Diskussion:Yangqin
Herkunft
[Quelltext bearbeiten]Dass es sich um ein fremdes Instrument handelt, geht aus dem Namen Yang Qin hervor: „fremde“ oder auch „westliche“ Zither. Lt. Curt Sachs tauchte dieses Instrument erst um 1800 in China auf und wurde möglicherweise durch Europäer eingeführt. (Dies ist sicherlich eine von ihm aufgestellte Hypothese und müsste mit Originalquellen belegt werden!) Wie man aus den Fotos ersieht, kommt der Aufbau bzw. die Steganordnung einem mitteleuropäischen Hackbrett, vielleicht sogar einem Cimbalom, nahe; außerdem sind Saitenhalter und -wirbel an der abgeschrägten Deckplatte angebracht. Dies alles im Gegensatz zum persisch-arabischen Santūr, der nur zwei Reihen von verschiebbaren Stegchen (pers. „Eselchen“ خرك /ḫarak) aufweist und dessen Saitenhalter bzw. -wirbel an den Flanken des Korpus angebracht sind.
Die andere Variante einer Wanderung wäre tatsächlich die über Zentralasien, da es dort ein ähnlich gebautes Hackbrett gibt, das Čang (von pers. چنگ /čang = „Harfe“) heißt. Tatsächlich könnte dies vom südlicher angesiedelten Santūr abstammen, aber eben auch hier entspricht der Aufbau einem mittel- und osteuropäischen Hackbrett. Ich nehme deshalb an, dass auch dieses Hackbrett, das dann über die Mongolei nach China gewandert sein könnte, letztendlich mitteleuropäischer Herkunft ist. Tatsächlich tauchen die ersten bildlichen Darstellungen eines „modernen“ Hackbretts weltweit erst ums 15. Jahrhundert herum in Italien auf, wo das Instrument Salterio tedesco („deutsches Psalterium“) genannt wird.--Imruz (Diskussion) 17:55, 20. Mai 2013 (CEST)
- Hallo Bertramz, wie ich schon am 20. Mai 2013 gegen 17:55 geschrieben hatte, kann es kaum sein, dass der relativ kleine iranische Santur das Vorbild für das Yang Qin abgibt, da dessen erste bildlich Darstellung erst in einem Gemälde des 17. Jahrhunderts (n. Chr.!) in Isfahan aufgetaucht ist und der Name selbst sich möglicherweise auf eine frühere Form des Psalteriums (s. dessen Etymologie) bezieht. Das würde bedeuten, dass der Santur, der sich auch bautechnisch vom zentralasiatischen Hackbrett Čang unterscheidet, mit China nichts am Hut hatte. Da das chinesische Yang Qin bautechnisch eher einem europäischen Hackbrett/Cimbalom gleicht (wie auch das zentralasiatische Čang), neige vielleicht nicht nur ich weiterhin der These von Curt Sachs zu, dass das Yang Qin erst seit etwa 1800 in China existiert.
- Wo gibt es einen Beleg dafür, dass es schon zur Zeit der Ming eingeführt worden sein soll? Natürlich gehen auch iranische Nationalisten davon aus, dass es sich beim Santur um ein „uraltes iranisches Instrument“ handele. Doch gehen denen auch bei entsprechenden Belegen schnell die Argumente aus ... Wie sieht da deine Meinung aus?
- Ansonsten würde ich möglicherweise den entsprechenden Einschub auf gegen Ende der Mandschu-Dynastie (um 1800) nach China kam umändern. Gruß--Imruz (Diskussion) 21:30, 23. Sep. 2023 (CEST)
- Hallo Imruz, fangen wir mit einem iranischen Santurspieler an. Peyman Heydarian (The Persian Music and the Santur Instrument, S. 525) fasst zusammen: "The Santur ... originated in Iran, and was later brought to India, China, Thailand, Greece, Germany (and other countries), where it is called Santoor, Yang-jin, Khim, Santouri, Hackbrett respectively." Wohl ein klarer Fall eines von dir gemeinten Nationalisten. Wobei, Curt Sachs (The History of Musical Instruments, S. 258) hält die Santur für ein "Persian and Iraqian instrument", das mit den Arabern durch Nordafrika nach Spanien gelangte und dort 1184 abgebildet ist.
- Das Ur-Hackbrett kann man im Nahen Osten vermuten (santir in der Bibel, als liegende Harfe beschrieben, deren Saiten geschlagen wurden). Zur Verbreitung in Zentralasien und Ostasien äußert sich Alan R. Trasher (Yangqin in New Grove) sehr konkret: "The yangqin is an adaptation of the Persian Santur, which was introduced to coastal areas of Guangdong province in south China late in the Ming dynasty (1368–1644). Mentioned frequently in the literature of the 18th to early 20th centuries, it was readily accepted into the local Cantonese and Chaozhou ensembles, where it remains an important instrument." Ebenso von der Küste: The knowledge and development of the Chinese yangqin, S. 917: "Santur, that is, yangqin, was thought to have been introduced from the sea through the coastal area in the 17th century." Danach folgt aber der Hinweis auf eine zweite Ausbreitungsroute durch Zentralasien. (Von den Autoren kenne ich den Namen Arsenio Nicolas und schätze ihn als zuverlässig ein.)
- In Usbekistan ist das Hackbrett čang der Santur ähnlich. Hier ist es offenbar Allgemeinwissen, dass sich die Santur über die zentralasiatischen čang bis nach China verbreitet hat. Auf dem Weg lag die yenjing der Uiguren (Yenjing in New Grove: "Dulcimer of the Uyghur people of Central Asia. It is similar to the Chinese yangqin, and since that instrument is thought to have derived from the Persian sanṭūr, possibly transmitted via Uyghur areas, the yenjing might have been the origin of the yangkin.") Es werden also zwei Ausbreitungsrichtungen - von der chinesischen Küste und über Zentralasien - mit leicht unterschiedlichen yangqin-Typen angegeben. Scheint etwas kompliziert.
- Wohl einfacher dann die weitere Ausbreitung: Über die chinesische yangqin bekamen Japan (yan-kin), Korea (yanggüm, Ende 18. Jahrhundert) sowie Thailand (khim) und Kambodscha (khim, alle namentlich von yangqin abgeleitet) ihre trapezförmigen Hackbretter. Die Ankunft in China war der Literatur nach bei beiden Ausbreitungsrichtungen deutlich vor 1800. Muss auch, denn sonst funktionierte die weitere Ausbreitung nach Südostasien zeitlich nicht. Gruß -- Bertramz (Diskussion) 09:58, 24. Sep. 2023 (CEST)
- Hallo Bertramz, danke für deine Rückmeldung. Dennoch bleibe ich dabei, dass auch die von dir genannten angelsächsischen Autoren mit Vermutungen/Spekulationen („... probably ...“) arbeiten. Sie wissen es schlichtweg nicht, da auch sie damals nicht dabei waren. Geschichte in dieser Art ist grundsätzlich erstmal spekulativ. Wie ich bereits angedeutet habe (als Musikethnologe, Santur-/Hackbrett-Spieler und Iranist), spielt auch die Konstruktion eines Instrumentes eine Rolle und wird als solche weitergegeben. Und das zentralasiatische Čang ist das beste Beispiel, dass es sich um eine andere Herkunft handelt als Santur, da die Bauweise ziemlich unterschiedlich ist und irgendein quasi „prominenter“ Instrumentenname einfach übernommen wurde, wie es ja auch bei anderen Instrumenten historisch der Fall war/ist. Natürlich bietet es sich aus der Geschichte (wie man sie nicht nur als iranischer Nationalist gerne interpretieren würde) an, dass Čang vom Santur abstammt. Warum wurde dann nicht auch dieser angeblich uralte Namen übernommen?! Allein schon das persische Wort čang bedeutet eigentlich „Klaue“ und meint damit die zur Klaue (auch „Kralle“) geformte Hand, die das Instrument spielt, das nach dieser „Klaue“ benannt ist, nämlich die Harfe (persisch چنگ, DMG čang, ‚Harfe‘). So heißen bspw. die „Essgabel“ persisch چنگال, DMG čangāl oder der „Haken“ persisch جنگك, DMG ǧangak, ‚die kleine Kralle‘. Dies zur Etymologie. Die Etymologie von Santūr selbst wird im Anfangsabschnitt des entsprechenden Artikels erwähnt, so dass daraus ersichtlich wird, dass es sich um ein ursprünglich griechisches Wort für „das Gezupfte“ (griech. psaltérion) handelt und auf das womöglich später so bezeichnete Qānūn (ebenfalls von griech. kanon = „Gesetz“) angewandt wurde. Und ein iranischer Santurspieler, dessen Namen Peyman Heydarian ich noch nie gehört habe, ist für jemanden wie mich absolut keine wissenschaftlich fundierte Quelle, sondern einer von vielen Santurspielern, die dort der (nationalistischen!) Auffassung verfallen sind, ein „uraltes iranisches Instrument“ zu spielen. Und wenn man weiß, dass die ersten Stahlsaiten, die mit Schlägeln geschlagen werden können (Darmsaiten haben es da weitaus schwerer!), erst im Spätmittelalter erfunden wurden, gibt dies alles absolut keinen Sinn.
- Und da es außerdem auch offensichtlich chinesische Quellen gibt, die die Existenz des Yang Qin etwa ab dem 18. Jahrhundert aussagen, kann man auf die Spekulationen irgendwelcher angelsächsischer Autoren (Fachleute?) durchaus verzichten, da auch geschichtliche Spekulationen inzwischen zum „Geschäft“ gehören ... Und wenn es in der Bibel, also sicherlich dann in der „hebräischen Bibel“, Santir geheißen haben soll (hebräisch-aramäischer Urtext aus der vorhellenistischen Zeit?!), so kann dies einfach nicht zutreffen! Da hätte ich gerne den Originaltext vor mir.
- Dass sich jedoch das Yang Qin von China aus (ab dem 19. Jahrhundert!) auch nach Korea, Japan, Kambodscha usw. ausbreitete, ist zumindest meiner Meinung nach auch deshalb selbstverständlich und nachvollziehbar, da es sich um ein umfassendes, praktisches Instrument handelt (was fürs Hackbrett europäischer Prägung weitaus eher zutrifft als auf den [iranischen] Santur, der im Irak immerhin etwas größer und diatonischer für die komplexere arabische Musik, aber dennoch baugleich gestaltet ist). Mehr Argumente fallen mir jetzt nicht ein. Sollten sie nicht überzeugen, dann eben nicht, so dass ich mich aus der weiteren Diskussion raushalten will. Gruß--Imruz (Diskussion) 12:27, 24. Sep. 2023 (CEST)
- Den Peyman Heydarian habe ich nicht als wissenschaftliche Literatur, sondern als eine von dir so bezeichnete nationalistische zitiert. Letztlich können wir uns bei der Frage, ob es ein Jahrhundert früher oder später war, nur an den soweit übereinstimmenden Aussagen der Fachliteratur orientieren. Ich habe schlicht nichts gefunden, was New Grove widersprechen würde. Gruß -- Bertramz (Diskussion) 13:16, 24. Sep. 2023 (CEST)
Klarstellung
[Quelltext bearbeiten]"Schon der Name deutet ihre fremde Herkunft an." Warum?
Es scheint in Richtung "fremde Zither" zu gehen, aber ich kann kein chinesisch. Vielleicht ergänzen?
--Gwi von Galois (Diskussion) 11:34, 10. Mai 2020 (CEST)
- Ist ergänzt. -- Bertramz (Diskussion) 19:44, 10. Mai 2020 (CEST)