das Buch durch, das mit dem raschen Tempo,
in dem es uns durch die letzten 10 Jahre des
Künstlers führt, zu einer knappen Darstellung
seiner Entwicklung wird. Man sieht ihn von
der harten, nervös - starren Ausdrucksweise
seiner Anfänge, denen noch Holzschnittreminis-
zenzen anhaften, fortschreiten zu immer größerer
Leichtigkeit, zu duftiger Auflockerung der For-
men, zu anmutiger Freiheit und Durchgeistigung
der zeichnerischen Auffassung. Dieser Ent-
wicklung läuft in menschlicher Hinsicht eine
ähnliche parallel: Im Anfang Härte und eine
gewisse Gewaltsamkeit, gelle Ironien, Schärfen
und Lieblosigkeiten, später liebenswürdige,
rein klingende Lyrismen von bemerkens-
wertem Wohllaut, aus einer gelösten, weiche-
ren Gemütsstimmung entspringend. Man glaubt
sehen zu können, wie die Starre und Wider-
spenstigkeit in seiner Seele zerschmelzen, um
einer liebebereiteren, gleichsam versöhnliche-
ren Auffassung von Welt und Menschen Platz
zu machen. Ja, man muß die letzte Periode
seiner Exlibriskunst wohl etwas auf Kosten
seiner ersten hervorheben; man kennzeichnet
viele seiner früheren Exlibris wohl richtig da-
mit, wenn man sie kecke Witzworte nennt, ge-
boren aus der Gunst der Stunde und mit dieser
wieder ihren Daseinsgrund, ihre Berechtigung
verlierend. Ob es angemessen ist, sie zu ver-
ewigen ? Erfreulich, ihnen in jedem Buche einer
Bibliothek zu begegnen? Mir wenigstens scheint
es zweckentsprechender, mit innerer Ruhe, mit
Verständnis, womöglich mit Liebe an eine sol-
che knappe Charakterisierung fremden Wesens
heranzugehen. Dazu ist denn Willi Geiger
auch schließlich gelangt............w. m.
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