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ADB:Jobin, Bernhard

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Artikel „Jobin, Bernhard“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 98–101, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jobin,_Bernhard&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 07:37 Uhr UTC)
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Jobin: Bernhard J., einer der bedeutendsten straßburgischen Buchdrucker im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts. Wenn uns gleich über sein äußeres Leben im Ganzen und Großen Aufzeichnungen nicht überliefert sind und selbst specifisch straßburgische oder elsässische Schriftsteller und Bibliographen dieselben vermissen lassen, so vermag doch schon das Wenige, was in dieser Beziehung vorliegt, unser Interesse zu erregen. Sein Geburtsjahr ebenso sein Geburtsort sind unbekannt, aber als letzteren dürfen wir wol Straßburg selbst annehmen. Er war der Schwager des Satyrikers Joh. Fischart, indem er zu Ende des J. 1569 des letzteren Schwester Anna geheirathet hatte, und in dem Register von St. Thomas zu Straßburg steht unter dem 4. August 1570 die Taufe eines Söhnleins Tobias eingetragen, dessen Pathe der Maler und Formstecher Tobias Stimmer gewesen war. Durch Fischart aber trat J. auch in Verbindung und Freundschaft mit dem elsässischen Chronisten Bernhard Hertzog, denn Fischart hatte mit einer Tochter Hertzog’s, Anna Elisabeth (geb. am 13. August 1561), am 11. November 1583 sich verheirathet. J. scheint 1594 oder 1595 gestorben zu sein, denn die Drucke seiner Officin, welche auf seine Erben überging, tragen seitdem und noch 1599 die Bezeichnung „Ex typographia Jobiniana“ oder „Bei Bernhard Jobin’s Seel. Erben“. Sein Druckerzeichen war in der Regel, wie es Cyr. Spangenberg im Adelsspiegel II. 307a kurz kennzeichnet, ein „Brustbild mit einem Lorbeerkranz, auff einem vierkanten Stein, darunter geschrieben: SAPIENTIA CONSTANS“, doch bediente er sich bei größeren Formaten diesen entsprechend auch eines größeren Zeichens, wie sich ein solches auf dem Titel der Hertzog’schen Chronik 1592. Fol. mit Weglassung des Sinnspruches findet. Daß er zugleich auch Buchhändler und Verleger selbst für auswärts gedruckte Werke war, erhellt aus dem Titel einer unten zu benennenden Schrift (vgl. auch Goedeke, Gr. 386). J. war aber nicht nur der Schwager Fischart’s, sondern auch sein Freund und Arbeitgeber, dessen meisten Werke er theils mit Fischart’s erkennbarem Namen, theils aber auch für ihn und sich pseudonym und mit falschen und fingirten und den sonderbarsten Druckorten versehen, die wie die Titel der [99] Schriften zweifelsohne alle der Feder Fischart’s entstammten, ausgehen ließ. Der Grund hiervon ist nicht schwer zu erkennen. Hatte die Reformation allerdings einer freieren Entwickelung der Gedanken Bahn gebrochen, so ließen doch „finsterer Aberglaube oder rohe Verfolgungssucht es mehr oder weniger gefährlich erscheinen, sowol für den Verfasser einer Schrift, die sich über den Kreis der beschränkten Gewohnheit hinaus wagte und bestehende Sätze oder Gewohnheiten einer Kritik unterwarf oder verspottete, sich zu nennen, als auch für den Drucker einer solchen.“ Dieser Zustand dauerte in fast allen Kulturländern das ganze 16. und 17. Jahrhundert fort und die Furcht vor Anfeindung und Verketzerung bewog Freunde der Reformation wie Freierdenkende überhaupt anonym oder pseudonym zu schreiben und zu drucken. Und zu diesen Männern zählte auch Fischart, der größte Satyriker der Deutschen (Bd. VII, 31 ff.) und sein Drucker und Verleger J. Allerdings hat sich nur in 15 Fischart angehörigen größeren und kleineren Schriften J. als Drucker unterzeichnet, allein auch fast alle anderen Werke des Dichters, falls nicht ausdrücklich ein anderer wirklich existirender Drucker, wie bei Fischart’s „Eulenspiegel“ Joh. Schmidt zu Frankfurt a. M. genannt ist, gingen, mit den verschiedensten falschen Druckorten versehen, aus seiner Presse oder der seiner Erben hervor, einmal nennt er sich auch „Bernhart Janot“. Die ersteren hat Goedeke a. a. O. genau verzeichnet, doch bleibt es bei einer kleinen Anzahl anderer Schriften, die jedoch alle mit „Christlingen“ als Druckort versehen sind, noch zweifelhaft, ob sie der Feder Fischart’s und der Presse Jobin’s entstammt sind; es sind die folgenden sieben, bei Goedeke fehlenden Drucke: „Wunder newe Zeitung … von der Nunnen heiligkeit …“, 1583, 1584; „Ein wahrhafftes newes Lied. Von der Statt Mülhausen“, 1587; „Beweis-Artikel, daß Urb. Pierius ein Erz-Calvinist sei“, 1591; „Mart. Forchheimer, Calvinischer Hammerschlag“, 1591; „M. C. Gobler, Bericht wider die Calumnien deß Esels M. Flaschens Jesuiters“, 1591, und „Wiederruf zweyer Calvinistischer Prediger“, 1592. Außer den Fischart’schen Werken aber ging auch eine sehr bedeutende Anzahl anderweitiger wichtiger Schriften aus der Jobin’schen Officin hervor, von welchen wir nur einige der Erwähnung würdigsten bezeichnen: „Tob. Stimmer, Kunstreiche Figuren biblischer Historien“, 1579, 1586, 1589–90, 1599, 4, lateinisch als: „Novae sacr. Bibl. figurae“, 1590, 8; „Cyr. Spangenberg, Der ganze Psalter Davids … Gesangsweiß gefasset. Gedr. zu Franckf. a. M. 1582 bei Christoff Raben, in Verlegung Bernh. Jobins, Buchhändlers in Straßburg“ (Wackernagel, Bibl. d. d. Kirchenl., 972); Nic. Frischlini Priscianus vapulans. Comoedia lepida …“, 1583, 8: N. Reusneri Icones … vir. illustr.“ Mit 100 Holzschnitten von Tob. Stimmer, 1587, 8. Ein Exemplar bot der Antiquar Fid. Butsch 1880 (Cat. CXLI. Nr. 353) für 66 Mark an; „N. Reusneri Aureolorum emblemat. lib. singul.“, 1587, 8; „Fovilloux, New Jägerbuch“, 1590, Fol., mit 68 Holzschnitten; „Christ. Maurerius, Künstl. proport. Figuren“, 1591, 4; „Bernh. Hertzog, Chronicon Alsatiae“, 1592, Fol. Von diesen nehmen wiederum den ersten Rang ein das zuletzt genannte, sowie das Jägerbuch von Fovilloux; dieses erlebte 23 Originalausgaben, steht in Frankreich heute noch als klassisch in höchstem Ansehen, wurde 1561 zu Poitiers zum ersten Male und noch zu Angers 1844 wieder gedruckt; von den vier deutschen Uebersetzungen erschien die erste 1582 zu Frankfurt a. M., worauf die Jobin’sche folgte, zum letzten Male erfolgte eine Ausgabe zu Dessau 1720 und 1727 (Serapeum 1852, 355 ff.). J. war aber nicht blos ein sehr fleißiger Druckerherr, sondern auch ein geschickter Form- oder Holzschneider. In den 1573 erschienenen „Accuratae effigies Pontif. Maxim.“… durch Verdollmetschung J. Fischart (Goedeke a. a. O. S. 388) findet sich in der Vorrede Jobin’s eine, wie ich glaube bislang unbeachtete [100] Stelle, aus welcher unzweideutig hervorgeht, daß er die Kunst des Formschneiders selbst geübt habe; sie lautet: „nachdem ich die acht vnnd zwentzig abbildungen der Römischen Bäpst vom waren original in Kupffer zu Rom gestochen … Zuhanden bekommen, haben mir die … Kunst vnd nutzhalben also wol gefallen, das ich die auffs fleißigst in Buchs (Buxbaumholz) nachzuschneiden bin bedacht worden …“ Tob. Stimmer’s Verdienst an der Fertigung dieser Bildnisse bestünde also darin, daß er sie auf die Holzplatten zeichnete, nach welchen Zeichnungen sie alsdann von J. geschnitten wurden. Ein weiterer noch schlagenderer Beleg aber für seine Betreibung dieser Kunst geht aus einem sehr lebhaften Streite hervor, der sich in den J. 1571–72 zwischen dem Buchdrucker Theodosius Richel (s. d. Art.) und der Zunft der „Stelze“ in Straßburg abspielte. Die Formschneider nämlich, die auch zu dieser Zunft gehörten, hatten Richel belangt, weil er in seinem Geschäfte mit ihrer Umgehung sich einen Formschneider halte und dadurch „in ihre Handthierung“ griff. Darauf machte Richel u. A. geltend, das Zunftgericht gehe nicht consequent vor, den Einen belange es, den Anderen nicht, so habe es von dem „Formschneider Bernh. Jobin“ gefordert, daß er das Drucken einstellen solle, weil er „den Buchtruckern in ire handtierung greiffe“. Richel wurde mit seiner Beschwerde abgewiesen. Die eben erwähnte Druckschrift des J. gewinnt aber auch noch einen besonderen Werth dadurch, weil er in derselben Vorrede oder Zuschrift an den Bischof Melchior eine Anzahl alter deutscher Künstler namentlich aufführt, die sich nebst Albrecht Dürer „im Formschneiden, Flach- und Farbmalen rühmlich erzeigt haben“ und von denen einige nur durch diese Vorrede bekannt sind; ihre Zahl beläuft sich auf 26, worunter auch Joh. Weiditz, nach J. von Straßburg, nach anderen jedoch (Heller, Gesch. der Holzschneidekunst, S. 203 und Schreiber, Gesch. der Stadt Freiburg, III. 239) von Freiburg, welcher auch für J. selbst Holzschnitte lieferte; als letzten bezeichnet er seinen „lieben Gevatter“ Tobias Stimmer von Schaffhausen, der auch (Goedeke, P. Gengenbach, S. 578) eine Reihe von Holzschnittbogen über die „Zehn Alter“ lieferte, welche vermuthlich Fischart mit Versen versah; die Beschreibung dieser Holzschnitte gibt Bartsch, peintre grav. 1808, 9, 337 ff.; über ihn ist besonders zu vergleichen Strobel. Elsäss. Gesch. IV, 264. Schließlich war J. auch Verfasser oder doch Sammler einer musikalischen Schrift, welche auch im Elenchus (Frankf. 1602) S. 260 angezeigt ist als: Bernhardi Jobini teutsche Tabulatur auff die Lauten. Straßburg 1572, Fol. (Zweibrücken); vgl. den volleren Titel bei Goedeke a. a. O. S. 387. Nach seinem Tode wurde, wie es scheint, die Druckerei zuerst auf Rechnung der Erben fortbetrieben, bis mit dem Anfang des 17. Jahrhunderts sein Sohn Tobias das Geschäft selbständig übernahm. Doch muß dasselbe bald eingegangen sein, da mir nur noch zwei Erzeugnisse seiner Presse bekannt geworden sind: „Jeremia, Eine geistliche Tragödie durch Wolfhart Spangenberg“, 1603, 8° und „Joh. Fischart’s Podagrammisch Trostbüchlein“, 1604, 8°. Jedenfalls aber bestand die Officin nicht mehr im J. 1607 und Tobias war wahrscheinlich damals schon gestorben. Denn nachdem das Fischart’sche „Ehezuchtsbüchlein“ in zwei Auflagen (1578–91) bei Bernh. Jobin und in einer dritten bei „B. Jobin’s Seel. Erben“ 1597 erschienen war, ließ dieses Buch der straßburger Buchdrucker Joh. Carolus 1607 (auf der Titel-Rückseite Fischart’s Bildniß) und wiederholt 1614 ausgehen, welches Werk Fischart aber sicherlich nicht Jobin’s Presse entzogen hätte, wäre dessen Officin noch im Betriebe gewesen. Und ganz ähnlich verhält es sich mit Fischart’s „Erklärung .. einer von … Thieren haltenden Meß“, 1608 und der „Flohhatz“, 1610.

Litterar. Blätter, VI. 29–31. Geßner, Buchdruckerk., III. 360; IV. 216. Flögel, Kom. Litt., S. 348, 307. Serapeum 1852, 353 ff. Opel, [101] Die Anfänge d. d. Zeitungspresse, S. 53. Goedeke, Gr., I. 171, 298, 392 bis 393, 387–88, 418. Weller, Falsche u. fing. Druckorte, S. 4–9.