Die Zukunft der Gesundheitsberufe in Bildung und Migration
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- Rechtliche Grundlagen der Fachkräftemigration aus Drittstaaten
- „Selecting by Origin“ zur Vermeidung von Brain Drain? Migrationspolitische Überlegungen mit besonderer Berücksichtigung des Gesundheitssektors
- Der Kampf um die besten Köpfe (auch im Gesundheitsbereich) – Ist Deutschland gut aufgestellt?
- Steigerungen der Attraktivität des Berufsbildes der Pflege. Aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze
- Linderung in Sicht? Zugang und Zulassung zu Pflegestudiengängen und zum Medizinstudium vor dem Hintergrund des „Pflegenotstandes“
- Der arbeitsrechtliche Rahmen der häuslichen Pflege
- Autorenverzeichnis
Bibliografische Information der Deutschen
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Institut für Europäische Gesundheitspolitik und Sozialrecht
(ineges)
ISSN 2193-0465
ISBN 978-3-631-89211-4 (Print)
E-ISBN 978-3-631-89215-2 (E-PDF)
E-ISBN 978-3-631-89216-9 (EPUB)
DOI 10.3726/b20314
© Peter Lang GmbH
Internationaler Verlag der Wissenschaften
Berlin 2022
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Peter Lang – Berlin · Bern · Bruxelles · New York · Oxford
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Diese Publikation wurde begutachtet.
Autorenangaben
Roman Lehner ist Privatdozent für Öffentliches Recht an der Georg-August-Universität GÖttingen und war Lehrstuhlvertreter an der Goethe-Universität Frankfurt a. M.
Indra Spiecker gen. DÖhmann ist Professorin für Öffentliches Recht an der Goethe-Universität Frankfurt a. M. Sie ist geschäftsführende Direktorin des Instituts für Europäische Gesundheitspolitik und Sozialrecht (ineges) und der Forschungsstelle Datenschutz sowie Mitglied der Acatech.
Über das Buch
Die Covid-Pandemie hat das Bewusstsein dafür wachsen lassen, dass die besten medizinischen Versorgungskapazitäten wertlos sind ohne qualifiziertes und motiviertes medizinisches Fach- und Pflegepersonal. Die Sicherung der Fachkräftebasis im Gesundheitsbereich ist eine Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge. Es liegt nahe, sich dieser auch dadurch zu stellen, dass der Bedarf durch Migration edeckt wird; gleichzeitig ist das deutsche Gesundheitssystem selbst von Kon-kurrenz um Fachpersonal betroffen. Der gesamte Bildungssektor muss sich daher verstärkt der Frage zuwenden, wie soziale (Ausbildungs-)Berufe an Attraktivität und Wertschätzung gewinnen können. Der vorliegende Band widmet sich diesen Problemen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven.
Zitierfähigkeit des eBooks
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Vorwort
Der pandemiebedingte Blick auf die Intensivmedizin hat das Bewusstsein dafür wachsen lassen, dass die besten medizintechnischen Versorgungskapazitäten wertlos sind ohne ein dazugehöriges hoch qualifiziertes und motiviertes medizinisches Fach- und Pflegepersonal. Die Sicherung der Fachkräftebasis im Gesundheitsbereich, wie in den sozialen Berufen insgesamt, ist in Ansehung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) sowie der staatlichen Schutzpflichten für Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) auch eine Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge. Es liegt nahe, sich dieser Aufgabe auch dadurch zu stellen, dass der Bedarf durch Migration gedeckt wird; gleichzeitig ist aber das deutsche Gesundheitssystem selbst von Konkurrenz um Fachpersonal betroffen. Die Sicherung der Fachkräftebasis insgesamt ist explizites Ziel des deutschen Beschäftigungszuwanderungsrechts (§ 18 Abs. 1 S. 1 AufenthG), und in der rechtlichen Diskussion um die optimale Ausrichtung des Fachkräfteeinwanderungsrechts nimmt der Gesundheitsbereich eine besonders prominente Rolle ein.
Doch nicht nur für das Migrationsrecht wird die Fachkräftegewinnung für den Gesundheitsbereich zum zentralen Thema. Der gesamte Bildungssektor muss sich, auch vor dem Hintergrund des fortschreitenden Trends zur Akademisierung, verstärkt der Frage zuwenden, wie soziale (Ausbildungs-)Berufe an Attraktivität und Wertschätzung gewinnen können. Das Ausbildungsmigrationsrecht bildet beide Dimensionen dieser Querschnittsaufgabe ab. Vor allem in der Gesundheitspflege kommt schließlich dem besonderen Typus der Migration zum Zwecke der Nachqualifizierung eine überragende Bedeutung zu, der Fachkräfte- und Ausbildungsmigration miteinander verschränkt und in großem Umfang durch Vermittlungsabsprachen der Bundesagentur für Arbeit mit Drittstaaten gekennzeichnet ist. Ein Gesamtbild wäre unvollständig, blickte man nicht auch auf bestehende Attraktivitätsdefizite der Bildungsangebote für soziale Berufe in Deutschland und auf Potenziale zu ihrer Behebung.
Der vorliegende Band versammelt Beiträge, die aus unterschiedlichen Perspektiven die Frage nach der Zukunft der Gesundheitsberufe im Hinblick auf Bildung und Migration beleuchten. Sie sind so auf der wissenschaftlichen Jahrestagung des Instituts für Europäische Gesundheitspolitik und Sozialrecht – Ineges – an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. im September 2021 gehalten und hybrid diskutiert worden. Sie eint der gemeinsame Ausgangspunkt, wonach nämlich die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Deutschland maßgeblich durch die Entwicklung der Personalsituation abhängen wird. In quantitativer ←5 | 6→wie in qualitativer Hinsicht erweist sich die Fachkräfteentwicklung in diesem Sektor als Herkulesaufgabe für Staat, Politik und Gesellschaft. Die künftig insgesamt für Deutschland zu erwartende Fachkräftelücke ist kürzlich durch den Präsidenten der Bundesagentur für Arbeit Scheele auf 400.000 beziffert worden – wohlgemerkt pro Jahr! Auch für den Gesundheitsbereich existieren entsprechende Schätzungen. So wird nur für den Bereich der stationären Versorgung angenommen, dass bis zum Jahr 2035 rund 307.000 Pflegekräfte fehlen könnten. Die Versorgungslücke im gesamten Pflegebereich könnte bis zu diesem Jahr gar den Umfang von 500.000 Fachkräften betreffen. Das sind ganz gewaltige Zahlen, welche die Dimension des Problems zumindest andeutungsweise erfassbar machen. Die vorliegenden Tagungsbeiträge behandeln vor diesem Hintergrund normative und empirische Grundlagenfragen. Wie geht die Rechtsordnung mit dem wachsenden Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich um? Unter welchen regulativen Rahmenbedingungen kann versucht werden, diesen Mangel zu beheben, wo kann er ausgeglichen und beseitigt werden, wo werden wir mit dem Mangel leben müssen und ihm durch Anpassungsmaßnahmen begegnen? Welche Weichen hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren gestellt, um der staatlichen Aufgabe der Fachkräftesicherung im Gesundheitsbereich gerecht werden zu können?
Kathleen Neundorf gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einwanderung von Fachkräften im Gesundheitswesen nach Maßgabe des Aufenthaltsrechts. Deutlich wird hierbei, dass die Anerkennungsvoraussetzungen in Hinblick auf ausländische Berufsqualifikationen die entscheidende regulative Weichenstellung darstellen. Angesichts des Umstands, dass die Feststellung der Gleichwertigkeit eine in der Praxis hohe Zugangshürde bildet, ist ein besonderes Augenmerk auf die Möglichkeiten der Zuwanderung zum Zweck der Nachqualifizierung zu lenken. Der Beitrag von Holger Kolb und Charlotte Wohlfarth greift hieran anknüpfend die Frage auf, inwiefern die für die Zuwanderung in die Gesundheitsberufe besonders heikle sog. „Brain-Drain“-Problematik durch eine Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage in den Herkunftsstaaten bewältigt werden könnte. Dem zugrunde liegt der Befund, dass einzelne, üblicherweise den „Brain-Drain“-Effekt im Bereich der Arbeitsmigration abmildernde Faktoren gerade in Hinblick auf die Migration von Gesundheitsfachkräften nur sehr eingeschränkt greifen. Insgesamt, so zeigen die Autor*innen, wäre ein ‚Selecting by Origin‘-Ansatz im deutschen Zuwanderungsrecht eine echte, in vielerlei Hinsicht allerdings auch nicht unproblematische Innovation. Der Frage, ob Deutschland im Bereich der Fachkräftemigration allgemein und mit besonderem Blick auf die Gesundheitsberufe gut ←6 | 7→aufgestellt ist, geht Roman Lehner in seinem Beitrag nach. Der regulative Rahmen, so Lehner, erscheint dabei robuster und flexibler, als dies der migrationspolitische Diskurs bisweilen erwarten lässt. Besondere Probleme ergeben sich allerdings für die innereuropäische Fachkräftemigration, die sich unilateraler Steuerung dem Grunde nach entzieht. Gewisse Steuerungspotenziale ergeben sich in diesem Bereich indes aus dem Zusammenspiel von europäischem Freizügigkeitsrecht und staatlichem Ausbildungsrecht. Möglichkeiten und aktuelle gesetzgeberische Bestrebungen zur Erhöhung der Attraktivität der Pflegeausbildung in Deutschland werden von Miriam Peters, Anke Jürgensen, Michael Meng und Lena Dorin erörtert und bewertet. Zwei Gesichtspunkte erscheinen dabei besonders entscheidend und werden von den Autor*innen kritisch beleuchtet und eingeordnet: der zu beobachtende Trend zur Akademisierung auch der Pflegeausbildung sowie Konzepte zur lebensweltnahen Versorgung von Pflegebedürftigen. Der Beitrag zeigt, dass an ganz unterschiedlichen Stellschrauben gedreht werden muss, um den Pflegeberuf einerseits an die vielfältigen neuen und stetig wachsenden Berufsanforderungen anzupassen und andererseits die Attraktivität des Berufsfelds unter sich verschärfenden demographischen Bedingungen und bei dem damit einhergehenden Konkurrenzdruck auf Einrichtungsseite erhalten oder gar steigern zu können. Auf ein spezifisches Konkurrenzproblem verweist Matthias Bode in seinem Beitrag zu den hochschulzulassungsrechtlichen Implikationen der jüngsten numerus-clausus-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Blick auf das Studium der Humanmedizin. Unter den verschiedenen Faktoren, die für die Bewerberauswahl in den Zulassungsverfahren herangezogen werden, sticht die Berücksichtigung gesundheitsbezogener Berufsausbildungen hervor. Hierdurch sollen Wechsel vom Pflegeberuf in ein Medizinstudium erleichtert werden. Vor dem Hintergrund des weiterhin massiven Bewerberüberhangs beim Medizinstudium lässt sich allerdings mit Bode kritisch bemerken, dass durch die „Zunahme der Durchlässigkeit wiederum Lücken im Bestand der Pflegenden“ hervorgerufen werden können. Insgesamt würdigt der Beitrag umfassend das geltende Hochschulzulassungsrecht für die akademischen Gesundheitsberufe und zeigt dabei, wie schwierig es ist, das Recht auf chancengleichen Zugang zu dem knappen Gut des Medizinstudienplatzes verfassungsrechtskonform und wirklichkeitsgerecht zu konkretisieren. Schließlich setzt sich Achim Seifert in seinem Beitrag mit der Lage der häuslichen Pflege aus der arbeitsrechtlichen Perspektive auseinander. Angestoßen durch die jüngere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht das System der häuslichen Pflege vor einem massiven Umbruch, da nunmehr die rechtlichen Vorgaben des Mindestlohnrechts stets Anwendung finden, hinzu kommen die europarechtlichen Vorgaben zur Arbeitszeitrecht, welche die ←7 | 8→klassische „24-Stunden-Pflege“ praktisch weitgehend verunmöglichen. Seifert lenkt den Blick auf die, auch infolge dieser Rechtsentwicklung, an Bedeutung gewinnende Frage nach der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf und sieht in dem Pflegezeitgesetz einen wichtigen, indes noch ausbaufähigen Schritt zur Stärkung der Pflege durch Familienangehörige.
Details
- Seiten
- 176
- ISBN (PDF)
- 9783631892152
- ISBN (ePUB)
- 9783631892169
- ISBN (MOBI)
- 9783631892176
- ISBN (Hardcover)
- 9783631892114
- DOI
- 10.3726/b20314
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2023 (Januar)
- Erschienen
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023. 176 S., 5 s/w Abb.