3150 Kilometer auf der Harley Davidson, die Hälfte davon auf der legendären Route 66: 9 Steirer, darunter „Krone“-Fotograf Sepp Pail, erfüllten sich in Amerika drei Wochen lang diesen großen Traum von Freiheit. Ein „Peckerl“ bleibt für immer.
Die Kulturschocks auf dieser Abenteuerreise könnten größer nicht gewesen sein. Ausgangspunkt war nämlich Las Vegas – eine Stadt, die sich mit keiner anderen auf dieser Welt vergleichen lässt. Wo Dimensionen abgeschafft sind und Geld sowieso. Wo es überall tscheppert und klescht und leuchtet, die Farben so schrill sind wie die Musik laut. In der es in Casinos nicht einmal Uhren gibt, damit die Leute Zeit und Raum vergessen, wenn sie die Automaten füttern. Die Wüsten-Stadt mit einem Elvis an jeder Ecke und Marilyn Monroes, die ihre Röcke lüpfen. Eine umwerfende Stadt der Gigantomanie, die man nicht einmal dann fassen kann, wenn man mittendrin ist.
Dort begannen die Steirer ihre Abenteuerreise, holten ihre prächtigen Harley Davidsons ab, die sie fortan 3150 Kilometer durch die Weite tragen sollten. Auf dem Motorrad durch Amerika, auch auf der berühmten Route 66.
„Da kommst du aus Las Vegas – und dann ist da auf einmal: nichts“, schildert Sepp Pail seine ersten Eindrücke. „Nur Wüste, Steine, Weite.“ Und Hitze. „Die ist heftig. 47, 48 Grad.“ Und: „Es ist so, wie man es aus Filmen kennt! Keine Häuser, menschenleer, mittendrin klappert dann eine alte Tür bei einer aufgelassenen Tankstelle oder steht ein Autowrack. Wie in einem alten Western, wo sich gleich zwei Revolverhelden gegenüberstehen. Wir sind mit maximal 70 km/h gefahren, weil wir aus dem Schauen gar nicht rausgekommen sind.“
Oatman, die historische Goldgräberstadt, sorgte für das nächste Aha-Erlebnis für die steirischen Biker. Überall alte Gebäude, historische Bars, hier laufen auch Esel frei herum – die Nachkommen jener, die früher die schweren Lasten der Schürfer mit den großen Träumen schleppen mussten. Wenn auch nicht auf pures Gold, dann zumindest auf ein Vermögen stößt man im alten Saloon.
„Da picken Dollarscheine im Wert von sicher Hunderttausenden Euro an den Wänden!“ Warum? „Weil das hier quasi das Gästebuch ist! Jeder, der rein kommt, tackert Dollarscheine an die Wand und schreibt seinen Namen dazu. Da sind Botschaften aus aller Welt drauf.“ Superstar Clark Gable hat in Oatman geheiratet, das Hotel steht immer noch.
In der nächsten Destination, Seligman, lebt Angel Delgadillo, der berühmte Friseur, dessen Salon heute noch besteht. Der jetzt 96-Jährige hatte mit aller Macht dagegen gekämpft, dass sein Geburtsort zur Geisterstadt wird, als der Verkehr von der Route 66 auf den neuen Highway umzog. Und der hartnäckige Idealist schaffte es damit zu Hollywood-Ruhm; Henry Fonda verkörperte ihn sogar.
ALLGEMEINE AUSKÜNFTE: www.visit-usa.at
Wie durch ein Tor fuhren die Männer auf ihren Harleys in eine andere Welt, den Grand Canyon – und im Ort Monument Valley, wie es Sepp Pail beschreibt, kam es zum magischsten Moment der ganzen Reise. In der Heimat von circa 300.000 Navajos, dem indigenen Urvolk, inmitten von Nichts, wo nur ein paar armselige Büsche sind, Hitze und Wind, höchstens einmal ein Eichhörnchen, ein Salamander – da führte eine Navaja die Gruppe hinein in eine Höhle, in die nur das Licht der Abendsonne fiel.
„Lasst euch fallen. Macht die Augen zu“, bat sie die Biker in dieser pittoresken Kulisse. „Seid nur im Moment, genießt.“ Und sie begann, in diese Stille hinein, auf ihrer Flöte zu spielen. Im Bewusstsein, dass das die wahren, echten Momente im Leben sind, und wie getrieben unser Alltag sein kann, flossen dem einen oder anderen der „wüden Steirer auf ihrer Maschin“ die Tränen über das Gesicht.
Überhaupt waren es die Begegnungen, die diese Reise getragen haben. Der „Rote Baron“ etwa, ein Unikat, der angeblich den Tarnkappenbomber „Phantom“ in Amerika geflogen ist. Und jetzt auf seiner KTM, einem österreichischen Motorrad (!), die USA erkundet. Oder die ganz leisen Momente; als Pail etwa einer uralten Frau am unerträglich heißen Straßenrand handgeknüpfte Armbänder abkaufte, die Dame ihn unter Tränen abbusselte, weil das ihre größte Einnahme der letzten Monate war. Überhaupt Begegnung mit Armut: „Wir haben einem Obdachlosen ein Getränk gekauft“, schildert Sepp Pail, „dafür wollte er uns seine paar Pommes frites geben. Beschämend, diese Größe.“
Um viele Erfahrungen reicher endete für die Steirer die Route dann in Los Angeles; wo Hollywoodstar Sven Temmel, ein „alter Bekannter“ des „Krone“-Fotografen, noch eine Runde mit ihnen nach Malibu zog. Kein schlechtes Ende für eine buchstäblich unvergessliche Reise. Denn vor dem Abflug zauberte Mario Barth, immerhin weltberühmter Künstler, der sonst die Hollywoodstars „peckt“, unserem „Krone“-Fotografen noch eine Tätowierung. Motiv: natürlich Route 66.
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