„Heraklit“ – Versionsunterschied

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„Streit (Auseinandersetzung [nicht notwendigerweise der Krieg]) ist aller (Dinge) Vater, aller (Dinge) König, die einen erweist er als Götter, die andern als Menschen, die einen macht er zu Sklaven, die anderen zu Freien.“<ref>Die Übersetzung stammt von einem anonymen Mitarbeiter mit der IP-Adresse [[Spezial:Contributions/213.54.3.147|213.54.3.147]].</ref></blockquote>
„Streit (Auseinandersetzung [nicht notwendigerweise der Krieg]) ist aller (Dinge) Vater, aller (Dinge) König, die einen erweist er als Götter, die andern als Menschen, die einen macht er zu Sklaven, die anderen zu Freien.“<ref>Die Übersetzung stammt von einem anonymen Mitarbeiter mit der IP-Adresse [[Spezial:Contributions/213.54.3.147|213.54.3.147]].</ref></blockquote>


Das Grundprinzip der Welt ist darum nach Heraklit nicht, wie etwa für [[Parmenides]], ein statisches, gleichbleibendes [[Sein (Philosophie)|Sein]], sondern das [[Werden (Philosophie)|Werden]]. So lautet ein bekanntes Zitat Heraklits: "Denen, die in dieslben Flüsse steigen, fließen andre und andere Wasser entgegen."
Das Grundprinzip der Welt ist darum nach Heraklit nicht, wie etwa für [[Parmenides]], ein statisches, gleichbleibendes [[Sein (Philosophie)|Sein]], sondern das [[Werden (Philosophie)|Werden]]. So lautet ein bekanntes Zitat Heraklits: "Denen, die in dieselben Flüsse steigen, fließen andere und andere Wasser entgegen."


Doch Heraklit bleibt bei den äußeren Phänomenen nicht stehen. Die Gegensatzpaare schlagen nicht nur äußerlich ineinander um, sondern sind selbst schon ''als Gegensätze'' ineinander verschränkt. So heißt es: „Krankheit macht die Gesundheit angenehm, Übel das Gute, Hunger den Überfluß, Mühe die Ruhe.“ Die einzelnen Pole eines Gegensatzes sind nur im Kontrast zueinander überhaupt erfahrbar. So werden die einzelnen Gegensätze nicht nur zeitlich voneinander abgelöst, sondern bestehen vielmehr ''zugleich''. In Form einer wechselseitigen Verschränkung sind sie logisch aufeinander bezogen.
Doch Heraklit bleibt bei den äußeren Phänomenen nicht stehen. Die Gegensatzpaare schlagen nicht nur äußerlich ineinander um, sondern sind selbst schon ''als Gegensätze'' ineinander verschränkt. So heißt es: „Krankheit macht die Gesundheit angenehm, Übel das Gute, Hunger den Überfluß, Mühe die Ruhe.“ Die einzelnen Pole eines Gegensatzes sind nur im Kontrast zueinander überhaupt erfahrbar. So werden die einzelnen Gegensätze nicht nur zeitlich voneinander abgelöst, sondern bestehen vielmehr ''zugleich''. In Form einer wechselseitigen Verschränkung sind sie logisch aufeinander bezogen.

Version vom 9. Februar 2007, 19:17 Uhr

Heraklit in der Gestalt Michelangelos, Detailansicht aus „Die Schule von Athen“, Raphael Santi, 1510/11, Stanzen des Vatikans, Rom

Heraklit von Ephesos (altgr. Vorlage:Polytonisch, lat. Heraclitus Ephesius, * zwischen 540 und 535 v. Chr.; † zwischen 483 und 475 v. Chr.) war ein vorsokratischer Philosoph aus Griechenland. Heraklit gilt als früher und bedeutender Vertreter einer Philosophie des Logos und der Dialektik.

Leben und Werk

Heraklit lebte in der griechischen Kolonie Ephesos und stammte aus einem vornehmen Geschlecht. Auf das Amt des königlichen Opferpriesters, auf das er ein ererbtes Anrecht hatte, soll er zugunsten seines Bruders verzichtet haben. Er galt als Gegner der Demokratie, nachdem er die Bewohner seiner Heimatstadt tadelte: „Recht täten die Ephesier, sich Mann für Mann aufzuhängen allesamt [...], sie, die Hermodoros, ihren wertvollsten Mann, hinausgeworfen haben mit den Worten: 'Von uns soll keiner der wertvollste sein oder, wenn schon, dann anderswo und bei andern.'“

Heraklits Werk ist nur fragmentarisch erhalten geblieben. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass eine Schrift Heraklits, womöglich mit dem Titel „Über die Natur“ (Vorlage:Polytonisch - „Perì tês phýseôs“), existierte, auf die sich mehrere Philosophen und Geschichtsschreiber wie Platon, Aristoteles und Diogenes Laertios beziehen und die Heraklit im Tempel der Fruchtbarkeitsgöttin Artemis niedergelegt haben soll. Auf die Existenz einer längeren Schrift deuten auch manche der insgesamt etwa 126 als sicher überliefert geltenden Fragmente hin. Bei weiteren 13 Fragmenten ist Heraklits Autorenschaft nicht sicher.

Heraklits Sprüche sind oftmals auf Beispiele aus der Lebenswelt des Menschen bezogen. Heraklit erläutert seine philosphischen Gedanken an Vorgängen in der Natur, an Verhaltensmustern von Tieren oder an menschlichen Tätigkeiten. So deutet er die den Menschen umgebende Welt in poetischen Aussprüchen. Diese dichte, rätselhafte, oftmals aphoristische Sprache und die Tiefe seiner Gedanken trugen ihm den Beinamen „der Dunkle“ ein; seinem tragischen Ernst verdankte er die Bezeichnung „der weinende Philosoph“.

Lehre

Die verborgene Natur

In bewusster Abgrenzung zum gewöhnlichen Denken suchte Heraklit nach dem allgemeinen Gesetz, das hinter den alltäglichen Erscheinungen „verborgen“ liegt. Diese verborgene „Natur“ (φύσις - „phýsis“) sah er im ewig sich wandelnden „Feuer“ (πύρ - „pýr“), das sich stets neu entzündet, um dann wieder zu erlöschen. Auch die anderen Elemente der vorsokratischen Urstofftheorien tauchen bei ihm auf: „Feuers Umwende: Wasser, vom Wasser aber die eine Hälfte Erde, die andere Gluthauch (Luft).“ Jedoch ist Heraklits „göttliches Feuer“ in seiner „Umwende“ zu Wasser, Erde und Luft nicht als weitere naturphilosophische Urstofftheorie zu verstehen, sondern eher als eine Metapher für den „Logos“, dessen Dynamik die Welt durchwaltet und dessen Wandlung ihr Seinsprinzip bildet.

Die Seele

Sowohl die Welt als auch die Seele (ψύχη - „psýchê“) ist von diesem Logos bestimmt, wobei die Seele von Heraklit als „Ausdünstung“ verstanden wird: „Die Seelen dünsten aus dem Feuchten hervor.“ Sie entstehen im Ur-Element des Wassers, verdunsten und 'klären' sich dann aber in jenem Maße, in dem sie sich dem Denken und damit dem Logos zuwenden. In gewissem Sinne kann Heraklit gar als früher Psychologe angesehen werden, wenn er schreibt: „Ich durchforschte mich selbst.“ Jedoch ist dieses „selbst“ nicht die individuelle Psyche, sondern das überindividuelle, allen gemeinsame, ewige Gesetz des Logos, das auch das Individuum beherrscht und durchwirkt. Denn die Ausdehnung des Logos ist unendlich: „Der Seele Grenzen kannst du im Gehen nicht ausfindig machen, und ob du jegliche Straße abschrittest; so tiefen Logos hat sie.“

Die Einheit der Gegensätze

Heraklit betrachtet die Erfahrungswelt des Menschen als Aufbau aus Gegensätzen: Krieg und Frieden, Wachsein und Schlaf, Sättigung und Hunger, Sommer und Winter, Tag und Nacht, Hitze und Kälte, Reichtum und Armut, Gesundheit und Krankheit. Diese Gegensätze schlagen ineinander um, wandeln sich vom einen Pol zum anderen. Der Tag wird während der Dämmerung allmählich zur Nacht, die Nacht daraufhin während der Morgendämmerung wieder zum Tag. Oder: Warmes wird allmählich kalt, und umgekehrt. Die Welt ist geprägt von einem Streit der Gegensätze, weshalb Heraklit auch schreibt:

Vorlage:Polytonisch

„Streit (Auseinandersetzung [nicht notwendigerweise der Krieg]) ist aller (Dinge) Vater, aller (Dinge) König, die einen erweist er als Götter, die andern als Menschen, die einen macht er zu Sklaven, die anderen zu Freien.“[1]

Das Grundprinzip der Welt ist darum nach Heraklit nicht, wie etwa für Parmenides, ein statisches, gleichbleibendes Sein, sondern das Werden. So lautet ein bekanntes Zitat Heraklits: "Denen, die in dieselben Flüsse steigen, fließen andere und andere Wasser entgegen."

Doch Heraklit bleibt bei den äußeren Phänomenen nicht stehen. Die Gegensatzpaare schlagen nicht nur äußerlich ineinander um, sondern sind selbst schon als Gegensätze ineinander verschränkt. So heißt es: „Krankheit macht die Gesundheit angenehm, Übel das Gute, Hunger den Überfluß, Mühe die Ruhe.“ Die einzelnen Pole eines Gegensatzes sind nur im Kontrast zueinander überhaupt erfahrbar. So werden die einzelnen Gegensätze nicht nur zeitlich voneinander abgelöst, sondern bestehen vielmehr zugleich. In Form einer wechselseitigen Verschränkung sind sie logisch aufeinander bezogen.

Im Gegensatz zeigt sich also eine tieferliegende, „verborgene“ Einheit, ein Zusammengehören des Verschiedenen – eben diese Einheit ist der Logos. „Einheit in der Vielheit“ ist die klassische Formel (Platon prägte diesen Begriff), mit der sich die heraklitische Philosophie darum auf den Begriff bringen lässt.

Das Eine

Das Wesen des Logos besteht für Heraklit also nicht – wie in der von Platon wiedergegebenen verkürzenden Formulierung – im „panta rhei“, im „alles fließt“:

Vorlage:Polytonisch
"Alles fließt und steht nicht still."

Vielmehr besteht es im „Einen“, das im Wandel des Werdenden Bestand hat. Der Widerstreit der Gegensätze schafft zugleich Ordnung (Vorlage:Polytonisch - „kosmós“) und Einheit. Dabei ist das „Eine“ keine feste, unveränderliche Substanz. Es ist die logische Einheit des Gegensätzlichen, und damit der Inbegriff des Paradoxon.

Diese Einheit versinnbildlicht Heraklit unter anderem im Bild des Flusses – er wandelt sich beständig, indem das Wasser in ihm sich austauscht, aber doch ist es letztlich derselbe Fluss im selben Flussbett.

Sofern es mit dem Begriff des Logos also auch Heraklit um das unwandelbare Eine geht, sind er und sein oft so bezeichneter „Gegenspieler“ Parmenides nicht die absoluten Antipoden, als die sie seit Platon oft angesehen wurden. Doch während Parmenides das Werden überhaupt leugnet, verteidigt Heraklit das dialektische Verhältnis von Sein und Werden.

Der Logos als Denkgesetz

Auch bringt Heraklit den Logos mit dem Denken in Verbindung: „Das Denken ist allen gemeinsam.“ Hermann Fränkel interpretiert den heraklitischen Logos deshalb auch als „Denkform“ (vgl. Fränkel, Eine heraklitische Denkform, in ders.: Wege und Formen frühgriechischen Denkens, München: Beck 1955, S. 253-283); Wolfgang Schadewaldt bezeichnet ihn als „Denkverfahren“ (Schadewaldt, Die Anfänge der Philosophie bei den Griechen, S. 373). Der Logos ist die Wahrheit hinter den alltäglichen Erscheinungen, die nur der dialektisch Denkende zu begreifen vermag. „Das Denken (Vorlage:Polytonisch - „phroneín“) ist der größte Vorzug, und die Weisheit besteht darin, die Wahrheit zu sagen und nach dem Wesen der Dinge (φύσις - „phýsis“) zu handeln, auf dieses hinhörend.“ Das Wesen der Dinge besteht in ihrer „gegenstrebigen Einheit“, die der Mensch als Denkender nachzuvollziehen hat. Dann, so Heraklit, „hört“ er auf den Logos und ist „weise“.

Wachende und Schlafende

Für viele ist der Logos unerkennbar, „weil sie nicht denken“. Zwar ist er als verborgene Natur und Gesetz der Welt allen Menschen gemeinsam und bestimmt alles Geschehen, aber die meisten wenden sich von ihm ab und ihrer eigenen Welt zu: „Aber obschon der Logos allen gemeinsam ist, leben die Vielen, als hätten sie eine eigene Einsicht.“ Die so dem Logos Abgewandten vergleicht Heraklit auch mit Schlafenden, die sich träumend „ein eigenes Licht anzünden“. Wach dagegen ist, wer sich dem Logos zuwendet und ihn in der Natur und in sich selbst erforscht; seinem Gesetz hat der Mensch sich schließlich zu fügen: „Es ist Pflicht, dem Logos zu folgen.“

Einfluss

Es existierten einige antike Philosophen, die sich ausdrücklich als „Herakliteer“ verstanden, doch blieben sie ohne größere Bedeutung. Starken Einfluss hatte Heraklit unter anderem auf die Stoa. Den Begriff des Logos, der bereits bei Homer in der Bedeutung von „Rede“ überliefert ist, aber erst von Heraklit in einem philosophischen Sinne gebraucht wurde, sowie den Begriff des Einen, erhöhten christliche Theologen zu Gott.

In der Neuzeit inspirierte Heraklits Denken Friedrich Schleiermacher und dialektische Denker wie Hegel, Karl Marx, Friedrich Engels und Lenin, die Heraklit als frühen Vertreter einer zu dieser Zeit noch notwendig naiven, aber der Sache nach richtigen Anschauung auffassten. Hegel schreibt im ersten Band seiner Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie: „Es ist kein Satz des Heraklit, den ich nicht in meine Logik aufgenommen.“ (S. 320)

Heraklits Gedanken wirkten auch bei Charles Darwin und vor allem bei Friedrich Nietzsche nach. Auf Heraklits Philosophie des Logos bezog sich insbesondere Martin Heidegger in mehreren Schriften und Vorlesungen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Die Übersetzung stammt von einem anonymen Mitarbeiter mit der IP-Adresse 213.54.3.147.

Ausgaben

  • Hermann Diels, Walther Kranz (Hrsg.): Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und deutsch. (Nach dieser Ausgabe wird in aller Regel zitiert.)
  • Jaap Mansfeld (Hrsg.): Die Vorsokratiker. Griechisch/deutsch, Teil 1: Milesier, Pythagoreer, Xenophanes, Heraklit, Parmenides, Stuttgart: Reclam, ISBN 3-15-007965-9
  • Wilhelm Capelle (Hrsg.): Die Vorsokratiker. Die Fragmente und Quellenberichte, Stuttgart: Kröner 1973 (8. Aufl.), ISBN 3-520-11908-0

Literatur

  • Margot Fleischer: Anfänge europäischen Philosophierens. Heraklit - Parmenides - Platons Timaios, Würzburg 2001.
  • Wolfgang H. Pleger: Der Logos der Dinge. Eine Studie zu Heraklit, Frankfurt a. Main/Bern/New York/Paris: Lang 1987
  • Jürgen-Eckardt Pleines: Heraklit. Anfängliches Philosophieren, Hildesheim u. a.: Olms 2002, ISBN 3-487-11476-3, (Studienbücher Antike Bd. 9)
  • Martin Thurner: Der Ursprung des Denkens bei Heraklit, Stuttgart u. a.: Kohlhammer 2001, ISBN 3-17-016883-5 (Ursprünge des Philosophierens Bd. 1)
  • Wolfgang Schadewaldt: Die Anfänge der Philosophie bei den Griechen. Die Vorsokratiker und ihre Voraussetzungen (Tübinger Vorlesungen Band 1), Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1978
  • Hermann Fränkel, Eine heraklitische Denkform, in ders.: Wege und Formen frühgriechischen Denkens, München: Beck 1955, S. 253-283
  • Martin Heidegger, Eugen Fink: Heraklit. Seminar Wintersemester 1966/1967, Frankfurt am Main: Klostermann 1996 (2. Aufl.), ISBN 3-465-02878-3
  • Hans-Georg Gadamer: Der Anfang des Wissens, Stuttgart: Reclam 1999, ISBN 3-15-009756-8
  • Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Werke Band 18, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1999, ISBN 3-518282182, S. 319-337
  • Evangelos N. Roussos: Heraklit-Bibliographie, Darmstadt: WBG 1971, ISBN 3-534-05585-3
  • Georg Picht: Der Begriff der Natur und seine Geschichte, Stuttgart: Klett-Cotta 1989, S. 167 - 194 (Exkurs über Heraklit), ISBN 3-608-91420-X
  • Klaus Held: Heraklit, Parmenides und der Anfang von Philosophie und Wissenschaft. Eine phänomenologische Besinnung. Berlin 1980, ISBN 3-11-007962-3
  • Luciano De Crescenzo: Alles fließt, sagt Heraklit, München: Goldmann 1997, ISBN 3-442-72165-2 (gut zu lesende, aber tlw. verfälschende Einführung in Heraklits Denken, nur für Fachfremde zu empfehlen)
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