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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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6. Heft
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Der Kunstmarkt
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204

Der Cicerone

Heft 6

ÄUGUSTIN HIRSCHVOGEL, Stadtansicht

Lanna begann mit dem Sammeln, indem er sich
für den Dekor eines in seinem Besitze befind-
lichen Glases die gestochene Vorlage zu ver-
schaffen suchte. Naturgemäß leiteten ihn diese
Anfänge zunächst zu den Ornamentstichen. Dieleb-
hafte Sammeltätigkeit jener Jahrzehnte, die sich
allgemein gerade auf dieses Spezialgebiet des
Kupferstiches mit besonderem Eifer warf, hat
gute Ornamentstiche heute selten gemacht, und
schwerlich dürfte sich jetzt noch eine Sammlung,
in der diese für unsere Kenntnis des alten
Kunstgewerbes so wichtigen Stichelerzeugnisse
in einer solchen Vollständigkeit wie hier uns
entgegentreten, zusammenbringen lassen. Be-
sonders überraschend ist dieser Reichtum bei
Binck und Claes, erstaunlich auch bei den
sonstigen Kleinmeistern. Dabei ist noch der
Hauptteil der Ornamentstichsammlung, soweit
es sich nicht um Arbeiten des XV. Jahrhunderts
oder der Kleinmeister handelt, für den zweiten
Teil der Auktion zurückgesetzt.

Von den Ornamenstichen hat sich der Be-
sitzer dann mit dem glücklichsten Erfolge dem
Sammeln der Meisterwerke Dürers und Rem-
brandts, deren hervorragende Hauptblätter ich
hier nicht aufzählen will, zugewendet. Auch der
Holzschnitt des XVI. Jahrhunderts ist ebenbürtig
vertreten: in erster Linie ein altkolorierter Ab-
druck des Dürerschen Triumphbogens der selte-
nen ersten Ausgabe, von der nur sieben andere
Exemplare bekannt sind. Ferner erwähnt sei
der schöne, leider etwas restaurierte Helldunkel-
holzschnitt des Ecce-Homo von Beham, der,

[Sammlung Lanna)

wie bereits Singer feststellte, nicht von dem-
selben Stocke gedruckt, wie der bei Pauli be-
schriebene Schnitt. Unter den übrigen werden
wohl die 39 prachtvollen Probedrucke von Becks
Schutzheiligen des Hauses Österreich, ferner die
beiden Unika des Monogrammisten D. S., der
in neuester Zeit durch Kaemmerer, Dodgson
und Koegler in den Vordergrund des Interesses
gerückt ist, den lebhaftesten Kampf hervor-
rufen, nicht minder einige Rarissima, wie der
Orpheus und Älkyon Wechtiins, die Probedrucke
der Totentanzfolge Holbeins, der schöne Ab-
druck der Madonna (mit dem Kurfürsten Ernst)
von Cranacb, der überraschenderweise die
Adresse des Nürnberger Verlegers Guldenmund
zeigt, der Sündenfall und der Christus am Kreuze
Baidungs (letzterer übrigens doch schon Bartsch
— Dürer 57 — bekannt) und zuletzt die kostbare
Schöne Maria Altdorfers.

Oder sollte das XV. Jahrhundert als die
Höhe der Sammlung, die nicht weniger wie
200 Stiche und Schnitte jener Zeit umfaßt, an-
zusehen sein? Wenn auf der Auktion Schreiber
vier kleine verkolorierte Stiche des Meisters
der Berliner Passion 5280 Kronen brachten,
welchen Preis soll man dann der Blumen-Dame
des Spielkartenmeisters prophezeien? Von dem
Kartenspiele, zu dem sie gehört und das sicher
als das schönste gestochene Spiel des XV. Jahr-
hunderts gelten muß, ist meines Wissens seit
1828 außer zwei Fragmenten nur eine Zahlen-
karte auf dem Äuktionsmarkte vorgekommen.
Von der heute vielleicht etwas über ihren künst-
 
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