Cyanotypie

fotografisches Verfahren

Die Cyanotypie (Griechisch wörtlich „Blaudruck“), auch als Eisenblaudruck bekannt, ist ein altes fotografisches Edeldruckverfahren mit blauen Farbtönen.

Architekturzeichnung
Dictyota dichotoma von Anna Atkins
John F. W. Herschel: Lady with a harp, 1842
Quercus ilex, 2021
Cyanotypie, (Chemigramm / Fotogramm) auf Nessel 40×40 cm, Wolfgang Autenrieth, 2021

Geschichte

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Im Jahr 1842 entwickelte der englische Naturwissenschaftler und Astronom John Herschel dieses Verfahren. Die Cyanotypie war das dritte Verfahren nach der Daguerreotypie und Kalotypie zur Herstellung von stabilen fotografischen Bildern. Es ist ein Verfahren, das auf Eisen und nicht auf Silber beruht, welches sonst bei der herkömmlichen Herstellung von Fotoabzügen (und den beiden erwähnten Verfahren) verwendet wird.

Anna Atkins, eine britische Naturwissenschaftlerin, machte diese fotografische Technik durch ihre Bücher bekannt, in denen sie Farne und andere Pflanzen mit Cyanotypien dokumentierte. Sie gilt durch diese frühe Anwendung als erste Fotografin.

Zur Vervielfältigung von Plänen, also das Anfertigen von Blaupausen, war die Cyanotypie seit 1870 weit verbreitet. Die Vervielfältigung wurde selbst durchgeführt, auch die Sensibilisierung des Papiers, bevor 1876 in Paris lichtempfindliche Papiere in den Handel kamen (Marion Cie.). Die Belichtung erfolgt mit UV- bzw. Sonnenlicht. Um 1895 wurden elektrische Belichtungsapparate eingeführt. Erst in den 1920er-Jahren standen Vollautomaten zur Verfügung, die einen kompletten Arbeitsgang (Belichten, Fixieren, Trocknen) ausführten. Die Cyanotypie als Methode der Zeichnungskopie wurde dann vor dem Zweiten Weltkrieg von der trocken arbeitenden Diazotypie (Ozalid®-Kopie) abgelöst.

Verfahren

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Der flächenhafte Träger soll eine wässrige Lösung gut aufsaugen können sowie hell und durchscheinend sein. Verwendet werden saugfähiges Papier, Leinwand, Nessel- oder Baumwollstoff.

Der Träger wird im Dunkeln durch Tränken mit einer lichtempfindlichen Lösung fotosensibilisiert und getrocknet.

Eine relativ unbeständige, aber sehr einfache Lösung wird frisch als 1:1-Mischung aus zwei getrennten Lösungen hergestellt.[1]

Beispiel:

Es gibt verschiedene Rezepte mit leicht unterschiedlichen Eigenschaften, wie chemische Zusammensetzung, Empfindlichkeit und Beständigkeit. Nach dem neuen Rezept von Mike Ware kann zum Beispiel auch mit Ammoniumeisen(III)-oxalat Trihydrat statt mit Ammoniumferrizitrat gearbeitet werden.[2] – siehe Abschnitt „Varianten“.

Die Belichtung (des lichtempfindlich gemachten Trägers) erfolgt unter einem Schatten werfenden Gegenstand als Fotogramm (Gegenstand, Pflanze etc.) oder mit einem Kontakt-Negativ mit UV-Licht durch die Sonne oder von UV-Leuchten. Zur Belichtung geeignet sind auch Gesichtsbräuner, Solarien oder Tageslichtprojektoren. Essenziell ist ein hoher UV-Anteil der Lichtquelle. An einem sonnigen Tag beträgt die Belichtungszeit mit Tageslicht etwa fünf bis 30 Minuten – je nach Tages- und Jahreszeit. Bei einer Projektion per Tageslichtprojektor sind Belichtungszeiten von 10–15 Stunden nötig.

In den belichteten Partien wird dabei die Eisenverbindung zweiwertig und wasserunlöslich – es bildet sich der wasserunlösliche Farbstoff Berliner Blau, Fe4[Fe(CN)6]3:

 

 

Die unbelichteten Teile bleiben wasserlöslich und können unter fließendem Wasser ausgewaschen werden. Durch Oxidation der verbleibenden Stoffe erhält die Cyanotypie die typische blaue Farbe.

Kontrasterhöhung und Tonen

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Cyanotypie – Testbild für Tonen mit Tannin, grünem Tee und Kaffee. Die Bilder links wurden vor dem Tonen mit Waschsoda gebleicht. Das Ausgangsbild mit den Blumen in der Vase wurde mit Image Creator erstellt.

Der Kontrast kann durch Baden in 0,3%iger Wasserstoffperoxidlösung oder 1%iger Kaliumdichromatlösung gesteigert werden. Baden in verdünntem Essig bzw. in verdünnte Zitronensäure ändert ebenfalls den Kontrast. Dabei wird der Kontrast erhöht und die Farben können intensiver werden.[3] Allerdings sollte man vorsichtig mit der Zugabe von Säuren sein, da sich dabei giftige Gase entwickeln können.

Die Farbe lässt sich durch Baden zum Beispiel in Tannin, Oolong-Tee oder Pyrogallol verändern (tonen). Das Tonen der Cyanotypie kann aber auch mit Saflor, Galläpfeln, Krappwurzeln und anderen Stoffen erfolgen.

Kaliumkarbonatlösung (Waschsoda) und andere Mittel führen zum Bleichen, die blaue Farbe verschwindet, aber eine neue Färbung kann mit den Tonungsmitteln erreicht werden. Man kann auch abwechselnd tonen und bleichen.[4]

Die entstehende Farbe hängt vom Tonungsmittel ab und davon, ob vor dem Tonen gebleicht wurde.

Verwendungszwecke

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Neben der Verwendung als Reproduktionstechnik für fotografische Vorlagen können – wie es Anna Atkins praktizierte – Gegenstände auf die beschichtete Oberfläche gelegt und auf diese Weise Fotogramme oder Kontaktkopien erzeugt werden. Wird die Cyanotypielösung unregelmäßig aufgetragen oder gespritzt, entstehen Chemigramme.

Varianten

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Beim ursprünglichen Verfahren von Herschel bestand die lichtempfindliche Papierschicht aus Kaliumhexacyanidoferrat(II) (gelbes Blutlaugensalz) und Ammoniumeisen(III)-citrat. Später wurde Kaliumhexacyanidoferrat(III) (rotes Blutlaugensalz) verwendet.

Vom britischen Chemiker Mike Ware stammen modernere Varianten der Cyanotypie.

„Neuer Cyanotypie-Process“

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Mike Ware verwendet in seinem neuen Cyanotypie-Prozess[5] von 1995 Kaliumhexacyanidoferrat(III) und das lichtempfindlichere Ammoniumtrioxalatoferrat(III) anstatt des Ammoniumeisen(III)-citrats. Die beschriebene Mischung enthält jedoch kleine Mengen des krebserregenden Ammoniumdichromats. Das Ammoniumdichromat wird jedoch lediglich hinzugefügt, um die Haltbarkeit der angesetzten Cyanotypielösung von einigen Wochen auf mehrere Jahre zu erhöhen. Wird keine mehrjährige Haltbarkeit der Lösung benötigt, kann das Ammoniumdichromat ohne weiteres weggelassen werden.

„Einfacher Cyanotypie-Prozess“

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Dieser Prozess verzichtet auf das Ammoniumtrioxalatoferrat(III) und auf das Ammoniumdichromat. Stattdessen verwendet er Zitronensäure, Eisennitrat, Ammoniaklösung, Kaliumferricyanid, destilliertes Wasser und Tween 20™.[6] Dieses Verfahren ist einfacher, da es mit einfacher zu handhabenden Chemikalien arbeitet. Trotzdem sind auch hier Sicherheitsvorschriften zu beachten.

Verwechslungen mit Diazotypie

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Gelegentlich verwechselt wird die Cyanotypie mit der Diazotypie, die in Architekturbüros verwendet wurde und z. B. mit Ammoniakdämpfen statt Wasser entwickelt wird.[7]

Siehe auch

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Literatur

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  • John F. W. Herschel: On the Action of the Rays of the Solar Spectrum on Vegetable Colours, and on Some New Photographic Processes. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London, Vol. 132 (1842), S. 181–214.
  • Tony Worobiec, Ray Spence: Workshop Monochrom und weitere Kunst-Printing-Techniken. Augustus-Verlag, München 2000, ISBN 3-8043-5140-9.
  • Wolfgang Autenrieth: Neue und alte Techniken der Radierung und Edeldruckverfahren. Vom Hexenmehl und Drachenblut zur Fotopolymerschicht. Tipps, Tricks, Anleitungen und Rezepte aus fünf Jahrhunderten – Ein alchemistisches Werkstattbuch 7. Aufl., Krauchenwies 2010, ISBN 978-3-9821765-0-5 ((→ Auszüge Online))
  • Science on Stage Deutschland: Cyanotypie – Lichtinduzierte Reaktionen auf Papier / Stichwörter: analoge Fotografie, Fotogramme, Berliner Blau / Unterrichtsfach: Chemie, Biologie, Kunst / Altersgruppe der Schülerinnen und Schüler: ab 9. Klasse, wenn der künstlerische/handwerkliche Aspekt im Vordergrund steht, auch für jüngere Schülerinnen und Schüler geeignet / Projekt vom Nationalen Science on Stage Festival 2014 (PDF)
  • Paul Walther (Hrsg.): Anna Atkins. Cyanotypes. Taschen, Köln 2023, ISBN 978-3-8365-9098-3.
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Einzelnachweise

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  1. | Neue und alte Techniken der Radierung und Edeldruckverfahren, Abschnitt: Solar-Fotopapier mit Ammoniumferrizitrat / Kaliumferrizcyanid
  2. Martin Schwab: Cyanotypie – Blaudruck (PDF; 1,3 MB) S. 4.
  3. Kunstdrucke und Textildruck: Infos und Anleitung zur Cyanotypie
  4. Neue und alte Techniken der Radierung und Edeldruckverfahren, Tonen der Cyanotypie
  5. Mike Ware: The New Cyanotype Process.
  6. Mike Ware: The Simple Cyanotype Process. (PDF; 3,3 MB).
  7. Patent DE467766: Verfahren zur Herstellung von Anaglyphen. Angemeldet am 2. Dezember 1927, veröffentlicht am 27. Februar 1930, Anmelder: Kalle & Co. Akt-Ges., Erfinder: Gustav Kögel, Maximilian P. Schmidt, Rudolf Zahn.