Oeselsche Ritterschaft
Die Oeselsche Ritterschaft war von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis 1920 der politische und rechtliche Zusammenschluss des vornehmlich deutschbaltischen Adels auf der Insel Oesel im heutigen Estland. Durch die vom jeweiligen Souverän garantierten Standesprivilegien, den politischen Einfluss und den agrarischen Großgrundbesitz war die Ritterschaft außerhalb der Städte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die herrschende Schicht des Landes. Die Oeselsche Ritterschaft hatte ihren Sitz im „Ritterhaus“ in Arensburg.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Innerhalb der einzelnen Territorien Altlivlands schlossen sich die Vasallengeschlechter zur Verteidigung und Erhaltung ihrer Rechte und Besitztümer zu „Ritterschaften“ zusammen. Diese korporativen Organisationen waren bereits im 14. Jahrhundert mit landständischen Rechten versehen und hoheitlich anerkannt.
Die Privilegien der Ritterschaften wurden bei wechselnden Souveränen jeweils bestätigt. So geschehen 1561 durch Sigismund II. August den König von Polen, 1629 durch Gustav II. Adolf den König von Schweden sowie 1710 durch Peter I. den russischen Zaren.
Im Zuge der Oktoberrevolution in Russland 1917 und der Wirren des Ersten Weltkriegs erklärten Estland am 24. Februar 1918 sowie Lettland am 18. November 1918 als Republiken ihre staatliche Unabhängigkeit von Russland. Versuche des deutschen Kaiserreichs, das Baltikum mit der Schaffung des Vereinigten Baltischen Herzogtums politisch unter deutsche Oberhoheit zu bringen, scheiterten im November 1918 endgültig. Die Oeselsche Ritterschaft wurde daraufhin als Körperschaft des öffentlichen Rechts aufgelöst.
Nach der estnischen Landreform vom 10. Oktober 1919 haben sich die auf Oesel verbliebenen deutschen Edelleute 1920 im „Oeselschen Gemeinnützigen Verband“ zusammengeschlossen. Diese Interessenvertretung ehemaliger Ritterschaftsfamilien wurde mit der Umsiedlung in den Warthegau in Folge des Hitler-Stalin-Pakt aufgelöst. Heute ist die Oeselsche Ritterschaft im 1949 gegründeten Verband der Baltischen Ritterschaften e. V. organisiert und pflegt vielfach Kontakte nach Oesel.
Wappen der Ritterschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wahlspruch: Das Wort Gottes Bleibet Ewiglich
Personen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ritterschaftshauptmänner
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von 1655 bis 1753 stand der Ritterschaft ein Ritterschaftshauptmann vor:
- 1655–1661: Friedrich Sasse
- 1661Odert von Poll der Ältere :
- 1670Christian Poll :
- 1699–1707: Johann von Vitinghoff
- 1707Carl Adam von Stackelberg (1669–1749) :
- 1716Wolmar von Stackelberg :
- 1720–1723: Friedrich Johann von Lode
- 1723–1726: Christian Friedrich von Poll
- 1726–1729: Karl Wilhelm von Stackelberg
- 1729–1732: Niclas von Krämer
- 1732–1737: Fredrich Johann von Lode
- 1737–1753: Otto Friedrich von Vietinghoff
Landmarschälle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ab dem Jahr 1753 bis zur Auflösung wurde die Oeselsche Ritterschaft durch einen Landmarschall geführt:
- 1753–1760: Reinhold Gustav von Nolcken
- 1760–1765: Hermann Gustav von Weymarn
- 1762–1772: Carl Gustav von Güldenstubbe
- 1772–1780: Otto Frommhold von Buhrmeister
- 1780–1783: Johann Christoph von Nolcken
- 1797–1800: Karl Johann Gustav von Ekesparre
- 1800–1806: Georg Friedrich von Saß
- 1806–1808: Otto Frommhold von Buhrmeister
- 1808–1813: Otto Magnus von Buxhoeveden
- 1813–1816: Reinhold Friedrich Pilar von Pilchau
- 1816–1818: Peter Anton von Saß
- 1818–1841: Peter Wilhelm von Buxhoeveden
- 1843–1849: Georg Wilhelm von Ditmar
- 1849–1862: Karl Friedrich von Güldenstubbe
- 1864–1865: Karl Wilhelm Ottokar von Aderkas
- 1867–1876: Charles Freytag von Loringhoven
- 1876–1906: Oskar von Ekesparre
- 1906–1919: Alexander Peter Eduard von Buxhoeveden
Zugehörigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Adelsmatrikel wurde in den Jahren 1741 und 1742 fertiggestellt.
Immatrikulierte Geschlechter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Innerhalb der Ritterschaft erloschene Geschlechter sind mit (†), im Mannesstamm gänzlich erloschene Familie sind mit (††) gekennzeichnet. Weiterhin können mehrere Linien, Zweige oder Häuser einer Familie getrennt und unabhängig voneinander immatrikuliert sein, weswegen Doppeltnennungen vorkommen.
- Aderkas
- Adlerberg (†)
- Agthe (†)
- Baer von Huthorn
- Baranoff
- Bartholomäi (†)
- Bekleschow (†)
- Bellingshausen (†)
- Berg a.d.H. Carmel (†)
- Berg a.d.H. Kandel (†)
- Bradke (†)
- Bruemmer (†)
- Bruiningk a.d.H. Hellenorm (†)
- Budde (††)
- Buddenbrook (†)
- Buhrmeister
- Buxhoeveden
- Cube
- Curland und Gahlen (†)
- Creutz (†)
- Dannenstern (†) [Daunenstern]
- Dellingshausen
- Derfelden (†)
- Dittmar (†)
- Eck (†)
- Ekesparre
- Essen
- Flemming (†)
- Freymann a. d. H. Nursie
- Freytagh-Loringhoven
- Gans (†)
- Gavel
- Gortschakow
- Graß a. d. H. Wittenpöwel (†)
- Grotenhielm (†)
- Güldenstubbe
- Guillemot de Villebois
- Guzkowski (†)
- Gyldenstubbe (†)
- Hahn
- Hahn a. d. H. Lahentagge Neu-Löwel
- Harrien (†)
- Harten
- Heller (†)
- Helmersen
- Hove (†)
- Hoyningen-Huene
- Knorre, Knorring
- Korff Schmysingk genannt Korff
- Kräfting (†)
- Krämer (†)
- Krüdener
- Kursell
- Lagerstjerna (†)
- Leps (†)
- Lieven
- Lilienfeld-Toal
- Lingen
- Lode (†)
- Löwis of Menar
- Luce (†)
- Ludewig (†)
- Minckwitz (†)
- Moeller, Moller a. d. H. Sommerpahlen
- Möller a. d. H. Kersel (†)
- zur Mühlen
- Nolcken
- Osten genannt Sacken
- Pahlen
- Palm (†)
- Patkul
- Pauffler (†)
- Peetz (†)
- Pilar von Pilchau
- Poll
- Preis (†)
- Rading (†)
- Rechenberg (†)
- Redkenhof (†)
- Rehekampff
- Rehren
- Rennenkampff
- Richter
- Roemlingen (†)
- Rubusch (†)
- Rungen (†)
- Samson-Himmelstjerna
- Saß
- Schmidt
- Schulmann
- Schuwalow
- Sege von Laurenberg (†)
- Sengbusch
- Ssuworow-Rimnikski Italiiski (†)
- Stackelberg
- Stärck (†)
- Stegeling (†)
- Stjernschantz (†)
- Strukoff (†)
- Szeliga-Mierzejewski
- Tideböhl (†)
- Tiesenhausen
- Tois (†)
- Toll
- Totleben (†)
- Transehe-Roseneck
- Treyden (††)
- Tunzelmann (†)
- Ungern-Sternberg
- Vegesack
- Vietinghoff-Scheel
- Wardenburg
- Wettberg (††)
- Weymarn
- Wilcken a. d. H. Wesselsdorf (†)
- Wolff
- Wrede
- Zoege Manteuffel (†)
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Peter Wilhelm von Buxhoeveden: Beiträge zur Geschichte der Provinz Oesell. 1838.
- Nicolai von Essen (Hrsg.): Genealogisches Handbuch der Oeselschen Ritterschaft. Tartu 1935 (Digitalisat).
- August Wilhelm Hupel: Materialien zu einer öselschen Adelsgeschichte. In: Nordische Miscellaneen St. 20–21, Riga 1790, S. 13–434.
- Georg von Krusenstjern: Die Landmarschälle und Landräte der Livländischen und der Öselschen Ritterschaft in Bildnissen. Hamburg 1963.
- Odert von Poll: Oeselsche Ritterschaft. Ritterschafts-Protokolle 1699–1920 des Oeselschen Ritterschaftsarchivs. 1993.
- Zur Geschichte der Ritterschaften von Livland und Oesel. hrsg. von der Livländischen Ritterschaft und von der Oeselschen Ritterschaft, Pfaffenhofen/Ilm 1974.