== Wirken in der Chemie ==
Wilhelm Ostwald entwickelte zwischen 1875 und 1878 bei Arthur von Oettingen an der Universität Dorpat in seiner Magisterarbeit zum Thema „Volumenchemische Studien über Affinität“ ein Pyknometer zur Dichtebestimmung. Zwischen 1882 und 1887 konstruierte er in Riga einen Thermostaten, einen Rheostaten und ein [[Viskosimeter]]. Wilhelm Ostwald untersuchte in dieser Zeit die Hydrolyse von Methylazetat durch Säureeinfluss mit konduktometrischen Messungen. Zur Bestätigung folgten Leitfähigkeits-Messungen mit verschiedenen Säuren und Salzen. Er ermittelte, je nach Konzentration der Lösung, eine Proportionalitätskonstante, die er Affinitätskonstante nannte. Zwischen 1884 und 1885 publizierte er die Ergebnisse und konnte viele Affinitätskonstanten (K<sub>S</sub>-Werte) für Säuren bzw. Basen und ihre Proportionalität ermitteln. Das Ergebnis ging in das 1888 publizierte [[Ostwaldsches Verdünnungsgesetz|Ostwaldsche Verdünnungsgesetz]].<ref>''Journal für Praktische Chemie.'' 2, 31, 433 (1885).</ref> für Säuren in die Wissenschaft ein. Ostwald konnte an organischen Säuren zeigen, dass nur ein kleiner Anteil der Teilchen dissoziiert. Über die Elektrolyten und die Dissoziation gab es zu dieser Zeit noch keine klaren Vorstellungen. Die allgemeine Ansicht war, dass Ionen nur sehr reaktionsfähige Atome seien. Als Ostwald im Jahre 1884 eine Arbeit des noch unbekannten schwedischen Chemikers [[Svante Arrhenius]] las, reiste er zu ihm nach Uppsala und führte mit ihm gemeinsam Dichtemessungen mit dem Viskosimeter durch. Wilhelm Ostwald schreibt in einer kurzen Notiz: ''„Dem Autor dieser Abhandlungen, die zu dem Bedeutendsten gehören, was auf dem Gebiet der Verwandtschaftslehre publicirt worden ist, kommt nicht nur die Priorität der Publikation, sondern auch die der Idee zu …“''<ref>W.Wilhelm Ostwald: ''„NotizNotiz über das elektrische Leitungsvermögen der Säuren.“'' In: ''J. f. prakt. Chem.'' Neue Folge, Band 30, (1884), S. 93–95.''</ref> Beide begründeten in kollegialer Freundschaft die Theorie der [[Dissoziation (Chemie)|Dissoziation]] und bezogen die Erkenntnisse von Jacobus Henricus van ’t Hoff zum osmotischen Druck mit ein. In dieser Zeit begründete er zusammen mit Svante Arrhenius, [[Jacobus Henricus van ’t Hoff]] und [[Walther Nernst]] die [[physikalische Chemie]]. Ab 1890 trat Wilhelm Ostwald auf internationalen Kongressen vehement für die Dissoziationstheorie ein. Im Jahre 1892 übersetzte und publizierte Wilhelm Ostwald die „Thermodynamischen Studien“ von [[Josiah Willard Gibbs]], wodurch dessen Ideen im deutschsprachigen Raum bekannt wurden ([[Gibbs-Energie]]). Im Ergebnis dieser Studien kam Wilhelm Ostwald 1893 zu der Überzeugung, dass ein [[Perpetuum mobile#Perpetuum mobile zweiter Art|perpetuum mobile zweiter Art]] unmöglich ist. Man könne keine Maschine konstruieren, die verschiedene Energieformen vollständig ineinander umwandelt. Wilhelm Ostwald benutzte ab 1893 die von einem seiner Schüler entwickelte [[Kalomel-Elektrode]] als Normalelektrode für potentiometrische Messungen zur Bestimmung von Potentialdifferenzen von verschiedenen Metallen.<ref>Paul Ferchland: ''Grundriss der reinen und angewandten Elektrochemie.'' Verlag Wilhelm Kapp, 1903, S. 182.</ref> Im gleichen Jahr wandte sich Ostwald der Dissoziation von reinem Wasser und der Bestimmung des Ionenproduktes zu.<ref>''Zeitschr. Phys. Chem.'' 11, 521 (1893).</ref> 1897 beschrieb er die Ostwald-Reifung, denn wie ein feines Pulver löslicher sein müsse als ein grobes, müssten kleine Tropfen nach dem [[Gibbs-Thomson-Effekt]] einen größeren Dampfdruck haben als große, denn der Dampfdruck- und Konzentrationsunterschied in einem geschlossenen System gleiche sich aus, deshalb schrumpften die kleinen Kolloide, die großen aber wüchsen weiter. Die Entdeckung dieses Effektes war u. a. für die Produktion von Salben und Emulsionen von Bedeutung. Die von ihm 1897 formulierte und nach ihm benannte [[Ostwaldsche Stufenregel]] kann sowohl auf chemische Reaktionen als auch auf physikalische Vorgänge angewendet werden. Sie besagt, dass bei einer chemischen Reaktion das System nicht von einem energiereichen Zustand unmittelbar in den energetisch günstigsten Zustand übergeht, sondern meist eine oder mehrere Zwischenstufen durchläuft. Zusätzlich gilt oft die Ostwald-Volmer-Regel, nach der bei energetisch ähnlichen Systemen zunächst das mit geringerer Dichte bevorzugt wird. Unter bestimmten Bedingungen werden allerdings die möglichen Zwischenstufen übersprungen.
[[Datei:PSM V65 D094 Ostwald and arrhenius.png|mini|Wilhelm Ostwald (links) mit [[Svante Arrhenius]] (1904)]]
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