Olympische Sommerspiele 1920/Fußball
Bei den VII. Olympischen Sommerspielen 1920 in Antwerpen wurde ein Fußballturnier der Männer ausgetragen. Spielstätten waren in Antwerpen das Olympiastadion, in dem zehn Spiele, und das Stadion Broodstraat, in dem vier Spiele stattfanden. Daneben wurden drei Spiele in Brüssel im Park Duden und ein Spiel in Gent im Stadion des AA Gent ausgetragen.
Fußball bei den Olympischen Sommerspielen 1920 | |
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Information | |
Austragungsort | Antwerpen, Brüssel, Gent |
Wettkampfstätte | Olympiastadion, Stadion Broodstraat, Duden Park Stadion, Jules Ottenstadion |
Mannschaften | 14 |
Nationen | 14 |
Athleten | 190 (190 ) |
Datum | 28. August bis 5. September 1920 |
Entscheidungen | 1 |
← Stockholm 1912 |
An diesem Turnier nahmen 14 Nationen teil (die Schweiz sagte kurz vor Turnierbeginn ab), darunter mit Ägypten zum ersten Mal ein afrikanisches Land. 12 Mannschaften starteten im Achtelfinale, die sechs Gewinner zogen mit Frankreich, das durch den Rückzug der Schweiz kampflos weiterkam und Belgien das ein Freilos hatte, ins Viertelfinale ein, in dem letztmals nur europäische Mannschaften standen.
Im Finale besiegte Belgien die Tschechoslowakei mit 2:0. Dabei benahm sich die bis dahin sehr erfolgreiche tschechoslowakische Mannschaft unsportlich. Nachdem sie, wie bereits beim ersten Tor, vergeblich gegen das zweite Tor der Belgier protestiert hatten, verließ die Mannschaft aufgrund der Unzufriedenheit mit den Entscheidungen des englischen Schiedsrichters John Lewis nach 38 Minuten Spielzeit geschlossen den Platz (nach anderen Quellen in der 43. Minute). Daraufhin wurde Belgien zum Sieger erklärt und die tschechoslowakische Mannschaft disqualifiziert.
Deutschland, Österreich und Ungarn waren zu den Spielen nicht zugelassen.
Modus
BearbeitenZunächst wurde festgelegt, das Turnier nach dem so genannten Bergvall-System auszutragen. Das Bergvall-System ist eine modifizierte Variante des K.-o.-Systems und versucht dessen Schwächen zu minimieren. Da in einem reinen K.-o.-System nur der Erstplatzierte zuverlässig bestimmt werden kann, sollen im Bergvall-System alle Mannschaften, die gegen den Sieger verlieren, eine zweite Chance erhalten und um den zweiten Platz spielen. Die Teams, die dem Zweitplatzierten unterliegen, sollen wiederum den dritten Platz ausspielen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Endplatzierungen näher an den tatsächlichen Leistungsverhältnissen liegen.
Die genaue Umsetzung dieses Modus wurde allerdings vor dem Turnier bereits wieder fallen gelassen, da man den Teilnehmern – dem Reglement nach ausschließlich Amateure – einen so langen Aufenthalt nicht abverlangen konnte. Daher wurde das System etwas modifiziert: Die unterlegenen Teams des Viertelfinals sollten gegeneinander antreten. Die Sieger der beiden Begegnungen spielen schließlich gegeneinander um den ersten Teilnehmer zu bestimmen, der im Halbfinale der Runde um Platz 2 und 3 steht. Zudem sollten die Gegner des Turniersiegers aus dem Finale, Halbfinale und Achtelfinale das Feld komplettieren. Diese vier Mannschaften sollten in einem einfachen K.-o.-System die Silber- und Bronzemedaille ausspielen.
Das Turnier
BearbeitenOlympisches Fußballturnier 1920 | |
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Anzahl Nationen | 14 (von 15 Bewerbern) |
Olympiasieger | Belgien (1. Titel) |
Austragungsort | Antwerpen (Brüssel, Gent) |
Eröffnungsspiel | 28. August 1920 |
Endspiel | 2. September 1920 |
Spiele | 18 |
Tore | 76 (⌀: 4,22 pro Spiel) |
Zuschauer | 141.100 (⌀: 7.839 pro Spiel) |
Torschützenkönig | Herbert Karlsson (7 Tore) |
Platzverweise | 2 (⌀: 0,11 pro Spiel) |
Achtelfinale
Bearbeiten28. August 1920 in Antwerpen (Stadion Broodstraat) | |||
Tschechoslowakei | – | Jugoslawien | 7:0 (3:0) |
28. August 1920 in Antwerpen (Olympiastadion)* | |||
Norwegen | – | Großbritannien | 3:1 (1:1) |
28. August 1920 in Gent (Stadion AA Gent) | |||
Italien | – | Ägypten | 2:1 (1:1) |
28. August 1920 in Brüssel (Park Duden)* | |||
Spanien | – | Dänemark | 1:0 (0:0) |
28. August 1920 in Antwerpen (Olympiastadion)* | |||
Schweden | – | Griechenland | 9:0 (6:0) |
28. August 1920 in Brüssel (Park Duden)* | |||
Niederlande | – | Luxemburg | 3:0 (1:0) |
Frankreich | – | Schweiz** | (kampflos) |
** Sagte aus finanziellen Gründen kurz vor dem Turnier Teilnahme ab.
Viertelfinale
Bearbeiten29. August 1920 in Antwerpen (Stadion Broodstraat) | |||
Niederlande | – | Schweden | 5:4 n. V. (4:4, 2:3) |
29. August 1920 in Antwerpen (Olympiastadion)* | |||
Frankreich | – | Italien | 3:1 (2:1) |
29. August 1920 in Brüssel (Park Duden) | |||
Tschechoslowakei | – | Norwegen | 4:0 (2:0) |
29. August 1920 in Antwerpen (Olympiastadion)* | |||
Belgien | – | Spanien | 3:1 (1:0) |
Halbfinale
Bearbeiten31. August 1920 in Antwerpen (Olympiastadion)* | |||
Tschechoslowakei | – | Frankreich | 4:1 (1:0) |
31. August 1920 in Antwerpen (Olympiastadion)* | |||
Belgien | – | Niederlande | 3:0 (0:0) |
* Jeweils Doppelveranstaltungen.
Finale
Bearbeiten2. September 1920 in Antwerpen (Olympiastadion) | |||
Belgien | – | Tschechoslowakei | 2:0 (2:0)** |
** In der 39. Spielminute abgebrochen.
Einige Entscheidungen des 65-jährigen Schiedsrichters John Lewis waren für die Tschechoslowaken nicht nachvollziehbar und so protestierte ihr Kapitän Karel Pešek wiederholt. In der 39. Spielminute erhielt Karel Steiner, der linke Verteidiger der Tschechoslowakei, einen Feldverweis. Da erneute Proteste der Tschechoslowaken beim englischen Referee ohne Wirkung blieben, verließ auch Pešek den Platz und die restlichen neun tschechoslowakischen Akteure folgten ihrem Spielführer, worauf der Schiedsrichter das Spiel abbrach. Nach dem Spielabbruch strömten die Zuschauer auf den Platz. Auf diese Weise endete das olympische Finale von 1920 mit einem Eklat.
Turnier um Platz 2 und 3
BearbeitenErste Runde
Bearbeiten31. August 1920 in Antwerpen (Stadion Broodstraat) | |||
Italien | – | Norwegen | 2:1 n. V. (1:1, 1:1, 0:1) |
1. September 1920 in Antwerpen (Stadion Broodstraat) | |||
Spanien | – | Schweden | 2:1 (0:1) |
Zweite Runde
Bearbeiten2. September 1920 in Antwerpen (Olympiastadion) | |||
Spanien | – | Italien | 2:0 (1:0) |
Dritte Runde
BearbeitenDie dritte Runde sorgte in späteren Publikationen für allerlei Verwirrungen. Da Belgien im Achtelfinale ein Freilos hatte, gab es keine Mannschaft, die den Platz des Erstrundenunterlegenen besetzen konnte. Ob den Franzosen dieser freie Platz angeboten wurde, und die Franzosen absagen mussten, da ein Teil der Mannschaft bereits abgereist war, oder ob der vermeintliche Spielverzicht eher aus der Unkenntnis über den genauen Modus herrührt (der für den Halbfinalgegner des unterlegenen Finalisten keine weitere Paarung vorsah), lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen.
Spanien erhielt ebenfalls ein Freilos, da die tschechoslowakische Mannschaft nach dem Spielabbruch im Finale disqualifiziert wurde und der Platz somit unbesetzt blieb.
4. September 1920 | |||
Niederlande | – | (Frankreich ?) | kampflos |
4. September 1920 | |||
Spanien | – | Tschechoslowakei | kampflos |
Spiel um Platz 2 und 3
Bearbeiten5. September 1920 in Antwerpen (Olympiastadion) | |||
Spanien | – | Niederlande | 3:1 (2:0) |
Trostrunde
Bearbeiten3. September 1920 in Antwerpen (Olympiastadion) | |||
Ägypten | – | Jugoslawien | 4:2 (1:0) |
Die Partie zwischen Ägypten und Jugoslawien wird häufig als Platzierungsspiel bezeichnet und einer Trostrunde zugerechnet, die im offiziellen Programm nicht vorgesehen war. Alle anderen Mannschaften, die in der ersten Runde ausschieden, spielten keine weitere Partie mehr bei Olympia, auch dieses Spiel wird von zeitgenössischen Antwerpener Zeitungen als Freundschaftsspiel geführt. Erst der 1957 veröffentlichte offizielle Bericht rechnet die Partie dem olympischen Wettbewerb zu.
Medaillenränge
BearbeitenBeste Torschützen
Bearbeiten
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Literatur
Bearbeiten- Jürgen Buschmann, Karl Lennartz: Die Olympischen Fußballturniere – Band 3: Der Skandal beim Finale – Antwerpen 1920. Agon-Sportverlag, Kassel 2002, ISBN 3-89784-161-4.
- International Federation of Football History & Statistics: Olympische Fussballturniere [1]. Wiesbaden 2000.
Weblinks
Bearbeiten- Offizielle Webseite der FIFA
- Infos zum Turnier 1920 auf iffhs.de
- Untersuchung von Juan Fauria Garcia (engl./franz.) (PDF; 23 kB)