Heischebrauch

Brauch, bei dem es um das Fordern oder Erbitten von Gaben geht

Ein Heischebrauch ist ein Brauch, bei dem es um das Fordern oder Erbitten von Gaben geht. Eine Sonderform ist der Einkehrbrauch, bei dem man sich in der Stube des Gastgebers bewirten lässt.

Sternsinger aus Wien, 2008
Heiselaufen der Dachdecker zum Aufsetzen des neuen Kirchturmhahns auf St. Katharina in Dormagen-Hackenbroich, 1984.

Meistens sind es Kinder, die durch die Straßen oder von Haus zu Haus ziehen und um Gaben bitten. Dabei sagen sie Heischeverse auf oder singen Heischelieder. Auch Jungmänner ziehen zum Beispiel beim Pfingstsingen von Haus zu Haus, singen das Pfingstlied und bitten um Eier. Schließlich ist auch bekannt, dass berufsständisch ausgerichtete Personen heischend durch die Ortschaften ziehen. Regional unterschiedlich wünschen teilweise die Müllmänner und die Schornsteinfeger ein gutes neues Jahr, um ein Trinkgeld zu erbitten. Solch ein Neujahrstrinkgeld kann ebenso für die Freiwillige Feuerwehr oder Zeitungszusteller üblich sein.

Anlässe für Heischebräuche sind Kirchenfeste, jahreszeitliche Ereignisse (Neujahr, Erntedank) und Familienfeste wie Hochzeiten.

Regionale Heischebräuche (Auswahl)

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Vor dem Winter, im Kontext des Erntedanks:

  • Äppelken poop Äppelken (‚Äpfelchen, kleine Äpfelchen‘): Bei diesem alten Heischebrauch, der jedes Jahr am Tag des Erzengels Michael (29. September) stattfindet, ziehen die Kinder in den Nachbarschaften der Stadt Gescher von Haus zu Haus und singen ein altes plattdeutsches Lied, worauf hin sie von den Bewohnern des Hauses Süßigkeiten bekommen. Bei diesem alten Brauch, der so wohl nur in Gescher erhalten geblieben ist, wurden den Kindern Äpfel geschenkt, z. B. das Fallobst oder zu kleine, für die Eigenverwertung nicht brauchbare, Äpfel.
  • Rübengeistern, auch „Flenntippln“, „Rubebötz“, oder ähnlich: Bei diesem traditionellen Brauch werden Futter- oder Zuckerrüben nach der Erntezeit ausgehöhlt und an einer Seite Fratzen hineingeschnitten. Mit einer Kerze von innen beleuchtet, werden die Rübengeister ans Fenster oder vor Häuser gestellt oder die Kinder erheischen damit kleine Gaben.
  • Halloween (31. Oktober), ursprünglich irisch, über die Vereinigten Staaten wieder nach Europa verbreitet, heute weltweit zu finden. Es ist zu beobachten, dass Halloween Lokaltraditionen wie das zehn bzw. elf Tage später stattfindende Martinssingen verdrängt.
  • Martinisingen (10. November): bezogen auf Martin Luther (in evangelischen Gebieten, vor allem im norddeutschen Raum)
  • Martinssingen (11. November): bezogen auf den heiligen Martin (auch: „Gripschen“, „Dotzen“, „Schnörzen“, „Kötten“, „Mätensingen“' oder „Mattenherrn“ genannt; in katholischen Gebieten)

Adventszeit:

  • Andreasnacht in bestimmten Regionen
  • Anklöpfeln in der Adventszeit im Alpenraum
  • Einkehrbrauch mit „Bassen“ (= Gruppen) aus Nikolaus, Buttnmandl oder Kramperl in den Gemeinden des Berchtesgadener Landes
  • Perchtenläufe, regional mit Einkehrbrauchtum: „Glöckler“ im Salzkammergut und Nachbarregionen
  • Nikolauslaufen der Kinder: Glowesabend im Kasseler Raum, Sunnerklauslaufen in und um Bremen
  • Kuchensingen im Erzgebirge, Vogtland und der Lausitz, meist zur Adventszeit, auch an manchen Feiertagen
  • Julklapp in Skandinavien zur Weihnachtszeit
  • Christbaumloben, regional mit Einkehrbrauchtum: Oberschwaben. Bevorzugt finden Besuche bei Nachbarn und Freunden statt, vereinzelt aber auch bei völlig Fremden. Für den Fall eines Besuchs wird vom Christbaumbesitzer vorab Schnaps bereitgestellt.[1]
  • Koledari, in mehreren slawischen Sprachen in Osteuropa und auf dem Balkan koleda, koliada oder ähnlich: Weihnachtssingen
  • Regölés: Heischegesang in Ungarn. Die Sänger (regös) beginnen mit der Formel „Die Knechte des heiligen Stephan sind da“.[2]

Rauhnächte (Je nach Tradition die Zwölf Weihnachtstage bis zum Dreikönigstag oder von der Thomasnacht bis Neujahr)

  • An Neujahr:
    • Wensken (Wünschen) auf Helgoland: „Die Kinder besuchen vormittags Verwandte und enge Freunde, wünschen alles Gute für das neue Jahr und erhalten als Dank ein Geldstück. Nachmittags ziehen die Männer los, während die verheirateten Frauen zu Hause die Neujahrswünsche entgegen nehmen und die Besucher mit Sherry oder Portwein bewirten.“[3]

Am Lichtmesstag:

Karneval, Fastnacht und Fasching:

Das Hüttenbrennen oder Burgbrennen ist ein Brauchtum aus der Eifel, das alljährlich am ersten Fastensonntag, der auch deswegen auch Funkensonntag genannt wird, praktiziert wird und der Austreibung des Winters diente. Es gibt dafür eigene Heischeverse, die von Kindern gesungen oder gesprochen werden.

Im Frühjahr und zu Ostern:

Zu Pfingsten:

  • Pfingstsingen im Bergischen Land
  • Pingsterbrut („Pfingstbraut“) in Münsterland und Emsland[10]
  • Das Wasservogelsingen ist ein alter Heischebrauch im bayerischen Schwaben bis hin zum östlichen Altbayern, der alljährlich am Pfingstsonntag bzw. am Pfingstmontag stattfindet. Dabei ziehen mehrere Gruppen von Haus zu Haus, um Gaben zu erheischen, wofür im Gegenzug der von der Gruppe ernannte Wasservogel von den Hausbewohnern mit Wasser übergossen werden darf.[11]
  • Der Latzmann am Pfingstmontag in Volkersheim und einigen anderen oberschwäbischen Dörfern.

Am Johannistag (24. Juni):

Jahreszeitenunabhängig:

  • Rummeln in Norddeutschland, nach dem Spruch „Rummel, rummel, roken, giv mi nen Appelkooken“.

Im Rahmen von Kirchweihen:

  • Bärentreiben ist ein in vielen Orten der Oberpfalz, insbesondere im Landkreis Amberg-Sulzbach verbreiteter Brauch, der in der Regel am Montag des Kirchweih-Wochenendes ausgeübt wird.
  • In Benediktbeuern und Ried gibt es am Kirchweihsamstag im Oktober den Brauch des Glockenlaufens. Dabei laufen die Buben am Abend mit Kuhglocken von Haus zu Haus und erhalten Geld und Süßigkeiten. Ursprung ist das Eintreiben des Lohnes der Almhirten nach erfolgtem Almabtrieb. Außerdem sollen offenbar als heidnisches Relikt in diesem Brauch mit dem Läuten die bösen Geister vertrieben werden.[12]

Literatur

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Commons: Heischebräuche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. brauchwiki.de
  2. Janka Szendrei: „Hier sind die Stephansknechte“. Die deutsche Parallele eines Regös-Motives. In: Studia Musicologica Academiae Scientiarum Hungaricae, Band 16, Nr. 1/4, 1974, S. 133–150
  3. Britta Schwanenberg, Annette Holtmeyer: Nordsee – Kultur. In: Planet Wissen. 28. August 2012, abgerufen am 20. September 2016.
  4. Norbert Humburg: Städtisches Fastnachtsbrauchtum in West- und Ostfalen. Die Entwicklung vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. (PDF; 32 MB) Volkskundliche Kommission für Westfalen, 1976, S. 140
  5. Bürgerblatt Salzgitter-Ringelheim: Bürgerblatt 3/2002 der Bürgerschaft Ringelheim und Freundeskreis e. V. (Memento vom 29. November 2014 im Internet Archive), siehe Abschnitt ganz unten, online unter rautmann.info
  6. Karnevalsbrauchtum in Bocholt: Karnevalsbrauchtum in Bocholt
  7. Emmerich. Dat Portal
  8. dl.ub.uni-freiburg.de
  9. Palm Sunday witches in Finland (a curious religious and cultural mix), gbtimes.com vom 12. April 2019, abgerufen am 26. April 2019
  10. plattfilm.de
  11. brauchwiki.de
  12. Franziska Florian: Die Glockenläufer von Ried ziehen auch in diesem Jahr durchs Dorf, Artikel vom 17. Oktober 2020 im Münchner Merkur, online unter merkur.de