Komplexlager 12

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Bahnanschlussgleis
Drucktor

Das Komplexlager 12 war zur Zeit der DDR ein unterirdisches Lager der NVA in den Thekenbergen südlich von Halberstadt. Die unterirdische Anlage war in der Zeit des Nationalsozialismus unter dem Tarnnamen Malachit als unterirdische Fertigungsanlage angelegt worden. Bis 1995 wurde es noch von der Bundeswehr als Luftwaffen-Materialdepot 52 genutzt.

Die Anlage besitzt eine Größe von etwa 57.000 m2,[1] nach anderen Angaben 67.000 m2,[2] und war damit die größte unterirdische Anlage der DDR. Der Eingang zu dem Lager hieß umgangssprachlich Nachtigallenschlucht.

Nutzung 1944/1945

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Zum Bau der Anlage wurden ab dem 21. April 1944 tausende Häftlinge des KZ Langenstein-Zwieberge, einem Außenlager des KZ Buchenwald, herangezogen; in der Bunkeranlage, die den Decknamen Malachit führte, sollten Triebwerksteile für Flugzeuge für das Unternehmen Junkers Motorenwerke Dessau gefertigt werden. Geplant war eine Flugzeugfertigung mit 6000 Arbeitern. Außerdem war kurzzeitig geplant, Flächen für die BMW-Motorenwerke Berlin-Spandau zur Verfügung zu stellen.[2]

Mehr als 1900[1] KZ-Häftlinge starben bei der Errichtung der Anlage; etwa 13 km Stollen wurden in dieser Zeit errichtet. Die Arbeiten wurden am 6. April 1945 eingestellt.

An die zu Tode gekommenen KZ-Häftlinge erinnert eine Gedenkstätte in Langenstein-Zwieberge.[2] In monatlichen Führungen sind etwa 120 Meter in einem vorderen Bereich des Stollens am sogenannten Mundloch A für Besucherinnen und Besucher zugänglich.

Nutzung von 1945 bis 1990

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Die sowjetischen Truppen demontierten zunächst die technischen Anlagen und bereiteten 1948 die Sprengung der Anlage vor, die im Januar 1949 erfolgen sollte. Die Sprengung wurde allerdings durch den stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Wirtschaftskommission in der SBZ, Luitpold Steidle, verhindert.[2] Es wurden nur kleinere Sprengungen durchgeführt. Offiziell galt die Anlage seitdem als zerstört.

Ab 1976 wurde die Anlage von der NVA übernommen. Etwa 40.000 m2 Fläche wurden modernisiert. Etwa 9.000 Tonnen Munition, Bekleidung, Lebensmittel und Ausrüstung wurden hier zeitweise gelagert. Am 1. Mai 1984 wurde das geheime Komplexlager 12 (Objekt 16/630) in Dienst gestellt.[2] Es unterstand direkt dem Stabschef der Rückwärtigen Dienste im Ministerium für Nationale Verteidigung, wie auch die anderen drei Lager dieser Art, das Komplexlager 02 in Blankenburg, Komplexlager 22 in Rothenstein und das Komplexlager 32 in Pirna.[3] Das Komplexlager 12 hatte den Tarnnamen Abfahrtssignal und die NVA-Postfachnummer 15723.[4]

Nutzung ab 1990

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Eingangstor des als Gedenkstätte geöffneten Stollens

Nach der Wende nutzte die Bundeswehr bis Dezember 1993 den Komplex als Luftwaffen-Materialdepot 52, bevor er 1995 an einen Privatmann verkauft wurde.

Ein Teilbereich der Bunkeranlagen wurde auch für die Lagerung von – nach der Einführung der DM ungültig gewordenen – DDR-Geldscheinen genutzt. NVA-Soldaten hatten nach der Währungsunion im Jahre 1990 etwa 620 Millionen Banknoten dort untergebracht. Bekannt wurde die Anlage dadurch, dass Scheine aus diesen Geldbeständen entwendet wurden. Daraufhin wurden die Geldscheine in einer Müllverbrennungsanlage verbrannt.[1]

Ein kleiner Teil eines Stollens ist als Gedenkstätte im Sommerhalbjahr (April bis Oktober) am letzten Wochenende im Monat oder nach Voranmeldung geöffnet. Tafeln mit Texten und Fotos erläutern die Entstehungsgeschichte und weitere Entwicklung.

Ein privater Investor kaufte über mehrere Jahre hinweg Teile des Stollensystems auf, bis ihm in 2024 das gesamte Aeral gehörte.[5] Die Bunkereinrichtung ist damit das weltweit größte seiner Art im Privatbesitz. Nach Angaben des sächsischen Investors soll in dem Tunnelsystem durch den Verkauf von Bunker Coins eine luxuriöse Bunkeranlage für Krisenzeiten entstehen.[6] Die erforderlichen Genehmigungen für den Bau des Luxusbunkers stehen allerdings noch aus.[7]

  • Martin Kaule, Arno Specht, Holger Happel: Das versteckte Flugzeugwerk im Untergrund. Untertageverlagerung „Malachit“. In: dies.:Geisterstätten der NS-Diktatur: Vergessene Orte im Osten. Jaron-Verlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-89773-881-2, S. 91ff.
Commons: Komplexlager 12 Halberstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c einestages.de
  2. a b c d e geschichtsspuren.de(vorm. lostplaces.de): U-Verlagerung Malachit / Komplexlager KL-12@1@2Vorlage:Toter Link/www.geschichtsspuren.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  3. Helmut Sachse: Das Komplexlager 2 (KL-2) in der Wendezeit November 1989 bis September 1990. Arbeitsgruppe Geschichte & Integration im Deutschen BundeswehrVerbandes e.V.
  4. Standortdatenbank der Nationalen Volksarmee, der Grenztruppen der DDR und der sowjetischen (russischen) Streitkräfte in der DDR (Memento des Originals vom 10. November 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mgfa-potsdam.de, Stand der Disloziierung 1986/87, beim MGFA.
  5. Sächsischer Investor plant Schutzbunker in ehemaligem KZ-Stollen. In: mdr.de. Abgerufen am 27. August 2024.
  6. Frühere KZ-Stollen könnten Luxusbunker für Millionäre werden. In: spiegel.de. Abgerufen am 27. August 2024.
  7. Investor plant auf Ex-KZ-Areal Luxusbunker für Millionäre. In: welt.de. Abgerufen am 27. August 2024.

Koordinaten: 51° 51′ 27,4″ N, 11° 1′ 32,9″ O