Im Kreislauf des Jahres (1891)
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Im Kreislauf des Jahres.
Ich ging um mitternächt’ge Zeit
Im schönen Mai durch stille Gründe:
Die Bäume blüthenüberschneit,
Als ob die Welt im Winter stünde,
Und seiner Duft von jungem Laube
Und munt’rer Wasser rascher Gang
Und Traumgegirr der wilden Taube.
Und leise fragt‘ ich, wie erlöst von Pein:
Ich ging bei matter Blitze Sprüh’n
Mittsommernachts durch stille Lande:
Rings der Johanniswürmchen Glüh’n
Und Kühle nach dem Sonnenbrande.
Die Bäume rauschten halb verstohlen
Und zu mir trug ein weicher Wind
Den Duft der blassen Nachtviolen.
Und leise, bei des Wetterleuchtens Schein,
Ich ging in tiefer, dunkler Nacht
Im Herbst entlang die Rebenhügel:
Zu meinen Häupten rauschten sacht
Der raschen Wandervögel Flügel.
Andächt’ge und verklärte Stille,
Als aus gebräuntem Haferfeld
Das klingende Gezirp der Grille.
Die Dörfer dufteten nach Most und Wein;
Ich ging in klarer Winternacht
Durch tiefverschneites Brachgefilde;
Hoch über mir die bunte Pracht
Der hellen, schönen Sterngebilde.
Gedämpft aus lautlos stillen Forsten
Und ab und zu ein heller Klang,
Wenn blankes, starkes Eis geborsten.
Die Luft so scharf und doch so köstlich rein!
R.L.