Alte Doktrin geändert

Österreich stellt sich neu gegen Putin auf

Innenpolitik
15.08.2024 18:00

Wie die „Krone“ aus Verhandlerkreisen erfuhr, wird die Regierung knapp vor der Wahl am 29. September doch noch eines ihrer großen Versprechen einlösen. Sie wird erstmals seit elf Jahren eine neue „Nationale Sicherheitsstrategie“ präsentieren – ein Grundlagendokument, dessen aktuell gültige Form heillos veraltet ist. Ein zentrales Element des neuen Papiers: Russland.  

In der aktuell gültigen Sicherheitsstrategie Österreichs von 2013 gilt Russland noch als „wesentlicher Partner“ unseres Landes. Von Cyber-Kriegsführung ist nur in Spuren zu lesen, „konventionelle Angriffe sind unwahrscheinlich“, wie es in dem wichtigsten Leitfaden nationaler Sicherheitspolitik steht. Das Papier erschien ein Jahr vor dem Einmarsch Putins auf der Krim und wurde seitdem nicht überholt.

Bis jetzt. 

Nach langem Ringen werden die Koalitionspartner laut „Krone“-Informationen  doch noch vor Ablauf der Legislaturperiode ihre neue „Nationale Sicherheitsstrategie 2024“ präsentieren.

Und die liest sich gänzlich anders als die bislang gültige Version:

  • Bereits im ersten Satz wird der „russische Angriffskrieg gegen die Ukraine“ angesprochen. Der Krieg wurde „nach Europa zurückgebracht“, heißt es wenige Seiten später, das Sicherheitsgefüge in seinen Grundfesten erschüttert.
  • Nukleare Drohungen Russlands werden angeführt, aber auch die Gefahr eines konventionell-militärischen Krieges. Russland setze auch „Energie- und Lebensmittelexporte als Waffe ein“, insgesamt sei so „das Risiko militärischer Eskalation bis hin zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen signifikant gestiegen“.
  • Abseits der Russland-Thematik wird auch dem Klimawandel als Risikofaktor deutlich mehr Platz eingeräumt, Migrations- und Fluchtbewegungen würden zentrale Herausforderungen bleiben. 
  • Und auch die Covid-Pandemie habe „bestehende Schwachstellen der internationalen Versorgungssysteme offengelegt“, die wirtschaftlichen Folgen würden Nährboden für Extremismus bieten.

Militärische Neutralität außer Streit
Was also tun angesichts dieser zahlreichen, teils komplett neuen Bedrohungsfelder? Zunächst einmal: zusammenarbeiten. Zwar bekenne man sich klar zur militärischen Neutralität Österreichs, werde aber seine Partnerschaften und Kooperationen „im verteidigungspolitischen Bereich“ ausbauen. „Kooperationen und Partnerschaften sind weiterzuentwickeln“, heißt es. Es sei wesentlich, dass wir „die Möglichkeiten mit der NATO im Bereich der (...) kooperativen Sicherheit und Stärkung der Interoperabilität unserer militärischen Kapazitäten ausschöpfen“. Gemeint ist damit offenbar vor allem die NATO-Partnerschaft für Frieden, der Österreich längst angehört.

Österreichische Infanteristen beim Gefechtsdienst in Allentsteig in Niederösterreich (Bild: Attila Molnar)
Österreichische Infanteristen beim Gefechtsdienst in Allentsteig in Niederösterreich
NATO-Übung „Steadfast Defender“ mit deutscher Beteiligung (Bild: AFP)
NATO-Übung „Steadfast Defender“ mit deutscher Beteiligung

Mehr Miliz
Im Inland soll indes die Bereitschaft und Reaktionsfähigkeit der Miliz erhöht werden. Sie soll wieder öfter üben, wird in dem Bericht angeregt. Und über allem steht die „Resilienz“, also die Fähigkeit, eigenständig Krisen zu übertauchen – seien es militärische Konflikte, Pandemien, Migration oder Cyber-Bedrohungen.

Streitpunkt Gas gelöst?
Dass es mit der neuen Sicherheitsdoktrin so lange gedauert hat, soll dem Vernehmen nach an dem Streitthema „Ausstieg aus dem Gas“ gelegen sein. Dazu findet sich nun im gemeinsam von schwarzen und grünen Ministerien ausgearbeiteten Bericht: „Im Sektor Energie ist der Einsatz des netzgebundenen Energieträgers Gas so rasch wie möglich zu reduzieren.“

Österreich wolle „im Einklang mit den Beschlüssen des Europäischen Rates die Abhängigkeit von russischen Energieeinfuhren beenden“.

Das Thema Gas soll die Einigung auf das neue Papier zwischen ÖVP und Grünen lange verzögert haben. (Bild: APA/TOBIAS STEINMAURER)
Das Thema Gas soll die Einigung auf das neue Papier zwischen ÖVP und Grünen lange verzögert haben.

Langfristige Grundlage unserer Sicherheit
Wann die neue Sicherheitsstrategie offiziell präsentiert wird, ist noch nicht klar, sie wird allerdings eine Zeit lang gelten: Diese Grundlagendokumente sind langfristig angelegt, wie die aktuell gültige Version aus 2013 zeigt. Man wolle allerdings ab jetzt „laufend evaluieren“, alle zwei Jahre „oder im Anlassfall“ soll die Regierung über mögliche Änderungen informiert werden. 

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