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Wintersonnenwende (Originaltitel The Dark Is Rising) ist ein Fantasyroman der englischen Schriftstellerin Susan Cooper aus dem Jahr 1973 und stellt den zweiten von fünf Bänden der „Wintersonnenwende“-Reihe dar. Protagonist ist der junge Engländer Will Stanton, der an seinem elften Geburtstag erfährt, dass er magische Fähigkeiten besitzt und als einer der sogenannten „Uralten“ eine gewichtige Rolle in einem seit langer Zeit währenden Kampf zwischen den Mächten des Lichts und der Finsternis spielt. Der britische Mythos um König Artus bildet dabei die entscheidende Grundlage des Romans. Die deutsche, von Annemarie Böll übersetzte Ausgabe erschien 1977 erstmals beim C. Bertelsmann Verlag.
Handlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der junge Engländer Will Stanton lebt mit seiner Familie, er ist das letzte von sieben Kindern, in dem Dorf Huntercombe im Themsetal des Buckinghamshire und führt bislang ein gewöhnliches Leben. Einen Tag vor seinem elften Geburtstag bekommt er von Mr Dawson, dem Besitzer eines benachbarten Bauernhofes, heimlich ein radkreuzförmiges Zeichen aus einem dunklen Eisen geschenkt, das er, wie ihm gesagt wird, das er über der Schnalle seines Gürtels tragen soll. Da ein Unwetter aufzieht, meint der Bauer, dass der Wanderer nun unterwegs sei, was sich Will nicht erschließt. Auf dem Heimweg wird er mit seinem Bruder Zeuge, wie ein Landstreicher von einigen Krähen angegriffen wird − ein sehr unübliches Verhalten für die Tiere. Den ganzen Tag über hat er zudem schon bemerkt, dass die eigenen Tiere, die sie auf ihrem Anwesen halten, sehr unruhig sind.
Als Will am nächsten Morgen aufwacht, hat es geschneit und er begibt sich nach draußen. Die Landschaft hat sich jedoch verändert, es ist viel mehr Wald vorhanden. Die Straße, die er gestern zum Bauernhof nahm, ist nun nur noch ein dünner Pfad durch den Wald. Dort, wo der Hof ist, stößt er auf eine Schmiede, wo ein Schmied gerade einem schwarzen Pferd, auf dem ein dunkler Reiter sitzt, das Huf beschlägt. Der Reiter bietet ihm ein Brot an, was Will jedoch ablehnt, woraufhin sich der Reiter entfernt. Will geht ebenfalls weiter und trifft wird schließlich vom Reiter gestellt, der nun weiß, daß er das Zeichen aus Eisen trägt. Will kann ihm entkommen und gelangt schließlich zu einer Pforte, durch die er in ein Gebäude tritt. Im Inneren begrüßen ihn ein Mann namens Merriman Lyon sowie eine ältere Frau, die sich ihm nur als „Alte Dame“ vorstellt. Sie eröffnen Will, dass er zu den sogenannten Uralten gehört und besondere Fähigkeiten besitzt, die er zu nutzen lernen muss. So gelingt es ihm etwa, nur mit Kraft seines Willens ein Feuer zu entzünden und wieder zu löschen. Seine Aufgabe, so wird ihm mitgeteilt, ist es, alle sieben Zeichen zu finden, um damit eine starke Waffe gegen die Finsternis zu besitzen. Als die Mächte der Finsternis versuchen, ebenfalls in den Raum vorzudringen, schaffen sie es gemeinsam, diese zurückzuschlagen, die Ältere Dame verschwindet jedoch, als sie all ihre Kraft aufbietet. Merriman meint, dass sie sich erholen muss, aber bald wieder irgendwo auftauchen wird. Will kehrt - nun wieder in seiner Gegenwart zurück zu seinem Dorf.
Nach einem Weihnachtseinkauf für die Familie begegnet Will auf dem Nachhauseweg dem Landstreicher bzw. Wanderer. Er erinnert sich an Merrimans Worte, dass dieser das zweite, aus Bronze gefertigte Zeichen besitzt. Will fragt ihn unmittelbar danach und der Wanderer hat zwar ein großes Bedürfnis, dieses los zu werden, dieses zu tragen, belastet ihn sehr, ist sich aber unsicher, ob Will der richtige ist. Als Will ihm das bereits in seinem Besitz befindliche Zeichen aus Eisen zeigt, ist der Wanderer überzeugt und gibt es ihm. Plötzlich taucht die Magd von Dawsons Hof auf, die Will rasch als Handlanger der Finsternis erkennt. Sie will die Zeichen haben. Es gelingt ihr, Will und den Wanderer bewegungsunfähig zu machen und nimmt den Gürtel an sich, als Merriman erscheint und sie vertreibt. Er betont, dass sie sich auf einem der sogenannten Alten Wege befinden, die durch das ganze Land verlaufen und nur dies Schlimmeres verhindert hatte. Sie gehen gemeinsam zurück zum Dorf und Merriman erklärt Will, dass die Umgebung, in der er sich wiederfand, der damalige, einst große Südenglands umfassende Wald von Anderida ist, von dem heute nur noch der New Forest übrig geblieben ist. Merriman verschwindet schließlich, als Will ankommt.
Wie jedes Jahr begeben sich einige der Geschwister von Haus zu Haus, wo sie Weihnachtslieder singen, um Spenden zu erhalten. Die letzte Station stellt dabei immer Miss Greythorne, eine bereits recht alte Frau dar, die in einem größeren Anwesen lebt. Als sie das Haus betreten, stellt Will fest, dass der gewohnte Butler diesmal Merriman ist, was keinem außer ihm auffällt. Während sie singen, wird Will an den gleichen Ort in der Vergangenheit, das 19. Jahrhundert versetzt. Dort haben sich einige Uralten versammelt, um das Zeichen aus Holz (Eberesche) neu zu fertigen - ein Vorgang, der regelmäßig wiederholt werden wird, da es das einzige Zeichen ist, das stets erneuert werden muss. Sie können es Will nicht geben, zeigen ihm aber, wo sie es versteckt haben, sodass Will es sich, wenn er wieder in seiner Gegenwart ist, es sich dort holen kann. Nun weiß er auch, dass Miss Greythorne zu den Uralten gehört. Ihm wird ein Buch vorgelegt, das er lesen und daraus lernen soll. Als er es durchgearbeitet hat, wird es vernichtet, da sich das gesamte Wissen nun in Will befindet und man nicht will, dass die Finsternis an dasselbe gelangen kann. Will findet sich dann in seiner eigenen Zeit wieder und als sie mit dem Singen fertig sind und noch von Miss Greythorne auf ein Getränk eingeladen werden, holt sich Will bei einer günstigen Gelegenheit das Zeichen.
Am Weihnachtstag öffnet Will ein Geschenk von seinem Bruder Stephen, der als Mitglied der britischen Marine derzeit in Kingston auf Jamaika stationiert ist. Er schickt ihm eine merkwürdige Karnevalsmaske, in einem beiliegenden Brief beschreibt er, dass sie ihm ein alter Mann gegeben hatte und ausdrücklich wollte, dass er es seinem jüngsten Bruder geben solle, der bei Zeit wisse, was er damit anfangen solle. Plötzlich klingelt es und Mr Mitothin, ein Geschäftsfreund von Wills Vater betritt den Raum, um etwas bei ihnen abzugeben, in dem Will aber sogleich den schwarzen Reiter erkennt. Als dieser wieder gegangen ist, muss Will feststellen, dass der Brief verschwunden ist. Die Familie geht später in die Kirche und während des Gottesdienstes hört Will Geräusche, die von den Kräften der Finsternis kommen, die den Ort belagern. Mit einigen anderen Uralten, die sich in der Kirche befinden, versuchen sie, diese abzuwehren, es endet schließlich, als Will den Gürtel mit den drei Zeichen löst und ihn der Finsternis entgegenhält. Danach leuchtet das Zeichen und weist den Weg zum Versteck des vierten, aus Feuerstein gefertigten Zeichens, das Will an sich nimmt. Als Will mit seiner Familie nach Hause gehen will, bemerkt er eine Krähe, die sich auffällig verhält. Er folgt ihr und sie finden im Schnee einen Mann liegen, den Will als den Wanderer erkennt. Der Pfarrer will ihn in die Kirche bringen, Wills Bruder hält es aber für besser, ihn zu sich nach Hause zu bringen, wo er es warm hat.
Einflüsse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Cooper selbst gab an, dass sie zum Schreiben des Buches durch den Anblick schneebedeckter Zweige, die wie Geweihe durch den Schnee ragten, inspiriert wurde. [1]
Verarbeitung von Kriegserinnerungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der im Roman beschriebene heftige Wintereinbruch, der auf das Wirken der sich erhebenden Finsternis zurückzuführen ist, könnte eine Verarbeitung der Erinnerung Coopers darstellen, die als elfjähriges Mädchen den außergewöhnlich schweren Winter des Jahres 1947 miterlebt hatte, der sich in einer Zeit ereignete, als das Britannien der Nachkriegszeit von Hunger geprägt war. [2]
Coopers Vater war Seargent der British Home Guard, sein Gewehr steckte in Regenschirmständer im Flur. Als Kind hatte Cooper Angst davor, ins Bett zu gehen, weil sie sie glaubte, dass sich im Kleiderschrank oder hinter der Tür ein deutscher Fallschirmspringer verstecken könnte. Diese Erfahrungen, die sie als Kind machte, verarbeitete sie später – wie sie selbst angab – bei „Wintersonnenwende“ in der Szene, wo Will in der Nacht vor seinem elften Geburtstag von der Finsternis mit Gefühlen von Terror angegriffen wird.[3]
Auch die Stellen, wo die Dorfbewohner wegen des starken Schneeeinbruchs im Haus von Mrs. Greythorn unterkommen, weckt Erinnerungen an die Kriegszeit. Hier zeigt sich zwischen den Dorfbewohnern nun ein stärkeres Gefühl der Verbundenheit. Wills Vater meint Merriman gegenüber, dass dieser wohl kein Engländer sei, wobei Will erstaunt über eine leichte feindselige Note in dessen Stimme ist – wohl eine Erinnerung an die im Krieg bestehende Trennung zwischen „uns“ und „ihnen“. [4]
Möglicher Einfluss von Tolkien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es wurde bei „Wintersonnenwende“ auch eine Nähe zu Tolkiens „Der Herr der Ringe“ angenommen. Neben dem Kampf zwischen Gut und Böse fällt vor allem die Figur des Schwarzen Reiters ins Auge, der gewisse Ähnlichkeit mit den bei Tolkien auftretenden Ringgeistern, die die Form schwarzer Reiter annehmen, besitzt[5], wenngleich diese ihre wahre Gestalt verhüllen, während der Reiter bei Cooper mit rötlichem Haar und auffallend weißen Zähnen beschrieben wird.
Mögliche Ähnlichekeiten wurden auch von Coopers Herausgabern in Britannien erkannt und für die Werbung eingesetzt. So wurde etwa das Buch mit dem Zitat „a story Tolkienly appreciated“ aus einem Beitrag von Philippa Pearce im Guardian beworben.[6]
Oberflächlich betrachtet hat Merriman im Roman durchaus eine ähnliche Funktion wie Tolkiens Gandalf, allerdings mehr der Gandalf in „Der kleine Hobbit“ als in „Der Herr der Ringe“. So beschützen und unterweisen beide ihren naiven Protagonisten und retten ihn auch vor Gefahren. Dabei handelt es sich aber auch um die traditionelle Rolle Merlins. Genauer betrachtet entspricht das Verhältnis zwischen Will und Merriman mehr dem von Merlin und Wart in T. H. Whites Roman „The Sword in the Stone“ als das Gandalfs und Bilbo bzw. Frodo Baggins.[7]
Cooper selbst gab später an, dass hinter der Merrimans als Führer die Figur von Carl Gustav Jungs altem weisen Mann stehe.[8]
Charles Butler ist der Meinung, dass in einer Zeit, wo Tolkiens „Herr der Ringe“ bei den meisten Menschen prägend für die Idee, was Fantasy ausmacht, war, es unvermeidbar war, dass man Coopers Werk in den Kontext von Tolkiens Schaffens setzte. [9]
Mythologischer Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Coopers Buch ist sehr im Lokalen Südenglands verhaftet. So wird die Wilde Jagd, ein altes und von verschiedenen Autoren aufgegriffenes Motiv, bei ihr durch den legendären Jäger Herne dargestellt, der mit der Stadt Windsor verbunden ist. Dessen Legende ist sehr alt und es ist nicht wahrscheinlich, dass die Figur von Shakespeare erfunden wurde. Der viktorianische Schriftsteller Harrison Ainsworth hatte Herne zur zentralen Figur seines 1843 erschienenen Romans „Windsor Castle“ gemacht, das Werk war sehr einflussreich für die weitere Entwicklung der Figur und auch das heutige Bild. Cooper selbst übernahm davon aber wenig, vielmehr ist Herne bei ihr als „a numinous and literally shadowy figure“ gezeichnet. [10]
Der Schwarze Reiter betritt an einer Stelle im Roman das Haus der Stantons, wo er als Juwelenhändler mit dem Nachnamen Mitothin erscheint. Dabei handelt es sich um einen Namen des Gottes Loki aus der norgermanischen Mythologie.[11][12]
Sonstige Einflüsse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein möglicher Einfluss auf den Roman könnten auch die Theorien des britischen Ingenieurs und Philosophen J. W. Dunnes über Zeit und Präkognition darstellen, wenn Merriman davon spricht, dass alle Zeiten nebeneinander bestehen und die Zukunft sich manchmal auch auf die Vergangenheit auswirken kann.[13]
Coopers Bücher, die sie nach ihrem Verlassen von Britannien geschrieben hat, lassen immer wieder Elemente einer gewissen Sehnsucht nach der Heimat erkennen, es kann grundsätzlich ein „powerful subterranean sense of displacement“ wahrgenommen werden. In „Wintersonnenwende“ wird dies etwa an einer Stelle durch einen Busfahrer, der ursprünglich aus Trinidad stammt, ausgedrückt, der sich äußert, dass er nun im Winter das warme Wetter seiner Heimat vermisst.[14]
Stellung innerhalb der Reihe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Gegensatz zu Bevor die Flut kommt, dem ersten Band der Reihe, der noch keine eindeutigen magischen Elemente besaß[15], ist der Roman nun eindeutig zum Fantasy-Genre zu rechnen, da in ihm Magie eine gewichtige Rolle spielt.
Insgesamt besitzt der zweite Band auch ein deutlich komplexeres metaphysisches Grundgerüst, zudem spielen Prophezeiungen eine große Rolle, auch werden britische Sagen und die einheimische Folklore verwendet. Auch werden im zweiten Band erstmals die Uralten eingeführt, bei denen es sich um eine von den übrigen Menschen abgesonderte Gruppe handelt, die magische Fähigkeiten besitzt und damit einhergehend große Verantwortung besitzt. Der zweite Band setzt somit die entscheidenden Grundlagen für die restlichen drei Bücher der Reihe.[16]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wintersonnenwende war 1973 ein Newbery-Honor-Buch[17], erhielt also eine Ehrenauszeichnung für Kinder- und Jugendbücher. Gewinner in diesem Jahr war hingegen Jean Craighead Georges Roman Julie von den Wölfen.
Verfilmung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2007 erschien mit Wintersonnenwende – Die Jagd nach den sechs Zeichen des Lichts eine Verfilmung des Romans.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Charles Butler: Four British Fantasists. Place and Culture in the Children's Fantasies of Penelope Lively, Alan Garner, Diana Wynne Jones and Susan Cooper, Scarecrow Press, Lanham 2006.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Butler, S. 187f.
- ↑ Butler, S. 31
- ↑ Butler, S. 13.
- ↑ Butler, S. 114f
- ↑ Butler, S. 29
- ↑ Butler, S. 29.
- ↑ Butler, S. 29.
- ↑ Butler, S. 29.
- ↑ Butler, S. 29.
- ↑ Butler, S. 187f.
- ↑ Butler, S. 20.
- ↑ Butler, S. 38, FN 69
- ↑ Butler, S. 76f.
- ↑ Butler, S. 108.
- ↑ Butler, S. 216f.
- ↑ Butler, S. 217.
- ↑ Butler, S. 5.