Hermann Giesler

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Hermann Giesler (1938)

Hermann Giesler (* 2. August 1898 in Siegen; † 20. Januar 1987 in Düsseldorf) war ein Architekt im Nationalsozialismus. Er war der Bruder von Paul Giesler, einem Angehörigen der nationalsozialistischen Führungsspitze.

Kaiserreich und Weimarer Republik

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Hermann Giesler wurde am 2. August 1898 in Siegen als Sohn eines Architekten geboren. Im Ersten Weltkrieg war er von 1915 bis 1918 Soldat. Anschließend arbeitete er zunächst als Maurer, Zimmermann und Schlosser, besuchte dann aber von 1919 bis 1923 die Kunstgewerbeschule München und studierte Architektur an der Technischen Hochschule München, u. a. bei Richard Riemerschmid. Zum 1. Oktober 1931 trat er der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 622.515),[1][2] vorher war er bereits als Parteiredner tätig gewesen. Auch der SA schloss Giesler sich bereits in der „Kampfzeit“ an. Ab 1930 arbeitete Giesler als selbständiger Architekt und Keramiker im Allgäu.[3] Sein Bruder Paul Giesler, durch seinen Parteieintritt 1928 „Alter Kämpfer“, hatte im Nationalsozialismus führende Funktionen in der SA, war Gauleiter u. a. von Oberbayern und von 1942 bis 1945 bayerischer Ministerpräsident.

Nationalsozialismus

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1933 wurde Giesler Bezirksbaumeister in Sonthofen. Die von ihm geplante Ordensburg Sonthofen („Reichsschulungsburg Allgäu“), die 1934 errichtet wurde und ab 1937 eine der Adolf-Hitler-Schulen war, das Gauforum Weimar (Baubeginn Juli 1936) und der dortige Adolf-Hitler-Platz (1937) waren wichtige nationalsozialistische Repräsentationsbauten. Es folgten weitere Planungen, so etwa für die Gauhauptstadt Augsburg oder die Hohe Schule der NSDAP am Chiemsee. Daneben hatte er die Leitung der Gauführerschule Blaichach im NSDAP-Gau Schwaben.

Im Jahre 1938 ernannte Hitler ihn zum Professor und zum Generalbaurat für die Neugestaltung der „Hauptstadt der Bewegung“ München. Hier arbeitete er bei der Planung eines neuen Hauptbahnhofs mit Paul Bonatz zusammen. Sie schlugen vor, den Bahnhof im 45-Grad-Winkel zu einer geplanten Prachtstraße zu stellen und planten einen gewaltigen Kuppelbau mit 136 Meter Höhe und 265 Meter Durchmesser.[4] In München arbeitete er bei der Grünflächengestaltung mit Alwin Seifert und bei Wohn- und Siedlungsfragen mit Rudolf Rogler zusammen. 1939 wurde er in den Kulturkreis der SA berufen.

Nachdem Linz im März 1939 zu einer der fünf Führerstädte erklärt worden war (neben Berlin, München, Hamburg und Nürnberg), wurde zwar zunächst Roderich Fick zum „Reichsbaurat für die Neugestaltung der Stadt Linz“ ernannt. Aufgrund von Rivalitäten innerhalb der NS-Führungschargen bot Hitler Giesler am 28. April 1942 an, „die Monumentalverbauung links der Donau“ zu übernehmen.[5]

1939 wurde Weimar in die Reihe der „Neugestaltungsstädte“ aufgenommen, und Gauleiter Fritz Sauckel beauftragte Giesler als „Architekten des Gauforums“ mit der grundlegenden Neugestaltung der Stadt. Sauckel ernannte Giesler im Jahr der Fertigstellung der Villa Sauckel zum Ehrenbürger der Stadt Weimar.[6]

v. l. n. r.: Adolf Hitler, Albert Speer, Martin Bormann, Hermann Giesler, Arno Breker (Paris 1940), Aufnahme aus dem Nachlass Albert Speers im Bundesarchiv

Giesler war von Hitler als Architekt von dessen Grabmal ausersehen (1940).

Mit dem Überfall auf die Sowjetunion wurden 1941 sämtliche seiner Bauvorhaben eingestellt. Die großen städtebaulichen Planungen sind, von Weimar abgesehen, nicht über das Planungsstadium hinausgekommen. Seine in der NS-Zeit tatsächlich errichteten Bauten sind jedoch alle erhalten.

Giesler war seit 1941 für die Organisation Todt (OT) tätig: als Leiter der für das Baltikum eingesetzten „Baugruppe Giesler“, als Leiter der Einsatzgruppe Russland-Nord der OT (1942–1944) und als Leiter der OT-Einsatzgruppe VI (Bayern und Donaugaue). Als solcher hatte er die verantwortliche Bauleitung für die von KZ-Häftlingen zu errichtende Rüstungsproduktionsstätte Mühldorfer Hart (1944–1945).

Im August 1943 wurde er Mitglied des Reichstages.[7] Im August 1944 nahm ihn Hitler in die Gottbegnadeten-Liste mit den zwölf wichtigsten bildenden Künstlern, darunter vier Architekten, auf.[8] Kurz zuvor war er von Albert Speer in den Arbeitsstab für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte berufen worden.

In der SA bekleidete Giesler hohe Ränge. Noch am 20. April 1945 – „Führers Geburtstag“ – wurde er von Hitler zum Brigadeführer ernannt.

Nach dem Ende des Nationalsozialismus

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1945 wurde Giesler von der US-Militärregierung zunächst festgenommen und als NS-belastet bis 1946 interniert.

1947 wurde er von einem US-amerikanischen Militärgericht wegen Tötungsverbrechen im KZ-Mühldorf-Hauptverfahren in Dachau angeklagt und verurteilt. Mit ihm angeklagt waren Franz Auer, Karl Bachmann, Wilhelm Baya, Heinrich Engelhardt, Erika Flocken, Karl Gickeleiter, Daniel Gottschling, Wilhelm Griesinger, Wilhelm Jergas, Anton Ostermann, Jacob Schmidberger, Herbert Spaeth und Otto Sperling. Es wurden fünf Todesurteile verhängt, die aber – bis auf das von Franz Auer am 26. November 1948 – nicht vollstreckt, sondern in kontinuierlich reduzierte Haftstrafen umgewandelt wurden. In der Regel wurden die Häftlinge bereits Anfang der 1950er Jahre aus dem Gefängnis in Landsberg (War Criminal Prison No. 1) entlassen.

Hermann Giesler war zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, doch schon am 6. Mai 1948 wurde seine Freiheitsstrafe auf 25 Jahre Haft und am 7. Juli 1951 auf zwölf Jahre Haft verringert. Entlassen wurde Giesler jedoch bereits am 18. Oktober 1952. Er ließ sich in Düsseldorf nieder, wo er ab 1953 als selbständiger Architekt und Autor arbeitete und im Jahr 1987 starb.

Seine autobiographischen Schriften, die beide in rechtsradikalen Verlagen erschienen (siehe unten), verstand Giesler als ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus und zu Adolf Hitler.

Liste der Bauten und Planungen

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  • Werner Durth: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900–1970. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1992, ISBN 3-528-28705-5, S. 507.
  • Michael Früchtel: Der Architekt Hermann Giesler. Leben und Werk (1898–1987). Edition Altavilla, Tübingen 2008, ISBN 978-3-938671-04-7 (= Studien aus dem Institut für Baugeschichte, Kunstgeschichte, Restaurierung mit Architekturmuseum. Technische Universität München, Fakultät für Architektur). (Zugleich: München, Techn. Univ., Diss., 2007.)
  • Roberto Spazzali: Sotto la Todt. Affari, servizio obbligatorio del lavoro, deportazioni nella zona d’operazioni „Litorale adriatico“ (1943–1945). Goriziana, Gorizia 1998, ISBN 88-86928-28-9 (I leggeri. 9). (Zur Zwangsarbeit im süddeutschen Verantwortungsbereich des OT-Einsatzgruppenleiters Hermann Giesler; Mühldorf.)
  • Siegerländer National-Zeitung. 29. Oktober, 8. November, 14. Dezember 1938.
  • Zentrale Stelle Ludwigsburg, „Auszug aus der Kriegsverbrecherliste“, 51, ohne Signatur.

Einzelnachweise

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  1. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/10980758
  2. Ulrich F. Opfermann: Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus : Personen, Daten, Literatur ; ein Handbuch zur regionalen Zeitgeschichte. 2., durchges. Auflage. Hell & Dunkel, Siegen 2001, ISBN 3-928347-01-2 (Onlineversion [abgerufen am 23. September 2021]).
  3. Keramikwerkstätten Gebrüder Hermann und Ernst Giesler, Sonthofen-Altstädten - Der Betrieb wurde 1936 verkauft an Hans Rebstock und firmiert heute als Allgäuer Keramik - siehe [1]
  4. Hitlers Bahnhof (Memento vom 27. März 2017 im Internet Archive) auf denkmaeler-muenchen.de.
  5. Giesler: Ein anderer Hitler. 1978, S. 479 f.
  6. Horizonte Weimar. Verleihung des Ehrenbürgerbriefs an den Architekten Giesler und Sauckel im „Großen Saal“ des Hotels „Haus Elephant“ zur Verleihung des Weimarer Ehrenbürgerbriefs an Giesler, 4. Nov. 1938. In: Flickr.
  7. Erich Stockhorst: Fünftausend Köpfe. Wer war was im Dritten Reich. VMA-Verlag, Wiesbaden 1967.
  8. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 183.
Commons: Hermann Giesler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Literatur von und über Hermann Giesler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Giesler, Hermann. In: Regionales Personenlexikon zum Nationalsozialismus in den Altkreisen Siegen und Wittgenstein
  • Umfangreiche Website zur Umgestaltung Münchens mit zahlreichen 3D-Modellen
  • Karina Loos: Die Inszenierung der Stadt: Planen und bauen im Nationalsozialismus in Weimar. (pdf, 28,27 MB) Bauhaus-Universität Weimar, Mai 1999, archiviert vom Original am 6. März 2016; (Dissertation von zu den NS-Bauten in Weimar).
  • Liste der Baudenkmäler in Pullach im Isartal