Experte erklärt

Wodurch Wadenkrämpfe häufig ausgelöst werden

Gesund
01.09.2024 06:00

Es gibt wohl kaum jemanden, der nicht schon unter Wadenkrämpfen gelitten hat. Ohne Vorwarnung zieht sich dabei die Muskulatur an der Hinterseite der Unterschenkel äußerst schmerzhaft zusammen und verhärtet. Ein Arzt klärt auf, welche unterschiedlichen Ursachen dahinter stecken können.

Je nach Lebensalter und Tageszeit kann es unterschiedliche Auslöser für Wadenkrämpfe geben, wie Prim. Dr. Thomas Maca, Internist und Leiter der Abteilung Interne III am Evangelischen Krankenhaus Wien, berichtet. Er erklärt: „Während in der Jugend oft Fußdeformitäten bzw. Fehlbelastung oder sportliche Überbelastung bis zum Muskelkater führen, so sind die Ursachen im fortgeschrittenen Alter anderer Natur.“

Verursachen die Waden morgens keine Beschwerden, fühlen sich jedoch tagsüber zunehmend schwer an, kann dies als Überlastungsreaktion der durch langes Sitzen gestauten Venen angesehen werden. „Die Venenbeschwerden nehmen klassischerweise also tagsüber zu und haben dann nachmittags oder abends je nach Arbeitszeit ihr Maximum“, so der Experte für Herz und Gefäßerkrankungen.

Durchblutungsstörungen als Ursache
Bei der Schaufensterkrankheit tritt laut Prim. Maca eine durch Gefäßverschlüsse verursachte Minderdurchblutung in der Regel bei Belastung auf. Betroffene können einige hundert Meter ganz gut gehen, bevor dann plötzlich die Waden so stark schmerzen, dass man stehen bleiben muss. Diese als peripher arterielle Verschlusserkrankung (PAVK) bezeichnete Durchblutungsstörung tritt nicht nur vorwiegend bei Zigaretten rauchenden Patienten mit hohem Blutdruck und erhöhten Blutfettwerten auf, sondern auch bei Diabetes mellitus.

Durchblutungsbedingte Wadenkrämpfe könnten vorliegen, wenn die Minderdurchblutung so extrem ist, dass durch den niedereren Blutdruck in der Nacht eine eine schwere Sauerstoffarmut (Ischämie) im Gewebe auftritt. Allerdings betrifft es dann meist nur ein Bein – nämlich das schlechter durchblutete – mit weißem kalten Fuß, wie der Facharzt erläutert.

Nebenwirkungen einiger Medikamente
Auch bestimmte Medikamente sind mitunter die Ursache für Wadenkrämpfe. Prim. Maca: „Eine Insulintherapie kann zu niedrigerem Kalium im Blut führen. Die Hypokaliämie ist dann durch allgemeine Schwäche, Muskelzittern, aber auch Muskelkrämpfe gekennzeichnet. Noch mehr Krämpfe verursacht zu wenig Kalzium – eine Hypokalzämie, die sich unter anderem bei Nierenerkrankungen zeigen kann.“ Die einfache Bestimmung der Elektrolyte (Natrium, Kalium, Chlorid, Magnesium, Kalzium, Phosphat) kann entscheidende Hinweise liefern.

Die Einnahme einiger Medikamente kann auch schmerzende Muskeln zur Folge haben. (Bild: DenisIsmagilov, stock.adobe.com / KroneMED)
Die Einnahme einiger Medikamente kann auch schmerzende Muskeln zur Folge haben.

Bei Patienten, die verschiedene Medikamente einnehmen, etwa gegen Diabetes oder Herz- und Nierenschwäche, empfiehlt Prim. Maca durch eine Harn- und Blutgasanalyse abzuklären, ob nicht die Vorstufe einer Ketoazidose (Stoffwechselübersäuerung) vorliegt. „Das wäre eine sehr seltene Nebenwirkung. Daran denken sollte man dennoch“.

Nehmen Patienten lange Zeit hoch dosierten Magenschutz (Protonenpumpenhemmer), kann dies indirekt zu einer verminderten Aufnahme von Vitamin B12 führen, wie der Arzt weiter ausführt. Dieses Vitamin ist nicht nur für unsere Abwehrkräfte und die Bildung der roten Blutkörperchen, sondern auch für die Nervenfunktion wichtig. „Eine verminderte Nervenfunktion im Sinne einer Neuropathie kann zu Gangunsicherheit, Schwäche und nächtlichen Wadenkrämpfen führen bzw. dazu beitragen“, so Prim. Maca.

Nervenschäden durch Diabetes
Steckt eine diabetische Polyneuropathie hinter den quälenden, nächtlichen Wadenkrämpfen, sind diese überwiegend annähernd gleichermaßen auf beiden Seiten spürbar. Prim. Maca: „Die Beschwerden treten meist erst nach einem langjährigen Verlauf der Zuckerkrankheit auf. Zur Sicherung dieser Verdachtsdiagnose kann eine neurologische Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) der Beine durchgeführt werden. Anhand dieser lässt sich feststellen, welche Teile der Nervenfasern bereits wie sehr in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Dann kann eine medikamentöse Einstellung erfolgen. Mitunter sind auch Strombehandlungen durch Hochtontherapie oder physikalische Therapien sinnvoll.“

Orthopädische Probleme etwa in der Lendenwirbelsäule können in mehrfacher Hinsicht zu Wadenkrämpfen führen. Bei intensivem Sport wie Radfahren oder Schwimmen wird sowohl die Hals- als auch die Lendenwirbelsäule fehl belastet. Prim. Maca: „Darüber hinaus können alle Bereiche, die sich in der Nähe der Wade befinden, wie etwa die Knieregion oder auch die Achillessehne auf die Wadenmuskulatur auswirken. Die Symptome treten dann aber eher einseitig und bei Belastung auf. Mitunter wäre es ratsam, einmal eine (Sport-) orthopädische Begutachtung durchzuführen.“

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