Cannonball Adderley

US-amerikanischer Jazz-Saxophonist

Julian Edwin „Cannonball“ Adderley (* 15. September 1928 in Tampa, Florida; † 8. August 1975 in Gary, Indiana) war ein US-amerikanischer Jazz-Altsaxophonist (ab 1968 auch Sopransaxophon) der Periode der kleinen Combos in den 1950er- und 1960er-Jahren.

Cannonball Adderley (rechts) mit seinem Bruder Nat (1961)

Nachdem er in Florida eine Highschool-Band geleitet hatte, ging er 1955 nach New York. Er hatte vor, in Manhattan zu studieren, aber nachdem er bei Oscar Pettifords Band im Cafe Bohemia einen Gastauftritt hatte, wurde er schnell zu einer Sensation. Charlie Parker war im Alter von 34 Jahren 1955 gestorben. Viele sahen in Adderley seinen Nachfolger. Adderley hatte einen Stil, der von Benny Carter genauso beeinflusst war wie von Parker. Er nutzte seine frühe Bekanntheit und formte sein erstes Quintett, in dem auch sein jüngerer Bruder Nat Adderley am Kornett mitspielte.[1] Während die Gruppe sich finanziell schwertat, wurde Miles Davis auf Cannonball aufmerksam und holte ihn Ende 1957 für zwei Jahre in sein Sextett. Dort spielte er unter anderen neben John Coltrane (Tenorsaxophon). Als berühmteste Aufnahme aus dieser Zeit gilt das im Frühjahr 1959 aufgenommene Kind of Blue, eines der meistverkauften Alben der Jazzgeschichte. Aus dieser Zeit gibt es auch Aufnahmen des Miles Davis Sextetts ohne Miles Davis. Die auf fünf Musiker reduzierte Combo veröffentlichte zum Beispiel das Album Cannonball Adderley Quintet in Chicago.

Im September 1959 verließ Cannonball Miles Davis und spielte wieder mit Nat in einem Quintett. Einen Monat später nahm die Band einen Live-Auftritt in San Franciscos The Jazz Workshop auf. Diese Aufnahme wurde ein kommerzieller Erfolg. Vor allem ihre Version des Stücks This Here des Pianisten Bobby Timmons war erfolgreich, und das Quintett wurde zur führenden Gruppe einer Stilrichtung, die man bald als Soul Jazz bezeichnete. Von 1959 bis 1963 war das Quintett bei Orrin Keepnews’ Riverside unter Vertrag und spielte hauptsächlich soulige Interpretationen von Hardbop-Stücken. Yusef Lateef machte die Gruppe von 1962 bis 1963 zum Sextett. Nach dem Zusammenbruch von Riverside 1963 unterschrieb Cannonball bei Capitol Records, und seine Aufnahmen wurden etwas kommerzieller. Charles Lloyd ersetzte ein Jahr lang Lateef.

Weitere Mitglieder des Quintetts waren neben Nat Adderley die Pianisten Bobby Timmons, Victor Feldman, Joe Zawinul und George Duke, die Bassisten Sam Jones (1957, 1959–65), Walter Booker bzw. Vic Gaskin sowie Louis Hayes (1959–1965) und Roy McCurdy am Schlagzeug. Cannonball hatte Hits mit dem Work Song von Nat Adderley, Mercy, Mercy, Mercy von Zawinul und Why Am I Treated So Bad! von Pops Staples.[2]

In den späten 1960er und in den 1970er Jahren wandte Adderley sich dem Fusion zu. 1968 hatte er auf dem Album „Accent on Africa“ sein Debüt auf dem Sopransaxophon, er spielte dieses aber eher selten.

Gegen Ende seines Lebens ließ er seine Karriere Revue passieren: Sein vorletztes Album Phenix enthielt die größten Erfolge der Adderley-Brüder wie Country Preacher, This Here oder Work Song als Fusion-Version und auf seinem letzten Album Lovers vereinte er neue und alte Freunde zu einer Band. Er starb, bevor die Arbeiten an Lovers abgeschlossen waren. Die übrigen Mitglieder der Band beendeten das Werk zusammen mit Flora Purim (Gesang) mit dem von Adderleys Neffen Nat Jr. geschriebenen Titel Lovers als letzte Verbeugung vor Julian Adderley.

Julian Cannonball Adderley litt sein ganzes Leben an Diabetes. Sein Spitzname „Cannonball“ ist vermutlich auf den Versprecher eines Mitschülers zurückzuführen. Dieser wollte ihn Kannibale nennen, weil der fettleibige Adderley für seinen Dauerhunger bekannt war. Aus „Cannibal“ wurde „Cannonball“.

Er starb 1975 plötzlich an einem Schlaganfall, sechs Wochen nach der Aufnahme seines letzten Albums in Gary, Indiana. Er wurde auf dem Südfriedhof von Tallahassee (Florida) beerdigt.

“He’s the most underrated musician of the century. Hardly anybody talks about Cannonball, but he was a giant. He was his own guy. He didn’t play like Charlie Parker. He played like no-one else.”

„Er ist der meistunterschätzte Musiker des Jahrhunderts. Kaum einer spricht noch über Cannonball, aber er war eine Größe. Er war seine eigene Liga. Er spielte nicht wie Charlie Parker, er spielte wie niemand sonst.“

Joe Zawinul, 1997[3]

Cannonball Adderley hatte zusammen mit David Carradine und José Feliciano 1975 einen Auftritt in der fünfundfünfzigsten Folge der US-amerikanischen Fernsehserie Kung Fu.

Auf Here Comes Louis Smith (Blue Note, 1958), dem Debütalbum des Trompeters Louis Smith, spielte er unter dem Pseudonym Buckshot La Funke.

Ausgewählte Diskografie

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Als Bandleader

  • Julian Cannonball Adderley: Presenting Cannonball (1955, Savoy)
  • Julian Cannonball Adderley: Same (1956, EmArcy)
  • Cannonball Adderly with Milt Jackson: Things Are Getting Better (Riverside), 1958 mit Wynton Kelly, Percy Heath, Art Blakey
  • Julian Cannonball Adderley: Somethin’ Else (1958, Blue Note) mit Miles Davis, Hank Jones, Sam Jones und Art Blakey
  • Cannonball Adderley Quintet: Live in San Francisco (1959, Riverside) (1999 in die „Grammy Hall of Fame“ aufgenommen[4])
  • Cannonball Adderley Quintet: At the Lighthouse (1960, Riverside)
  • Cannonball Adderley and His Orchestra: African Waltz (1961, Riverside)
  • Cannonball Adderley with Bill Evans: Know What I Mean? (1961, Riverside)
  • Cannonball Adderley Quintet: Plus (1961, Riverside)
  • Cannonball Adderley Sextet: In New York (1962, Riverside) mit Yusef Lateef (ts, fl, Oboe)
  • Cannonball Adderley Sextet: Nippon Soul (1963, Riverside) live in Tokyo
  • Cannonball Adderley Quintet: Mercy, Mercy, Mercy! – Live at “The Club” (1966, Capitol)
  • Cannonball Adderley Quintet: Why Am I Treated So Bad! (1967, Capitol)
  • Cannonball Adderley Quintet: Accent on Africa (1968, Capitol) mit Letta Mbulu
  • Cannonball Adderley Quintet: Country Preacher (1969, Capitol) mit Jesse Jackson
  • Cannonball Adderley Quintet: Legends Live (1969, Jazzhaus)
  • Cannonball Adderley Quintet: The Price you got to Pay to be Free (1970, Capitol)
  • Cannonball Adderley: The Black Messiah (1970, Capitol)
  • Cannonball Adderley: Phenix (1974, Fantasy)
  • Cannonball Adderley feat. Rick Holmes & The Nat Adderley Sextet: Soul Zodiac (1972, Capitol)
  • Poppin’ in Paris: Live at l’Olympia 1972 (2024)
  • Burnin’ in Bordeaux: Live in France 1969 (2024)

Als Begleitmusiker

Charts und Chartplatzierungen

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Jahr Titel
Interpretation
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[5][6][7]
(Jahr, Titel, Interpretation, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
  US   R&B
1962 Cannonball Adderley
Cannonball Adderley und Nancy Wilson
US30
(21 Wo.)US
1963 Jazz Workshop Revisited
Cannonball Adderley Sextet featuring Nat Adderley and Yusef Lateef
US11
(25 Wo.)US
live aufgenommen in San Francisco
1967 Mercy, Mercy, Mercy!
Cannonball Adderley Quintet
US13
(27 Wo.)US
R&B1
(20 Wo.)R&B
live aufgenommen im Club De Lisa in Chicago
Why Am I Treated so Bad!
Cannonball Adderley Quintet
US154
(12 Wo.)US
R&B18
(7 Wo.)R&B
live aufgenommen in Hollywood
74 Miles Away – Walk Tall
Cannonball Adderley Quintet
US186
(2 Wo.)US
R&B26
(2 Wo.)R&B
live aufgenommen in Hollywood
1970 Country Preacher
Cannonball Adderley Quintet
US136
(22 Wo.)US
R&B7
(23 Wo.)R&B
live aufgenommen in Chicago, mit einer Einleitung von Reverend Jesse Jackson
Experience in E, Tensity, Dialogues
Cannonball Adderley Quintet & Orchestra
US194
(2 Wo.)US
1971 The Price You Got to Pay to Be Free
Cannonball Adderley Quintet
US169
(2 Wo.)US
1972 The Black Messiah US167
(3 Wo.)US
Soul Zodiac
featuring the Nat Adderley Sextett
US75
(20 Wo.)US
R&B11
(5 Wo.)R&B
erzählt von Rick Holmes
1973 Inside Straight
Cannonball Adderley Quintet
US179
(5 Wo.)US
1974 Love, Sex and the Zodiac R&B48
(4 Wo.)R&B
geschrieben und erzählt von Rick Holmes
Pyramid
Cannonball Adderley Quintet
R&B45
(8 Wo.)R&B
1975 Phenix US121
(8 Wo.)US
R&B24
(12 Wo.)R&B
Big Man – The Legend of John Henry R&B59
(2 Wo.)R&B
Konzeptalbum mit John Henry als Thema

grau schraffiert: keine Chartdaten aus diesem Jahr verfügbar

Jahr Titel
Album
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[5][6][7]
(Jahr, Titel, Album, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
  US   R&B
1961 African Waltz
Cannonball Adderley Orchestra
US41
(6 Wo.)US
R&B21
(1 Wo.)R&B
1962 Save Your Love for Me
Nancy Wilson and the Julian “Cannonball” Adderley Quintet
R&B11
(5 Wo.)R&B
1963 The Jive Samba US66
(7 Wo.)US
Autor: Nat Adderley
1967 Mercy, Mercy, Mercy US11
(11 Wo.)US
R&B2
(16 Wo.)R&B
Liveaufnahme
Autor: Joe Zawinul
Why? (Am I Treated So Bad) US73
(5 Wo.)US
R&B46
(4 Wo.)R&B
Liveaufnahme
Autor: Roebuck Staples
1970 Country Preacher
Cannonball Adderley Quintet
US86
(3 Wo.)US
R&B29
(10 Wo.)R&B
Liveaufnahme
Autor: Joe Zawinul

Literatur

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  • David N. Baker: The Jazz style of Cannonball Adderley. A musical and historical perspective. Studio 224, Lebanon IN 1980.
  • Chris Sheridan: Dis here. A bio-discography of Julian “Cannonball” Adderley. Greenwood Press, Westport CT 2000, ISBN 0-313-30240-5.
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Commons: Cannonball Adderley – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Musikbeispiele

Einzelnachweise

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  1. Cannonball Adderley Biography, Songs, & Albums. Abgerufen am 21. Oktober 2023 (englisch).
  2. Cannonball Adderley bei Billboard Hot 100.
  3. Innerviews – Music Without Borders. Anil Prasad, Abstract Logix 2010, ISBN 978-0578015187.
  4. Liste der Hall-of-Fame-Aufnahmen (Memento vom 19. Februar 2011 im Internet Archive)
  5. a b Cannonball Adderley in den US-Charts (Billboard)
  6. a b US-Singles: Joel Whitburn: Joel Whitburn’s Top Pop Singles 1955–2006. Billboard Books, New York 2007, ISBN 0-89820-172-1. / US-Alben: Joel Whitburn: Joel Whitburn presents the Billboard Albums. 6. Auflage. Billboard Books, New York 2006, ISBN 0-89820-166-7.
  7. a b US-R&B-Singles: Joel Whitburn: Joel Whitburn presents Hot R&B Songs 1942–2010. Billboard Books, New York 2011, ISBN 0-89820-186-1. / US-R&B-Alben: Joel Whitburn: Joel Whitburn's Top R&B Albums 1965–1998. Billboard Books, New York 1999, ISBN 0-89820-134-9.