Synagoge (Bonn)
Die Synagoge im Bonner Ortsteil Gronau wurde 1958/59 errichtet. Sie liegt an der Tempelstraße (Hausnummern 2–4) am Nordrand des Bundesviertels, unmittelbar südlich des Auswärtigen Amts. Sie ist die einzige Synagoge der Stadt Bonn und steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In dem 1715 eingerichteten Bonner Judenghetto wurde Mitte des 18. Jahrhunderts eine Synagoge erbaut, 1879 wurde ein Synagogenneubau an der Nordseite der Alten Rheinbrücke eingeweiht (→ Alte Synagoge (Bonn)). Seit 1932 gab es auch einen „ostjüdischen“ Betsaal, die Gemeindegröße belief sich um 1933 auf etwa 1200 Mitglieder. Die Synagoge wurde während der Novemberpogrome 1938 zerstört und später abgerissen.
Die nach dem Zweiten Weltkrieg neu begründete Jüdische Gemeinde Bonn bestand zunächst nur aus wenigen Personen, die seit 1947 einen Betsaal in einem Privathaus nutzten. Nach 1949 führte die neue Funktion Bonns als Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland zu einer umfassenden Vergrößerung der Gemeinde, sodass wieder der Bedarf für ein eigenes Versammlungs- und Gotteshaus entstand. 1956 erwarb die jüdische Gemeinde aus den Mitteln des Verkaufs des bisherigen Synagogengrundstücks an die Stadt Bonn das Ersatzgrundstück an der damaligen Wörthstraße (seit 1978 Tempelstraße[2]) am Nordrand des Parlaments- und Regierungsviertels.[3] Mit dem Entwurf für den Neubau wurde der Architekt Helmut Goldschmidt beauftragt. Nach der Grundsteinlegung am 9. April 1958[3] konnte die Synagoge bereits am 26. Mai 1959 feierlich übergeben werden.[4] Zugleich mit dem Bau der Synagoge wurde das zum erworbenen Grundstück gehörende[3] westlich benachbarte Eckhaus Adenauerallee 113, ebenfalls nach Plänen Goldschmidts, zum Gemeindehaus der Synagogengemeinde umgebaut.[5] 1966 wurde die Synagoge nach Westen erweitert und dabei offene Einstellplätze für Autos sowie im Obergeschoss ein Gemeindesaal geschaffen. 1985 erhielt der Verwaltungstrakt eine Aufstockung um einen Küchenaufbau.[6] 1990 wurde an einem Seiteneingang ein Säulenfragment als Spolie der zerstörten Alten Synagoge mit Steintafel und Inschrift aufgestellt, die im Frühjahr 2019 auf den jüdischen Friedhof des Waldfriedhofs Kottenforst im Bonner Ortsteil Ückesdorf versetzt wurden.[7][8]
Die Eintragung der Synagoge in die Denkmalliste der Stadt Bonn erfolgte am 22. Dezember 2000. Der Schutz ist auf den Ursprungsbau von 1958/59 beschränkt.[6]
Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Komplex besteht aus einer zweigeschossigen Synagoge im Osten und einem ursprünglich ebenfalls zwei-, heute dreigeschossigen Gemeindehaus (Verwaltungstrakt) im Westen. Abgetrennt werden beide Gebäudeteile von einem verglasten Eingangsbereich. Die Außenwände bestehen aus schräggestellten Stahlbetonscheiben. Im ursprünglichen Zustand umfasste die Synagoge 40 Plätze in einer frei im Raum hängenden Frauenempore und 80 Plätze für Männer im Erdgeschoss; der Toraschrein wurde in Nussbaum und Ahorn gefertigt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ursel und Jürgen Zänker: Bauen im Bonner Raum 49–69. Versuch einer Bestandsaufnahme (= Landschaftsverband Rheinland [Hrsg.]: Kunst und Altertum am Rhein. Führer des Rheinischen Landesmuseums in Bonn. Nr. 21). Rheinland-Verlag, Düsseldorf 1969, S. 183.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ulrich Knufinke: Synagoge Tempelstraße, Zentralrat der Juden in Deutschland
- Eintrag von Angelika Schyma zu Neue Synagoge Bonn (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2000) in der Datenbank „KuLaDig“ des Landschaftsverbands Rheinland
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 54, Nummer A 3672
- ↑ Liste der Straßen im Bonner Ortsteil Gronau
- ↑ a b c Nicole Bemmelen: Die Neue Judengasse in Bonn – Entstehung und Zerstörung. In: Bonner Heimat- und Geschichtsverein, Stadtarchiv Bonn (Hrsg.): Bonner Geschichtsblätter: Jahrbuch des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins, ISSN 0068-0052, Band 51/52 (2001/2002), Bonn 2003, S. 197–284 (hier: S. 263).
- ↑ Karl Gutzmer: Chronik der Stadt Bonn. Chronik-Verlag, Dortmund 1988, ISBN 3-611-00032-9, S. 220.
- ↑ Eintrag zu Wohnhaus, Adenauerallee 113 in der Datenbank „KuLaDig“ des Landschaftsverbands Rheinland (mit Kurzbeschreibung des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland, 2013)
- ↑ a b Denkmalliste der Stadt Bonn, 2000 (Anlage: Baubeschreibung Synagoge in Bonn, Tempelstraße 2-4)
- ↑ Gabriele Zabel-Zottmann: Skulpturen und Objekte im öffentlichen Raum der Bundeshauptstadt Bonn – Aufgestellt von 1970 bis 1991. Dissertation, Bonn 2012. Teil 2, S. 27. (online PDF; 5,8 MB)
- ↑ Boris Schafgans: Der „Synagogenplatz“ in Bonn nach 1938. In: Bonner Heimat- und Geschichtsverein, Stadtarchiv Bonn (Hrsg.): Bonner Geschichtsblätter: Jahrbuch des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins, ISSN 0068-0052, Band 68 (2018), Bonn 2019, S. 213–222 (hier: S. 221).
Koordinaten: 50° 43′ 30,3″ N, 7° 6′ 46,8″ O