Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes
Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes ist eine französische Gemeinde mit 410 Einwohnern (Stand: 1. Januar 2021) im Département Yonne, in der Region Bourgogne (Bourgogne-Franche-Comté). Sie ist Teil des Arrondissements Sens.
Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes | ||
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Staat | Frankreich | |
Region | Bourgogne-Franche-Comté | |
Département (Nr.) | Yonne (89) | |
Arrondissement | Sens | |
Kanton | Brienon-sur-Armançon | |
Gemeindeverband | Vanne et du Pays d’Othe | |
Koordinaten | 48° 21′ N, 3° 31′ O | |
Höhe | 101–226 m | |
Fläche | 33,17 km² | |
Einwohner | 410 (1. Januar 2021) | |
Bevölkerungsdichte | 12 Einw./km² | |
Postleitzahl | 89190 | |
INSEE-Code | 89359 | |
Rathaus (Mairie) von Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes |
Geografie
BearbeitenSaint-Maurice-aux-Riches-Hommes liegt etwa 15 Kilometer nordöstlich von Sens und etwa 35 Kilometer westnordwestlich von Troyes. Umgeben wird Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes von den Nachbargemeinden Trancault im Norden und Nordosten, Bourdenay im Osten und Nordosten, Courgenay im Osten und Südosten, Lailly im Süden, La Postolle im Südwesten sowie Perceneige im Westen.
Geschichte
BearbeitenInternierungslager Saint-Maurice
BearbeitenNachdem Anfang 1939 der Bahnverkehr nach Saint-Maurice eingestellt worden war, wurde auf dem Gelände des ehemaligen Bahnhofs ein Lager für spanische Bürgerkriegsflüchtlinge eingerichtet.[1] Über diese erste Phase des Lagers liegen bislang keine weiteren Informationen vor.
Auch die zweite Lagerphase ist nur unzureichend dokumentiert. Auf der Webseite der Kommune heißt es nur knapp:
„Im Dezember 1940 entschied der Präfekt, die Einrichtungen des Lagers zur Unterbringung von Ausländern zu nutzen, die von den Deutschen evakuiert worden waren. So kamen am 6. Dezember 1940 307 Personen, darunter 285 polnische Staatsangehörigé, in Saint-Maurice an.[Anm 1]“
Auf der Webseite der FMD heißt es dazu, bei diesen Menschen habe es sich um unerwünschte Ausländer gehandelt, die von den Deutschen aus den Départements Somme und Seine-Maritime vertrieben worden seien und in Saint-Maurice unter Hausarrest gestanden hätten.[2]
Die dritte Lagerphase begann am 21. Juni 1941[3] mit der von der deutschen Besatzungsmacht forcierten Internierung von Nomaden[4], die zu 90 % die französische Staatsangehörigkeit́ besassen.[1]
Das Internierungslager Saint-Maurice bestand laut FMD aus neun Holzbaracken mit sehr einfacher Ausstattung. Einige der Familien lebten in ihren Wohnwagen. Das Lager hatte Platz für 170 Personen. Im September 1942 lebten hier ca. 60 Internierte, darunter 28 Kinder im Alter von 3 bis 14 Jahren; im Juni 1943 waren es 102 Internierte und am 28. Dezember 1943 166 (50 Männer, 57 Frauen, 59 Kinder).[2] Eliezer Schilt and Joseph Robert White, die nur von sieben Baracken berichten, erwähnen eine Krankenstation mit 20 Betten und ab.Juni 1943 eine Stacheldrahtumzäumung des Lagergeländes. Ursprünglich sei das Lager nur für Menschen aus dem Département Yonne bestimmt gewesen; es wurde später aber auch mit Personen aus den benachbarten Départements belegt. Bewacht wurde das Lager von zwei französischen Gendarmen und einem Unteroffizier, der die meiste Zeit seiner Amtszeit unbewaffnet war.[5]
Mit Genehmigung des Lagerleiters und mit Unterstützung der deutschen Behörden – aber gegen den Widerstand des Präfekten, der Plünderungen seitens der Internierten im Lager und im Dorf geltend machte – wurden die Internierten zu Außeneinsätzen herangezogen. Im August 1942 arbeiteten 38 Roma außerhalb des Lagers auf benachbarten Bauernhöfen und in der Wasser- und Forstwirtschaft.[5] Für die vielen Kinder im Lager war die Betreuungssituation unzureichend.
„Die Organisation des Unterrichts im Lager Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes im Departement Yonne war chaotisch. Im Oktober 1941 war eine Krankenschwester mit staatlichem Krankenpflegezeugnis für den Schulunterricht der Kinder zuständig. Im September 1942 wurde sie durch die Frau eines Lehrers ersetzt, der in Deutschland in Kriegsgefangenschaft geraten war. Drei Monate später fand man in dieser Funktion einen Internierten spanischer Herkunft wieder, dessen Ernennung vom Staatsrat und Polizeisekretär angefochten wurde, der diesen Mann für unfähig hielt, Kinder zu unterrichten, da seine Muttersprache nicht Französisch war. Erst 1943, also zwei Jahre nach der Eröffnung des Lagers, ernannte die Schulaufsichtsbehörde einen Lehrer. Im März 1945 wurde der Lehrer mobilisiert und nicht ersetzt.[Anm 2]“
Das Lager Saint-Maurice wurde – ähnlich vieler anderer Lager für Roma und Sinti – nach der Befreiung Frankreichs nicht aufgelöst.[6] Unter Bezug auf das hiesige Lager heißt es bei Schilt und White:
„Die Befreiung der Yonne durch die Alliierten veranlasste die Häftlinge, ihre sofortige Freilassung zu fordern. Bereits im November/Dezember 1944 sprach sich Direktor Loirat für die Schließung des Lagers aus, nicht nur, weil sich die Einrichtungen in einem baufälligen Zustand befanden, sondern auch, weil einige der Gefangenen verwundete Veteranen der beiden Weltkriege waren. Neben der Freilassung der meisten Häftlinge wollte er, dass die Unverbesserlichen in das viel größere Roma-Lager in Montreuil-Bellay (Département Maine-et-Loire) gebracht werden. Im Mai 1945 kam es nach der Kapitulation Nazi-Deutschlands fast zu einem Aufstand im Lager, als die Roma ihre Freiheit forderten. Die beiden zivilen Wachmannschaften waren kaum in der Lage, der Situation Herr zu werden. Per Ministerialerlass wurde das Lager am 17. November aufgelöst. Die Roma wurden im November und Dezember 1945 größtenteils von ihren eigenen Verbänden befreit. Obwohl das Gesetz dies damals vorschrieb, musste niemand einen zugewiesenen Wohnsitz nehmen.[Anm 3]“
Die letzten 127 Internierten verließen im Dezember 1945 das Lager Saint-Maurice.[2]
Bevölkerungsentwicklung
BearbeitenJahr | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2006 | 2013 |
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Einwohner | 471 | 440 | 366 | 321 | 314 | 392 | 439 | 426 |
Quellen: Cassini und INSEE |
Sehenswürdigkeiten
Bearbeiten- Der Dolmen von Lancy ist seit 1889 ein Monument historique.
- Les Dolmens de Trainel
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Dolmen von Lancy
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Dolmen von Trainel
Persönlichkeiten
Bearbeiten- Camille Matignon (1867–1934), Chemiker
Weblinks
Bearbeiten- Mémorial de la Shoah: L’internement des Nomades, une histoire française (1940-1946)
- Council of Europe: Factsheet on the Roma Genocide in France
- Commune de Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes: CAMP D'INTERNEMENT ET DE REFUGIES (mit Fotos des Lagers und einem Lageplan)
- FMD – Fondation pour la Mémoire de la Déportation: Camp d'internement Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes
- Eliezer Schilt and Joseph Robert White: SAINT-MAURICE-AUX-RICHES-HOMMES, in: The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933–1945, Volume III: Camps and Ghettos under European Regimes Aligned with Nazi Germany, Chapter 174 (Online)
- Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes – La vie dans le camp d’internement en 1942, L'Yonne Républicaine, 17. August 2023
- Marie-Christine Hubert: L'internement des tsiganes : un premier pas vers leur socialisation ?, in: Revue d’Histoire de la Shoah 2000/1 (N° 168), pages 107 à 139 (Online)
Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ „En décembre 1940, le préfet décide d’utiliser les installations du camp pour héberger des étrangers évacués par les Allemands. C’est ainsi que, le 6 décembre 1940, 307 personnes, dont 285 de nationalité́ polonaise, arrivent à Saint-Maurice.“
- ↑ „L'organisation de l'enseignement dans le camp de Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes, dans l'Yonne, fut chaotique. En octobre 1941, une infirmière titulaire du brevet d'État était chargée de la scolarisation des enfants. En septembre 1942, elle était remplacée par la femme d'un instituteur prisonnier de guerre en Allemagne. Trois mois plus tard, on retrouvait à cette fonction un interné d'origine espagnole dont la nomination était contestée par le conseiller d'État, secrétaire à la police, qui jugeait cet homme incapable d'instruire des enfants, sa langue maternelle n'étant pas le français. Ce n'est qu'en 1943, soit deux ans après l'ouverture du camp, que l'inspection académique nomma un instituteur. En mars 1945, l'instituteur fut mobilisé et ne fut pas remplacé.“
- ↑ „The Allied liberation of Yonne led the detainees to call for their immediate release. As early as November/December 1944, Director Loirat argued that the camp should be closed, not only because the facilities were in a dilapidated state but also on the grounds that some detainees were wounded veterans of the two world wars. In addition to releasing most detainees, he wanted the incorrigibles to be sent to the much larger Roma camp at Montreuil-Bellay (Maine-et-Loire Département). In May 1945, Nazi Germany’s surrender nearly sparked a riot in the camp, when the Roma demanded their freedom. The two civil guards on hand were hardly able to cope with the situation. By ministerial decree, the camp was dissolved on November 17, The Roma were freed, largely by tribal units, in November and December 1945. Despite the law’s requirement at the time, none were required to take an assigned residence.“
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Commune de Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes: CAMP D'INTERNEMENT ET DE REFUGIES
- ↑ a b c FMD: Camp d'internement Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes
- ↑ Marie-Christine Hubert: Die internierung in Frankreich 1940 – 1946, S. 4, veröffentlicht im Rahmen des Project Education of Roma Children in Europe (Online)
- ↑ Nomades, Tsiganes und Manouches sind im Französischen auch aktuell benutzte Begriffe für Menschen, die im Deutschen zumeist als Sinti und Roma bezeichnet werden.
- ↑ a b Eliezer Schilt and Joseph Robert White: SAINT-MAURICE-AUX-RICHES-HOMMES
- ↑ Zur Geschichte der Nicht-Freilassung der Sinti und Roma nach der Befreiung Frankreichs siehe Marie-Christine Hubert: L'internement des tsiganes. Dort wird im Teil 1944-1946 : Les Tsiganes sont toujours internés (Abschnitt 94 ff.) die Thematik ausführlich erörtert.