In meinem wilden Herzen

In meinem wilden Herzen

Wunderliches Wort: die Zeit vertreiben! Sie zu halten, wäre das Problem. Denn, wen ängstigts nicht: wo ist ein Bleiben, wo ein endlich Sein in alledem? – Sieh, der Tag verlangsamt sich, entgegen jenem Raum, der ihn nach Abend nimmt: Aufstehn wurde Stehn, und Stehn wird Legen, und das willig Liegende verschwimmt – Berge ruhn, von Sternen überprächtigt; – aber auch in ihnen flimmert Zeit. Ach, in meinem wilden Herzen nächtigt obdachlos die Unvergänglichkeit. (Rainer Maria Rilke)

Hoffnung

Hoffnung

Wann ist es Zeit,eine Hoffnung fallen zu lassen, loszulassen, aufzugebensie zu Grabe zu tragen? Und von welcher Hoffnung spricht das lyrische Ich in Schillers Gedicht „Hoffnung“, die man noch am Grabe pflanzt? Es reden und träumen die Menschen vielVon bessern künftigen Tagen, Nach einem glücklichen goldenen Ziel Sieht man sie rennen und jagen. Die Welt wird alt und wird wieder jung, Doch der Mensch hofft immer Verbesserung. Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein, Sie umflattert den fröhlichen Knaben, Den…

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Äquinoktium

Äquinoktium

Ein Äquinoktium gibt es zweimal im Jahr: die Tag- und Nachtgleiche im Frühling und im Herbst.Tage also, an denen Licht und Dunkelheit ausgeglichen sind. Sie stellen Wendepunkte dar zu mehr Licht im Frühling und mehr Dunkelheit im Herbst. Wir haben heute also einen Tag, der ausgeglichen ist und das Tor zum Licht weit öffnet. Mögen wir auch in der Balance sein und bleiben, und das nicht nur heute. Friedrich Schiller hatte da folgenden Rat parat: „Suche nach Ruhe, aber durch…

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Suleiman Addonia, Die Sehenden

Suleiman Addonia, Die Sehenden

„Manchmal müssen wir uns entscheiden, was mehr wehtut: unsere Geschichten zu erzählen, in all ihren Farben und Formen, egal wie abstoßend sie sind, oder den Preis dafür zu bezahlen, wenn sie unerzählt bleiben.“ Und Hannah entscheidet sich, ihre Geschichte zu erzählen, nachdem sie – ziemlich entsetzt – festgestellt hat, dass sich bei der britischen Einwanderungsbehörde niemand, wirklich niemand für ihre Geschichte bzw. für die tatsächlichen Gründe ihrer Migration interessiert. Ihre Anwältin erklärt ihr, dass die „Eindampfung“ ihrer Geschichte die Wahrscheinlichkeit…

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Stille

Stille

Im Zimmer schwebt die Stille und die Wärme,ganz wie ein Vogel in durchglühter Luft,und auf dem schwarzen kleinen Tischeliegt still das Deckchen, dünn und zart wie Duft.Das Glas mit klarem Wasser, wie ein Traum,wacht, daß das Glöckchen neben ihm nicht lärme,und wartet scheinbar auf die kleinen Fische.Die rote Nelke dämmert in den Raum,als wäre sie dort Königin. Die ganze Stille scheint für sie zu sein,und nur die Flasche mit dem süßen Weinblinkt still und wie befehlend zu ihr hin.Sie aber…

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Christine Wunnicke, Wachs

Christine Wunnicke, Wachs

Die eine zeichnet mit Leidenschaft Blumen, die andere seziert ebenso leidenschaftlich Leichen, um deren Innenleben aus Wachs abzubilden und das schon im Kindesalter von etwa 12 Jahren. Ihre Suche nach Gegenständen ihrer Leidenschaft gestaltet sich schwieriger als die Suche nach bestimmten Blumen. Christine Wunnicke erzählt eine in jeder Hinsicht ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen Madeleine Basseport, der meisterlichen Blumenportraitistin, und der jüngeren Marie Biheron, der ersten weiblichen Anatomistin im vorrevolutionären Paris des 18. Jahrhunderts, in dem dann später auch die Kopfe rollen…

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Tulpen

Tulpen

„Wenn der Frühling kommt, schick‘ schick ich dir Tulpen aus Amsterdam …“so hieß es vor Jahren in einem Schlager, der von vielen gesungen und zu einer Art Ohrwurm wurde. Ob diese aus Amsterdam kommt, weiß ich nicht, ich habe sie mir auch selbst gekauft, und dennoch erfreut sie mich mit ihrem Stolz, wie sie aufrecht in der Vase steht und sichtlich die Sonne genießt.