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Selbstzersetzung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Frank Wedekind
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Titel: Selbstzersetzung
Untertitel:
aus: Die vier Jahreszeiten
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1905
Verlag: Albert Langen, Verlag für Litteratur und Kunst
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Erscheinungsort: München
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Originalherkunft:
Quelle: Scans dieser Ausgabe auf Commons
S. 98
Kurzbeschreibung:
Aus dem Zyklus Sommer.
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Bearbeitungsstand
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[98] Selbstzersetzung

Hochheil’ge Gebete, die fromm ich gelernt,
Ich stellte sie frech an den Pranger;
Mein kindlicher Himmel, so herrlich besternt,
Ward wüsten Gelagen zum Anger.

5
Ich schalt meinen Gott einen schläfrigen Wicht;

Ich schlug ihm begeistert den Stempel
Heillosen Betrugs ins vergrämte Gesicht
Und wies ihn hinaus aus dem Tempel.

Da stand ich allein im erleuchteten Haus

10
Und ließ mir die Seele zerwühlen

Von grausiger Wonne, von wonnigem Graus:
Als Tier und als Gott mich zu fühlen.

Auch hab’ ich, den mördrischen Kampf in der Brust,
Am Altar gelehnt, übernachtet,

15
Und hab’ mir, dem Gotte, zu Kurzweil und Lust

Mich selber zum Opfer geschlachtet.