Julia Tieke

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Julia Tieke (* 1974) ist eine deutsche Autorin und Regisseurin für den Hörfunk.

Julia Tieke studierte Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim. Am Institut für Deutsche Sprache und Literatur der Universität war sie Lehrbeauftragte im Bereich Hörspiel und Feature.[1] Seit 2005 arbeitet sie als freie Autorin und Regisseurin für Deutschlandradio Kultur und war seit 2007 Projektleiterin der Minihörspielreihe Wurfsendung,[2][3] die 2024 beendet wurde. Darüber hinaus realisiert sie seit 2009 Hörstücke und Radio-Features für andere Sender des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie selbstständige Projekte. Im Jahr 2015 war sie Schirmherrin des 13. Leipziger Hörspielsommers.[4]

Sie lebt in Berlin und studiert an der Freien Universität Islamwissenschaften (Stand: 2022).[5]

Tieke arbeitet mit Text und Ton. Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist der Nahen Osten und Nordafrika.[6] Ihr Audio-Projekt zusammen mit Berit Schuck Alexandria Streets Project von 2012 ist eine dokumentarisch-akustische Karte der ägyptischen Stadt Alexandria. Tieke zeichnete Interviews mit Bewohnern von Alexandria auf, die sich zu Ereignissen der Vergangenheit und Gegenwart in der Stadt äußerten. Sie arbeitete mit lokalen Musikern und Menschen von unabhängigen Internet-Radiostationen zusammen. Laut Tieke verlassen sich unabhängige Radiomacher in Ägypten auf das Internet, „weil es kein unabhängiges UKW-Radio gibt und es nicht einmal einen legalen Weg gibt, eine Lizenz für das Senden auf UKW zu beantragen“. Auf der Website des Projekts sind 20 Hörstücke auf Arabisch und Englisch veröffentlicht, die sich auf bestimmte Orte Alexandrias beziehen. Das Projekt umfasste eine Mini Radio Academy, die gemeinsam mit einem lokalen Internetradio, dem Goethe-Institut in Alexandria und der ägyptischen NGO Agora Arts and Culture durchgeführt wurde.[7] In Form von Klanginstallationen, Performance-Präsentationen, Vorträgen und Hörveranstaltungen wurde die Sonic Map of Alexandria in mehreren öffentlich-rechtlichen Radiosendern in Berlin präsentiert sowie in Alexandria, Kairo, London, Marrakesch, Shanghai und Florenz.[8] Im Rahmen der 5. Marrakesch Biennale 2014 führten Tieke und Schuck eine zwölfstündige Live-Radio-Performance mit einer Soundinstallation für Kopfhörer unter dem Titel Trading Urban Stories auf.[9]

Auf einer Recherchereise für ein Hörfunkfeature über Radiomacher in Aleppo lernte sie den 1987 bei Aleppo geborenen Medienaktivisten Faiz in der Türkei kennen. 2015 veröffentlichte sie unter dem Titel Mein Akku ist gleich leer ihre zunächst als E-Book publizierten Chats mit ihm auf seiner Flucht nach Deutschland.[10][11]

Gemeinsam mit Elke Falat kuratierte Julia Tieke die Ausstellung Digging Deep, Crossing Far als ein Projekt des Kunstraums Kreuzberg/Bethanien,[12] die 2015 bis 2017 in Bengaluru, Berlin, Karachi und Lahore gezeigt wurde.[13] Mit Cartoons, Klang- und Videoinstallationen, Fotocollagen und Wandteppichen erinnerten indische, pakistanische und deutsche Künstler in Berlin an das sogenannte „Halbmondlager“ im Deutschen Reich, in dem im Ersten Weltkrieg kriegsgefangene muslimische Araber, Inder und Afrikaner interniert waren.[14]

Hörstücke (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Der falsche Inder von Abbas Khider (Hörspielfassung und Regie), WDR 2012[15]
  • Ulrich Gerhardt – Ein Porträt. (Regie), Deutschlandradio 2013[16]
  • Auf, auf! Zum Vagabundenkongress! Feature, SWR 2014
  • Facebook sagt, Du bist in der Türkei, SWR 2014
  • Syria FM. Begegnungen mit Radiomachern zwischen Berlin und Aleppo. Feature, Deutschlandradio Kultur 2015
  • Tagebuch aus Aleppo. Feature-Serie, SWR 2015
  • Die Ohrfeige. Hörspiel nach einer Vorlage von Abbas Khider, WDR 2016
  • Abu Jürgen. SWR 2016
  • Die Kunst, sich zum Affen zu machen. Feature zum 90. Geburtstag von Raza Kazim, Deutschlandradio Kultur 2017[17]
  • „Achtung, Aufnahme!“ Deutschlandradio Kultur 2018. Das Hörstück entstand aus einer Audioinstallation, die die Autorin 2016 für das Projekt „Tonspuren“ vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin realisierte.[18][19]
  • Nukleare Narrative, Deutschlandradio Kultur 2018
  • Eine Frage der Stimmung. (Regie), Deutschlandradio 2019[20]

Veröffentlichungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hörspiele
Publikationen
Beiträge
  • “Digging Deep, Crossing Far”. A contemporary art project reaching from the First World War Halfmoon Camp in Wünsdorf to present-day Lahore. In: Katrin Bromber et al. (Hrsg.): The Long End of the First World War. Ruptures, Continuities and Memories, Campus-Verlag, Frankfurt/New York 2018, ISBN 978-3-593-50862-7, S. 267–292
  • Auf taube Ohren in Zeit.de vom 19. November 2021
  • Wenn die Stadt zur Kulisse wird in Zeit.de vom 15. Juli 2022

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Julia Tieke, in: Kurzbiografien aus dem Buch SUBversionen (Transcript, 2008), S, 393
  2. Julia Tieke, in: Hörspielsommer e.V. (Hrsg.): Hörspielplätze. Positionen zur Radiokunst. Voland & Quist, Dresden/Leipzig 2011, ISBN 978-3-938424-86-5, S. 191
  3. Lulia Tieke Freie Autorin. In: www.zeit.de. Abgerufen am 9. Dezember 2022.
  4. Josephine Heinze: Hörspielsommer startet in Leipzig auf dem Richard-Wagner-Hain. In: Leipziger Volkszeitung. Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft, 19. Juli 2015, abgerufen am 18. April 2018.
  5. Julia Tieke: Wenn die Stadt zur Kulisse wird. In: www.zeit.de. 15. Juli 2022, abgerufen am 9. Dezember 2022.
  6. Lisa Seelig: Ein junger syrischer Flüchtender auf der Flucht durch die Wälder Südosteuropas – ein Chatprotokoll. In: editionf.com. 7. Oktober 2015, abgerufen am 9. Dezember 2022.
  7. Kaspar Frank: Radio and Audio Strategies for External Cultural Relations: conference report, Berlin, 24/25 October 2013, Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart 2014, S. 11 (Volltext zum Herunterladen auf Social Science Open Access Repository)
  8. A Sonic Map of Alexandria, Museo Novecento, Florenz, 14. Juli 2017
  9. Radiogespräch Julia Tieke. The microphone as a tentacle - Radioexperimente in der arabischen Welt. Veranstaltung der Bauhaus-Universität Weimar, 4. November 2014
  10. Elke Heinemann: E-Book-Kolumne. Ansichten aus dem Inneren unseres Asylsystems, FAZ, 5. Juni 2015
  11. E-Books. Drei Bücher über Geflüchtete, die ihr lesen solltet, Ze.tt, 23. Februar 2016
  12. „digging deep, crossing far“, Ausstellung 2016, Kunstraum Kreuzberg/Bethanien (Berlin). Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin
  13. Katrin Bromber, Katharina Lange and Heike Liebau: The First World War in Africa, the Middle East and South Asia: Commemoration, New Research and Debates around the Centennial. In: Katrin Bromber, Katharina Lange, Heike Liebau, Anorthe Wetzel (Hrsg.): The Long End of the First World War. Ruptures, Continuities and Memories, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2018, ISBN 978-3-593-50862-7, S. 163
  14. Christiane Habermalz: Ausstellung „Digging Deep Crossing Far“. Wenn der Dschihad einen deutschen Klang erhält. Deutschlandfunk Kultur, 10. September 2016
  15. «Der falsche Inder» von Abbas Khider, SRF, 18. Juni 2016
  16. Ulrich Gerhardt - Ein Porträt, ARD-Hörspieldatenbank
  17. Die Kunst, sich zum Affen zu machen, hoerspielundfeature.de
  18. Achtung, Aufnahme! ARD-Hörspieldatenbank
  19. Tonspuren: Achtung, Aufnahme! Haus der Kulturen der Welt
  20. Eine Frage der Stimmung, ARD-Hörspieldatenbank