Islam

monotheistische Religion
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Der Islam (arabisch إسلام islām ‚Unterwerfung unter oder Hingabe an Gott‘); الإسلام al-islām ‚der Islam‘ ist mit ca. 1,3 Milliarden Anhängern[1] nach dem Christentum (ca. 2,1 Milliarden Anhänger) die zweitgrößte Religion der Welt. Seine Anhänger bezeichnen sich im deutschsprachigen Raum als Muslime oder Moslems.

Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10%
Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman)
Pilger in Mekka, im Hintergrund die Kaaba
Datei:Masjid Nabawi. Medina, Saudi Arabia.jpg
Moschee des Propheten Mohammed

Der Islam ist eine monotheistische abrahamitische Religion, die sich streng vom Polytheismus und auch von der christlichen Vorstellung von Inkarnation und Dreifaltigkeit abgrenzt. Bestimmendes Element ist die Lehre vom tauhid, der Einheit Gottes.

Das arabische Wort für „Gott“, „Gottheit“ ist ilah إله / ilāh. Die Pluralform ist: Aliha آلهة / āliha / ‚Gottheiten, Götter‘ [2] bekannt aus der Schahada (siehe unten): Lā ilāha illa ʾllāh(u): „Es gibt keinen Gott außer (dem einzigen, allmächtigen) Gott“. Allah / الله / Allāh / ‚der (einzige) Gott; Gott‘. Das Wort Allah gilt in den arabischsprachigen Ländern sowohl den Christen als auch den Muslimen als das Wort für "Gott". In anderen Sprachräumen wird "Allah" teilweise als "Gott der Muslime" betrachtet - eine Ansicht, die von den Muslimen selbst nicht geteilt wird, da für sie Gott jeglicher "Sache" des Universums übergeordnet ist und somit auch von jeglicher religiösen oder sonstigen menschlichen Gruppierung unabhängig bzw. für alle Menschen der Gleiche ist.

Der Islam ist nicht allein eine Religion, sondern zugleich ein in sich geschlossenes rechtlich-politisches Wertesystem; eine Trennung von Religion und Staat ist deshalb nach islamischem Verständnis nicht vorgesehen. Er gründet auf dem Koran, der für die Gläubigen das unverfälschte Wort Gottes ist, „unnachahmbar“, von „übermenschlicher Schönheit“ [3] und als Primärquelle dieser Religion gilt.

Zweite Erkenntnisquelle neben dem Koran sind die Worte und Handlungen (Sunna) des Propheten Mohammed, dem „Siegel der Propheten“.


Die Entstehung des Islam

Siehe den Hauptartikel Geschichte des Islam

Mohammed (محمد ‚der Vielgelobte‘) wurde um 571 als Sohn eines Händlers aus dem Stamme der Quraisch in Mekka im heutigen Saudi-Arabien geboren. Nach islamischer Überlieferung erschien ihm im Alter von etwa 40 Jahren erstmals der Erzengel Gabriel, der ihm im Verlauf seines weiteren Lebens über Jahre hinweg die Verse der göttlichen Offenbarung (den Koran) diktierte. Mohammeds Offenbarungen wurden bereits zu Lebzeiten laufend gesammelt und kontrolliert, und schließlich unter der Regierung Uthman ibn Affans, des dritten der so genannten rechtschaffenen Kalifen, gesammelt und kanonisiert. Diese Sammlung der Offenbarungen Mohammeds ist der Koran. Die von Mohammed verkündete Botschaft eines kompromisslosen Monotheismus fand im polytheistischen Mekka jener Zeit wenige Anhänger, und die junge muslimische Gemeinde sah sich unter dem Druck ihrer Gegner gezwungen, Mekka zu verlassen. Die Übersiedlung (hidschra) in das nördlich gelegene Yathrib (Medina) brachte Mohammed mit den dort siedelnden jüdischen Stämmen in Kontakt, die er allerdings nicht von seinem göttlichen Auftrag zu überzeugen vermochte und die später unter seinem Oberbefehl vertrieben (Banu Qainuqa und die Banu Nadir) oder getötet wurden (Banu Quraiza).

Das Jahr, in dem die Hidschra stattfand, wurde durch Beschluss des zweiten Kalifen Umar ibn al-Chattab als erstes Jahr der islamischen Zeitrechnung festgelegt.

Grundlagen des Islam

Die fünf Säulen

Die Grundsätze des Islam, die fünf Säulen, die zu erfüllen jeder Muslim verpflichtet ist, sind:

Glaubensbekenntnis

Das Glaubensbekenntnis (Schahada, شهادة) lautet: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer (dem einzigen) Gott und ich bezeuge, dass Mohammed sein Diener und sein Gesandter ist.“ (s. o.) Die Schiiten fügen in der Regel noch den Satz hinzu: „und Ali ist der Freund Gottes“. Gemeint ist hier Ali ibn Abi Talib. Im Sufismus (islamische Mystik) wird der erste Teil der Schahada auch interpretiert mit: „Ich bekenne, dass es nichts außer Gott gibt“ bzw. „Es gibt nichts. Es gibt nur den Einen (die Einheit, tauhid).“

Das Aussprechen der Schahada in ehrlicher Absicht (Niyyat) reicht aus, um Muslim zu werden. Sie ist auch das Erste, was einem Neugeborenen ins Ohr geflüstert wird, und der letzte Gruß an einen Sterbenden.

Gebet

Datei:Mosque.Qibla.01.jpg
Muslime beim Salāt, dem rituellen Gebet.
 
Eine Moschee in Banja Luka (Bosnien und Herzegowina)

Das Gebet (Salāt, صلاة) ist religiöse Pflicht. Es wird zu festgelegten Zeiten verrichtet, zu denen der Muezzin ruft: während der Morgendämmerung, mittags, nachmittags, während der Abenddämmerung und nach Einbruch der Nacht.

Zuvor erfolgt die rituelle Reinigung (arabisch: wudu'; persisch: âbdast) mit reinem Wasser. Sollte dieses nicht in ausreichender Menge zu Verfügung stehen oder als Trinkreserve benötigt werden, wird symbolisch Sand oder Staub verwendet (tayammum). Das Verkürzen, Zusammenlegen, Vorziehen oder Nachholen von Gebeten ist unter bestimmten Bedingungen gestattet, etwa auf Reisen oder bei Krankheit. Am Freitag wird das Mittagsgebet (Freitagsgebet) in der Gemeinschaft, meist in der Hauptmoschee der Stadt oder des Viertels, verrichtet. Es wird von der Predigt (chutba) begleitet, deren Grundlagen der Koran und die Aussprüche des Propheten sind und die oft auch tagesaktuelle Fragen behandelt.

Almosensteuer

Die Almosensteuer (Zakāt, زكاة) wird für Bedürftige, Kranke, Befreiung Gefangener, den Dschihad oder zum Aufbau religiöser Schulen verwendet. Die Höhe variiert je nach Einkunftsart (Handel, Viehzucht, Anbau) zwischen 2,5  und 10 Prozent ebenso wie die Besteuerungsgrundlage (Einkommen oder Gesamtvermögen). Zakat stellt eine der drei nach islamischem Recht erlaubten Steuerformen dar; die anderen beiden sind die Grundsteuer (Charadsch) und die Kopfsteuer (Dschizya), die von Nichtmuslimen in islamischen Gesellschaften als Gegenleistung für ihre Duldung (siehe: Dhimmi) und die Nicht-Verpflichtung zur Verteidigung der Gemeinschaft verlangt wird. Die Zakat ist eine fromme Handlung und religiöse Pflicht des Muslims und kann somit nur Muslimen zu Gute kommen.

Fasten

Das Fasten (Saum (صوم) findet alljährlich im Monat Ramadān statt. Der Monat verschiebt sich jedes Jahr im Vergleich zum gregorianischen Kalender um 11 Tage. Gefastet wird von Beginn der Morgendämmerung – wenn man einen „weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden“ kann (Sure 2, Vers 187) – bis zum vollendeten Sonnenuntergang; es wird nichts gegessen, nichts getrunken (auch kein Wasser), nicht geraucht, kein ehelicher Verkehr und Enthaltsamkeit im Verhalten geübt.

Das Fasten wird nicht aus gesundheitlichen Gründen befolgt, sondern um Gottes Befehl während des Tages zu genügen. Insofern ist das oft praktizierte ausgiebige Fastenbrechen bei Nacht zwar ungesund, verletzt jedoch auch nicht die religiöse Pflicht. Oft bricht man das Fasten mit einer Dattel und einem Glas Milch, wie dies der Prophet getan haben soll. Der Fastenmonat wird mit dem Fest des Fastenbrechens ('Īd al-fitr) beendet.

Pilgerfahrt

 
Das siebenmalige Umschreiten der heilgen Kaaba ist der wichtigste Bestandteil der Haddsch, der Pilgerreise der Muslime nach Mekka.

Die Pilgerfahrt nach Mekka (Haddsch, حج) soll jeder Muslim einmal in seinem Leben antreten, um dort u. a. die heilige Kaaba siebenmal zu umschreiten. Die Pilgerfahrt findet im letzten Mondmonat statt, und wird dann zur Pflicht für ihn, wenn er dazu in der Lage ist. Entscheidend dafür ob die Pilgerfahrt zur Pflicht wird, sind unter anderem seine finanziellen und gesundheitlichen Lebensumstände. Die Einschränkung der ritualrechtlichten Pflicht der Pilgerfahrt ist in Sure 3, Vers 97 begründet:

„… und die Menschen sind Gott gegenüber verpflichtet, die Wallfahrt nach dem Haus (d. i. die Kaaba von Mekka) zu machen – soweit sie dazu eine Möglichkeit finden.“

Die Interpretation des hier verwendeten Ausdruckes „Möglichkeit finden“ erfolgt in einem Prophetenspruch (Hadith), dessen Isnad allerdings als „schwach“ eingestuft ist. Demnach ist der Besitz von Reiseproviant und Reittier (arabisch: al-zâd wa-'l-râhila) die Grundvoraussetzung für die Erfüllung dieser rituellen Pflicht.

Glaubensgrundsätze

Im Islam gibt es sechs Glaubensartikel, nämlich den Glauben an:

Erwähnt werden diese Glaubensartikel u. a. im Koran (z. B. Sure 4, Vers 136):

„Ihr Gläubigen! Glaubt an Gott und seinem Gesandten und an die Schrift, die er auf seinen Gesandten herabgeschickt hat, und an die Schrift, die er schon (früher) herabgeschickt hat! Wer an Gott, seine Engel, seine Schriften, seine Gesandten und den jüngsten Tag nicht glaubt, ist (damit vom rechten Weg) weit abgeirrt.“

Auch in Hadithen, wie folgendem Ausspruch des Propheten, heißt es:

„Der Glaube besteht darin, dass du an Gott glaubst und an seine Engel, an seine Bücher, an seine Propheten und an den Jüngsten Tag, sowie an die göttliche Vorsehung des Guten und des Bösen.“

Der Islam ist eine ausgeprägt monotheistische Religion. Die christliche Vorstellung der Dreifaltigkeit wird ausdrücklich abgelehnt, ebenso jede Personifizierung oder gar bildliche Darstellung Gottes. Gott wird durch seine „99 schönsten Namen“ (al-asmāʾu ʾl-ḥusnā) beschrieben, die nur ihm alleine zustehen. Die Menschen können über Gott nur wissen, was er ihnen selbst in seiner Gnade offenbart hat. Die Definition der Attribute Gottes anhand der Koranauslegung führte im sunnitischen Islam zur Zeit der Abbasiden vor allem in den Lehren der Mu'tazila und ihrer Gegner zu heftigen Auseinandersetzungen.

Neben der Eigenverantwortung steht die Verantwortung für andere: Jeder Muslim ist verpflichtet, zu „gebieten, was recht ist“ und zu „verbieten, was verwerflich ist: Al-amr bi'l ma'ruf wa n-nahy 'an al-munkar الأمر بالمعروف والنهي عن المنكر) (mehrfach im Koran, z. B. in Sure 7, Vers 157).

Die Scharia

Hauptartikel: Scharia

Die Scharia (الشريعة, DMG Šarīʿa) ist das islamische Recht, das alle Bereiche des Lebens umfasst und nach göttlichen, unveränderbaren Regeln ordnet. Diese Regeln wurden vor allem in der frühen Abbasidenzeit schriftlich fixiert und bilden auch heute noch die Grundlage des islamischen Rechts. Die konkrete Anwendung geschieht durch Fatwas, religiöse Gutachten oder Lehrentscheidung, die von Religionsgelehrten (Muftis) aufgrund der Interpretation von Koran und Sunna nach traditionellen Regeln (usul al-fiqh) getroffen werden.

Es gibt Fatwas aus allen Bereichen des Lebens. Ehe-, Kauf-, Vertrags- und Strafrecht, sowie die Beziehungen zu der nichtmuslimischen Welt wird geregelt. Die Scharia darf aber nicht als kodifiziertes Recht verstanden werden, obwohl es auch Bemühungen zur Kodifizierungen gab. Wann immer deshalb von der „Einführung der Scharia“ als Rechtssystem gesprochen wird, handelt es sich nur um Teile der Scharia. (siehe unten)

Die Scharia ist nach ihrem Selbstverständnis universal gültig und muss nach islamischem Verständnis weltweit durchgesetzt werden (siehe auch Karikaturenstreit). Bestimmte Regeln zur Glaubensausübung, wie Gebet und Wallfahrt, sind jedoch nur für Muslime gültig. Nur im Ehe- und Privatrecht sind Ausnahmen vorgesehen. Dafür hat die islamische Rechtsprechung ein besonderes Fremdenrecht und Recht für Minderheiten entwickelt. Am differenziertesten war wohl das osmanische Millet-System, welches in manchen Bereichen Autonomie für bestimmte Religionsgemeinschaften vorsah.

Ein Großteil der Scharia muss nach den Grundsatz al-amr bi'l ma'ruf wa n-nahy 'an al-munkar von allen Muslimen, auch mit Gewalt, durchgesetzt werden. Die klassische Scharia unterteilt sich in eine schiitische und vier sunnitische Rechtsschulen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie im Umfeld von mehrheitlich islamischen Gesellschaften entstanden. Die Diasporasituation von Muslimen fehlt in den klassischen Rechtsschulen und wird erst durch neuere Fatwas zunehmend berücksichtigt. Da es unter islamischen Rechtsgelehrten keinen allgemeinen Konsens gibt, ist es nicht möglich von „der Scharia“ zu sprechen, da es keine einheitliche Scharia gibt. Kritik muss deshalb immer an konkreten Fatwas geübt werden.

Im Sufismus (islamische Mystik) hat die Scharia den Stellenwert der Basis für den Weg des Gottessuchenden. Weitere Stationen sind in der Reihenfolge: Tariqa („der mystische Weg“), Haqiqa („Wahrheit“) und Ma'rifa („Erkenntnis“).

Richtungen

Sunniten

Der Islam ist in mehrere Richtungen gespalten. Die Sunniten bilden mit etwa 90 Prozent die zahlenmäßig größte Gruppierung. Sie unterteilen sich wiederum in die sunnitischen Rechtsschulen der Hanafiten, Malikiten, Hanbaliten und Schafiiten. Die Wahhabiten genannte Richtung des Sunnitischen Islam ist keine Rechtsschule, aber stark an die der Hanbaliten angelehnt.

Die Rechtsschulen sind häufig geographisch verteilt; so leben z. B. Hanafiten in der Türkei, Malikiten in Nordafrika.

Die Unterschiede zur zweitgrößten Glaubensrichtung, deren Anhänger als Schiiten bezeichnet werden, liegen in der Überzeugung, auf welche Grundlage sich die Herrschaft des obersten Führers (Kalif bei den Sunniten, Imam bei den Schiiten) gründet. Für die Sunniten ist der Kalif ein Führer, der von seinen Anhängern aufgrund seiner weltlichen, administrativen Fähigkeiten gewählt wird. Für die Schiiten kann der Imam hingegen nur ein rechtmäßiger Nachfolger Mohammeds sein und gleichzeitig auch Nachfolger Alis (des Schwiegersohns Mohammeds). Während der Kalif also nur ein weltlicher Verteidiger der Religionsgemeinschaft ist, stellt der Imam im Glauben der Schiiten ein unfehlbares und vollkommenes geistliches und mit diviner Macht ausgestattetes Oberhaupt dar. Es wird ihm auch die Sündenlosigkeit zugesprochen. Aus diesen Tatsachen ergibt sich, dass innerhalb der schiitischen Gruppierungen dem religiösen Oberhaupt der Gemeinde eine vielfach größere Autorität zukommt.

Schiiten

Die Schiiten sind die zweite große Richtung. Deren Hauptrichtung sind die Imamiten oder Zwölferschia, die vor allem im Iran, Irak, Aserbaidschan, Bahrain und dem Libanon weit verbreitet sind. Weiter gibt es die Anhänger der Siebenerschia (Ismailiten), die überwiegend auf dem indischen Subkontinent (Mumbai, Karatschi und Nordpakistan) sowie in Afghanistan und Tadschikistan leben. Die Zaiditen oder Fünferschia finden sich heute nur noch im Jemen.

Aleviten

Nach den Sunniten und Shiiten bilden die Aleviten den dritten Rang der Bevölkerungsgruppe im Islam. Die Aleviten (türkisch: „Alevi“, aus dem Arabischen für „Anhänger Alis“ und zazaisch: Elewi) sind eine islamische Religionsgemeinschaft. Ein besonderes Merkmal ihrer Glaubensvorstellung ist die ausgeprägte Verehrung für Ali ibn Abu Talib (daher auch die Ableitung der Bezeichnung Alevite) bzw. für die auch von den Schiiten verehrten zwölf Imame, die – bis auf den zwölften – allesamt ermordet wurden; der 12. lebe im Verborgenen weiter bis zu seiner Wiederkehr. Aus diesem Grund werden sie dem schiitischen Zweig des Islams zugerechnet. Dennoch gibt es wesentliche Unterschiede zu den Lehren der imamitischen Schia (zum Beispiel im Iran), insbesondere in theologischen Auslegungen, etwa zur Gottes- und Glaubensvorstellung, sowie in der Ausübung des Glaubens. Auch innerhalb des Alevitentums sind diesbezüglich Unterschiede festzustellen, die auf die sprachliche bzw. ethnische Zusammensetzung sowie die differenzierte Ausprägung des Alevitentums selbst (beispielsweise Bektaschi) zurückzuführen sind. Bis heute werden Aleviten von strenggläubigen Sunniten verfolgt und ermordet jüngstes beispiel das Sivas-Massaker am 2. Juli 1993.


Charidschiten

Die Charidschiten, die sogenannten „Auszügler“, die die Partei des vierten Kalifen Ali ibn Abi Talib verlassen haben sind die Anhänger der ältesten religiösen Sekte im Islam des 7. Jahrhunderts. Sie lehnten sowohl die Legitimation von Ali als auch von Uthman ibn Affan als Kalifen ab. Ihre Bewegung ist unter den ersten Kalifen der Abbasiden bereits erloschen. Ihr Hauptzweig ist heute die kleinste Richtung des Islams, die Ibaditen. Sie leben vor allem in Südalgerien (Mzab), auf der tunesischen Insel Djerba und in Oman.

Sufismus

Wie fast alle Religionen bzw. religiöse Richtungen besitzt auch der Islam einen inneren (esoterischen) und einen äußeren (exoterischen) Aspekt. Die mystische innere Dimension des Islam ist der Sufismus (تصوف tasawwuf). Der innere Aspekt wird auch Tariqa, der äußere Schari'a genannt. Nach Auffassung der Sufis gehören diese beiden Aspekte untrennbar zusammen, als Beispiel dient das Symbol einer Öllampe: Die Flamme der Lampe steht für Tariqa, also für die Essenz der Religion, die ohne das schützende Glas beim ersten Windhauch erlöschen würde. Das Glas, also die Hülle, steht für Schari’a, aber ohne eine Flamme hätte das Glas alleine als Lampe keinen Sinn.

Von puritanischen Gruppen wie den Wahhabiten werden die Sufis oft als Ketzer bezeichnet und deswegen abgelehnt oder sogar verfolgt. Kritisiert werden u. a. religiöse Praktiken wie der Dhikr - der oft mit Musik und Körperbewegungen, die nicht als „Tanz“ anzusehen sind - einhergeht, der Wunsch der Sufis, bereits im Diesseits eine Vereinigung mit Gott zu erfahren und die Tatsache, dass man zum Beschreiten des Sufi-Pfades unbedingt einen lebenden spirituellen Meister (Sheikh) benötigt. Letzteres wird von orthodoxer Seite her abgelehnt, weil im Islam kein Mittler zwischen dem Menschen und Gott stehen kann und darf. Die Sufis selbst sehen den Sheikh jedoch nicht als Mittler, sondern als jemanden, der die Schwierigkeiten auf dem Weg zu Gott bereits kennt und sein Wissen an andere weitergeben kann.

Weitere Gruppen

Aus dem sunnitschen Islam entstanden:

Aus dem schiitischen Islam entstanden:

Gegenwart

 
Zwei Frauen in der Moschee von Selangor in Shah Alam, Malaysia

Heute ist der Islam in vielen Ländern des Nahen Ostens, Nordafrikas, Zentral- und Südostasiens verbreitet. Hauptverbreitungsgebiet ist dabei der Trockengürtel, der sich von der Sahara im Westen über den Nahen Osten und den Kaukasus bis nach Zentralasien im Osten zieht. Das bevölkerungsreichste muslimische Land ist Indonesien. Muslimisch geprägte Länder in Europa sind Bosnien und Herzegowina, der europäische Teil der Türkei und Albanien. Viele weitere Länder haben muslimische Minderheiten. Die Anhängerzahl des Islam wird auf 1,3 Milliarden[1] geschätzt.

Islamische Konferenz

Die islamischen Länder sind in der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) organisiert, der auch einige Staaten mit größeren muslimischen Minderheiten angehören.

Umsetzung der Scharia

Seit der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam 1990 – die mit der in den meisten UN-Staaten geltenden „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ nicht in Übereinstimmung steht – soll die Scharia wieder Basis der Gesetzgebung in allen islamischen Ländern sein. Die praktische Umsetzung ist jedoch sehr unterschiedlich. In Tunesien beschränkt sich die Umsetzung nur auf das Zivilrecht, in Saudi-Arabien und Sudan hingegen kommt sie vollständig zur Geltung. Die Scharia kennt prinzipiell keine Gleichheit zwischen Muslimen und Nichtmuslimen.

In Saudi-Arabien, im Sudan, im Iran und in Teilen Somalias gilt die Scharia so gut wie uneingeschränkt. In Ägypten, Jordanien, Indonesien, Marokko und vielen weiteren Staaten wird die Scharia teilweise praktiziert, etwa das Verbot der Heirat einer Muslimin mit einem Nichtmuslim oder die Erlaubnis zur Polygynie nach islamischen Regeln. Allerdings sieht in vielen Staaten die soziale Realität in Teilen der Gesellschaft so aus, dass die Scharia weiterhin in den meisten Bereichen Geltung hat. So existiert z. B. die offiziell nicht anerkannte Polygynie in der Türkei in ländlichen Gebieten und wird regelmäßig amnestiert. In manchen Staaten gibt es neben einer auf der Scharia basierten Rechtsprechung für Muslime auch eine säkulare Rechtsprechung für Nichtmuslime (z. B. in Nigeria).

In einigen islamischen Ländern (z.B. Saudi-Arabien, Sudan, Iran, Nigeria) kommen besonders drakonische Strafen zur Anwendung, wie z.B. das öffentliche Abtrennen von Gliedmaßen oder öffentliche Steinigung, z.B. für Diebstahl oder Ehebruch. Diese äußerst zweifelhaften Methoden werden international heftig kritisiert. Auch innerhalb der Islamischen Gemeinschaft wird Kritik daran geäußert, allerdings nicht, weil die Strafen an sich gegen die Menschenrechte verstoßen, sondern weil bei der Verurteilung der Angeklagten meist die in der Scharia vorgeschriebenen Schutzbedingungen für Angeklagte außer Acht gelassen werden. In diesem Kontext muss beachtet werden, dass die heutige islamische Rechtsausübung in manchen Ländern den Angeklagten oftmals nur sehr geringen Schutz bietet: Oft kommt es vor, dass die Angeklagten Analphabeten sind und in der Regel keinen Rechtsbeistand erhalten. Die Richter selbst sind oftmals nur dürftig ausgebildet, Urteile werden nicht selten willkürlich ausgesprochen.

Ein Bereich der Scharia, der noch in Sudan und in Mauretanien existiert, ist die Sklaverei (siehe Sklaverei in Sudan und Sklaverei in Mauretanien).

„St. Petersburg Declaration“

Als Beginn eines „neuen Zeitalters der Aufklärung für den Islam“ verstand sich am 4. und 5. März 2007 in St. Petersburg (Florida) eine Konferenz säkularer Muslime aus verschiedenen islamischen und westlichen Ländern, die sich mit den säkularen Interpretationen des Islam, der Notwendigkeit einer innerkoranischen Kritik, mit dem Stand der Meinungsfreiheit in muslimischen Gesellschaften und mit Fragen der Erziehungsreform beschäftigte. Initiatoren waren u. a. dissidente Muslime wie Ayaan Hirsi Ali, Irshad Manji und Ibn Warraq. Zum Abschluss der Konferenz wurde die sog. „St. Petersburg Declaration“ verabschiedet, in der u. a. die Trennung von Staat und Religion, die Einhaltung der universellen Menschenrechte, die Abschaffung der Scharia und aller islamischer Tötungsstrafen und körperlicher Verstümmelungspraktiken sowie die völlige Gleichberechtigung der Frau im Islam und in den islamischen Ländern gefordert werden. [4]

Die Heiligen Stätten des Islam

Datei:Mecca skyline.jpg
Die Kaaba in der Nacht

Im Islam gilt eine Vielzahl von Städten als heilig, wobei dreien eine besondere Bedeutung zukommt: Die Stadt Mekka gilt als heiligster Ort für die Muslime. Sie ist Geburtsort des Propheten Mohammed und mit der Kaaba als zentralem Heiligtum des Islam, das die Gebetsrichtung (Qibla) bestimmt. Darauf folgt mit Medina, nördlich von Mekka gelegen, der Ort, an dem der Islam erste politische Wirkungskraft entfaltete. Der drittheiligste Ort ist für Muslime Jerusalem, das nach muslimischer Überlieferung die erste Qibla-Richtung vorgab und der Ort ist, den die Muslime als geographische Position der im Koran (Sure 17, „Die nächtliche Reise“) erwähnten al-Aqsa-Moschee definiert haben.

Daneben gibt es eine große Zahl an Wallfahrtsorten unterschiedlicher Bedeutung. Meist handelt es sich dabei um Grabstätten, etwa von Gefährten Mohammeds, der Imame der Schia oder von Sufi-Scheichs. Führend in der Zahl heiliger Orte ist vermutlich der nordafrikanische Volksislam mit unzähligen Grabstätten von Marabuts. Abgesehen von den ersten drei heiligen Stätten ist der Status der „heiligen“ Städte – wie die Heiligenverehrung selbst – im Islam ein äußerst kontroverses Thema. Für Schiiten stellen außerdem die Städte Kerbela und Kufa heilige Orte dar, zu denen jedes Jahr gepilgert wird.

Jerusalem stellt in der Liste der heiligen Städte insofern einen Sonderfall dar, als sich der aus dem Koran hergeleitete Anspruch historisch nicht belegen lässt. Trotzdem ist er für Muslime einhellig eine Glaubenswahrheit, was ihn in der praktischen Auswirkung einer „historischen Wahrheit“ gleichstellt.

Islamkritik

Kritik am Islam auf politischer, ethischer, philosophischer, wissenschaftlicher oder theologischer Grundlage hat es seit seiner Gründungszeit gegeben. Es gibt Kritik sowohl an den Grundlagen des Islam als auch an seinen kulturellen Traditionen und sozialen Normen.

Der Islam und andere Religionen

Der Islam unterscheidet bei seiner Betrachtung Andersgläubiger zwischen monotheistischen und polytheistischen Religionen. Juden, Christen, Zoroastrier und Sabäer (heute werden darunter meist die Mandäer verstanden) haben eine Sonderstellung als „Buchreligionen“ (ahl al-kitab); ihnen wurde nach muslimischer Auffassung ebenfalls das Wort Gottes in Form des Evangeliums und der Tora offenbart, im Lauf der Zeit seien diese Schriften jedoch durch Änderungen, Übersetzungen oder Verfälschungen ihrer uneingeschränkten Gültigkeit enthoben worden.

Nach der Scharia erhalten sie den Dhimmi-Status, wenn sie unterworfen sind, d. h. sie müssten eine Kopfsteuer entrichten, die höher ist als die von Muslimen zu zahlende Almosensteuer und die unter Demutsbezeugung zu entrichten ist. Zugang zum Militär ist ihnen verwehrt, dadurch sind sie aber auch vom für Muslime gezwungenen Kriegsdienst in Kriegsfällen ausgenommen. Nicht unterworfene Nicht-Muslime und Nicht-Monotheisten gelten als Harbis ohne Rechte.

Trotz der Aussage, dass es „keinen Zwang im Glauben“ gebe (Koran 2, 256), wurden nach der Scharia Polytheisten nicht geduldet (siehe dazu auch Glaubensfreiheit im Islam). Die Terminologie „Gebiet des Islam“ (Dar al-Islam), in dem der Islam schon herrscht, und „Gebiet des Krieges“ (Dar al-Harb), in der der Islam nicht herrscht, ist allgemein verbreitet. Es besteht eine kollektive Pflicht der Muslime (fard kifaya), das nichtmuslimische Gebiet zu erobern. Diese Lehre wird von allen sunnitischen und schiitischen Rechtsschulen (madhhab) vertreten. Eine Abschaffung dieser Lehre wird von keinem Vertreter des islamischen Establishments gefordert. Siehe hierzu auch Dschihad.


Literatur

Übersetzungen und Literatur zum Koran und den Hadithen finden sich in den entsprechenden Artikeln und werden deshalb hier nicht aufgeführt.

Grundwissen

Geschichte

Verhältnis zum Westen und aktuelle Probleme

Einzelnachweise

  1. a b Stand 2007 (21 % von 6,6 Mia. Menschen), Schätzungen des CIA World Factbook
  2. The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Brill, Leiden, Bd. 3, S. 1093
  3. Vgl. Annemarie Schimmel: Der Islam – Eine Einführung; Reclam 1992, S. 28 , 31
  4. Vgl. St. Petersburg Declaration
Portal: Islam – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Islam
Wiktionary: Islam – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Islam – Zitate
Commons: Category:Islam – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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