Die Jahreszeiten (Lavant)
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Die Jahreszeiten.
An dem Bach, der plätschernd fließt,
Seidenweiche Weidenkätzchen!
Gelb die erste Priemel sprießt
An geschützten, warmen Plätzchen.
Schwirren kaum erwachte Hummeln,
Die sich nach der Winterrast
Doppelt ungeduldig tummeln.
Eine Amsel probt ihr Lied,
Und durch’s welke, dürre Ried
Weht wie Hoffungshauch die Weise:
Frühling! Frühling!
Kukuksruf und Wachtelschlag
Klingt den lieben, langen Tag,
Und der Tauber girrt im Walde.
Von gesenkten Zweigen streift
Kirschen man in wenig Wochen –
Taktgemäß der Spechte Pochen.
Durch ein schwarzes Wolkenthor
Zuckt ein Blitz, als ob er drohe,
Und am Himmel schlägt empor
Sommer! Sommer!
Müde in der Straße Staub,
Braun und kraus, wie rostbefallen,
Niederrauscht das welke Laub,
Wenn du Nachts im Freien lauschst,
Wirst du leisen Ohrs gewahren,
Wie es in den Lüften rauscht
Von der Wandervögel Schaaren.
In dem lichtgeword’nen Laube,
Und in duft’ger Bläue prangt
Am Spalier die Edeltraube!
Herbstestage!
Ungestüm des Ostwinds Schnauben,
Auf die Lattenköpfe legt
Sich’s wie zierlich-runde Hauben;
Leise murrend rinnt der Bach
Und der Hütte nied‘res Dach
Schmückt sich mit krystall’nen Zacken.
Weg und Stege sind verweht
Von dem flockigen Gewimmel,
Fremd und groß der Mond am Himmel!
Winter! Winter!
Wenn du nach den Reizen gehst,
Die sich lächelnd dir entschleiern,
Wirst du täglich Feste feiern.
Sei dir noch so trüb‘ zu Muth –
Tröste dich vor diesem Bilde!
Die Natur ist still und gut
So – jedoch auch so nur! - hast
Du dein Leben voll genossen,
Wenn sich einst zu ew’ger Rast
Deine Lider müd‘ geschlossen.
R.L.