David B. Hollender versteht seine bei W. V. Harris entstandene und hier überarbeitet vorliegende Dissertation dezidiert als einen Beitrag zur Geld- und Wirtschaftsgeschichte, nicht zur Numismatik. Geld wird dabei pragmatisch als verfügbarer Vermögenswert (asset) für die Abwicklung von Transaktionen definiert. Ohne sich in die Untiefen der – ohnehin weitgehend obsoleten – Debatte um einen primitiven oder modernen Charakter ‚der antiken Wirtschaft‘ zu verlieren, charakterisiert Hollender nach einer vorwiegend definitorischen und terminologischen Einleitung zunächst das römische Münzgeld. Gestützt auf Arbeiten von Keith Hopkins, Michael H. Crawford und Dirk Backendorf nimmt er für die Zeit um 50 v.Chr. eine Zunahme des Denarumlaufs um den Faktor fünf bis zehn im Vergleich zur Zeit hundert Jahre zuvor an. Regional verlief die Durchdringung mit römischem Münzgeld freilich sehr unterschiedlich; in Syrien oder der Cyrenaïca setzte es sich erst in augusteischer Zeit oder noch später durch (S. 30).
Zu den interessantesten Teilen des Buches zählt das Kapitel über „financial instruments“, die der Regierung oder im Bereich des Handels als Wertspeicher und Zahlungsmittel dienen konnten. Sorgfältig referiert und erörtert Hollender die verstreuten und meist schwer zu deutenden Zeugnisse – vielfach aus Cicero – über ungemünztes Edelmetall, das eher als Wertspeicher denn für Transaktionen genutzt wurde, ferner über verbriefte Forderungen oder Zahlungszusagen, die als Transfer- und Zahlungsmittel behandelt werden konnten (permutationes), Finanzkontrakte (syngraphae), Anteilsdokumente (partes) und Schuldforderungen (nomina).1 Alle modernen Analogien für die zuletzt genannten Instrumente mit Wechseln, Schecks oder Anteilsscheinen greifen nur zum Teil, denn anders als diese waren die antiken Formen von ‚Briefgeld‘ weder gesetzlich geschützt und definiert, noch konnten sie ohne weiteres durch Weiterverkauf zirkulieren; „their use was inevitably limited to people who know each other well“ (S. 54). Gleichwohl konnten sie sich unter bestimmten Umständen zu einem Netzwerk von Beziehungen zusammenfügen, und zwar ohne dass es dazu Bankiers bedurft hätte (S. 56). Wie die modernen Finanzinstrumente vermochten auch die antiken, bei allen Einschränkungen, Transaktionen schneller, effizienter und vor allem unabhängiger von Münzgeld zu machen.
Das anschließende Kapitel über ‚Naturalien‘ als Wertträger – Getreide, Vieh, Sklaven, Land oder Arbeit, ja sogar munera von Provinzialen – bietet ebenfalls interessantes Material, doch lässt sich fragen, ob der Begriff Zahlungsmittel hier nicht stark überdehnt wird. Wenn Cic. Phil. 13,11 Antonius’ verschwenderischen Umgang mit Grundstücken, Gebäuden, Kleidung, Hausrat und Wein anprangert, dann meint er damit, dass dieser nicht weiß, was sich für einen römischen Aristokraten gehört. Wein wird auf der Basis dieser Notiz aber nicht zum „store of wealth“ (S. 82). Hollender räumt selbst zu Recht ein, dass diese Naturalien mit der Ausnahme von Getreide nicht als Zahlungsmittel benutzt wurden (S. 85); er sieht dadurch gerade seine Hauptthese, das beachtliche Niveau der Monetarisierung in der späten Republik, gestützt.
Als fruchtbar erweist sich die Unterscheidung von „monetary zones“ (Kapitel 5). Die Regierung erhielt Einnahmen in verschiedenen Aggregatzuständen und gab das Geld überwiegend in Form von Münzen wieder aus. Im Handel spielten nicht-monetäre Instrumente und Tausch eine größere Rolle, freilich auf elaboriertem Niveau – „expansion of Roman banking [...] creation of business networks throughout the Mediterranean“ (S. 111). Hochgradig vom Münzgeld geprägt war dagegen die „urban monetary zone“ in ihren wichtigsten Transaktionsbereichen Arbeit, Mieten und Nahrungsmittel. Doch Hollender muss offenlassen, welche Rolle neben diesen Marktbeziehungen das Verteilen von Getreide (Frumentation), Patronagegüter und Reziprozität spielten. Dass in der „rural monetary zone“ Münzgeld eine weit geringere Bedeutung als in den Städten zukam, überrascht nicht. Es fanden gleichwohl zahlreiche Transaktionen statt, da die einzelnen Betriebe – große und kleine – in verschiedene Netzwerke eingebunden waren; die agrarwirtschaftlichen Lehrwerke empfahlen keineswegs die Autarkie, wie Hollender mit Recht hervorhebt (S. 128ff.).
Mit Hilfe von ökonomischen Modellrechnungen spürt Hollender abschließend auf der Basis der „Money Demand Theory“ (MDT) der Nachfrage nach Münzgeld im römischen Wirtschaftssystem der späten Republik nach. Der ‚Mix‘ aus verschiedenen Wertspeichern, darunter Münzgeld, für die verschiedenen Zwecke – Transaktionen, Vorsorge und Spekulation – habe von den einzelnen Akteuren und Umständen abgehangen. Hier werden, leider sehr knapp und summarisch, auch zentrale Phänomene der späten Republik wie Binnenwanderung, Kosten von Soldaten und Veteranen sowie Perioden großer Unsicherheit angesprochen.2 Die krisenhafte Zuspitzung in den 50er-Jahren des 1. Jahrhunderts v.Chr. führte zu der bekannten inopia pecuniae (Cic. Q. fr. 2,5,1). Die Ausgabe von Goldmünzen unter Caesar erscheint in diesem Licht als Reaktion auf die zumal für die Sicherheit in der Hauptstadt bedrohliche Geldverknappung. Gegenüber den weitergehenden Annahmen einer Inflation, einer zunehmenden Umlaufgeschwindigkeit oder eines Pro-Kopf-Wachstums der Wirtschaftsleistung ist Hollender mit Recht sehr skeptisch. In der ausgesprochen kurzen „conclusion“ (S. 155) kommt er zu dem einleuchtenden, wenn auch nicht eben revolutionären Schluss, dass in einem insgesamt sehr differenzierten und flexiblen System der Denar im 2. und 1. Jahrhundert v.Chr. andere Zahlungsmittel und Wertspeicher zusehends verdrängt habe. Das Buch enthält eine umfangreiche Bibliographie und zwei Indices.
Als eingängig geschriebene Zusammenfassung des Forschungsstandes und sorgfältige Erörterung verstreuter Quellenzeugnisse 3 ist das Buch sehr willkommen. Man wird generell die ökonomischen Prozesse und Zuspitzungen am Ende der Republik wieder stärker in den Blick nehmen müssen, um das Handeln der Akteure auf allen Ebenen angemessen erklären zu können.
Anmerkungen:
1 Hier ist seltsamerweise Gai. inst. 3,128–130 übersehen, ein wichtiger Beleg für die Überschreibung von solchen Verpflichtungen (nomina transscripticia).
2 Die kurzfristige Zinssteigerung durch kostspielige Wahlumtriebe fand im Sommer 54 v.Chr. statt, nicht 57 v.Chr. (S. 151, Anm. 78).
3 Wohl noch nicht heranziehen konnte Hollender eine sehr nützliche Zusammenstellung: Szaivert, Wolfgang; Wolters, Reinhard, Löhne, Preise, Werte. Quellen zur römischen Geldwirtschaft, Darmstadt 2005. Offenbar übersehen wurde Wolters, Reinhard, Nummi signati. Untersuchungen zur römischen Münzprägung und Geldwirtschaft, München 1999.