Im Dom zu Naumburg
„Den obdachlosen Ritter, den armen mag ich nicht,
Ich mag nicht Minnedienste, mich bindet höhre Pflicht
Ihr, ohne Ruhm und Schätze wagt doch um mich zu freien?
Nehmt das zurück, sonst möcht ich Euch noch des Irrsinns zeihen!“
Daß nur mit Müh er Fassung bei solchem Wort gewann,
Er neigt sich vor der Kalten, die er so heiß verehrt
Und die mit schnödem Abschied sich also von ihm kehrt.
Auf ihres Schlosses Zinne das stolze Fräulein stand,
„Du, Vöglein, sollst es mir sagen, Dir will ich’s anvertrauen,
Wo ich von meinen Schätzen den Tempel des Herrn soll bauen?“
Wo zwischen hohen Linden er seinen Platz sich nahm.–
Damit sie bald das Bauwerk, des herrlichen Doms vollbrächten.
Hei, wie die Gruftgewölbe erstanden meisterlich,
Wie kühne Strebepfeiler zur Höhe schwingten sich,
Wie schön die Marmorplatten und dreingehaune Bilder,
Doch war des Fräuleins Reichtum gar schnell zu Ende nun,
Und die geschäft’gen Hände, sie mußten alle ruhn.
Wie war der Stolzen Schönheit durch dreißig Jahr geschwunden –
„Ich kann den Dom nicht vollenden!“ seufzt sie in bangen Stunden.
Er kam vom heiligen Grabe und kam mit gläubigem Sinn.
Das war der erst verhöhnte der armgescholt’ne Freier,
Der sprach: „Reich komm ich wieder zu Eurer Tempelfeier.“
So wachsen diese Hallen uns zum Versöhnungszeichen!“
Beschämung auf dem Antlitz thät sie die Hand ihm reichen. –
Das ist die alte Märe, die man vom Dome sagt
Wo Trotz und Stolz gewaltet und Liebe nicht verzagt.
Und Liebe ihre Schwingen noch also treu entfaltet?
Es stehn in Stein gehauen Fräulein und Ritter da,
Es sitzt der Specht noch immer, wo man ihn sitzen sah.
Er weilt noch stumm in dem Tempel von Menschenhänden erbaut –