Medien fordern Rückzug

Deutsche „Ampel“ bremst sich endgültig selbst aus

Außenpolitik
21.08.2024 20:33

Die deutsche Bundesregierung hat in den vergangenen Tagen wieder demonstriert, dass sie genau das nicht mehr kann: regieren! Was als Fortschrittskoalition begann, liegt mittlerweile in Trümmern. Während es der deutsche Kanzler mit Selbstironie versucht, fordern deutsche Leitmedien die Notbremsung seiner „Ampel“.

Die deutsche Krach-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat wieder einmal stürmische Tage hinter sich. Ihr Zwist ist mittlerweile so tiefgreifend, dass er global wirkt und sich Teile der „Ampel“ in Selbstaufgabe üben. 

Ausgangspunkt ist der Streit um die Aufstellung eines Bundeshaushaltes. Am Wochenende wurde ein interner Brief von Finanzminister Christian Lindner an Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius an die Medien durchgestochen.

Ukraine-Verwirrung zur absoluten Unzeit
Lindners Vorgabe: Bei der Unterstützung der Ukraine seien die vereinbarten Höchstgrenzen strikt einzuhalten. Die Summen, die für 2024 und 2025 zugesagt sind, gibt Deutschland wie geplant aus. Neue Projekte für die Ukraine soll es vorerst nur noch im Ausnahmefall geben – nach Zustimmung des Finanzministeriums. Der Haken: Das Budget für nächstes Jahr sei ausgereizt.

Die Hilfszahlungen sollen stufenweise zurückgefahren werden. Der deutsche Haushaltsstreit trifft Kiew ins Mark. Ausgerechnet jetzt, wo Wladimir Putin durch eine ukrainische Invasion in der Oblast Kursk in die Defensive gerät, sendet die „Ampel“ Rückzugssignale. Die Kommunikation ist ein Desaster und Deutschland steht als unzuverlässiger Partner da.

Scholz schweigt selbstironisch
Bundeskanzler Olaf Scholz, der für Aufklärung sorgen könnte, meldete sich am Montag zurück aus seinem Urlaub. Nicht auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz, sondern bei einem Auftritt beim Traditionsvolksfest Stoppelmarkt in Niedersachsen. Er habe gelesen, nicht als großer Redner zu gelten, gab er im Festzelt vor rund 2000 Gästen zu Protokoll. 

„Ich sage mal, es war nicht leicht, sich diesen Ruf zu erarbeiten“, bemerkte er selbstironisch. Den Norddeutschen und ihm persönlich werde nachgesagt, dass sie dröge seien, fuhr der Sozialdemokrat fort: „Doch das ist eine glatte Lüge – wir denken nur vor dem Sprechen nach, und wenn es sein muss, den ganzen Tag.“ Auf ein Statement zur selbstverschuldeten Verwirrung um Ukraine-Hilfen verzichtete der sichtlich erholte „Ampel“-Chef. Es dürfte sich um einen intensiven Denkprozess gehandelt haben.

Trinken, um zu vergessen? Scholz bei seiner Rede am Stoppelmarkt.  (Bild: AFP/FOCKE STRANGMANN)
Trinken, um zu vergessen? Scholz bei seiner Rede am Stoppelmarkt. 

In einem späteren Tweet verwies er auf einen „50-Milliarden-Kredit“ der G7-Nationen für Kiew, der sich teilweise aus eingefrorenem russischen Vermögen speist. „Damit kann die Ukraine in großem Umfang Waffen beschaffen. Darauf kann sie bauen.“ Der Haken: Ob das rechtlich umsetzbar ist und ob die G7 dann wirklich die 50 Milliarden Euro freigeben, ist nicht klar. Im ersten Interview seit seinen Urlaubstagen lobte er „die Bilanz“ seiner Koalition und fand an seinem Ukraine-Konstrukt „überhaupt nichts unklar“.

Grünen-Chef gibt mehr oder weniger auf
Doch womöglich hat Scholz das gar nicht mehr zu entscheiden. Grünen-Chef Omid Nouripour verabschiedete sich am Sonntag im ARD-Sommerinterview gedanklich bereits. „Diese Koalition ist eine Übergangskoalition nach der Ära Merkel.“ Seine Botschaft: Eh schon alles zu spät, obwohl noch 13 Monate zu regieren wären! Es gebe „eine befremdliche Lust“ am Streit. Man sei auch inhaltlich – allen Erfolgen zum Trotz – an Grenzen gestoßen. Das werde sich auch nicht mehr ändern.

In wenigen Sätzen schaffte es Nouripour, die gesamte deutsche Bundesregierung zu Platzhaltern zu erklären:

Wirtschaftsminister Robert Habeck, der selbst Kanzlerambitionen hegt, kommentierte einen Kompromiss im Haushaltsstreit und noch immer klaffende Milliarden-Löcher im Budget jüngst mit den Worten: „Boah, wie soll ich sagen? Ist halt so, ne.“ 

Politische Beobachter und Journalisten in Deutschland sind angesichts dieser befremdlichen Resignation völlig verdutzt. Die drängendste Frage lautet: Kann diese „Übergangsregierung“ auch verkürzt werden?

Leitmedien fordern Aufkündigung der „Ampel“
Der „Spiegel“ sieht in den Worten von Grünen-Chef Nouripour eine unverschämte Offenbarung. „Die Ampel als Lückenfüller, als Brücke zwischen Epochen – härter hätte das Urteil über die eigene Verzwergung kaum ausfallen können“, findet das Magazin. Eine politische Unverschämtheit sei das. Nirgendwo im Grundgesetz sei das Recht, aufzugeben und in innerer Resignation zu verharren, niedergeschrieben. 

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Habt den Mut, nehmt den Hut!

(Bild: Wikipedia)

„Bild“

Bevor der „rasante Vertrauensverlust der Menschen“ sich weiter beschleunige, solle die Bundesregierung „lieber einen Weg finden, das einst verheißungsvolle Experiment möglichst schnell zu beerdigen“.

„Bild“: „Habt den Mut, nehmt euren Hut!“
Wie vergiftet die Atmosphäre unter den drei Parteien mittlerweile ist, zeige das unwürdige Schauspiel um die Ukraine-Hilfen. „Was kann eine Koalition zustande bringen, deren Einzelteile es nur noch miteinander aushalten, weil es die Dauer der grundgesetzlich verankerten Wahlperiode nun mal vorsieht?“, fragt sich auch die „Süddeutsche Zeitung“. Die „Bild“ fordert: „Habt den Mut, nehmt euren Hut!“ 

Vom Boulevard bis zum Polit-Magazin scheinen sich alle einig: Diese „Ampel“ hat sich endgültig selbst ausgebremst!

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