An M. S.
Ja, sie ist es! Diese schönen Züge,
Dieser hohen Unschuld sprechend Bild,
Wie der Gottheit Fülle sanft und mild;
Dieser Flammenaugen hehrer Blick,
Diese stille nie getrübte Milde,
Dieser reine treue Engelsinn,
Schmücken dich, der Schönheit Königinn.
Nimmer wird von Myriaden Zungen,
Aechte, treue, ungeschminkte Wahrheit
Thronet hoch auf deinem Angesicht,
Spiegelt sich in deiner Augen Licht:
Näher sah ich an der Gottheit Glänzen
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Dieser milde Anflug zarter Röthe,
Junger Pfirsich-Blüthenknospe gleich,
O, an jeder Anmuth endlos reich –
Mischt sich mit der Schwanenweiße Pracht,
Allverlohren steh’ ich oft, und staune:
Ob du sterblich seyst? – ob, Göttinn, du
Eilend flohest des Olympus Ruh,
Um ins Herz der Sterblichen hienieden
Göttinn! deines Zwecks hast du verfehlet.
Dieser Glanz, der allumstralt dein Haupt,
Hat den Sterblichen die Ruh geraubt;
Nimmer, nimmer wird sie friedlich kehren,
Dir, du Himmlische, dir tönen Lieder
Aus dem Munde höh’rer Wesen stets.
O! verachte drum nicht des Gebets
Heiße Flamme, die dir feurig lodert,
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Nimmer kann man dich doch höher ehren,
Als dich deines Sängers Herz verehrt.
Gäbe Absicht kleiner Gabe Werth
Würdest du wohl milde auf ihn blicken,
Daß sich höher schwingen seine Lieder,
Daß er über Sternen dich besingt;
Dir der Ehrfurcht reinstes Opfer bringt,
Daß fortan mit nie gefühltem Feuer,
Sieht die Gottheit doch mit Huld in Blicken
Auch der Staubessöhne Flehen an,
Streuet Rosen aus auf ihre Bahn;
Möchtest doch auch du mit Rosenkränzen
Dann verachtet er des Lorbeers Kränze,
Neidet nicht der späten Nachwelt Ruhm;
Ja, dein Beifall läßt Elysium,
Rund um deinen Dichter her entstehen,