Kernkraftwerk Onagawa

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kernkraftwerk Onagawa
Kernkraftwerk Onagawa
Kernkraftwerk Onagawa
Lage
Kernkraftwerk Onagawa (Präfektur Miyagi)
Kernkraftwerk Onagawa (Präfektur Miyagi)
Koordinaten 38° 24′ 4″ N, 141° 29′ 59″ OKoordinaten: 38° 24′ 4″ N, 141° 29′ 59″ O
Land Japan
Daten
Eigentümer Tohoku Electric Power Company
Betreiber Tohoku Electric Power Company
Projektbeginn 1970
Kommerzieller Betrieb 1. Juni 1984

Aktive Reaktoren (Brutto)

2  (1650 MW)

Stillgelegte Reaktoren (Brutto)

1  (524 MW)
Eingespeiste Energie im Jahr 2010 13.909,44 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 204.503 GWh
Stand 10. Juni 2011
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.
f1

Das Kernkraftwerk Onagawa (jap. 女川原子力発電所, Onagawa genshiryoku hatsudensho) mit meerwassergekühlten Siedewasserreaktoren liegt im Gebiet der Orte Onagawa und Ishinomaki in der japanischen Präfektur Miyagi. Die Anlage ist 1,73 Quadratkilometer groß und gehört der Tōhoku Denryoku. Das Kraftwerk liegt unmittelbar am Pazifik, auf der Oshika-Halbinsel zwischen den Küstenweilern von Tsukahama und Yoriiso, etwa 70 Kilometer nordöstlich der Stadt Sendai.

Die drei Reaktoren des Kraftwerks wurden von Toshiba gebaut. Sie gingen jeweils 1984, 1995 und 2001 in Betrieb.

Beim Tōhoku-Erdbeben 2011, das zur Nuklearkatastrophe von Fukushima führte, schaltete sich das Kernkraftwerk sicher ab und war danach bis 2024 rund 13 Jahre lang außer Betrieb. Die dritte Etage des Reaktorgebäudes von Block 2 hatte beim Erdbeben etwa 70 % ihrer strukturellen Stabilität verloren.[1] Block 1 wurde daraufhin mit Beschluss von 2018 endgültig stillgelegt, weil der Betreiber notwendige Nachrüstungen als zu teuer und zeitaufwändig einschätzte.[2]

Block 2 wurde nach dem Aufbau einer Sicherheitsmauer am 29. Oktober 2024 wieder angefahren.[3] Während des Testbetriebs stand der Reaktor nochmals für neun Tage still, um einen Fahler im Instrumentierungssystem zu beheben. Nichtsdestotrotz ist der Beginn des kommerziellen Betrieb daraufhin für Ende Dezember 2024 vorgesehen.[4] Auch Block 3 soll danach wieder in Betrieb gehen.[5]

Onagawa-3 ist einer der modernsten Blöcke in Japan, zertifiziert nach ISO 14001. Das erwärmte Kühlwasser wird dort – immerhin sieben Grad wärmer als zuvor – erst zehn Meter unter der Wasseroberfläche wieder eingeleitet. Das soll eine bessere Mischung und damit einen kleineren Einfluss auf die Umwelt gewährleisten. Der Block diente auch als Prototyp für das Kernkraftwerk Higashidōri-1 der Tōhoku Denryoku. Am Kraftwerk gibt es eine Besuchergalerie.

  • Im Juli 1988 wurden durch einen Fehler im Handbuch Kontrollstäbe entfernt statt eingeschoben. Der Vorfall wurde nicht gemeldet. Da das Handbuch in mehreren Kraftwerken verwendet wurde, kam es auch dort zu Zwischenfällen, ohne dass der Fehler korrigiert wurde. Das führte dazu, dass es am 18. Juni 1999 im Kernkraftwerk Shika zu einer 15-minütigen, unkontrollierten Kettenreaktion kam. Auch dieser Vorfall wurde nicht gemeldet und erst 2007 bekannt.[6]
  • Zum Jahreswechsel 1999/2000 fiel um 12:02 Uhr Ortszeit die Radioaktivitätsüberwachung für 10 Minuten aus.[7]
  • Am 24. Februar 2000 brannte ein Stockwerk in einem Nebengebäude. Das Feuer konnte nach einer halben Stunde gelöscht werden.[8]
  • Am 4. Februar 2002 wurden zwei Arbeiter leicht verstrahlt, als sie bei Inspektionsarbeiten eine Spraydose beschädigten. Bei dem dadurch ausgelösten Feuer erlitten sie Brandwunden.[9]
  • Im März 2007 musste die Firma zugeben, dass es im Rahmen von Wartungsarbeiten an Onagawa 1 zu einer Notabschaltung gekommen war und die zuständigen Behörden nicht informiert wurden.[10]
  • Am 11. März 2011 brach im Kernkraftwerk infolge des schweren Tōhoku-Erdbebens, dessen Epizentrum nur 75 km von der Kraftwerksanlage entfernt lag, ein Feuer in einem separaten Turbinengebäude aus.[11] Das Kraftwerk wurde abgeschaltet. Da es auf einem 15 Meter hohen künstlichen Sockel errichtet ist, richtete die Tsunami-Welle hier vergleichsweise wenig Schaden an, obwohl das Epizentrum des Tsunamis von hier wesentlich näher lag als von Fukushima. Allerdings liefen die Blöcke wie in Fukushima vorübergehend an Notstrom-Dieselgeneratoren; dabei fielen in Block 2 zwei der Diesel nach einer gewissen Laufzeit aus, die Nachkühlung musste teils durch ein eigendampf-getriebenes Notkühlsystem übernommen werden; beide Diesel waren nach Reparatur nach einer gewissen Zeit wieder verfügbar, womit der Reaktor ohne Schaden runtergekühlt werden konnte (INES 2).[12] Der Betreiber Tohoku Electric erklärte am Nachmittag des 13. März (Ortszeit), dass ein Strahlungsanstieg auf das 400fache des normalen Strahlungsniveaus festgestellt wurde, möglicherweise stamme diese Strahlung aus dem Kernkraftwerk Fukushima I; dagegen sprach allerdings die vorherrschende Windrichtung.[13] Wie in Artikel 10 des Act on Special Measures Concerning Nuclear Emergency Preparedness vorgesehen,[14] wurde gegen Mitternacht des 13. März (Ortszeit) die niedrigste Notstandsstufe eines nuklearen Notstandes für das Kernkraftwerk Onagawa erklärt.[15] Diese Strahlungswerte erreichten bis zu 21 µSv pro Stunde, weshalb man die Regierung informiert hatte, schon nach 10 Minuten fiel der Wert auf 10 µSv pro Stunde.[16]
  • Ein Nachbeben am 7. April 2011 führte zum Ausfall der externen Stromversorgung im Kernkraftwerk, Notstromdiesel übernahmen die Kühlung. Dabei schwappten im 1. Block 3,8 Liter kontaminiertes Wasser aus dem Brennelementebecken auf den Reaktorflur, mit einer Aktivitätskonzentration von 5410 Bq/kg.[17] Die externe Stromzufuhr konnte am 10. April wiederhergestellt werden, das kontaminierte Wasser wurde entfernt.[18]

Daten der Reaktorblöcke

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kernkraftwerk Onagawa hat drei Blöcke:

Reaktorblock[19] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Status
Onagawa-1 Siedewasserreaktor 498 MW 524 MW 8. Juli 1980 18. November 1983 1. Juni 1984 Abschaltung 25.10.2018[20]
Onagawa-2 Siedewasserreaktor 796 MW 825 MW 12. April 1991 23. Dezember 1994 28. Juli 1995 in Betrieb
Onagawa-3 Siedewasserreaktor 796 MW 825 MW 23. Januar 1998 30. Mai 2001 30. Januar 2002 seit 3/2011 im Langzeitstillstand, Wiederanfahren geplant

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. 1,130 cracks, 70% rigidity lost at Onagawa reactor building. In: The Asahi Shimbun. 18. Januar 2017 (asahi.com).
  2. world nuclear news: Tohoku decides to decommission oldest Onagawa unit vom 25. Oktober 2018
  3. Japan's Tohoku Elec restarts Onagawa reactor after 13-year hiatus, Reuters. Abgerufen am 29. Oktober 2024 (englisch). 
  4. Tohoku EPCO restarts halted Onagawa 2, continues to aim for December 2024 return to commercial operation In: Japan Energy Hub, 14. November 2024 (englisch). 
  5. world nuclear news: [1] vom 26. Februar 2020
  6. Japantimes, 23. März 2007 (englisch)
  7. CNN – Computer problems hit three nuclear plants in Japan (Memento des Originals vom 2. Juni 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/archives.cnn.com; englisch, abgerufen am 14. März 2011
  8. The Independent, (London), Feb 25, 2000 (englisch) Link??
  9. The Milwaukee Journal Sentinel, Aug 10, 2004 (englisch) Link??
  10. WISE/NIRS Nuclear Monitor on March 19, 2007; englisch, abgerufen am 14. März 2011
  11. 女川原子力発電所の概要および東日本大震災時の対応状況. In: Präfektur Miyagi. 11. November 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. Februar 2021; abgerufen am 7. August 2016 (japanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pref.miyagi.jp
  12. ENSI: Erfahrungs- und Forschungsbericht 2011, Kap. Lehrreiche ausländische Vorkommnisse
  13. Eil +++ 400 Mal erhöhte Radioaktivität in Provinz Miyagi (Memento des Originals vom 25. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wz-net.de
  14. Act on Special Measures Concerning Nuclear Emergency Preparedness. (PDF; 215kB) In: Cabinet Secretariat. Abgerufen am 7. August 2016 (englisch).
  15. iaea.org: IAEA update on Japan Earthquake, Zugriff am 13. März 2011
  16. Contamination checks on evacuated residents – Onagawa 'emergency'
  17. Informationen zur Lage in den japanischen Kernkraftwerken Fukushima, Onagawa und Tokai (Stand: 8. April 2011, 12:00 Uhr MESZ) (Memento des Originals vom 19. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/fukushima.grs.de GRS
  18. Information of the Situation Caused by the Earthquake Off the Coast of Miyagi Prefecture. (PDF; 53kB) In: Ministry of Economy, Trade and Industry. 11. April 2011, archiviert vom Original am 28. März 2012; abgerufen am 7. August 2016 (englisch).
  19. Power Reactor Information System der IAEA: Japan: Nuclear Power Reactors – Alphabetic (englisch)
  20. https://www.japantimes.co.jp/news/2018/10/25/national/tohoku-electric-scrap-aging-no-1-unit-onagawa-nuclear-plant/