KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte

KZ-Außenlager am Südharz

Das Außenlager Ellrich-Juliushütte war ein vom 2. Mai 1944 bis zum 6. April 1945 bestehendes Außenlager für durchschnittlich 8000 männliche KZ-Häftlinge. Zunächst unterstand es dem KZ Buchenwald und ab 1. November 1944 dem KZ Mittelbau-Dora.[1] Es befand sich bei Ellrich auf den Firmenarealen von stillgelegten Gipsfabriken, wie die Juliushütte. Dieses größte Außenlager des KZ Mittelbau wurde seitens der Lager-SS zunächst unter dem Decknamen „Erich“ geführt, ab Juni 1944 wurde es als „Mittelbau II“ bezeichnet.[2] Ein weiteres Außenlager des KZ Mittelbau, das Außenlager Ellrich-Bürgergarten, befand sich in der Stadt Ellrich in der Gaststätte Bürgergarten.

Lageplan des KZ-Außenlagers Ellrich-Juliushütte mit damaligem Grenzverlauf zwischen Braunschweig und Preußen (rot)
Der frühere Appellplatz des Lagers heute mit Gedenkstein, rechts befand sich der Lagereingang (2019)

Funktion des Lagers und Häftlinge

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Ellricher Gipsfabriken um 1890, Areal des späteren KZ-Außenlagers braun koloriert
 
Der auf dem Gelände liegende Kleine Pontelteich

Für die Errichtung des Außenlagers Ellrich-Juliushütte wurden im April 1944 von SS-Angehörigen und Mitarbeitern der Wifo leerstehende Gebäude der Gipsfabriken Julius Bergmann (Juliushütte) und Kohlmann und ein Teil des Betriebsgeländes der Firma Euling & Mack beschlagnahmt.[3] Die Gebäude der in den 1930er Jahren stillgelegten Fabriken waren heruntergekommen und zum Teil verfallen. Das Areal des Außenlagers lag auf dem Gebiet des zu Preußen gehörigen Ellrich und reichte auch auf die Gemarkung des damals braunschweigischen, heute niedersächsischen Walkenried, dicht südlich der Eisenbahnlinie Herzberg – Nordhausen. Es war durch einen Elektrozaun und Wachtürme gesichert. Auf dem Gelände befindet sich mittig der Kleine Pontelteich als wassergefüllter Erdfall. Am 2. Mai 1944 trafen die ersten 300 Häftlinge aus dem Außenlager „Gut Bischofferode“ (Anna) ein. Die Häftlinge wurden in den leer stehenden Fabrikgebäuden untergebracht. Sie errichteten später auf dem Gelände mehrere Holzbaracken und einen großen Backsteinbau als Küchentrakt. Das Lager wurden von den Häftlingen als unteres Lager bezeichnet als Abgrenzung zum oberen Lager in Form des in Ellrich liegenden KZ-Außenlagers Ellrich-Bürgergarten.

Die Häftlinge stammten aus fast allen europäischen Ländern. Größtenteils waren sie russischer, polnischer und französischer Herkunft. Etwa ein Drittel kam aus der Sowjetunion, darunter viele Ukrainer, ein Viertel kam aus Polen und etwa 10 % stammten aus Frankreich sowie etwa 8 % aus Belgien. Darüber hinaus gab es kleinere Gruppen aus Italien, Jugoslawien, der Tschechoslowakei und den Niederlanden. Deutsche Häftlinge waren in einer Größenordnung von 2 bis 4 % vertreten, vor allem durch Funktionshäftlinge mit dem grünen Winkel für Berufsverbrecher. Der Anteil von jüdischen Häftlingen mit 5 bis 7 % und der von Sinti und Roma rund 10 % war im Vergleich mit anderen Lager des KZ Mittelbau überdurchschnittlich hoch. Im Mai 1944 kamen etwa 500 ungarische Juden aus Auschwitz. Die Häftlinge war zu einem großen Teil Kinder oder Jugendliche; Ende 1944 waren 600 unter 18 Jahren.

Eingesetzt waren die Häftlinge bei den Bauvorhaben der SS-Führungsstäbe B 3a im Himmelberg sowie auch beim unterirdischen Stollenausbau im Kohnstein bei der Mittelwerk GmbH (B11 und B 12 bei Woffleben).[2] Dabei mussten sie in 13-stündigen Schichten Schwerstarbeit verrichten bei nur fünfstündiger Schlafzeit. KZ-Häftlingskleidung war nicht in ausreichendem Maß vorhanden und wurde teils monatelang nicht gewaschen. Wegen fehlender Bekleidung gab eine Häftlingskategorie Ohne Kleider, deren Angehörige nackt in ihren Schlafgelegenheiten verbleiben mussten. Zudem wurde das Krankenrevier erst Wochen nach Einrichtung des Außenlagers in viel zu kleinen Räumlichkeiten und mangelhafter Ausstattung eingerichtet. Aufgrund der inhumanen Lebens- und Arbeitsbedingungen starben bis zur Evakuierung des Außenlager Ellrich-Juliushütte über 4000 Häftlinge.[3] Die Leichen wurden anfangs ins Hauptlager Mittelbau-Dora verbracht und im dortigen Krematorium verbrannt. Aufgrund der immensen Zunahme der Todesfälle im Winter 1944/1945 nahm zur Entsorgung der Leichen Anfang März 1945 ein neu errichtetes Krematorium im KZ Ellrich-Juliushütte den Betrieb auf.[4] Dabei wurden bis Anfang April über 1000 verstorbene Häftlinge, von denen 830 namentlich bekannt sind, im Krematorium und auf Scheiterhaufen verbrannt.[5]

Nach dem Kriegsende erstellte die Polnische Kommission zur Ermittlung von Kriegsverbrechen im Sommer 1945 eine Liste nach Anzahl und Nationalität der Häftlinge für das Stammlager des KZ Mittelbau sowie der größten Außenlager:[6]

Stand Nationalität Gesamt
Sowjetische Polen Franzosen Deutsche Belgier Sonstige[7]
Außenlager
Ellrich-Juliushütte
1. Nov. 1944 2419 1786 1389 203 670 1535 8002
1. April 1945 2135 1495 676 294 490 1462 6552

Lagerführung

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Der ehemalige Lagerführer Otto Brinkmann, Juni 1947

Lagerführer war zunächst SS-Untersturmführer Hans Joachim Ritz, und anschließend von August bis wahrscheinlich September 1944 der SS-Untersturmführer Karl Fritzsch. Danach war bis zur Evakuierung des Lagers SS-Hauptsturmführer Wilhelm Stötzler Lagerführer und von Oktober 1944 bis April 1945 der SS-Hauptscharführer Otto Brinkmann Schutzhaftlagerführer.[8] Von den Häftlingen wurde Brinkmann, der im Nordhausen-Hauptprozess zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, als „Schrecken vom Lager“ bezeichnet. Lagerarzt war Günther Schneemann.[3]

Zur Bewachung waren Soldaten eines Luftwaffen-Wachbataillons eingesetzt, die außerhalb des eingezäunten Bereichs ihren Dienst versahen und auch die Arbeitskommandos bewachten. Am 1. September 1944 wurde das Wachpersonal formal in die SS übernommen. Es war westlich des Lagers in Gebäuden der Siedlung Juliushütte und in drei dort neu errichteten Holzbaracken untergebracht. Die Stärke der Wachmannschaft ist nicht überliefert. Sie wird gemeinsam mit dem im Ellricher Burgbergrestaurant untergebrachten Wachpersonal des Außenlagers Ellrich-Bürgergarten auf fast 1000 Soldaten geschätzt.

Endphase des Lagers

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Befreite polnische Häftlinge des Außenlagers Ellrich-Juliushütte im Gespräch mit befreiten polnischen Zwangsarbeitern in Ellrich, 16. April 1945

Aus dem mit Räumungstransporten aus dem KZ Auschwitz und dem KZ Groß-Rosen vollkommen überfüllten Außenlager Ellrich-Juliushütte herrschten im Frühjahr 1945 katastrophale Verhältnisse. Im März 1945 starben 1000 der 6500 Lagerinsassen.[4] Nicht mehr arbeitsfähige kranke Häftlinge des Lagers wie auch aus dem KZ-Außenlager Boelcke-Kaserne wurden Anfang März 1945 in das KZ Bergen-Belsen überstellt.[3]

Vom 4. bis zum 6. April 1945 wurde das Außenlager geräumt[9], bevor amerikanische Truppen Ellrich am 12. April 1945 erreicht hatten. Von den 7000 Häftlingen wurden 4000 in das KZ Bergen-Belsen transportiert und 3000 in das Außenlager Heinkel-Werke des KZ Sachsenhausen. Das KZ Bergen-Belsen wurde am 15. April 1945 befreit. Die anderen Häftlinge mussten zwischen dem 20. und 21. April 1945 von Sachsenhausen aus noch einen Todesmarsch in Richtung Norden antreten.[3] Von den insgesamt 12.000 Häftlingen, die das Lager zwischen Mai 1944 und April 1945 durchlaufen haben, kamen rund 4000 ums Leben.[5]

Maheu-Bericht

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Der promovierte Zahnarzt René Maheu (1899–1980) wurde am 27. Dezember 1943 von der Gestapo in Rennes verhaftet und am 27. Januar 1944 in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Nach einer Quarantänezeit von sechs Wochen wurde im Lager nach Zahnärzten gefragt. Nach einer Prüfung in der Buchenwalder Zahnstation wurde er akzeptiert und zwei Tage später nach Ellrich überstellt. Er verfasste den sogenannten Maheu-Bericht und schildert darin die unterschiedliche Erlebniswelt der Funktionshäftlinge als sogenannte „Prominente“ im Gegensatz zum Erleben der gewöhnlichen Gefangenen. Im Februar 1944 wegen mangelnder Unterwürfigkeit einem Arbeitskommando zugestellt, überlebte er die Evakuierung ins KZ Bergen-Belsen, wo er am 15. April 1945 befreit wurde.[10]

Nachkriegszeit

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Nach dem Zweiten Weltkrieg war das frühere Lagergelände zunächst durch die Grenze zwischen der britischen Besatzungszone und der sowjetischen Besatzungszone und später durch die innerdeutsche Grenze geteilt. Im Westen gehörte das Gelände zur Gemeinde Walkenried und im Osten zur Stadt Ellrich. Die Stadt entwickelte sich zu einem Durchgangsort des illegalen Übertritts von Ost nach West über die Zonengrenze, da die Bahn bis kurz vor die Demarkationslinie fuhr. Durch das frühere Lagerareal führte ein Schleichpfad nach Walkenried. In der Nähe des früheren Lagers ermordete der Serienmörder Rudolf Pleil 1946 eine junge Frau beim Schleusen über die Grenze.

Auf der ostdeutschen Seite wurden die Lagerbauten ab 1952 bei der Einrichtung von Grenzsicherungsanlagen („Todesstreifen“) abgebrochen. In dem Zuge wurden Ende der 1950er Jahre vor dem Abriss des Unterkunftsbaus „Block 4“ Fresken gesichert und ins Ostberliner Museum für Deutsche Geschichte verbracht. Sie zeigten Pariser Straßenszenen und Aschenputtel-Darstellungen. Gemalt hatte sie ein französischer Häftling auf Anweisung eines Funktionshäftlings. Erst 2009 wurden sie im Museum teilweise wiederentdeckt.[11][12]

Auf der westdeutschen Seite verwahrloste das Gelände allmählich, zumal die angrenzende Siedlung Juliushütte nach einem Fabrikbrand von 1955 verfiel. Dies wurde von der Propaganda der ostdeutschen Führung genutzt, um den angeblichen Verfall in den westlichen Gebieten darzustellen. 1963 entschied der damalige Minister für gesamtdeutsche Fragen Rainer Barzel bei einem Besuch vor Ort, dass der „Schandfleck Juliushütte“ beseitigt werden sollte.[13] Daraufhin wurden auf der westdeutschen Seite die baulichen Reste von Juliushütte und dem ehemaligen Konzentrationslager weitgehend beseitigt, das Gelände eingeebnet und das Krematorium 1964 vom Bundesgrenzschutz gesprengt. Später wurde das Areal aufgeforstet und wegen seiner Lage in der Karstlandschaft des Südharzes als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Teile einiger Gebäude sind in Form von Maueresten, Kellergeschossen oder Barackenfundamente erhalten geblieben, wie Block 3, Block 4 und Barackenfundamente des Krankenreviers. Ebenso hat sich das 1944 aus Ziegel errichtete Untergeschoss des Küchentraktes erhalten.

Gedenkort

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Infotafel am Geländezugang

In den 1980er Jahren erforschten Geschichtsinitiativen in Walkenried und Ellrich die Lagergeschichte. Im November 1989 wurde an der Stelle des 1964 gesprengten Krematoriums ein Gedenkstein eingeweiht. Nach der Wiedervereinigung wurde der niedersächsische Geländeteil des Lagers 1993 zum Gedenkort erklärt.[14] In dieser Zeit wurde ein Rundweg über das Gelände angelegt. 1994 wurde auf dem Gelände nahe dem ehemaligen Lagereingang ein zweiter Gedenkstein eingeweiht, den die belgischen Stadt Leuven gestiftet hatte. 1998 wurde der thüringische Geländeteil des Lagers als Kulturdenkmal ausgewiesen. Im selben Jahr fand ein internationales Sommerworkcamp des Vereins „Jugend für Dora“ statt, bei dem Fundamente einer Lagerbaracke und eines Wachturms freigelegt sowie Landschaftspflegearbeiten durchgeführt wurden.[15] 2010 wurden auf dem ehemaligen Lagergelände Informationstafeln aufgestellt.

Ausbau zum Lernort

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Im Jahr 2019 wurden Pläne zur würdigen Gestaltung des Geländes und zum Ausbau des ehemaligen KZ-Außenlagers Ellrich-Juliushütte zum Lernort bekannt. Dazu bildeten verschiedene Institutionen eine Arbeitsgruppe. Zur Neugestaltung des Geländes wurde im Jahr 2020 ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben,[16][17] dessen Ergebnis Ende 2020 feststand.[18]

Im Jahr 2020 gründeten Bürger aus Ellrich und Walkenried eine Bürgerinitiative unter der Bezeichnung „Wir zeigen Gesicht“, die an der Gestaltung des Geländes zu einem angemessenen Trauerort mitwirken will.[19] Die Bürgerinitiative beabsichtigt, im Bahnhofsgebäude am früheren Lager einen Anlaufpunkt einzurichten.[20] 2020 kam es durch etwa 60 Einwohner aus Walkenried und Ellrich zu einem Arbeitseinsatz durch Aufräumen auf dem ehemaligen Lagergelände.[21]

Massengrabfunde

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Markierungen einer archäologischen Untersuchung im Umfeld des früheren Krematoriums, 2019

2019 wurde bekannt, dass sich an zwei Stellen auf dem früheren Lagergelände Überreste von Massengräbern befinden. Darin liegen Leichenbrand und Gebeine von mehr als 1000 Häftlingen.[22] Es handelt sich um Häftlinge, die infolge der inhumanen Lebens- und Arbeitsbedingungen innerhalb des Außenlagers verstorben waren und deren Leichen im März 1945 im lagereigenen Krematorium und auf Scheiterhaufen auf dem Lagergelände verbrannt wurden. Laut den überlieferten „Verbrennungslisten“ der SS wurden etwa 1040 Leichen verbrannt. Von 830 Toten sind die Namen bekannt. Es handelte sich überwiegend um sowjetische und polnische Häftlinge sowie um Franzosen, Belgier und Niederländer. Während der im Krematorium entstandene Leichenbrand an der Gebäuderückseite den Hang hinunter gekippt wurde, konnten Scheiterhaufen als weitere Verbrennungsorte zunächst nicht lokalisiert werden. Dies war der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora erst anhand von 2017 aufgetauchten Fotos eines US-Soldaten möglich, der sie im Mai 1945 auf dem Gelände aufgenommen hatte. Sie zeigen einen Scheiterhaufen und Knochenmaterial aus Verbrennungen. Durch Archäologen wurde das Massengrab 2019 lokalisiert und oberflächlich untersucht.[23]

Nach den Entdeckung von 2019 kündigte der damalige Leiter der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner, an, dass die beiden Grabstellen würdig gestaltet werden.[5] Dazu bildete sich unter Federführung der Gemeinde Walkenried eine Arbeitsgruppe, an der die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, der Landkreis Göttingen, das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport, das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege, die Niedersächsischen Landesforsten, die Stadt Ellrich und das Grüne Band Thüringen beteiligt sind.[24] Die Gestaltung der Grabstellen soll in enger Abstimmung mit Häftlingsvereinigungen aus Frankreich, Belgien und Polen geschehen.[25] Die Grabstellen sind vom Land Niedersachsen als Kriegsgräberstätte anerkannt und stehen unter Schutz.[26]

Archäologische Untersuchungen

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Im Jahr 2022 fand auf der niedersächsischen Seite eine Erforschung des früheren Häftlings- und Bewacherlagers statt. Sie erfolgte im Rahmen des LEADER-Projektes „Untersuchungen zum KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte“.[27] Vorgenommen wurde sie durch die Kreisarchäologie in Osterode am Harz vom Bauforscher Nils Hellner und dem Archäologen Julian Belz unter Leitung des Archäologen Stefan Flindt.[28] Zur Erstellung eines Lageplans wurden die noch vorhandenen Gebäudereste und Geländestrukturen vermessen und dokumentiert.[29] Es fanden auch Ausgrabungen statt, bei denen unter anderem Einrichtungsgegenstände und medizinische Geräte des Lagers geborgen wurden. Bei den Untersuchungen wurden in einer künstlichen Bodenvertiefung Gebäudereste mit einer Betonrinne im Boden festgestellt, die in einem Schacht endet. Laut den Archäologen könnte es sich um eine im Bau befindliche Massenverbrennungsanlage gehandelt haben wie sie in den Gaskammern und Krematorien des KZ Auschwitz vorkam. Dabei wurde das Fett der verbrannten Leichen in einem Schacht gesammelt und als Brennstoff über die toten Körper gegossen.[28]

In den Jahren 2023 und 2024 erfolgte eine Erforschung und Dokumentation auf der thüringischen Seite des Lagerbereichs durch das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie.[30][31]

Im Jahr 2023 führte die Universität Osnabrück eine einwöchige Forschungsexkursion auf dem Lagergelände durch. Dabei wurden geophysikalische Messungen, dreidimensionale Objektscans und Fotoaufnahmen mit Drohnen vorgenommen.[32]

Bedeutung

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Das KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte wird unter der Bezeichnung „Dora-Ellrich“ am Eingang des Mémorial des Martyrs de la Déportation in Paris in einer Aufzählung der wichtigsten Lager neben den KZ Auschwitz, Bergen-Belsen und Buchenwald aufgeführt.[24] Laut dem Historiker Jens-Christian Wagner ist das KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte in Deutschland weitgehend vergessen und der Ort über Jahrzehnte vernachlässigt worden. Laut Wagner gelte Ellrich in Frankreich als eines der grauenhaftesten Konzentrationslager, in das zahlreiche französische Angehörige der Résistance deportiert wurden.[33] Wagner zufolge gelte Ellrich neben Mittelbau-Dora als der größte französische Friedhof außerhalb Frankreichs.[2]

Literatur

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  • Manfred Bornemann: Chronik des Lagers Ellrich 1944/45. Ein vergessenes Konzentrationslager wird entdeckt, Nordhausen, 1992
  • Edgar Van de Casteele: Leven en dood in een Concentratiecamp, 1946, Ruth Monicke: Ellrich. Leben und Tod in einem Konzentrationslager (Übersetzung), Bad Münstereifel, 1997, ISBN 3-929592-33-9.
  • Britta Scheuer: Ein (un)bekannter Ort in: Gedenkstättenrundbrief 88 der Stiftung Topographie des Terrors vom 15. April 1999, S. 17–20. (Online)
  • Andre Sellier: A History of the Dora Camp: The Untold Story of the Nazi Slave Labor Camp that secretly manufactured V2 Rockets. Hrsg.: In Association with the United States Holocaust Museum. Ivan R. Dee., Chikago 2003, S. 199–221 (englisch, google.de).
  • Jens-Christian Wagner: Ellrich 1944/45 – Konzentrationslager und Zwangsarbeit in einer deutschen Kleinstadt, Göttingen, 2009, Wallstein
  • Otto Rosenberg: Das Brennglas. Autobiografie, aufgezeichnet von Ulrich Enzensberger, Vorwort von Klaus Schütz, Eichborn-Verlag, Berlin 1998, Knaur-Taschenbuch, München 2002, ISBN 3-426-61815-X; Neuauflage Wagenbach-Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-8031-2692-4. (Übersetzung ins Polnische: Palące szkło Relacji wysłuchał Ulrich Enzensberger. Przedm. do wyd. polskiego Petra Rosenberg. Słowo wstępne Klaus Schütz. Przekł. Ewa Kowynia. Kraków : Tow. Autorów i Wydawców Prac Naukowych Universitas 2010, ISBN 978-83-242-1284-2)
  • Jens-Christian Wagner: Neu aufgefundene bzw. lokalisierte Aschegräber im ehemaligen KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte in Jahresbericht 2019 der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, S. 108–109 (Online)
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Fotos und Skizzen

Einzelnachweise

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  1. Verzeichnis der Konzentrationslager und ihrer Außenkommandos gemäß § 42 Abs. 2 BEG, Nr. 357 Ellrich, Kreis Nordhausen (Mittelbau II)
  2. a b c Jens-Christian Wagner (Hrsg.): Konzentrationslager Mittelbau-Dora 1943–1945. Göttingen 2007, S. 187ff.
  3. a b c d e Jens Christian Wagner: „Außenlager Ellrich-Juliushütte“, in: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors – Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 7. München 2008, S. 302ff.
  4. a b Jens-Christian Wagner: Massensterben im KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte bei Stiftung niedersächsische Gedenkstätten
  5. a b c Heidi Niemann: Nazis verbrennen mehr als 1000 Häftlinge im KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte in Göttinger Tageblatt vom 9. Juni 2019
  6. Angaben nach Jens-Christian Wagner (Hrsg.): Konzentrationslager Mittelbau-Dora 1943–1945. Göttingen 2007, S. 68 – Die jüdischen Häftlinge werden nicht gesondert aufgeführt, sondern sind unter den einzelnen Nationalitäten subsumiert. Die österreichischen Häftlinge sind gemeinsam mit den deutschen Häftlingen unter der Nationalität Deutsche zusammengefasst.
  7. hauptsächlich Roma, Sinti, Ungarn, Tschechen, Italiener, Jugoslawen, Niederländer, Quelle: Jens-Christian Wagner (Hrsg.): Konzentrationslager Mittelbau-Dora 1943–1945. Göttingen 2007, S. 68.
  8. Jens-Christian Wagner: Produktion des Todes: Das KZ Mittelbau-Dora. Göttingen 2001, S. 653f.
  9. Der Befreiung des KZ-Außenlagers Ellrich/Juliushütte gedenken in Harz Kurier vom 5. April 2020
  10. Xavier Riaud: Trois destins tragiques de chirurgiensdentistes: M. Bernard Holstein, Mme Danielle Casanova et le Dr René Maheu pendant la Seconde Guerre Mondiale. In: Vesalius, XI, 11. 2005, S. 91–94, abgerufen am 27. Dezember 2019 (französisch).
  11. Fresken aus Ellrich. Wiederentdeckte Zeichnungen französischer KZ-Häftlinge bei buchenwald.de
  12. Die Bilder aus „Block 4“ in nnz-online vom 3. März 2010
  13. Heidi Niemann: Sammelgräber von KZ-Außenlager sollen würdig gestaltet werden in Göttinger Tageblatt vom 6. Juni 2019
  14. „Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora – Gedenkorte Außenlager“ (pdf)
  15. Projekt Ellrich bei Jugend für Dora
  16. Hans-Peter Blum: Neuer Ideenwettbewerb für Ellrich-Juliushütte in Thüringer Allgemeine vom 16. Dezember 2019
  17. Hans-Peter Blum: Ideenwettbewerb für Juliushütte ist angelaufen in Thüringer Allgemeine vom 29. Juli 2020
  18. Neugestaltung des KZ-Gedenkortes Ellrich-Juliushütte bei competitionline.com vom 29. Oktober 2020
  19. Hans-Peter Blum Ellricher Initiative erfährt große Resonanz in Thüringer Allgemeine vom 14. Januar 2020
  20. Hans-Peter Blum: Lob für neue Bürgerinitiative im Ellricher Stadtrat in Thüringer Allgemeine vom 17. Dezember 2019
  21. Freiwillige bringen KZ-Gedenkstätte auf Vordermann in Harzkurier vom 17. Februar 2020
  22. Ellrich: Asche von 1.000 Toten im KZ-Massengrab bei ndr.de vom 6. Juni 2019
  23. Nordhausen. Neues Massengrab im ehemaligen KZ Ellrich in Thüringen entdeckt am 6. Juni 2019 auf mdr.de
  24. a b Jens-Christian Wagner: Neu aufgefundene bzw. lokalisierte Aschegräber im ehemaligen KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte in Jahresbericht 2019 der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, S. 108–109
  25. Andreas Arens: Würdevolle Sammelgräber für von Nazis ermordete Menschen in HNA vom 7. Juni 2019
  26. Führung im KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte bei eseltreiber.de vom 21. Oktober 2024
  27. Untersuchungen im KZ-Außenlager: Minister Björn Thümler überreicht Förderbescheid über 20.000 Euro an den Landkreis in Göttinger Tageblatt vom 4. November 2021
  28. a b Svenja Paetzold-Belz: KZ Ellrich-Juliushütte: Ort zeigt, wohin Ideologie führen kann in Harz-Kurier vom 16. Februar 2023
  29. Jennifer Bullert: 20.000 Euro Förderung für LEADER-Projekt „Untersuchungen zum KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte“ bei StadtRadio Göttingen 107, eins vom 4. November 2021
  30. Svenja Paetzold-Belz: Grabung im KZ-Juliushütte fördert Spuren des Leids zutage in Harz-Kurier vom 9. Februar 2023
  31. Hans-Peter Blum: Gedenkort bei Ellrich wird mit Satelliten-Hilfe zentimetergenau vermessen in Thüringer Allgemeine vom 27. Mai 2023
  32. Juliushütten-Depesche #1: Auftakt der Forschungsexkursion an das ehemalige Konzentrationslager bei Hyopotheses vom 12. Juni 2023
  33. Neue Erkenntnisse zu Massengräbern im ehemaligem KZ-Außenlager Ellrich in Göttinger Tageblatt vom 6. Juni 2019

Koordinaten: 51° 34′ 45,5″ N, 10° 39′ 50,7″ O