Kvadrat

Film von Anatoli Iwanow (2013)

Kvadrat ist ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2013, der das tägliche Leben[2] eines Techno-DJs zeigt.

Film
Titel Kvadrat
Produktionsland Frankreich,
Russland
Originalsprache Englisch, Russisch
Erscheinungsjahr 2013
Länge 107 Minuten
Stab
Regie Anatoli Iwanow[1]
Drehbuch Anatoli Iwanow
Produktion Yury Rysev
Anatoli Iwanow
Musik verschiedenen
Kamera Anatoli Iwanow
Schnitt Anatoli Iwanow
Besetzung
Andrey Puschkarjow
(als sich selbst)

Vorbild für den Protagonisten ist der russische DJ Andrey Puschkarjow. Der Film ist als Mischung aus Roadmovie und Musikvideo konzipiert. Die Dokumentation beleuchtet nicht nur die Atmosphäre in den Nachtclubs, sondern vermittelt auch einen Blick hinter die Kulissen eines Lebens als DJ.[3] Der Film dokumentiert eine Reise von der Schweiz über Frankreich, Ungarn, Rumänien bis nach Russland. In Kvadrat gibt es keine Interviews, keine erklärenden Voice-over, keine Daten, keine Zahlen. Der erzählerische Aspekt reduziert sich rein auf das Visuelle und die musikalische Untermalung. Das Ziel ist, dem Zuschauer die größtmögliche Freiheit in der Interpretation des Geschehens auf der Leinwand zu bieten und ihn nicht durch „störende“ Elemente, wie in üblichen Dokumentationen, zu beeinträchtigen.[4]

Der Film konzentriert sich auf eindringliche Momentaufnahmen, welche durch die musikalische Untermalung intensiviert werden. Dabei versucht der Regisseur den Film abseits der traditionellen dramatischen Strukturen zu inszenieren.[5]

Neben der allgemeinen Fassade der DJ-Arbeit in Nachtclubs thematisiert Kvadrat Themen wie:[6] DJ-Tournee, Übermüdung, Schlafentzug, Selbstzerstörung, Absurdität, Einsamkeit,[7] Zweck der Kunst und Stereotypen des Künstlers.[5]

Handlung

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DJ Andrey Puschkarjow wacht in seinem Apartment in Moskau auf, packt seine Platten in seinen Koffer und macht sich auf den Weg zum Flughafen Domodedovo, um nach Zürich zu fliegen. Bei seiner Ankunft wird er vom Promoter des Supermarket-Clubs begrüßt. Nach einem kurzen Schlaf in seinem Hotelzimmer wird er mitten in der Nacht von seinem Wecker geweckt, packt seine Sachen zusammen und macht sich auf zu seinem Auftritt. Nach dem Gig steigt er in den Zug nach Genf und fällt wieder in den Schlaf. Nach einem kurzen Besuch bei einem Freund in Genf nimmt er einen Flug zurück nach Moskau.

Dieser „Handlungsstrang“ ist der erste Loop des Films, den Puschkarjow mit kleineren Abweichungen im folgenden Film immer wieder wiederholt.

Angekommen in seinem Apartment in Moskau, arbeitet er zuerst seine Booking-Anfragen ab, bevor er aus seinem Fundus an Vinyl die Scheiben für seinen nächsten Auftritt aussucht. Er nimmt ein Taxi zum Leningrader Bahnhof und steigt in den Zug nach Sankt Petersburg. Dort angekommen hört er sich neue Tracks bei Beatport an. Am Abend wird er zur Barakobamabar gefahren, wo sein nächster Auftritt ansteht. Im Morgengrauen fährt er zusammen mit einem Freund mit der Metro zum Bahnhof.

Zurück in Moskau – und zurück zu einem neuen Handlungs-„Loop“ – sitzt er mit Freunden zusammen und spricht über seinen Traum, nur noch tagsüber „aufzulegen“ und die Techno-Clubs-Industrie dazu zu bewegen, die Menschen dadurch in eine gesundheitsfördernde Situation zu lenken.

Nach einem kurzen Trip mit der Metro legt er im Club Mir auf, um danach wieder nach Genf zu fliegen. Von Genf aus nimmt er den Zug nach Olten über Bern, wo ihn der Promoter in Empfang nimmt und zum Club Terminus fährt. Dort gibt es technische Probleme: Die Technics SL-1210 Plattenspieler wollen nicht von 45 auf 33 rpm runterschalten. Außerdem streift später ein Techniker des Clubs mit seiner Hand den Tonarm. Müde nimmt Andrey ein Taxi in sein Hotel, wo er auf dem Computer weitere Booking-Anfragen bearbeitet.

Am folgenden Morgen nimmt er den Zug nach Lausanne und steigt in einen TGV nach Paris um. Nach einer Performance im Club 4 Éléments reist er zum SWISS-hub in Zürich, wo er einen Flug nach Budapest bucht.

Die Club-Crew bringt ihn von Budapest nach Kecel, wo er im Club Korona vor einer großen Menschenmenge auflegt. Auf der Rückfahrt nach Budapest schläft er im Auto ein und verpasst die Skyline der Hauptstadt. Im Hotel angekommen, hat er wieder einmal nur eine begrenzte Anzahl an freien Stunden, bevor er wieder zum Flughafen fährt, womit ein weiterer „Loop“ beendet wird.

In Zürich angekommen, bucht er einen Flug nach Bukarest. Dort angekommen, wird er nach Craiova gefahren, um dort ohne Schlaf oder Pause im Club Krypton aufzulegen. Am nächsten Tag verpasst er die Rückfahrt wegen eines der schwersten Schneestürme in Rumänien. Er kommt in einem Club mit dem Namen Midi in Cluj-Napoca an, legt für eine ekstatische Menge auf und befindet sich dann wieder im Auto auf der Rückfahrt.

Zum Schluss sieht man Andrey am Strand, wo er den Wellen nachschaut und nach kurzer Zeit aus dem Bild geht. Sein Koffer mit den Platten bleibt zuletzt im Bild.

Produktion und Projektentwicklung

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Aufgrund des beschränkten Budgets fungierte Anatoli Iwanow als Autor, Co-Produzent, Regisseur, Kameramann, Editor und Tontechniker.[5] Iwanow und Yury Rysev finanzierten das Projekt gemeinsam.[5] Alle Beteiligten arbeiteten ohne Gage, sodass trotz des geringen Budgets von 100.000 Euro in fünf Ländern gefilmt werden konnte.[1]

Drehorte

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Kvadrat wurde gedreht in:[8]

Kameratechnik

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Der Film wurde an 55 Drehtagen zwischen dem 27. August 2011 und dem 16. Juli 2012 aufgenommen.[1] Er wurde mit üblichen Fotolinsen in 1080p HD Format mit 2 Canon 1D mark 4 Kameras aufgenommen.[9][10] Die Crew bestand praktisch nur aus Anatoli Iwanow.[11] Auf zusätzliche Ausrüstung wie Dollies, Kräne, Steadicams, Stative, Jibs und Autorigs verzichtete Iwanow[12] ebenso wie auf eigene Beleuchtung.[5]

Schnitt und Postproduktion

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Das Editing wurde in Final Cut Pro X[11] realisiert. Die Postproduktion startete direkt nach den Dreharbeiten und dauerte ein Jahr. Es gab unzählige Schwierigkeiten, welche über Störpixel in den Aufnahmen bis zur genutzten Hardware (ein MacBook Pro des Jahres 2011 und ein Paar Sony MDR7506 Kopfhörer).[5] gingen.

Kvadrat enthält 35 Tracks[13] gespielt von DJ Pushkarev, die verschiedene Sub-Genres des Technos umfassen, von Deep House bis Dub-Techno über Minimal Techno und Electro:

  1. “Abyss” by Manoo – Deeply Rooted House, 2008
  2. “Direct” by Kris Wadsworth – NRK Sound Division, 2009
  3. “La Grippe (Helly Larson Remix)” by George Soliis – Wasabi, 2011
  4. “Air” by Havantepe – Styrax Leaves, 2007
  5. “Mauna Loa” by Mick Rubin – Musik Gewinnt Freunde, 2009
  6. “Soul Sounds (Freestyle Man Original Dope Remix)” by Sasse – Moodmusic, 2005
  7. “Tammer (David Duriez Remix From Da Vault)” by Phonogenic – 20:20 Vision, 2000
  8. “Track B1” by Slowhouse Two – Slowhouse Recordings, 2008
  9. “Post” by Claro Intelecto – Modern Love, 2011
  10. “Acid Face” by Scott Findley – Iron Box Music, 2003
  11. “Warriors” by Two Armadillos – Secretsundaze Music, 2007
  12. “Grand Theft Vinyl (JV Mix)” by Green Thumb vs JV – So Sound Recordings, 2004
  13. “Tobacco (Alveol Mix)” by Kiano Below Bangkok – Only Good Shit Records, 2011
  14. “When The Dark Calls” by Pop Out and Play – Alola, 2001
  15. “Circular Motion (Vivid)” by Christian Linder – Phono Elements, 2002
  16. “Blacktro (Demo 1)” by Jerome Sydenham and Joe Claussell – UK Promotions, 2007
  17. “Green Man” by Mr. Bizz – Deepindub.org, 2008
  18. “Tahiti” by Ben Rourke – Stuga Musik, 2011
  19. “Willpower” by Joshua Collins – Prolekult, 2002
  20. “Lullaby For Rastko (Herb LF Remix)” by Petkovski – Farside, 2011
  21. “Agape Dub” by Luke Hess – Modelisme Records, 2009
  22. “Glacial Valley” by Makam – Pariter, 2011
  23. “The Time” by Vizar – Jato Unit Analog, 2011
  24. “Libido” by Sean Palm and Charlie Mo – Railyard Recordings, 2008
  25. “Ahck (Jichael Mackson Remix)” by Minilogue – Wir, 2007
  26. “Altered State (Artificial Remix)” by Jason Vasilas – Tangent Beats, 2004
  27. “Modern Times (Dub Mix)” by Hatikvah – Baalsaal, 2009
  28. “That Day (Loudeast Black Label Remix)” by DJ Grobas – Thrasher Home Recordings, 2004
  29. “The Hills (John Selway Dub)” by Filippo Mancinelli and Allen May – Darkroom Dubs, 2011
  30. “Running Man” by Petar Dundov – Music Man Records, 2007
  31. “Ice” by Monolake – Imbalance Computer Music, 2000
  32. “Lucky Punch” by Peter Dildo – Trackdown Records, 2006
  33. “Live Jam 1” by Rhauder – Polymorph, 2011
  34. “Can U Hear Shapes?” by Pop Out and Play – Alola, 2001
  35. “Be No-One” by Charles Webster – Statra Recordings, 2001

Iwanow kombinierte die Genres Roadmovie und Musikvideo und schuf dadurch ein Techno-Musical mit nur wenig Dialogen.[14] Er adaptierte die Ästhetik aus fiktionalem und nicht-fikitonalem Filmmaterial und entfernte die Klischees einer Dokumentation, um dadurch die Möglichkeit zu haben, eine eigene Art von Film zu drehen. Dabei soll das Gezeigte für sich selbst sprechen und Emotionen hervorrufen, ebenso soll der Zuschauer animiert werden, das Geschehen für sich selbst zu hinterfragen.[5]

Veröffentlichung

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Der Film wurde ruhig[15] in 720p Auflösung am 17. Oktober 2013 auf Vimeo veröffentlicht. Er enthält Untertitel auf Englisch,[16] Französisch[17] und Russisch.[18] Dort ist er bisher 53,000 mal abgespielt worden („plays“, nicht „loads“). Die Kino-Premiere fand während des „Kommt-Zusammen“-Festivals[19][20][21][22][23] am 18. April 2014 in Rostock statt. Dort wurde er in einer 2K DCP Auflösung gezeigt.

Rezeption

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Das Publikum und die Presse waren über ein solches Debüt ohne Werbekampagne überrascht.[24]

Die Zuschauer priesen die ästhetischen,[25] atmosphärischen, realistischen und musikalischen[26] Attribute des Films, seine realistische Natur,[27] die Entscheidung, auf traditionelle Interviews zu verzichten[28] sowie den innovativen Schnitt.

Siehe auch

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  • Speaking in Code – eine Dokumentation im Bereich der elektronischen Tanzmusik
  • Berlin Calling – ein Spielfilm, der in der Szene der elektronischen Musik spielt
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Einzelnachweise

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  1. a b c Director Anatoli Iwanow’s article about the production details of Kvadrat, 17. Februar 2014
  2. FilmStarts.de Kvadrat
  3. Pulse Radio (Memento vom 7. Juli 2015 im Internet Archive) Kvadrat Documentary Shows The Realities Of Techno DJing, 31. Januar 2014
  4. Kvadrat original synopsis from February 2011, 23. Juni 2014
  5. a b c d e f g Kvadrat director’s thoughts about his film, Anatoly Ivanov, 8. Juli 2014
  6. Berlin Mitte Institut (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) Kvadrat – Film über das Jetsetting von Techno-DJs, 8. April 2014
  7. Mixing.dj (Memento vom 8. Mai 2015 im Internet Archive) Kvadrat: Russian road-movie by the side of Andrey Puschkarjow, 29. Oktober 2013
  8. Kvadrat (en) - Abspann
  9. Shot on What? (Memento vom 15. November 2014 im Internet Archive) – Kvadrat (2013)
  10. Visual Imaging News (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) Issue 2014-01, Seite 16
  11. a b The DJ’s Journey (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) Digital Media World, 13. März 2014
  12. Kvadrat Gear – a feature documentary about the filming of Kvadrat, by Anatoly Ivanov
  13. Kvadrat official track list
  14. Diffus Mag (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) Reingeschaut, 12. Mai 2014
  15. Kvadrat director tweet about the film, Twitter, 17. Oktober 2013
  16. Kvadrat (en) on Vimeo
  17. Kvadrat (fr) on Vimeo
  18. Kvadrat (ru) on Vimeo
  19. Kommt Zusammen festival program
  20. Lichtspieltheater Wundervoll cinema programming (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)
  21. Die Dokumentation ‘Kvadrat’ wurde zum ‘Kommt Zusammen’-Festival in Rostock gezeigt StepCamera.de, 19. Juni 2014
  22. 0381 Magazin Mitternachtskino - Kvadrat
  23. kinoprogramm.com Kinos aus Rostock
  24. Nightparty.ru Вышел фильм о «реалиях техно диджейства» (Memento vom 6. Oktober 2014 im Internet Archive), 17. Oktober 2013
  25. Das Schöne Leben Kvadrat, russisches Road-Movie & Musik-Dokumentation über den Alltag von DJs, 20. Oktober 2013
  26. Synthtopia New Documentary Looks At The Reality Of Techno DJing, 30. April 2014
  27. Mixmag (Memento vom 16. Oktober 2014 im Internet Archive) «Квадрат». Фильм с участием Андрея Пушкарева, 22. Oktober 2013
  28. ALAAF and KICKIN’ review