Trümmer im Inneren der Crocus City Hall.
Nach dem mutmaßlichen Terroranschlag auf eine Veranstaltungshalle bei Moskau ist die Zahl der Opfer weiter gestiegen. Die Ermittler sprechen inzwischen von 133 Toten. Bildrechte: IMAGO/ITAR-TASS

Russland 133 Tote nach Anschlag auf Konzerthalle nahe Moskau

24. März 2024, 07:44 Uhr

Nach dem mutmaßlichen Terroranschlag auf eine Veranstaltungshalle bei Moskau ist die Zahl der Opfer weiter gestiegen. Die Ermittler sprechen inzwischen von 133 Toten. Das Staatliche Ermittlungskomitee nahm ein Verfahren wegen eines "Terrorakts" auf. Die Terrororganisation Islamischer Staat reklamierte den Anschlag für sich. Russlands Präsident Wladimir Putin warf der Ukraine vor, in den Angriff verwickelt zu sein. Kiew weist die Anschuldigungen zurück.

Nach dem Anschlag auf das Veranstaltungszentrum Crocus City Hall in der Stadt Krasnogorsk nahe Moskau ist die Zahl der Toten auf 133 gestiegen. Das teilte das zuständige Ermittlungskomitee mit. Beim Wegräumen der Trümmer in der Konzerthalle hätten Einsatzkräfte weitere Leichen gefunden. Der Anschlag löste weltweit Entsetzen aus. Auch deutsche Politiker verurteilten die Tat.

Der russische Präsident Wladimir Putin setzte für Sonntag einen nationalen Trauertag an. In einer Ansprache an die russische Bevölkerung bezeichnete er den Angriff auf den Konzertsaal als "barbarische terroristische Tat" und kündigte an, alle Verantwortlichen für den Angriff würden "bestraft". Putin warf der Ukraine zugleich vor, in den Anschlag verwickelt zu sein. Nach seinen Worten haben die Angreifer versucht, in die Ukraine zu fliehen.

Nach Angaben des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB hat es bisher elf Festnahmen gegeben. Das sagte FSB-Chef Alexander Bortnikow nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass am Samstag. Mindestens vier von ihnen sollen direkt an dem Angriff auf das Veranstaltungszentrum beteiligt gewesen sein. Dem russischen Innenministerium zufolge sind die vier Angreifer "alle ausländische Staatsbürger". Dabei machte die Behörde allerdings keine weiteren Angaben zur Nationalität der Verdächtigen.

Die ukrainische Führung weist die Anschuldigungen aus Russland als "absurd" zurück. "Es war klar, dass die Version der russischen Verantwortlichen 'die ukrainische Spur' sein würde", erklärte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak am Samstag im Kurzbotschaftendienst X. Die Ukraine habe nicht die geringste Verbindung zu dem Vorfall. In Washington sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, es gebe "keine Anzeichen" für eine Verwicklung der Ukraine.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Putin vor, die "Schuld auf die Ukraine" abwälzen zu wollen. In seiner täglichen Videoansprache ging Selenskyj am Samstagabend auf Vorwürfe des russischen Präsidenten ein, dass die Angreifer auf den Konzertsaal Verbindungen zur Ukraine hatten: Putin und seine Gefolgsleute "versuchen einfach nur, jemand anderes die Schuld zu geben".

"IS" reklamiert Anschlag für sich

Die Terrororganisation Islamischer Staat reklamierte den Anschlag für sich. Die Gruppe schrieb im Onlinedienst Telegram, IS-Kämpfer hätten "eine große Zusammenkunft ... am Rande der russischen Hauptstadt Moskau" angegriffen. Am Samstagnachmittag veröffentlichte der IS zudem ein Foto, das die vier mutmaßlichen Attentäter zeigen soll.

Experten gehen davon aus, dass das erste Bekennerschreiben des IS vom Freitagabend echt ist. Unter ihnen ist auch der Terrorexperte Peter Neumann vom King's College in London. Er sagte außerdem bei MDR AKTUELL, die Amerikaner hätten schon Anfang März ziemlich konkret vor Anschlägen in Russland gewarnt. Das habe Putin in den Wind geschlagen. Nun versuche er, die Ukraine verantwortlich zu machen.

Faeser: Gefahr durch islamistischen Terror bleibt akut

Der schwere Anschlag in Russland zeigt nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, wie akut die globale Bedrohung durch den islamistischen Terror ist. Die SPD-Politikerin sagte der "Süddeutschen Zeitung", nach allen bisherigen Erkenntnissen sei der IS-Ableger "Provinz Khorasan" für das Blutbad bei Moskau mit mehr als 130 Toten verantwortlich. Von dieser Gruppe gehe derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Gefahr aus. So hätten die verschärften Sicherheitsmaßnahmen zu Weihnachten und Silvester am Kölner Dom dem Schutz vor einem möglichen Anschlag dieses IS-Ablegers gedient. In Gera waren erst vor wenigen Tagen zwei Afghanen verhaftet worden, die im Auftrag des "Islamischen Staats Provinz Khorasan" einen Anschlag auf das schwedische Parlament geplant haben sollen.

Angriff auf Konzerthalle nahe Moskau

Am Freitagabend gegen 20.15 Uhr Ortszeit (18.15 Uhr MEZ) sollen bewaffnete Angreifer in Tarnkleidung in der Konzert- und Veranstaltungshalle Crocus City Hall ums sich geschossen haben. Die Täter nutzten nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees "automatische Waffen" sowie eine brennbare Flüssigkeit. 

Nach dem Anschlag in Moskau.
Die Crocus City Hall in Krasnogorsk nahe Moskau ist nach dem Anschlag stark beschädigt. Bildrechte: picture alliance/dpa/AP | Vitaly Smolnikov

Die Rettungsdienste berichteten laut der Nachrichtenagentur Interfax, die Angreifer hätten am Eingang zum Konzertsaal das Feuer auf die Sicherheitskräfte eröffnet, bevor sie "anfingen, auf das Publikum zu schießen". Demnach eröffneten sie das Feuer und warfen "eine Granate oder eine Brandbombe, wodurch ein Brand entstand". Die Anwesenden seien "während 15 bis 20 Minuten" auf dem Boden liegen geblieben, um sich vor den Schüssen zu schützen und seien dann aus dem Saal gekrochen.

Großveranstaltungen am Wochenende abgesagt

In der Crocus City Hall in Krasnogorsk gibt es eine Konzerthalle mit tausenden Plätzen und weitere Veranstaltungssäle. Das Zentrum ist eine der beliebtesten Freizeitstätten für die Moskauer und die Menschen im Umland der russischen Hauptstadt.

Moskaus Bürgermeister Sobjanin sagte nach dem Terroranschlag alle Großveranstaltungen am Wochenende ab. Auch Theatervorstellungen wurden gestrichen. Weltberühmte Museen wie die Tretjakow-Galerie und das Puschkin-Museum sowie große Theater teilten mit, dass sie am Samstag und Sonntag geschlossen bleiben. Der Nachrichtenagentur Tass zufolge werden die Sicherheitsvorkehrungen an den Flughäfen und Bahnhöfen der Hauptstadt verstärkt.

dpa/Reuters/AFP (dni/dkn/kar/lmb)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. März 2024 | 06:00 Uhr

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