Zum Inhalt springen

Die junge Magd

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Georg Trakl
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die junge Magd
Untertitel:
aus: Gedichte, S. 6-8
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1913
Verlag: Kurt Wolff Verlag
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Der Jüngste Tag. Die Bücherei einer Epoche. Herausgegeben von Heinz Schöffler. Faksimile-Ausgabe. Band 1. Frankfurt am Main: Societäts-Verlag 1981. Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstveröffentlichung in: Der Brenner. Halbmonatsschrift herausgegeben von Ludwig von Ficker. III. Jahr. Heft 7. Innsbruck: Brenner Verlag, 1. Januar 1913. S. 289-291
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[6]

DIE JUNGE MAGD

Ludwig von Ficker zugeeignet

1.
Oft am Brunnen, wenn es dämmert,

Sieht man sie verzaubert stehen
Wasser schöpfen, wenn es dämmert.
Eimer auf und niedergehen.

5
In den Buchen Dohlen flattern

Und sie gleichet einem Schatten.
Ihre gelben Haare flattern
Und im Hofe schrein die Ratten.

Und umschmeichelt von Verfalle

10
Senkt sie die entzundenen Lider.

Dürres Gras neigt im Verfalle
Sich zu ihren Füßen nieder.

2.
Stille schafft sie in der Kammer

Und der Hof liegt längst verödet.

15
Im Hollunder vor der Kammer

Kläglich eine Amsel flötet.

Silbern schaut ihr Bild im Spiegel
Fremd sie an im Zwielichtscheine
Und verdämmert fahl im Spiegel

20
Und ihr graut vor seiner Reine.


Traumhaft singt ein Knecht im Dunkel
Und sie starrt von Schmerz geschüttelt.
Röte träufelt durch das Dunkel.
Jäh am Tor der Südwind rüttelt.

[7]

3.
25
Nächtens übern kahlen Anger

Gaukelt sie in Fieberträumen.
Mürrisch greint der Wind im Anger
Und der Mond lauscht aus den Bäumen.

Balde rings die Sterne bleichen

30
Und ermattet von Beschwerde

Wächsern ihre Wangen bleichen.
Fäulnis wittert aus der Erde.

Traurig rauscht das Rohr im Tümpel
Und sie friert in sich gekauert.

35
Fern ein Hahn kräht. Übern Tümpel

Hart und grau der Morgen schauert.

4.
In der Schmiede dröhnt der Hammer

Und sie huscht am Tor vorüber.
Glührot schwingt der Knecht den Hammer

40
Und sie schaut wie tot hinüber.


Wie im Traum trifft sie ein Lachen;
Und sie taumelt in die Schmiede,
Scheu geduckt vor seinem Lachen,
Wie der Hammer hart und rüde.

45
Hell versprühn im Raum die Funken

Und mit hilfloser Geberde
Hascht sie nach den wilden Funken
Und sie stürzt betäubt zur Erde.

[8]

5.
Schmächtig hingestreckt im Bette
50
Wacht sie auf voll süßem Bangen

Und sie sieht ihr schmutzig Bette
Ganz von goldnem Licht verhangen,

Die Reseden dort am Fenster
Und den bläulich hellen Himmel.

55
Manchmal trägt der Wind ans Fenster

Einer Glocke zag Gebimmel.

Schatten gleiten übers Kissen,
Langsam schlägt die Mittagsstunde
Und sie atmet schwer im Kissen

60
Und ihr Mund gleicht einer Wunde.


6.
Abends schweben blutige Linnen,

Wolken über stummen Wäldern,
Die gehüllt in schwarze Linnen.
Spatzen lärmen auf den Feldern.

65
Und sie liegt ganz weiß im Dunkel.

Unterm Dach verhaucht ein Girren.
Wie ein Aas in Busch und Dunkel
Fliegen ihren Mund umschwirren.

Traumhaft klingt im braunen Weiler

70
Nach ein Klang von Tanz und Geigen,

Schwebt ihr Antlitz durch den Weiler,
Weht ihr Haar in kahlen Zweigen.