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ADB:Barnim IX.

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Artikel „Barnim XI.“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 79–82, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Barnim_IX.&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 07:37 Uhr UTC)
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Barnim XI., Herzog von Pommern, geb. 2. Dec. 1501 als jüngster Sohn aus der zweiten Ehe Herzogs Bogislav X. und der polnischen Prinzessin Anna († 1573), übernahm nach dem am 5. Oct. 1523 erfolgten Tode des Vaters die Regierung in Gemeinschaft mit seinem älteren Bruder Georg in unruhiger, auf kirchlichem und politischem Gebiet bewegter Zeit. Gleich beim Regierungsantritt wurde von Seiten Brandenburgs die durch Bogislav X. abgewiesene Lehnspflicht wieder gefordert, ein Ansinnen, dem nachzukommen die Brüder sich weigerten und zum Kampf rüsteten. In Rücksicht darauf beschleunigte [80] B. auch seine Heirath mit der Prinzessin Anna von Braunschweig-Lüneburg, dieselbe fand am 2. Febr. 1525 statt und gab Gelegenheit zu einem Schutzbündniß zwischen den welfischen Fürsten und den Herzogen von Pommern. Auch nach Kopenhagen begab sich B. zu seinem Schwager, dem König Friedrich von Dänemark, der ihm alle in seinem Solde stehenden fremden Reiter und Knechte zu einem Zuge in die Mark anbot. Doch gelang es der Bemühung befreundeter Fürsten und der geschickten Vermittelung des Kämmerers von Eickstedt, einen Vertrag zu Stande zu bringen, dessen Grundzüge den 26. Aug. 1529 zu Grimnitz festgestellt wurden und der nach einigem Widerspruch der Stände am 25. Oct. desselben Jahres auf dem Landtage zu Stettin seine Bestätigung erhielt. Die Herzoge hatten durch denselben erreicht, daß die Unmittelbarkeit ihrer Länder, ihr Sitz und Stimme auf den Reichstagen fortan unangefochten blieb, während sie ihrerseits das Anfallsrecht an Brandenburg, die Erneuerung des Grimnitzer Vertrags vor jeder Belehnung und die Eventualhuldigung nach Bestätigung aller Privilegien durch Brandenburg zugestanden. Im folgenden Jahre 1530 begaben sich beide Brüder zum Reichstage nach Augsburg, wo sie die förmliche Belehnung durch den Kaiser Karl V. erhielten. Während dessen waren 1526 auch die Länder Lauenburg und Bütow fest an Pommern gekettet und somit zu einem Theile Deutschlands geworden: Barnim’s Bruder Georg hatte die Anwesenheit seines Oheims, König Sigmund August von Polen, in Danzig dazu benutzt, für das noch nicht gezahlte Heirathsgut seiner Mutter Anna die bis dahin nur pfandweise besessenen beiden Aemter als polnische Lehen ganz mit Pommern zu vereinigen. Lehnspflicht sollte von denselben nicht geleistet, sondern nur die Recognition gesucht werden. Bald nach dem Grimnitzer Vertrage zerfiel B. mit seinem Bruder, von dem er sich bei der gemeinschaftlichen Regierung beeinträchtigt glaubte; es wirkte dabei auch die verschiedene religiöse Denkweise beider mit: schon bei ihrem Regierungsantritt hatten sie eine lebhafte kirchliche Bewegung in mehreren der größeren Städte vorgefunden, überall waren Prediger der neuen Lehre, sogar Bilderstürmer aufgetreten, und die große Menge neigte sich ohne Frage der Reformation zu, für die auch B. Sympathien hegte, während Georg dem alten Bekenntniß anhing. Hierzu gesellte sich die politische Seite der Bewegung: die Räthe in den Städten gehörten meist der katholischen Partei an, das Volk der evangelischen, beide Theile wandten sich an die Herzoge um Beistand, die durch Ausübung des angetragenen Schiedsamtes ihre Gewalt den Städten gegenüber befestigten. Bei Barnim’s Neigung zur evangelischen Lehre wünschte er um so mehr in Regierungshandlungen unabhängig zu sein und drang auf die Erbtheilung der bisher gemeinsam verwalteten Länder, doch kam dieselbe erst nach Georgs am 9. (10.) Mai 1531 erfolgtem Tode mit dessen Sohn, dem 16jährigen Herzog Philipp zu Stande. Nachdem die Einkünfte des Landes genau verzeichnet worden, ward zu Wolgast am 21. Oct. 1532 die Theilung zunächst auf 8 Jahre vollzogen, der „Ort Stettin“ fiel Barnim, der „Ort Wolgast“ mit der Universität Greifswald Philipp zu. Das Bisthum Cammin blieb beiden Fürsten gemeinsam, auch die Hauptzollstätten wurden von der Theilung nicht berührt, wol aber die Kleinodien, darunter das von Bogislav X. mitgebrachte Einhorn und die aus den Städten und Klöstern in der letzten Zeit der Sicherheit wegen zur Bewahrung genommenen Kirchenschätze, Alles jedoch mit beschränktem Recht der Verwendung. Bald nach dieser Theilung sahen Oheim und Neffe sich bewogen, am 24. Aug. 1534 eine Zusammenkunft mit ihren Räthen in Cammin zu halten, um gegenüber den drohenden Zeitumständen Stellung zu nehmen. Es wurde vereinbart, den Forderungen der Unterthanen wegen der Kirchenverbesserung Genüge zu leisten und die neue Lehre anzunehmen. Zur Ausführung [81] dieses Vornehmens wurde Johann Buggenhagen, ein geborner Pommer, Luther’s Freund und zur Zeit Prediger in Wittenberg berufen. Die förmliche Annahme der Reformation geschah auf dem Landtage zu Treptow 1534, wenngleich man auf demselben sich zunächst noch nicht darüber einigen konnte, welchen Herrn und welche Verwendung die eingezogenen Kirchen- und Klostergüter erhalten sollten. Ein Theil der Güter der Greifswalder Domkirche wurde der Universität zugewendet und aus den Einkünften der Stifter zu S. Otto und S. Marien in Stettin wurde am 25. Oct. 1543 das fürstliche Paedagogium zu Stettin gegründet, der bei weitem überwiegende Antheil am Kirchengut blieb jedoch dem Fürsten zu eigner Benutzung, und B. schritt alsbald nach dem Treptower Landtage zu einer Visitation und Einziehung der meisten Klöster seines Antheils. Von dieser Seite erfuhren die Herzoge wenig Widerstand, nur der Abt von Neuen-Camp erwirkte durch Vermittelung seines Mutterklosters Alten-Camp bei Cöln einen Befehl des Reichskammergerichts, welcher von den Herzogen bei Strafe die Aufhebung der Treptower Beschlüsse verlangte. Dadurch nur mehr zur Annäherung an die evangelische Partei unter den deutschen Fürsten getrieben, traten dieselben im April 1536 „zur Erhaltung christlicher Wahrheit und Friedens im Reich und deutscher Nation und zur Endschüttung unbilligen Gewalts für uns und unsre Unterthanen“ ganz dem schmalkaldischen Bunde bei. Doch war ihre Theilnahme von Anfang an eine ziemlich laue, und, als Ende 1539 der Bund bei einer Beschwerde der pommerschen Stände gegen die Herzöge für erstere sich entschied, erkaltete der Eifer bald ganz. Immerhin aber fühlte B. sich im Rückhalt an den Bund, so daß er, im Streit mit der Stadt Stolp wegen ihrer Privilegien, einem kaiserlichen Mandat trotzte und die Widerspenstigen zur Unterwerfung zwang. – Im Anfang des J. 1541 erreichte die vorläufige Landestheilung ihre Endschaft, und bei der nun endgültig, im Wesentlichen nach den im vorläufigen Vertrage festgestellten Prinzipien, vollzogenen neuen Theilung gelangte B. in den definitiven Besitz des „Ortes Stettin“. Die Besetzung des bischöflichen Stuhles von Cammin behielten sich beide Fürsten für die Zukunft gemeinsam vor mit der Bestimmung, daß der jedesmalige Bischof ihnen abwechselnd als Rath dienen sollte. Bischof Erasmus widersetzte sich indeß den Neuerungen standhaft und fand hierin bei den Ständen des Stifts derartige Unterstützung, daß er sogar, wenn auch ohne Erfolg, nach der Reichsstandschaft strebte. Nach seinem 1544 erfolgten Tode einigte sich B. mit seinem Neffen in der Wahl Buggenhagen’s als Bischof und als dieser die Würde ausschlug, wählte man Barnim’s bisherigen Kanzler Bartholomäus Swave, den ersten lutherischen und verheiratheten Bischof von Cammin, obwol einige der Stiftsstände ein kaiserliches Mandat erwirkten, daß die Herzoge dem Capitel die freie Wahl nicht behindern dürften. – Der schmalkaldische Krieg fand die Herzoge in übler Lage: keiner Partei recht angehörend, wurden sie doch vom Kaiser feindlich angesehen und namentlich B. des Ungehorsams angeklagt. Eine an den Kaiser geschickte Gesandtschaft richtete nichts aus, es wurden daher, um auf alle Fälle gerüstet zu sein, die Städte des Landes befestigt. Die nebenher zu Augsburg geführten Unterhandlungen brachten es jedoch dahin, daß die Herzoge sich zur Annahme des Interims und zur Zahlung einer hohen Strafsumme von 150000 Gulden bequemten, ein Entschluß, der bei den pommerschen Ständen große Bedenken erweckte. Erst nach langen Berathungen auf zwei Landtagen zu Stettin unterwarf sich das Land den kaiserlichen Forderungen die Religion betreffend, und bewirkte so die endliche Aussöhnung mit Karl V., welche den 29. April 1549 stattfand. Die Angelegenheit wegen des Bisthums Cammin ebnete sich leichter, indem Bischof Bartholomäus im Juli dieses Jahres von selbst abdankte. Als sein Nachfolger wurde der Domherr Martin v. Weiher, [82] von katholisirender Tendenz, durch Kaiser und Papst bestätigt, doch als er 1556 starb und das fürstliche Patronatsrecht über das Bisthum die kaiserliche Bestätigung erhielt, beschlossen die Herzoge, das Interesse des Bisthums enger an das ihres Hauses zu knüpfen und fernerhin nur aus dem Kreise ihrer Verwandten heraus den jedesmaligen Bischof wählen zu lassen. Herzog Philipps ältester Sohn Johann Friedrich, erst 14 Jahr alt, wurde zum Bischof postulirt. – Wenige Jahre vorher (im Aug. 1552) war B. mit großem Prunk und vielem Gefolge nach Danzig gegangen, um auf einer Zusammenkunft mit König Sigmund August von Polen das frühere Bündniß zu erneuern. – Da Herzog Philipp am 14. Febr. 1560 starb, führte B. von da an auch die Aufsicht über die Regierung des Landes Wolgast bis zur Großjährigkeit des ältesten Großneffen, nach dem am 16. Nov. 1568 erfolgten Tode seiner Gemahlin Anna jedoch, und ohne männliche Nachkommenschaft, faßte er den Entschluß, sich zurückzuziehen und brachte den Erbvertrag zu Jasenitz vom 3. Febr. 1569 zu Stande, wonach sein ältester Großneffe Johann Friedrich die Regierung des „Orts Stettin“, der dritte Ernst Ludwig die des „Ortes Wolgast“ erhielten, während der jüngste, Kasimir, nach erlangter Großjährigkeit dem Bruder auf dem Bischofsstuhle von Cammin folgen, die anderen aber mit Apanagen abgefunden werden sollten. Als Wohnsitz behielt sich B. neben der Mitbenutzung des Schlosses zu Stettin die Oderburg, d. i. das vormalige Karthäuserkloster bei Stettin vor, und zu seinem Unterhalt die Aemter Colbatz, Satzig mit Zachan und Marienfließ, sowie die Klöster Belbuck, Treptow und Pyritz, nebst der Hälfte der einträglichsten Zölle. Er starb den 2. Juni 1573. – B. war kein den stürmischen Zeiten, in die seine lange Regierung fiel, gewachsener starker Charakter wie sein Vater, vielmehr lenksamer Natur, mehr dem äußeren Drange als festem Entschlusse folgend. Doch wird, da seine Herrschaft mit der für die fernere Entwickelung des Landes wichtige Zeit der Reformation zusammentraf, sein Name neben denen bedeutenderer pommerscher Fürsten immer genannt werden. Künstlerischen Neigungen war er nicht fremd, beschäftigte sich viel mit kunstvollen Schnitzarbeiten (die Kanzel in der Klosterkirche zu Colbatz hatte er selbst verfertigt), daher er im Volksmund „der Spillendreher“ genannt wurde. Seine Prunksucht bereitete ihm oft arge Geldverlegenheiten, die auch seine durch die Einziehung der Klöster reich vermehrten Einkünfte nicht beseitigen konnten, so daß er oft die Landstände um ihre Hülfe angehen mußte. Für seine drei verheiratheten Töchter hatte er indeß auskömmlich gesorgt.

Barthold l. c. Urkunden des k. Archivs zu Stettin; Kanzow, Chronik von Pommern.