Die junge Magd
[6] DIE JUNGE MAGD Ludwig von Ficker zugeeignet 1. Oft am Brunnen, wenn es dämmert, Sieht man sie verzaubert stehen 5 In den Buchen Dohlen flattern Und sie gleichet einem Schatten. 10 Senkt sie die entzundenen Lider. Dürres Gras neigt im Verfalle 2. Stille schafft sie in der Kammer Und der Hof liegt längst verödet. 15 Im Hollunder vor der Kammer Kläglich eine Amsel flötet. 20 Und ihr graut vor seiner Reine.
3. 25 Nächtens übern kahlen Anger Gaukelt sie in Fieberträumen. 30 Und ermattet von Beschwerde Wächsern ihre Wangen bleichen. 35 Fern ein Hahn kräht. Übern Tümpel Hart und grau der Morgen schauert. 4. In der Schmiede dröhnt der Hammer Und sie huscht am Tor vorüber. 40 Und sie schaut wie tot hinüber.
45 Hell versprühn im Raum die Funken Und mit hilfloser Geberde 5. Schmächtig hingestreckt im Bette 50 Wacht sie auf voll süßem Bangen Und sie sieht ihr schmutzig Bette 55 Manchmal trägt der Wind ans Fenster Einer Glocke zag Gebimmel. 60 Und ihr Mund gleicht einer Wunde.
6. Abends schweben blutige Linnen, Wolken über stummen Wäldern, 65 Und sie liegt ganz weiß im Dunkel. Unterm Dach verhaucht ein Girren. 70 Nach ein Klang von Tanz und Geigen, Schwebt ihr Antlitz durch den Weiler, |