4 VD 14,5/12-1 SRW

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Der 4 VD 14,5/12-1 SRW ist ein Vierzylinder-Dieselmotor des VEB IFA Motorenwerke Nordhausen, der von 1967 bis 1990 rund eine Million mal gefertigt wurde. Der Motor war einer der Standardmotoren für Industrie und Landwirtschaft im RGW-Gebiet.

4 VD 14,5/12-1-SRW-Schnittmodell in einer Lehrlingswerkstatt (1975)

Technik

Der 4 VD 14,5/12-1 SRW ist ein wassergekühlter Dieselmotor mit vier in Reihe stehenden Zylindern, der nach dem Viertaktprinzip arbeitet. Die Gemischaufbereitung erfolgt mittels mechanischer Direkteinspritzung. Die Bohrung beträgt 120 mm, der Hub 145 mm, der Hubraum fasst 6560 cm³. Die Zündfolge ist 1-3-4-2. In der Standardvariante leistet der Motor 92 kW und liefert ein Drehmoment von 422 Nm. Die Kolbenbauform (M-Verfahren) wurde von MAN lizenziert. Der Motor wurde in den Varianten 4 VD 14,5/12-1 SRW und 4 VD 14,5/12-2 SRW produziert, letzte vor allem für die NVA. Die Bezeichnung 4 VD 14,5/12-1 SRW steht für 4-Zylinder-Viertakt-Diesel, Hub 14,5 cm / Bohrung 12 cm, – Baureihe 1, Stehend, Reihe, Wassergekühlt.[1][2]

Kurbelgehäuse

Das Kurbelgehäuse des Motors ist aus Grauguss, die Kurbel- und Nockenwelle sind fünffach gelagert, das mittlere Kurbelwellenlager ist ein Axiallager. Die Nockenwelle wird über ein Zwischenrad im Steuergehäuse angetrieben, das auch die Einspritzpumpe antreibt. Im Deckel des Kurbelwellenlagers ist das Gehäuse der Ölpumpe verbaut. Einige Motorvarianten haben am Einspritzpumpenantrieb einen Drehzahlmesserantrieb.

Kurbelwelle und Motortrieb

4 VD 14,5/12-1 SRW mit abgeschraubtem Zylinderblock und sichtbarem Kolben. Gut zu erkennen ist der Mittelkugelbrennraum.

Der Motor verfügt über eine in tauschbaren Dünnwand­lagerschalen gelagerte, geschmiedete Kurbelwelle. Die Lagerzapfen der Kurbelwelle und die der Pleuel sind geschliffen und induktionsgehärtet. Die Gegengewichte sind an den mittleren und äußeren Kurbelwangen angebracht. Auf der Kraftabgabeseite des Motors ist das Schwungrad mit der Kurbelwelle verschraubt. Die Steuerseite der Kurbelwelle ist mit einem Zahnrad versehen, das die Ölpumpe und das Zwischenrad für die Nockenwelle antreibt. Die vier Pleuel sind geschmiedet und ausgewuchtet. In jedes kleine Auge ist eine Lagerbuchse eingepresst, in jedes große Auge ist eine Dünnwandlagerschale eingesetzt. Im Pleuel verläuft eine Ölbohrung, durch die das zur Schmierung und Kühlung des Kolbenbolzens notwendige Öl aus einer Spritzdüse vom kleinen Pleuelauge aus gedrückt wird. Der durch zwei Sicherungsringe im Kolben fixierte Kolbenbolzen ist sowohl im Pleuel als auch im Kolben schwimmend gelagert. Der Kolben ist aus einer warmfesten Leichtmetalllegierung gegossen. Der Brennraum ist kugelförmig und in der Kolbenmitte befindlich. Der Kolben ist mit zwei Kompressionsringen und einem Ölabstreifring bestückt, der Ringträger für den ersten Kompressionsring ist dabei bereits in den Kolben eingegossen. Die nassen Zylinderlaufbuchsen sind aus Schleuderguss hergestellt, zwei Gummidichtringe am unteren Laufbuchsenbund dichten zum Kurbelgehäuse hin ab. Der Motor verfügt über zwei wie das Kurbelgehäuse aus Grauguss hergestellte Zylinderblöcke, die jeweils zwei Zylinder fassen. Der Motor verfügt somit über zwei Zylinderköpfe, jeder für zwei Zylinder.

Motorsteuerung

Der Motor arbeitet mit OHV-Ventilsteuerung. Die Nockenwelle ist dabei über das erwähnte Zwischenrad im Steuergehäuse aus zahnradgetrieben. Jeder Zylinderkopf verfügt über vier hängende Ventile, die über Pilzstößel, Stößelstangen und Kipphebel bewegt werden; die Einspritzventile werden durch einen Druckflansch am Zylinderkopf gehalten. Die Ventilsitzringe sind aus wärme- und verschleißfestem Material hergestellt. Der Einlasskanal, durch den der Kraftstoff eingespritzt wird ist mit einem Drall versehen.

Kühlung

Der Motor verfügt über eine Wasserkühlung mit Kreiselpumpe. Die Kreiselpumpe für den Kühlmittelumlauf wird von einem Zahnriemen direkt von der Kurbelwelle aus angetrieben; sie läuft permanent mit. Ein Thermostat regelt den Kühlmitteldurchsatz. Ab 80 °C Motortemperatur wird das Kühlmittel auch durch den Kühler geleitet, vorher durchfließt es lediglich den Motor. Dies geschieht, um den Motor schneller auf Betriebstemperatur zu bringen. Der Lüfter des Motors läuft ständig mit. Einige Motorvarianten weichen jedoch davon ab und haben einen sich erst später zuschaltenden Lüfter, der ab 92 °C Kühlmitteltemperatur von einem Temperatursensor mithilfe einer elektromagnetischen Lüfterschaltkupplung zugeschaltet wird.

Schmierung

Die im Kurbelwellenlagerdeckel verbaute Zahnradölpumpe saugt das Öl aus der Ölwanne ab, und erzeugt den nötigen Öldruck, der für die Schmierung des Motors erforderlich ist. Das Öl wird im Hauptstrom von einem Siebscheibenfilter gereinigt, im Nebenstrom reinigt eine Zentrifuge das Öl. Alternativ zum Siebscheibenfilter gibt es auch Ausführungen mit Papierwechselfilter und Wartungsanzeiger. Die Schmierung der Einspritzpumpe und des Kolbenverdichters können an den Ölkreislauf des Motors angeschlossen sein oder auch separat geschmiert werden. Die Ölkühlung des Motors erfolgt mittels Evolventen- oder Rohrbündelwärmeübertrager, letzter vor allem in Motorvarianten des IFA W50.

Krafstofftanlage

Der Kraftstoff wird von einer Reiheneinspritzpumpe in die Einspritzdüsen gepresst. Die Reiheneinspritzpumpe verfügt über eine Kraftstoffpumpe mit Drehzahlregler, Kraftstoffvorreiniger und Einspritzpumpenkupplung. Einige Varianten des Motors haben statt der Pumpenkupplung einen Spritzversteller. Der Drehzahlregler der Kraftstoffpumpe ist ein Verstelldrehzahlregler oder ein Leerlauf-Enddrehzahlregler. Die als Fliehkraftregler ausgelegten Drehzahlregler werden von der Nockenwelle der Einspritzpumpe mit angetrieben. Der Verstehldrehzahlregler kann alle Motordrehzahlen regeln, während der Leerlauf-Enddrehzahlregler nur die Leerlauf- und Enddrehzahl regelt. Zur Reinigung des Kraftstoffs dient eine auswechselbare Papierzellstoffpatrone.

Kompressor

Motorvarianten für Kraftfahrzeuge verfügen über einen Kompressor für die Druckluftbremsanlage, der als einstufiger, luftgekühlter Kolbenverdichter ausgeführt ist, und von einem Keilriemen von der Kurbelwelle aus angetrieben wird. Er befindet sich auf der Luftansaugseite des Motors. Die Luft zum Verdichten wird vom Krümmer her angesaugt. Das Kurbelgehäuse ist nicht geteilt, die darin laufende Kurbelwelle ist geschmiedet und zweifach in einem Rillenkugellager gelagert. Das Pleuel ist nadelgelagert, der Kolbenbolzen lagert in einer in das Pleulauge eingepressten Sintereisenbuchse. Der Kolben ist mit zwei Kompressionsringen und einem Ölabstreifring bestückt. Geschmiert wird mittels Schleuderschmierung, die Ventile sind Plattenventile.

Kaltstartanlage

Das Kaltstartgerät verfügt über ein Magnetventil und einen Glühwächter, die in Reihe geschaltet sind. Beim Startvorgang wird die Wendel des Glühwächters erhitzt und der durch das Magnetventil einströmende Dieselkraftstoff verdampft durch die Hitzeentwicklung. Durch das Anlassen des Motors vermischen sich Diesel und Luft, das Gemisch wird an der letzten Windung der Heizwendel des Glühwächters gezündet, die dabei entstehende Verbrennung heizt die Ansaugluft des Motors weiter auf und ermöglicht so ein Anlassen bis zu einer Außentemperatur von −15 °C.

Elektrik

Der Motor verfügt über einen elektrischen Schubankeranlasser, der an der am Kurbelgehäuse an der Auspuffseite mit Haltebügeln befestigt ist. Der Anlasser ist ein vierpoliger 24V-Gleichstromreihenschlussmotor, der 4 kW leistet. Die Lichtmaschine des Motors ist eine Drehstromlichtmaschine mit elektronischem Regler. Sie befindet sich wie der Anlasser auf der Auspuffseite des Motors und wird über einen Keilriemen von der Kurbelwelle aus angetrieben.

Technische Daten

Der Motor wurde in sieben Grundvarianten hergestellt. Es gab keine Bezeichnung für die unterschiedlichen Grundvarianten, die Motoren wurden stattdessen anhand ihrer Einsatzgebiete unterschieden:

Motor Hubraum Verdichtung Leistung bei 1/min Drehmoment bei 1/min Spezifischer Kraftstoff­verbrauch Minimaler Kraftstoff­verbrauch Spezifischer Ölverbrauch
Nutzkraftwagen
(z.B. IFA W50)
6,6 l (6560 cm³) 18:1 92 kW/2300 422 Nm/1350 238 g/kWh 218 g/kWh 125 g/h
ZT 300 74 kW/1800 100 g/h
ZT 320 230 g/kWh
E 512 77 kW/2000 392 Nm/1350 238 g/kWh 125 g/h
E 514 85 kW/2000 422 Nm/1400
Stationärmotor A 48 kW/1500 353 Nm/1200 222 g/kWh 100 g/h
Stationärmotor B 58 kW/1800

Bedeutung und Hintergründe

Nach der Umstrukturierung des Schlepperwerks Nordhausen zum VEB IFA Motorenwerke Nordhausen wurde die Produktion des Wirbelkammerdieselmotors EM 4 vom VEB Sachsenring nach Nordhausen zwangsverlegt. Währenddessen war in Ludwigsfelde eine neue LKW-Fabrik errichtet worden, um ab 1965 den neuen Lastkraftwagen IFA W50 dort zu fertigen. Die Leistung des EM 4 von 66 kW war jedoch nicht für diesen LKW ausreichend. Aufgrund Zeitmangels wurde anstatt einen neuen Motor zu entwickeln der EM 4 zum 4 KVD 14,5/12 aufgebohrt. Dieser Motor war zu unausgereift, eine Weiterentwicklung aus eigener Federführung war in der DDR in den 1960er-Jahren jedoch nicht möglich, weshalb neue Technik vom westdeutschen MAN-Konzern lizenziert werden musste. Noch 1965 wurde unter Leitung Günter Casparis mit 150 Mitarbeitern die Entwicklung eines neuen Motors gestartet. Für die Produktion des Motors wurden gegen Ende der 1960er-Jahre in der DDR große Fertigungskapazitäten geschaffen, ab 1967 startete die Serienproduktion des nun fertiggestellten 4 VD 14,5/12-1 SRW. Durch das neue Brennraumverfahren wurde im Vergleich zum EM 4 der Kraftstoffverbrauch um ca. 15 % reduziert. Zunächst gab es Probleme mit der Qualität und der Zuverlässigkeit des Motors, die ab 1969 zunehmend behoben wurden.[3]

Der 4 VD 14,5/12-1 SRW galt als sehr langlebiger Motor und war mit etwa einer Million produzierten Einheiten der meistgebaute Dieselmotor der DDR. Durch seine lange Bauzeit von 23 Jahren avancierte er zum Standardmotor für Industrie und Landwirtschaft. Er wurde vor allem durch den Export des IFA W50 verbreitet. Außerhalb der DDR wurde der Motor auch von anderen Herstellern verbaut, unter anderem im Ikarus 211.[3]

Produktionshalle, September 1990

Ab Mitte der 1970er-Jahre wurde am stärkeren Nachfolgemotor 6 VD 13,5 / 12 SRF gearbeitet, der ab 1977 den zunehmend veralteten 4 VD 14,5/12-1 SRW ersetzen sollte. Erreicht werden sollte unter anderem, die 50 DM Lizenzgebühr pro Motor nicht weiter zahlen zu müssen. Wirtschaftspolitische Veränderungen in der DDR verhinderten dies. Stattdessen wurde der 132 kW starke 6 VD 13,5 / 12 SRF im Nachfolger des IFA W50, dem IFA L60 verbaut.[3] Die mechanische Direkteinspritzung des 4 VD 14,5/12-1 SRW ist mittlerweile vom Common-Rail-Einspritzverfahren verdrängt worden.[4] Die Motorenproduktion lief in Nordhausen kurz nach der Wende aus.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Welkerling, Jan: DDR-Landmaschinen – Motoren. 22. Oktober 2001. Abgerufen am 20. August 2015
  2. Ministerium des Inneren der DDR: Versorgungsdienste – Typenkatalog für Fahrzeuge. Seite 11 und 12. Herausgegeben am 18. Juli 1978. Abgerufen am 20. August 2015
  3. a b c IFA Museum Nordhausen: Die 100-jährige Geschichte des IFA-Industrieparks Nordhausen – Motorenära. Abgerufen am 19. August 2015
  4. Konrad Reif, Karl-Heinz Dietsche: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch. Hrsg.: Robert Bosch GmbH. 27. Auflage. Vieweg+Teubner, 2011, ISBN 978-3-8348-1440-1, S. 630 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).