Warum der Schillingstadter Schulze zu spät vor Amt kommt
Zwei Ritter von Rosenberg waren in den Krieg gegen die Heiden gezogen. Kurze Zeit darauf kam der Jüngere wieder nach Hause, gab seinen Bruder für todt aus, und ließ sich von den Gemeinden des Amts Boxberg, als ihrem nunmehrigen Gebieter, huldigen. Nachdem er ein Jahr lang regiert hatte, kehrte der Todtgeglaubte zurück und vertrieb ihn aus dem unrechtmäßigen Besitzthum. Hierauf berief der Aeltere die Schulzen des Amtes miteinander nach Boxberg, erklärte die Versammelten, weil sie so voreilig und willig seinem Bruder gehuldigt, für treubrüchig und ließ sie sämmtlich durch den Möckmühler Scharfrichter bei der s. g. Wolfsgrube enthaupten. Der Schulze von Schillingsstadt stellte sich erst ein, als die Hinrichtung der Andern bereits vorüber war und wurde nahe dem Richtplatze, wo ihn der Weg vorbeiführte, vom Scharfrichter ergriffen. Es gelang ihm jedoch, diesen zu gewinnen, indem er ihm fünf Gulden versprach, welche derselbe für jeden Kopf vom Ritter zum Henkerlohn erhielt; worauf der Schulze mit Hinterlassung von Haus und Hof und Weib und Kind in das Kur-Mainzische Dorf Wittstadt entfloh.
[615] Von dieser Zeit an bis zum heutigen Tage kommt der Schillingstadter Schulze allemal zu spät, wenn die Schulzen vor dem Amt in Boxberg erscheinen müssen.[1]
- ↑ Abweichend wird unter Anderm auch erzählt, die Schulzen seyen nach Heidelberg gegangen, um sich bei dem Pfalzgrafen über ihres Ritters Bedrückungen zu beklagen. Auf dem Hinwege hätten sie sich in der Herberge zu Adelsheim unvorsichtigerweise über ihr Vorhaben geäußert und heftig auf den Rosenberger losgeschimpft. Eine Magd, welche zugehört, habe später, als sie auf der Burg Boxberg im Dienste gestanden, die Sache dort ausgeplaudert und dadurch die Hinrichtung der Schulzen veranlaßt.