ADB:Salat, Johannes
Thomas Platter und Rudolf Ambühl (Collinus) – den Beruf eines Seilers, später denjenigen eines Chirurgen. 1522–27 nahm er als Reisläufer in französischen Diensten an den italienischen Feldzügen und am Müsserkriege theil. Sein auf der Nationalbibliothek in Paris aufbewahrtes Tagebuch (abgedruckt bei Baechtold, Hans Salat, S. 25–69), verzeichnet sechs solcher Züge, die er als Feldschreiber (Quartiermeister) mitmachte. 1529 zog er in den ersten Kappelerkrieg und bekam das Bürgerrecht in Luzern, wo er bereits vorher in der Staatskanzlei beschäftigt wurde. Im October 1531 erhielt er das ehrenvolle Amt eines Gerichtsschreibers daselbst, als Nachfolger der Chronisten Fründ, Ruß, Etterlin. Anlaß zur historischen Schriftstellerei bot ihm ein Beschluß der katholischen Tagsatzung zu Brunnen von 1530, wonach Luzern ersucht wurde, nach dem Vorgange der Züricher alles dasjenige aufzuzeichnen, was Zürich, Bern und die reformirten Städte wider den Bund und Landfrieden gehandelt hätten. In Gemeinschaft mit den Schreibern der Staatskanzlei ging er an die Arbeit. 1531 im zweiten Kappelerkriege stand er abermals im Felde (seine Briefe über diesen Zug sind abgedruckt im Archiv f. d. schweiz. Reformationsgesch., herausgeg. auf Veranstaltung des schw. Piusvereins, Bd. II, dazu Baechtold a. a. O. S. 9, [198] Anm. 1). An dieses Ereigniß knüpft sein erstes Gedichts „Der Tanngrotz (eigentl. das Tannenreis, das Abzeichen der fünf katholischen Orte während der Reformationskriege), ein schöner Spruch von dem Krieg der fünf Orte“ u. s. w., 1531 (abgedruckt bei Baechtold a. a. O. S. 89–109). Derselbe schildert in leidenschaftlich einseitiger Weise die Entstehung und den Verlauf des Krieges, die Schlacht von Kappel und den Tod Zwingli’s. Dem Spruche sind zwei Lieder beigegeben, das eine „Vom Kriege“, das andere durchaus rohe „Von Zwingli“ (v. Liliencron, Die histor. Volkslieder IV, 32 ff.; Baechtold 110 ff.), die gröbsten Beschimpfungen gegen die Reformirten enthaltend, welche Bestrafung des Pamphletisten verlangten, worauf S. drei Tage lang in den Thurm gesetzt wurde. Empfindlicher für ihn war die Abfertigung, die ihm der Züricher Antistes Heinrich Bullinger im „Salz zum Salat“ 1532 ertheilte (gedr. bei Baechtold S. 225 ff.). Dadurch steigerte sich sein Haß gegen die Andersgläubigen noch mehr und machte sich weitern Ausdruck in einer wüthenden, oft unfläthigen Satire „Triumphus Herculis helvetici“ 1532, worin er die Reformation mit einem Hexensabbat vergleicht. Der schweizerische Herkules ist Zwingli (a. a. O. S. 121 ff.). In seinem Amte scheint S. damals große Thätigkeit entwickelt zu haben: 1533 fertigte er eine Copie des Luzerner Stadtrechts an und 1534 vollendete er eine größere historische Schrift, einen umfassenden Bericht über die Veranlassung und den Hergang des Zuges über den Brünig (1528) zur Rechtfertigung Obwaldens (abgedr. im Archiv f. d. schweiz. Ref.-Gesch. II, 103 ff.). Im J. 1536 schloß er seine Reformationschronik ab (gedr. a. a. O. Bd. I, 1868, die Vorworte dazu bei Baechtold S. 259–296) und erhielt vom Rath von Luzern ein Honorar von 20 Kronen. Dieselbe, Salat’s Hauptwerk, läßt sich in gewissem Sinn als eine Fortsetzung der Chronik Petermann Etterlin’s auffassen. Sie trägt ein einseitig katholisches Parteigepräge, faßt die Reformation als göttliches Strafgericht auf, zu dessen Vollziehung sich die Vorsehung etlicher verzweifelter Mönche und Pfaffen, wie Luther, Wicleff und Zwingli, als Zuchtruthen bedient habe. Die Einleitung erzählt das Auftreten Luther’s und der Wiedertäufer; darauf folgen die schweizerischen Ereignisse von 1517–34. Als Quellen benutzte S. zunächst die im Staatsatchive liegenden Acten, Flugschriften, mündliche und schriftliche Mittheilungen von Zeitgenossen und endlich konnte er auch aus eigener Anschauung berichten. Er verschmähte selbst das schlechte Mittel fingirter Briefe nicht. „Der erste und letzte Gegenstand seines Hasses ist Zwingli; als historische Parteischrift und Stimmungsbild darf darum Salat’s Chronik, aber nur als solches, betrachtet werden“ (v. Wegele, Gesch. d. deutschen Historiographie, S. 290). Zu loben ist die klare, kräftige Prosa. 1537 erschien – wiederum in feindseliger Absicht gegen die reformirten Orte – sein nach Lupulus (Wölflin) bearbeitetes Volksbuch vom „Bruder Klaus“ (gedr. im 23. Bd. des Geschichtsfreundes 1868 und bei Baechtold, S. 137 ff.), sowie das versöhnlichere gereimte „Büchlein in Warnungsweise an die 13 Orte“ (bei Baechtold, S. 173 ff.). Auch als Dramaturg und Dramatiker bethätigte sich S. wiederholt: 1538 führte er die Regie bei der Aufführung des Osterspieles in Luzern und dichtete selbst mit entschiedenem Talent einen „verlornen Sohn“ 1537 und zwar selbständig mit unmerklicher Beeinflussung von Burchard Waldis (abgedr. im Geschichtsfreund 36, 1 ff.; vgl. auch meine Gesch. d. d. Lit. in der Schweiz, S. 309 f. und Anmerkungen S. 79). Ein wüstes Leben, unsaubere Händel, Schulden brachten ihm einen raschen Sturz. Wegen Betruges wurde er eingesperrt, 1540 seines Amtes entsetzt und aus Luzern ausgewiesen. Jedenfalls kamen hierbei auch politische Gründe in Betracht. Um jene Zeit hatte sich nämlich in Luzern ein völliger Umschwung in Bezug auf das Verhältniß zu Frankreich und Oesterreich vollzogen. S. war und blieb ein eifriger Anhänger [199] der Französischgesinnten und erregte dadurch die Ungnade des mächtigen Schultheißen Heinrich Fleckenstein, des Hauptes der kaiserlichen Partei. S. wandte sich zunächst nach seiner Heimath Sursee; dann zog er im geldrischen Krieg als französischer Miethling 1542 nach Perpignan. Ein Lied über diesen Zug ist verschollen. 1543 versuchte er es mit Schulhalten in Sursee, befand sich jedoch im August bereits auf dem Zug nach der Picardie gegen Karl V. (Sein Lied hierüber bei v. Liliencron IV, 232 ff. und Baechtold, S. 213 ff.) Im Frühjahr 1544 wurde er als deutscher Schulmeister zu Freiburg im Uechtland angestellt, lief aber in dem nämlichen Sommer wieder dem Kalbsfell nach und zwar – nachdem er die politische Farbe gewechselt, offenbar um sich den Weg nach Luzern zurück anzubahnen – diesmal in kaiserlichen Diensten wider Frankreich (Zug nach Calais) und zwar unter Anführung eines Fleckenstein. Auch ein Lied über diesen Zug ist verloren. In Freiburg muß es ihm übel ergangen sein; er beschwört den Rath von Luzern um Begnadigung, und versucht sogar, eine drohende Miene anzunehmen: wenn man ihn nicht erhöre, sei er schließlich gezwungen, zu den Widersachern des katholischen Glaubens überzugehen. Mit der Aufführung eines üppigen Spiels durch seine Schüler gab er neues Aergerniß und wurde als Lehrer 1547 abgesetzt. Er fristete sein Leben als Wundarzt. 1552 durfte er nach Sursee zurückkehren und mit diesem Jahre verschwindet seine Erdenspur gänzlich.
Salat: Hans S., katholischer Historiker, Dichter und Pamphletär, geboren zu Sursee im Kanton Luzern 1498. Vielleicht besuchte er eine gelehrte Schule (Basel oder Zürich?), erlernte daneben – wie- Vgl. Hans Salat, ein schweiz. Chronist und Dichter aus der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. Sein Leben und seine Schriften. Herausgegeben von Jakob Baechtold. Basel 1876.