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Einige Gedanken über Wikimania, Wikipedianeurotics, Wikipedianitis und Wikipedianterum
- ein Statement von Sylvia Nickel -
Von nicht wikifizierten Personen werde ich häufig gefragt, worin der Sinn bestehe, in der Wikipedia mitzumachen. Ich glaube, ich habe dies vergessen, da die Erforschung der Wikifizierung meine volle Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Hier ein Zwischenbericht:
Die Wikipedianer haben ihren Ursprung im World Wide Web, von wo sie über einschlägige Schnittstellen ins Hirn ihrer Wirte gelangen. Über die genaueren evolutionsbiologischen Vorgänge kann uns Necrophorus aufklären.- Verwandt sind sie mit den Newsgroup-Tümmlern, die immer mehr ins Deep Web abwandern. Ein besonderer Zweig entwickelte sich durch eine Genmutation im Jahr 2004: Es bildeten sich kamelfixierte Wikipedianer, die heute als Kamelopedinaer die Tiefen des WWW nomadenhaft durchwandern.
Es mag an dieser Abspaltung liegen, dass sich bei einigen der verbliebenen Wikipedianern eine Wikineurose entwickelt hat. Der schmerzliche Verlust der nun kamelopedischen Brüder und Schwestern veranlasst betroffene Wikipedianer, kamelopedianische Artikel und andere Verwirrungen in die Wikipedia einzuspeisen, was insbesondere WikiAdmins und andere Sysop-infizierte an den Rand der physisch-psychischen Belastbarkeit drängt. In nächtelangen Debatten wird ganz unbasisdemokratisch über Verfahrens- und Verhaltenswiesen gegenüber wikineurotisierten Artgenossen diskutiert. Mehrere Verhaltensweisen der Spezies Wikipedianer sind zu beobachten ...
- besonders zappelige Wikpedianer zeigen eine hohe Affinität zur Löschkandidatenliste;
- andere leiden unter dem Kategorisierungsdruck;
- wiederum andere haben eine Werbeparanoia und suchen verzweifelt in Diskussionen, welche die Artikellänge um ein Vielfaches übersteigen, den neutralen Standpunkt;
- besonders leiden die URV-infizierten. Auf der Suche nach Verletzungen wird manchmal erst zur Löschung vorgeschlagen und dann nachgefragt ...
Natürlich, liebe Leser, habe auch mich schon mit der Wikipedianeurose infiziert und mich geärgert, über drastische Artikeländerungen bis zu deren vollständigen Entstellung (Artikelvandalismus) oder über gut meinte, dennoch fachlich völlig falsche Artikel. Dabei tritt eine weitere Eigenschaft von Wikipedianern zu Tage, die als Wikipedianitis noch in die Medizingeschichte eingehen wird. Manch ein betroffener Wikipedianer scheint dauerhaft vor dem Bildschirm zu sitzen, um jeglich inhaltliche Verbesserung seines Artikels sofort rückgängig machen zu können.
Da, liebe Wikipedianer, hilft nur eines: abschalten, ausschalten und das Leben außerhalb des Web-Nirvana genießen. So verwundert es denn auch nicht, dass sich zeitweise der eine oder andere Wikipedianer ganz oder teilweise in sein Schneckenhaus zurückzieht ... womöglich, um an der Kamelopedia oder einem anderen Wiki mitzuarbeiten ...
Das zeigt übirgens auch die Wiki-Praxis: nach anfängäglicher Wikimania, kann sich die Wikipedaneurose zur Wikipedianitis auswachsen. Zum Glück finden die meisten Wikipedianer zu den Wurzeln des Wikipediantertums zurück: Information - schnell, einfach, verfügbar - wiki wiki!
So ist sie, die Welt der Wikipedianer. Eigentlich doch ganz liebenswert, denn dem Abbild einer Großfamilie gleich. Nur, dass hier zum Glück nicht klar ist, wessen Tisch es ist, unter dem alle ihre Füße stellen :-) Und das ausgerechnet in Zeiten der zerfallenden Familienstruktur! Schon interessant ...
Ich wünsche allen frohe Vermehrung der Erkenntnisse!