Der Indikativ (aus lateinisch modus indicativus „zur Aussage geeigneter Modus“[1] zu lat. indicare „anzeigen, vorbringen“) ist, neben dem Imperativ und dem Konjunktiv, einer der drei grammatischen Modi des Verbs im Deutschen. Der Indikativ ist die unmarkierte, also „normale“ Ausprägung des Modus, wogegen für das Erscheinen von Konjunktiv und Imperativ spezielle Bedingungen gelten bzw. spezielle Bedeutungen verantwortlich sind.[2] Als neutrale Modusform ist der Indikativ auch die häufigste.

Die Unterscheidung „Indikativ – Konjunktiv“ wird in der deutschen Grammatik traditionell auch als die Unterscheidung „Wirklichkeitsform – Möglichkeitsform“ bezeichnet. Dies ist jedoch nicht wörtlich zu nehmen; es handelt sich um bloße Benennungen für grammatische Merkmale. Der Konjunktiv bedeutet nicht „dass etwas möglich ist“, und der Indikativ bedeutet nicht „dass etwas wirklich ist“. Es gibt häufig Aussagen, die inhaltlich gesehen von Möglichkeiten handeln (modale Aussagen) und die grammatisch im Indikativ stehen:

  • „Ich kann dir Geld leihen.“ (Indikativ-Form des Modalverbs können)
Vgl.: „Ich könnte dir Geld leihen.“ (Konjunktiv-Form des Modalverbs)
  • „Falls er einen Job findet, werde ich mein Geld sicherlich zurückbekommen.“ (Indikativ des Verbs finden im hypothetischen Bedingungssatz)
  • „Vielleicht leiht ihm noch jemand was.“ (Möglichkeit wird durch das Adverb „vielleicht“ ausgedrückt, nicht durch den Verbmodus.)
  • „Niemand läuft von Andechs nach Aufhausen in 10 Minuten.“ (= „Es ist für niemanden möglich, diese Strecke so schnell zurückzulegen“; Modalität ohne äußere Kennzeichnung).[3]

Nur umgekehrt kann der Konjunktiv sich nicht auf wirkliche Sachverhalte beziehen:[4][5]

  • „Es hat nicht geregnet. Das Wasser wäre wieder gestiegen.“

Anders als der erste Satz muss der zweite Satz sich auf einen hypothetischen Fall beziehen. Insofern ist also der Konjunktiv eine für Nicht-Reales markierte Form, der Indikativ jedoch eine neutrale Form. Analog zum Konjunktiv verhält sich auch der Imperativ: Er ist ein Modus, der nur Anweisungen ausdrücken kann – der Indikativ ist hingegen neutral, und es kann auch Aufforderungen geben, die im Indikativ erscheinen (vgl. auch Imperativ (Modus) #Indikativ), vor allem statt der fehlenden 1. Person des Imperativs:[6]

  • „Machen wir uns doch nichts vor! Sind wir doch mal ehrlich!“

Der Indikativ bezeichnet also nicht die Wirklichkeit, sondern es gilt nur umgekehrt: Wenn man über Wirkliches redet, bleibt keine andere Form als der Indikativ.

Als neutraler Modus ist es auch der Indikativ, der in Kombination mit allen anderen grammatischen Kategorien des Verbs verfügbar ist (Aktiv/Passiv, Gegenwart/Vergangenheit/Zukunft).[7] Das Erscheinen eines Konjunktivs ist demgegenüber eher eingeschränkt, zum Beispiel fehlt im Lateinischen die Indikativ-Konjunktiv-Unterscheidung im Futur und Futurformen zählen daher als Indikativ.[8]

In den Sprachen der Welt gibt es unterschiedliche Systeme mit unterschiedlichen Modus-Kontrasten. Die Variation besteht hierbei in der Art der sozusagen konjunktivischen Modi: statt Indikativ/Konjunktiv gibt es zum Beispiel ein System Indikativ/Subjunktiv/Konditionalis (in den romanischen Sprachen). Bei Sprachen, in denen ein Modus als Irrealis abgegrenzt ist, wird der indikativische Modus, der dem gegenübersteht, meist als Realis bezeichnet.

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Wiktionary: Indikativ – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. 4. aktualisierte u. überarbeitete Auflage. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart u. Weimar 2010. Lemma: Indikativ
  2. Duden. Die Grammatik. 8. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 2009. Rand-Nr. 714, S. 500.
  3. Beispiel aus: Angelika Kratzer: The notional category of modality. Nachdruck in: Angelika Kratzer: Modals and Conditionals. Oxford University Press, 2012, ISBN 978-0-19-923469-1, S. 28.
  4. Onlinegrammatik grammis.de: Indikativ: „Der Konjunktiv (...) ist ausschließlich in Indirektheits- und Modalitätskontexten zu gebrauchen. Der Indikativ ist in dieser Hinsicht offen.“
  5. Dudengrammatik 2009, Randnr. 715, S. 501, von dort das folgende Beispiel.
  6. Beispiel in Hans Altmann: Zur Problematik der Konstitution von Satzmodi als Formtypen. In: Jörg Meibauer (Hrsg.): Satzmodus zwischen Grammatik und Pragmatik. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1987, S. 22–56. Siehe S. 36.
  7. Metzler Lexikon Sprache (2010), s. v. Indikativ.
  8. Siehe z. B. Karl Bayer, Josef Lindauer (bearb.): Lateinische Grammatik. C. C. Buchners Verlag, Bamberg 1977. S. 71. Daneben wird die Futurform auch einfach aus dem Kontrast Indikativ-Konjunktiv herausgehalten (S. 74).