Norbert Kotschenreuther aus Passau gilt als Experte für die Geschichte der einst weltbekannten Phonofirmen Dual und PE. Er hielt im Deutschen Phonomuseum einen Vortrag über "Dual: Marken- und Produktgeschichte von 1982 bis heute".
St. Georgen - Das Jahresende 1981 schockte die bis dahin reiche Stadt St. Georgen bis ins Mark: Der Phonoriese Dual hatte einen Insolvenzantrag gestellt. Im Januar 1982 wurde dann das Insolvenzverfahren eröffnet. So begann Norbert Kotschenreuther aus Passau seinen Vortrag. Ausholend ging Kotschenreuther aber zunächst auf den langsamen Abstieg des Unternehmens vor der Insolvenz ein.
Doch – auch nach der Insolvenz folgte keinesfalls das Aus. Der Markenname Dual ist auch heute noch vorhanden, das Image aber ist am Boden. Zunächst aber ging es weiter – zunächst wurden 700 der damals noch aktiven 1800 Mitarbeiter gekündigt, die Geschäftsführung schied komplett aus. Im Februar 1982 beschloss die Gläubigerversammlung die Weiterbeschäftigung mit 1000 Mitarbeitern. Der damalige Insolvenzverwalter Hans Ringwald suchte Kaufinteressenten, unter anderem Grundig, Philips, Schneider oder auch Thomson Brandt.
Ziel: Zurück in die Top fünf
Übrig blieb zunächst der französische Konzern Thomson Brandt. Nordmende, AEG und Saba waren bereits Bestandteil des Konzerns. Geplant war zunächst die Investition von 30 Millionen Mark in "ultramoderne Fertigungsanlagen" – Dual sollte bei der Plattenspielerfertigung wieder unter die Top fünf des Weltmarkts. Die restlichen Hifi-Komponenten sollen primär in Frankreich gefertigt werden. Alle gewerblichen Schutzrechte inklusive der Lizenzrechte und aller Fertigungsunterlagen gingen für eine symbolische Mark an den französischen Konzern über, berichtete Kotschenreuther.
1983 brachte Thomson Brandt für Dual den ersten CD-Spieler auf den Markt. An drei Bändern wurden nun 5000 Plattenspieler gefertigt. Für das Modelljahr 1985 zog sich Dual erstmals aus der Preisklasse über 500 Mark zurück. Es kam sogar sogenannte Henkelware (Ghetto-Blaster) ins Programm. Doch auch ein Spitzen-Kassettendeck für rund 1100 Mark wurde aufgelegt.
Nach anfänglich hohen Verlusten erreichte Dual 1984 ein fast ausgeglichenes Jahresergebnis. 1985 wurde das "New Tech"-Programm aufgelegt, die Image- und Umsatzsteigerung blieb aber aus. 1986 beschäftigte das Unternehmen 390 Mitarbeiter, 1987 ging die CD-Spieler-Fertigung nach Singapur.
Schneider tritt auf den Plan
Nun trat der Allgäuer Hersteller Schneider auf den Plan. 1988 schrieb man erstmals wieder schwarze Zahlen. Durch die Wiedervereinigung konnte man den Umsatz nochmals erheblich steigern, aber bereits 1991 schrumpfte er wieder.
1993 hatte Dual nur noch 45 Mitarbeiter – das Unternehmen zog nach Türkheim um. Es folgte die "Stunde des Alfred Fehrenbacher". Er übernahm Fertigungsanlagen, Knowhow und Konstruktionsunterlagen zum symbolischen Preis und fertigte – in Lizenz – mit 15 Mitarbeitern Plattenspieler.
Mitte der 1990er-Jahre ging es dann Schlag auf Schlag: Schneider verkaufte die Markenrechte 1994 an Karstadt. Ende 1996 wurde "das neue Dual" eingeführt. 1999 werden die Geräte zu Schleuderpreisen im Kaufhaus verhökert, ab 2003 gab es keine Produkte mehr. Noch baute Fehrenbacher Plattenspieler in einfacher Lizenz, die er über die Sintron GmbH verkaufte, auch Thorens ließ in St. Georgen fertigen.
Billig-Produkte für Discounter
Indes versorgte DGC als Rechteinhaber Discounter mit allen möglichen Billig-Produkten bis hin zum Plattenspieler für unter 100 Euro, Schwerpunkt waren aber DAB-Radios. 2014 baute Fehrenbacher das erste Gerät, das wieder neu entwickelt wurde – Preis 1200 Euro. Fehrenbacher starb Ende 2018 unerwartet. Andreas Laux übernahm. Viele Geräte aus dem "alten Programm" wurden fast unverändert bis 2020 gebaut.
Kooperationsgespräche mit dem Lizenzgeber bleiben aber unergiebig, Sintron stieg aus dem Vertrieb aus. Das Unternehmen Pro-Ject entwickelte gemeinsam mit dem Unternehmen Fehrenbacher die Kunstmarke Rekkord, Thorens ließ nicht mehr in St. Georgen fertigen. Im April 2022 stellte Fehrenbacher Insolvenzantrag.
Indes wurde als Ableger der DCG in Landsberg am Lech Dual neu gestartet. Ein neues Gerät, das Dual Primus Maximus wurde entwickelt – Kostenpunkt 8000 Euro. Weitere, weniger hochwertige Produkte wurden in Asien gebaut, doch auch weiterhin kursieren Billiggeräte unter Dual in Supermärkten und bei Discountern. Vor wenigen Tagen aber stellte auch die neue Dual GmbH Insolvenzantrag, begründet vor allem wegen der Lieferkettenproblematik.
Wolfgang Epting sorgt für Aufsehen im gehobenen Marktsegment
Dennoch ist wieder eine große Marke aus der Bergstadt am Markt zu finden: Seit 2015 sorgt Wolfgang Epting mit dem Relaunch der Marke PE für Aufsehen im gehobenen Marktsegment. Er brachte erst in diesem Jahr ein absolutes Spitzenmodell zum Preis von 8000 Euro auf den Markt.
Das Buch von Kotschenreuther über Dual wird im Sommer 2023 in der sechsten Auflage erscheinen – aktualisiert und mit dann 538 statt der bisherigen 352 Seiten.