Aulis. 1) Ἡ Αὐλίς, alte Ortschaft Boiotiens am Euripos (Strab. IX 400. X 445. Paus. IX 19, 6. Plin. n. h. IV 26), auf einem weit in das euboische Meer vorspringenden Felsrücken (Stat. Ach. I 447ff.) gelegen, daher im Schiffskatalog πετρήεσσα genannt (Il. II 496. Schol. Eust. z. d. St. Strab. VII 298. IX 403. Nonn. Dion. XIII 105). Durch diese felsige Halbinsel – das It. marit. 525 Wess. bezeichnet A. irrtümlich als Insel – werden zwei Buchten gebildet, deren kleinere nördliche, jetzt τὸ μικρὸ Βαθύ genannt, nach Strabon IX 403 nur für 50 Schiffe ausreichte, während der grössere im Süden, jetzt τὸ (μεγάλο) Βαθύ, welchen Namen auch ein kleines Städtchen führt, schon den Alten als Βαθὺς λιμήν bekannt war, Strab. a. a. O. Diod. XIX 77, 4. Er galt als Sammelpunkt der griechischen Flotte gegen Troia (Il. II 303 m. Schol. u. Eust. Hesiod. op. 651ff. Eur. I. A. 14. 81. 121. 165. 1496; I. T. 9), wie auch der Aioler vor ihrem Auszug nach Asien, Strab. IX 401. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. II § 123 A. 151. Jedenfalls diente er schon frühzeitig dem localen Verkehr, Hesiod. a. O. Der berühmte Tempel der Artemis daselbst galt teils für eine Gründung Agamemnons (Dion. Call. 88ff.),
[2410] teils für weit älter als der troianische Krieg (Plin. n. h. XVI 217). Vor demselben standen Dattelpalmen, deren Früchte zwar nicht vollständig, aber besser reiften als in Ionien (Paus. IX 19, 8). Später zeigte man verschiedene Andenken an die Zeit der griechischen Heerfahrt (Paus. IX 19, 7), wie auch die in der Umgegend angelegten, noch jetzt vorhandenen Brunnen dem Agamemnon zugeschrieben wurden (Clitodem. bei Hesych. s. Ἀγαμεμνόνια φρέατα; vgl. Phavor. Eust. Il. IV p. 461, FHG I 361). In der Geschichte wird A. selten erwähnt. Agesilaos, sich als neuer Agamemnon fühlend, opferte hier vor seinem Übergang nach Asien (397 v. Chr., Xen. hell. III 4, 3. Plut. Ages. 6. Paus. III 9, 3. Hertzberg Agesilaos 41). Im J. 313 landete hier des Antigonos Feldherr Ptolemaios, im J. 304 sein Sohn Demetrios (Diod. XIX 77, 4. XX 100, 5. Droysen Hellenismus II 2, 33. 180). Das letzte Ereignis aus der Geschichte der Stadt ist der Besuch des Proconsuls L. Aemilius Paullus (167), Liv. XLV 27, 9. Noch in der Kaiserzeit wird A. als ein kleiner, zum Gebiet von Tanagra gehöriger Ort genannt, dessen Bewohner sich neben Fischfang (A. piscosa Ovid. met. XII 10) hauptsächlich von dem hier blühenden Töpfergewerbe ernährten (Strab. IX 403. Paus. IX 19, 8. Plut. aer. al. 2). Man vgl. ausser den angeführten Stellen noch Diod. XIII 47, 5. Strab. IX 404. 408. Paus. VIII 28, 4f. Scymn. 495. Apoll. Rhod. IV 1779. Ptol. III 14, 8 (15, 9). Quint. Smyrn. VIII 304. Nonn. Dion. XIII 112. Steph. Byz. s. v. u. Δαυλίς. Et. M. Nic. Greg. VII 7, 3. XVIII 2, 2. Cic. Tusc. I 116; div. II 63. Prop. VI 109. Mela II 45. Verg. Aen. IV 426 u. Serv. Hor. sat. II 3, 199. Ovid. met. XIII 182; Ib. 616. Stat. Theb. VII 332. Lucan. V 236. Solin. 7, 24. Dares 15. Dictys II 10. Mart. Cap. VI 659. Claudian. XV 485. Apul. deo Socr. 18. Hygin. fab. 98. Manil. astr. IV 638. Über die (unbedeutenden) Ruinen vgl. man Leake N. Gr. II 262f. Ross Königsreisen II 106f. und besonders Ulrichs Reisen II 38ff.